Der Klinikarzt 2004; 33(11): 319-323
DOI: 10.1055/s-2004-837046
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Nach brusterhaltender Operation, Mastektomie oder beim Rezidiv - Die Rolle der Strahlentherapie in der Behandlung des primären Mammakarzinoms

After Breast Conserving Surgery, Mastectomy or in Case of Recurrence - The Role of Postoperative Radiotherapie in the Treatment of Breast CancerO.J. Ott1 , V. Strnad1
  • 1Strahlenklinik, Universitätsklinikum Erlangen (Direktor: Prof. Dr. R. Sauer)
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Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. Vratislav Strnad

Universitätsklinikum Erlangen

Strahlenklinik

Universitätsstr. 27

91054 Erlangen

Publication History

Publication Date:
02 December 2004 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Die postoperative Strahlentherapie ist ein integraler Bestandteil der Behandlung von Mammakarzinompatientinnen. Indiziert ist sie nach einer brusterhaltenden Operation, da die Strahlentherapie in dieser Situation die lokale Kontrolle deutlich verbessern kann. Im Rahmen von geprüften Studienprotokollen ist auch eine risikoadaptierte Teilbrustbestrahlung (Brachytherapie) möglich. Die intraoperative Strahlentherapie (IORT) hat derzeit in der Regelversorgung keinen Stellenwert. Nach einer Mastektomie verbessert die postoperative Strahlentherapie bei Risikopatientinnen nicht nur die lokale Kontrolle, sondern auch das Überleben und sollte daher bei diesen Patientinnen durchgeführt werden. Weisen die Patientinnen ein In-Brust-Rezidiv oder ein Thoraxwandrezidiv auf, bietet die Strahlentherapie - gegebenenfalls auch die Brachytherapie - alleine oder in Kombination mit einer Operation hohe lokoregionäre Kontrollraten und ist damit, abhängig von der individuellen Situation der Patientin, eine effektive kurative oder palliative Therapiemodalität.

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Summary

Postoperative radiotherapy is an integral part in the treatment of breast cancer patients. After breast conserving surgery postoperative irradiation of the breast leads to higher local control rates. Accelerated partial breast irradiation (APBI) is an experimental treatment and therefore should be performed only on study protocols. To date, intraoperative radiotherapy (IORT) has no value in a standard radiotherapy. After mastectomy postoperative radiotherapy of the chest wall in high-risk patients does not only lead to higher local control rates, it even increases overall survival. In case of in-breast-ecurrence or chest wall recurrence limited field radiotherapy (e.g. brachytherapy) alone or in combination with surgery leads to high local control rates and provides a significant curative or palliative benefit even in pre-irradiated patients.

Die postoperative Strahlentherapie ist ein integraler Bestandteil der Behandlung von Patientinnen mit einem Mammakarzinom. Indiziert ist sie sowohl nach einer brusterhaltenden Operation als auch nach einer Mastektomie, da die Strahlentherapie in beiden Situationen die lokale Kontrolle des Tumors verbessert. Für die Strahlentherapie nach Mastektomie ist zudem ein Überlebensvorteil für die Patientinnen dokumentiert.

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Nach brusterhaltender Operation

In den vergangenen Jahrzehnten haben zahlreiche Untersuchungen den Wert der adjuvanten Strahlentherapie bezüglich lokaler Kontrolle und Gesamtüberleben in der brusterhaltenden Therapie des Mammakarzinoms belegt. So kann mit ihrer Hilfe das Risiko eines ipsilateralen In-Brust-Rezidivs bis auf ein Viertel reduziert werden. Deshalb gilt die postoperative Radiotherapie in dieser Situation heute als allgemeingültiger Therapiestandard. Ein Verzicht darauf ist nur in (durch eine Ethikkommission geprüften) Studienprotokollen oder in individuellen Ausnahmesituationen zu rechtfertigen. Selbst bei hochselektionierten Patientinnen mit einem per se niedrigen Lokalrezidivrisiko konnte bislang keine Subgruppe identifiziert werden, bei der auf eine Nachbestrahlung verzichtet werden könnte [Tab. 1].

