Notfall & Hausarztmedizin (Hausarztmedizin) 2004; 30(10): B 454
DOI: 10.1055/s-2004-860910
Blickpunkt

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Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) - Jetzt gibt es eine bahnbrechende therapeutische Option

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Publikationsdatum:
17. Dezember 2004 (online)

 
Inhaltsübersicht

Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind die häufigsten mesenchymalen Karzinome des Magen-Darm-Trakts. Sie befallen rund 15 von einer Million Menschen, machen weniger als 1% aller malignen Neoplasien des Gastrointestinums aus und finden sich bei Männern etwa doppelt so häufig wie bei Frauen. Die Fünfjahres-Überlebensrate liegt zwischen 28 und 35%. Bei fortgeschrittenen GIST schwankt die mediane Überlebenszeit zwischen zwölf und 19 Monaten.

Die infauste Prognose erklärt sich damit, dass jede Art von Chemotherapie unwirksam ist und daher tunlichst unterbleiben sollte, betonte Dr. P. Reichardt, Berlin. In dieser misslichen Situation hat die zielgerichtete molekulare Therapie mit Imatinib[1] für einen substanziellen Durchbruch gesorgt. "Es gibt sehr wenige Medikamente mit einer so herausragenden Wirksamkeit wie Imatinib, das in der klinischen Onkologie einen beispiellosen Fortschritt markiert", begeisterte sich Reichardt. Die Substanz ist seit Mai 2002 in Deutschland zur Behandlung therapierefraktärer und inoperabler GIST zugelassen.

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C-Kit-Mutation in fast allen GIST-Tumorzellen

Die zielgerichtete Therapie (targeted therapy) ist deshalb erfolgreich, weil rund 90% aller GIST-Tumorzellen das mutierte C-Kit exprimieren, das onkogen aktiv ist und als direkte Ursache von GIST dingfest gemacht wurde. Und diese Mutation ist mit Imatinib gezielt zu inhibieren, indem vier Tyrosinkinasen selektiv blockiert werden. Dieser komplexe Wirkmechanismus ist allem Anschein nach für einen optimalen Behandlungserfolg verantwortlich und macht "Imatinib zum Idealbild eines Tumortherapeutikums", konstatierte der Berliner Onkologe.

Die aktuellen Studiendaten, die auf dem ASCO-Kongress präsentiert wurden, signalisieren in der Tat einen Fortschritt. So beträgt die GIST-Rückbildungsrate 50-70% und die Wachstumshemmung 85-90%. Auffallend ist die rasche Regression der Symptome bei 80-90% der symptomatischen Patienten, die bereits innerhalb weniger Tage zu beobachten ist. Die Datenlage besagt ferner, dass sich 70% der GIST-Patienten nach einem Jahr eines progressionsfreien Überlebens erfreuen. Gesichert ist darüber hinaus, dass jetzt auch GIST-Patienten, die an Metastasen leiden, mit Imatinib erfolgreich behandelbar sind.

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Medikation auf keinen Fall absetzen

Als tägliche orale Standarddosis werden 400 mg empfohlen. Die Dosis kann bis 800 mg erhöht werden, ist aber weniger gut verträglich. In einer US-Studie ergab sich in puncto Wirksamkeit kein nennenswerter Unterschied zwischen beiden Dosen. Anders eine europäische Studie: Hier bewirkte die 800 mg-Dosis im Vergleich mit der halben Dosis ein um fünf Monate verlängertes progressionsfreies Überleben. Die mittlere Überlebenszeit fiel gegenüber der Zeit vor Imatinib signifikant höher aus. An Nebenwirkungen wurden Anämie (89%), Ödeme (73%) und Fatigue-Syndrom (69%) registriert. Sie waren aber meist nur schwach ausgeprägt.

Zeigt sich unter 400 mg täglich eine Progression, ist die Dosis zu verdoppeln. Auf keinen Fall darf das Tumortherapeutikum abgesetzt werden, weil es sonst zu einer "geradezu explosionsartigen Progression innerhalb weniger Tage" kommt. In solchen Fällen wird unter laufender Imatinib-Medikation eine Radiofrequenz-Ablation vorgenommen. Auch bei Patienten, die gut ansprechen, ist es verboten, Imatinib abzusetzen, warnte Reichardt.

Karl B. Filip, Landsberg am Lech

Quelle: Roundtable "Glivec®-Highlights I - ASCO 2004", Juli 2004 in Nürnberg, Veranstalter: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg.

2 Glivec®, Novartis Pharma GmbH

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