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Applizierte Strahlendosis

Vier bis acht Wochen nach der Operation sollte die postoperative Strahlentherapie der Mamma begonnen werden - im Falle einer anthrazyklinhaltigen Chemotherapie jedoch erst nach Abschluss des letzten Kurses. Die Überlegenheit einer speziellen zeitlichen Sequenz (Chemotherapie gefolgt von Strahlentherapie versus Strahlentherapie gefolgt von Chemotherapie) ist nicht belegt. Eine gegebenenfalls indizierte Hormontherapie mit Antiöstrogenen kann spätestens zum Beginn der Bestrahlung gestartet werden.

Das Zielvolumen der Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation umfasst primär die Restbrust inklusive der darunter liegenden Thoraxwand (inklusive Muskulatur, Rippen und einem schmalen Lungensaum). Die Behandlung wird konventionell fraktioniert, die Patientinnen erhalten also fünfmal pro Woche eine tägliche Fraktionsdosis von 1,8-2,0 Gray (Gy) und insgesamt 25-28 Einzelfraktionen bis zu einer Gesamtreferenzdosis von 50-50,4 Gy. Heute erfolgt die Bestrahlung üblicherweise mit hochenergetischer Photonenstrahlung aus Linearbeschleunigern, wobei die Dosis auf einen definierten Referenzpunkt (ICRU-Report 50) in der Mitte der Brustdrüse gerichtet wird.

Der Wert einer kleinvolumigen Dosiserhöhung im Tumorbett (Boost-Bestrahlung) ist für Patientinnen bis zum fünfzigsten Lebensjahr deutlich belegt (2, 34). Im Jahr 2001 konnten Bartelink et al. (2) zeigen, dass sich die Lokalrezidivrate durch einen kleinvolumigen Boost im Risikoareal um bis zu 50 % reduzierte. Dieser Effekt war am deutlichsten bei den jüngeren Frauen mit einem Alter bis 40 Jahre.

Üblicherweise wird die Boostbestrahlung entweder perkutan mit schnellen Elektronen aus einem Linearbeschleuniger oder mittels interstitieller Brachytherapie im Afterloadingverfahren appliziert. Bei sehr oberflächlich gelegenen Mammakarzinomen erreicht die perkutane Elektronenbestrahlung eine sehr gute Dosisdeposition im Tumorbett. Ist der Tumor dagegen retromamillär lokalisiert oder liegen die Tumoren von der Hautoberfläche aus gesehen tiefer, also nahe der Thoraxwand, bietet die interstitielle Brachytherapie in der Tiefe eine günstigere Dosisverteilung bei einer im Vergleich zur perkutanen Elektronenbestrahlung deutlich geringeren Hautbelastung. Darüber hinaus ist das bestrahlte Volumen bei der interstitiellen Brachytherapie deutlich geringer als bei der Elektronenbestrahlung. Daher ist für die interstitielle Brachytherapie mit adäquatem Qualitätsmanagement eine niedrigere Spättoxizität zu erwarten, da die Hautbelastung geringer ist (10).

Die empfohlene Dosis für die kleinvolumige Boostbestrahlung des Tumorbetts beträgt risikoadaptiert 12-20 Gy. Für jüngere Frauen (< 50 Jahre) ist ein Boost obligat, die empfohlene Dosis beträgt 16 Gy-eq (2). Bei befallenen oder knappen (< 2 mm) Resektionsrändern empfehlen wir eine Boostdosis von 20 Gy-eq, vorzugsweise mittels interstitieller Brachytherapie. Auch wenn eine peritumorale Lymphangiosis carcinomatosa (L1), eine axilläre Lymphknotenmetastasierung (pN+), eine extensive intraduktale Komponente (EIC), ein negativer Hormonrezeptorstatus sowie schlecht differenzierte Karzinome (G3/4) vorliegen, ist ein Tumorbettboost aufgrund des erwarteten höheren Lokalrezidivrisikos anzuraten (10).

Fünfmal pro Woche wird der Elektronenboost mit einer täglichen Fraktionsdosis von 2 Gy im Bereich des Tumorbetts appliziert. Während sich die Gesamtbehandlungsdauer beim Elektronenboost um ein bis zwei Wochen verlängert, wird der interstitielle Boost in ein bis drei Tagen abgeschlossen. Der interstitielle Boost erfolgt entweder mittels HDR (high dose rate)- oder PDR(pulsed dose rate)-Brachytherapie, die Fraktionsdosis bzw. Pulsdosis wird biologisch äquivalent zur perkutanen Dosis gewählt. Die Clip-Markierung des Tumorbetts im Rahmen der brusterhaltenden Operation durch den Operateur ist anzuraten. Sie begünstigt die möglichst ortgenaue lokale Dosiseskalation im Tumorbett sowohl für den perkutanen als auch für den interstitiellen Boost.

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Bestrahlung der Lymphabflussgebiete

Umstritten ist der Effekt einer Bestrahlung der medialen Lymphabflussgebiete (ipsilateral supra-/ infraklavikulär und parasternal). Die Tumoraussaat in das parasternale Lymphabflussgebiet dürfte dafür verantwortlich sein, dass in einigen Serien Patientinnen mit medialem Tumorsitz eine schlechtere Prognose hatten als bei lateralem (20, 37). In zwei Untersuchungen zeigte sich bei medialem Tumorsitz im Vergleich zum lateralen ein um 50 bzw. 30 % erhöhtes Fernmetastasierungsrisiko und ein um 50 bzw. 20 % gesteigertes Risiko, am Mammakarzinom zu versterben.

Fowble et al. (7) stellten 2000 in einer retrospektiven Analyse von 1383 Patientinnen im Stadium I/II jedoch keinen Benefit durch die Bestrahlung der medialen Lymphabflussgebiete (parasternal) fest. Und Grabenbauer et al. bestätigten in einer weiteren retrospektiven Analyse von 924 Patientinnen keine signifikant schlechtere Prognose bei medialem oder zentralem Tumorsitz (8). Sie führten dies auf die konsequente Mitbestrahlung der parasternalen und ipsilateral supraklavikulären Lymphabflussgebiete bei dieser Patientinnengruppe zurück und meinen damit das sonst schlechtere Abschneiden dieser Patientinnen mit medialen/zentralen Tumoren ausgeglichen zu haben. Mehr Klarheit in der Frage nach der Mitbestrahlung der medialen Lymphabflussgebiete wird in einigen Jahren die derzeit laufende randomisierte EORTC-Studie (Protokoll 22922-10925) bringen.

Das Zielvolumen des supraklavikulären Lymphabflusses beginnt medial mit den ipsilateralen Wirbelkörpergelenken, umfasst nach lateral die medialen zwei Drittel der Klavikula, nach kaudal das Sternoklavikulargelenk und überstrahlt nach kranial. Das Zielvolumen des parasternalen Lymphabflusses umfasst die Lymphknotenstationen entlang der A. mammaria interna beidseits über die Länge der ersten vier Interkostalräume.

Die tägliche Fraktionsdosis beträgt 2 Gy bis zu einer Gesamtdosis von 50 Gy in fünf Wochen (25 Fraktionen, fünfmal pro Woche). Die Bestrahlung erfolgt mit einem Linearbeschleuniger mit hochenergetischer Photonen- und Elektronenstrahlung.

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Teil- statt Ganzbrustbestrahlung?

In den letzten Jahren wurde im Rahmen von Studienprotokollen verstärkt versucht, die Ganzbrustbestrahlung bei hochselektionierten Patientinnen mit einem per se niedrigen Lokalrezidivrisiko durch eine Teilbrustbestrahlung (Tumorbett) zu ersetzen [Tab. 2]. Das Zielvolumen umfasst das Tumorbett mit einem Sicherheitsabstand von 1-2 cm in alle Richtungen. Zur Anwendung kommen

  • die klassische interstitielle Multikatheter-HDR-/PDR-Brachytherapie (1, 14, 16, 17, 18, 22, 25, 27, 29, 32, 35)

  • die Single-Katheter-Ballon-Technik (15)

  • intraoperative Bestrahlungstechniken mit Elektronen- (21) und 50-kV-Röntgenstrahlung (30)

  • die 3D-konformale perkutane Bestrahlung mittels Photonen (33).

Der Vorteil dieser Methoden ist eine deutlich verringerte Gesamtbehandlungszeit (ein bis fünf Tage) und aufgrund des massiv geringeren Bestrahlungsvolumens eine mutmaßlich bessere Kosmetik und niedrigere Spättoxizität, verglichen mit der Ganzbrustbestrahlung. Langzeitergebnisse liegen jedoch nur für die interstitielle Brachytherapie vor (16, 25, 32).

Der Erfolg der akzelerierten Teilbrustbestrahlung hängt sehr stark von der Patientenselektion und von einem straffen Qualitätsmanagement ab. Da zu diesem Verfahren bislang nur wenige Langzeitergebnisse vorliegen, ist es derzeit nur in durch eine Ethikkommission geprüften Studienprotokollen unter kontrollierten Bedingungen zulässig.

Auch für die intraoperative Strahlentherapie (IORT) gibt es noch keine Langzeitergebnisse. Kritisch ist hier anzumerken, dass intraoperativ meist kein umfassender Pathologiebericht vorliegt (z.B. bezüglich Nodalstatus oder Residualstatus) und damit eine adäquate und risikoadaptierte Bestrahlung unmöglich ist. In der Regelversorgung hat die intraoperative Strahlentherapie deshalb derzeit keinen Stellenwert.

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Nach Mastektomie

Die Frage, ob nach einer Mastektomie auch noch eine postoperative Strahlentherapie erforderlich ist, wurde in der Vergangenheit oft kontrovers diskutiert. Ursache waren insbesondere die anfänglichen Meta-Analysen alter Studien der postoperativen Strahlentherapie. Die damals verwendeten strahlentherapeutischen Techniken, die zu einer erhöhten kardialen Toxizität geführt haben und so nur suboptimale Ergebnisse erzielen konnten, sind jedoch heute obsolet (23, 24, 26, 28).

Neuere Analysen dieser Daten und insbesondere die aktuellen Studien mit modernen strahlentherapeutischen Techniken zeigen jedoch, dass die postoperative Strahlentherapie nach einer Mastektomie nicht nur die lokale Rezidivrate signifikant senkt, sondern auch die Zehn-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit zumindest bei Risikopatientinnen um bis zu 10 % erhöht ([Tab. 3]; 24, 28). Offensichtlich sind bei einigen Patientinnen neu entstandene Metastasen nicht schon zum Zeitpunkt der Erstdiagnose vorhanden. Auch ein lokoregionäres Rezidiv der Brustwand kann der mögliche Ausgangspunkt für eine sekundäre Metastasierung sein.

Außerdem ist es unbestritten, dass ein lokoregionäres Rezidiv die Lebensqualität der betroffenen Frau maßgeblich reduziert. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die Tatsache, dass die Ergebnisse der Behandlung eines lokoregionären Rezidivs der Thoraxwand enttäuschend sind. Im Schnitt lässt sich eine erneute lokale Kontrolle nur bei 50 % der Patientinnen erreichen. Folglich sterben auch bei einer optimalen Rezidivbehandlung die Hälfte der Patientinnen aufgrund eines unkontrollierten lokoregionären Krankheitsprogresses (24).

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Indikationen

Die kontroversen Meinungen zur Frage der Indikation der postoperativen Strahlentherapie nach einer Mastektomie wurden zuletzt beim 24. Deutschen Krebskongress am 23.02.2000 von Gynäkologen, Radioonkologen und internistischen Onkologen ausführlich beraten, um dann Empfehlungen zu verabschieden (28). Im Allgemeinen gilt, dass die Indikation zur postoperativen Strahlentherapie dann gegeben ist, wenn ein relevantes lokoregionäres Rezidivrisiko besteht. Als abgesicherte Indikationen der postoperativen Strahlentherapie der Thoraxwand nach einer Mastektomie gelten:

  • Tumorgröße über 3 cm, T4-Karzinome

  • multizentrisches Tumorwachstum

  • Lymphangiosis carcinomatosa oder Gefäßeinbrüche

  • Befall der Pektoralisfaszie oder Resektionsrand weniger als 5 mm

  • R1- oder R2-Resektion

  • mehr als drei befallene axilläre Lymphknoten.

  • ouml;gliche Indikationen - insbesondere, wenn die Patientin mehrere Risikofaktoren aufweist - sind:

  • Multifokalität

  • extensive intraduktale Komponente (EIC)

  • Rezeptornegativität

  • Malignitätsgrad 3

  • diffuse Mikrokalzifikation

  • ein bis drei axilläre Lymphknotenmetastasen

  • Zustand nach mehreren, nicht in sano erfolgten Biopsien

  • Alter unter 35 Jahre.

Das Zielvolumen der Strahlentherapie umfasst die Thoraxwand, einschließlich der Mastektomienarbe, die Referenzdosis beträgt 50,0 Gy, die in Einzelfraktionen von 1,8-2,0 Gy fünfmal wöchentlich eingestrahlt werden.

Als Indikationen für die Bestrahlung der parasternalen Lymphknoten nach einer Mastektomie gemäß Konsensus (28) werden genannt: metastatischer Befall der Achsellymphknoten, Tumorsitz im inneren Quadranten oder zentral, insbesondere bei T3- oder T4-Karzinomen, Multizentrizität, ausgedehnte Lymphangiosis carcinomatosa oder Lymphgefäßeinbrüche, Malignitätsgrad 3 und Alter unter 35 Jahre.

Als gesicherte Indikationen für die Bestrahlung der supraklavikulären Lymphknoten oder der Axillaspitze nach einer Mastektomie gelten der Befall der axillären Lymphknoten und ein besonders hohes Risiko für einen klinisch okkulten Befall des medialen sowie axillären apikalen Lymphabflussgebietes (z.B. Tumorsitz bei 12 Uhr).

Besteht die Indikation zur adjuvanten Chemo- oder Hormontherapie, soll damit sobald als möglich nach der Operation angefangen werden. Es besteht keine Kontraindikation gegen die gleichzeitige Gabe von Tamoxifen während der Radiotherapie. Die nicht anthrazyklinhaltigen Chemotherapiekombinationen, wie zum Beispiel CMF (Cylcophosphamid, Methotrexat und 5-Fluorouracil), können simultan zur Radiotherapie gegeben werden. Bei adriamycin- oder epirubicinhaltiger Chemotherapie sollte die postoperative Strahlentherapie erst nach Abschluss der Chemotherapie durchgeführt werden.

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Rezidiv der vorbestrahlten Brust

Ist aufgrund eines In-Brust-Rezidivs eine wiederholte brusterhaltende Operation nötig, ist das erneute Rezidivrisiko als sehr hoch einzustufen. In dieser Situation ist grundsätzlich eine postoperative Strahlentherapie angezeigt. Allerdings verbietet sich aufgrund der vorausgegangenen Strahlentherapie eine erneute perkutane Bestrahlung. Bei diesen Patientinnen ist ausschließlich eine alleinige interstitielle Brachytherapie („Multikatheter-Brachytherapie”) angezeigt, die bei mehr als 90 % der Patientinnen eine erneute Zehn-Jahres-Lokalrezidivfreiheit gewährleisten kann (9). Selbstverständlich sind hier spezielle Qualitätsmaßnahmen der Brachytherapie einzuhalten (11), und es ist nur zu empfehlen, diese Patientinnen an spezialisierte Zentren zu überweisen.

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Rezidiv der vorbestrahlten Thoraxwand

Entwickeln bereits vorbestrahlte Patientinnen ein Thoraxwandrezidiv ist die Indikation zur erneuten Strahlentherapie in Abhängigkeit von der Gesamtsituation der Patientin - Prognose, Allgemeinzustand, Therapiewunsch - zu stellen. Eine sinnvolle Alternative zur erneuten perkutanen Strahlentherapie ist die Oberflächen-Brachytherapie, da eine Brachytherapie mit weniger Nebenwirkungsrisiken behaftet ist (11). Die Indikation zur Oberflächen-Brachytherapie ist insbesondere dann gegeben, wenn keine massiven Spätfolgen der vorausgegangen Strahlentherapie vorliegen, die Resektionsränder unter 1 cm sind oder eine R1-/R2-Situation vorliegt. Durch die Brachytherapie ist es möglich, auch bei Patientinnen mit makroskopischem Resttumor eine 75 %ige Drei-Jahres-Rezidivfreiheitsrate anzubieten (12).

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Abb. 1 Klinische Einstellung (a) und die Darstellung der Dosisbelastung der Brust und der Lymphabflusswege (b)

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Abb. 2 Klinische Beispiele einer alleinigen interstitiellen „Multikatheter”-Brachytherapie-Implantation des Tumorbettes oben zwischen den Quadranten (a) und retromamillär (b); Darstellung der Dosisbelastung des Tumorbettes in der Brust (c)

Tab. 1 Randomisierte Studien zur Bedeutung der adjuvanten Strahlentherapie der gesamten Brustdrüse nach brusterhaltender Operation

Autor

Patientinnen (n)

Follow-up (Jahre)

lokale Kontrolle ( %)

Gesamtüberleben ( %)

 

BCS

BCS + RT

BCS

BCS + RT

BCS

BCS + RT

BCS

BCS + RT

Veronesi et al., 2001 (31)

280

299

9,1

9,1

76,5

94,2

76,9

82,4

Liljegren et al., 1999 (19)

184

197

9,1

8,6

76

91,5

78

77,5

Fisher et al., 2000 (5)

570

567

20,6

20,7

60,8

85,7

46

47

Clark et al., 1996 (3)

421

416

7,6

7,6

65

89

76

79

Forrest et al., 1996 (6)

294

291

5,5

5,1

75,5

94,2

ca. 83

ca. 82

Winzer et al., 2004 (36)

79

94

6,8

6,3

71

96

k.A.

k.A.

Holli et al., 2001 (13)

72

80

6,7

6,7

82

92,5

k.A.

k.A.

BCS = brusterhaltende Operation; RT = adjuvante Ganzbrustbestrahlung; k.A. = keine Angaben

Tab. 2 Studien zur akzelerierten Teilbrustbestrahlung (APBI) mit hochselektioniertem Patientengut und straffer Qualitätssicherung

Autor

Patientinnen

Technik

Follow-up

lokale Kontrolle

sehr gutes / gutes

 

(n)

 

(Jahre)

( %)

kosmetisches Ergebnis ( %)

Vicini et al., 2003 (32)

199

LDR/HDR

5,4

97,5

93

King et al., 2000 (16)

51

LDR/HDR

6,3

98

75

Polgár et al., 2003 (25)

45

HDR

6,0

93,3

91

Polgár et al., 2003 (25)

46

HDR

2,5

100

94

Arthur et al., 2003 (1)

44

LDR/HDR

3,5

100

80

Wazer et al., 2002 (35)

32

HDR

2,8

96,9

88

Johansson et al., 2000 (14)

43

PDR

2,8

97,7

k.A.

Lawenda et al., 2003 (18)

48

LDR

1,9

100

92

Krishnan et al., 2001 (17)

24

LDR

3,9

100

100

Samuel et al., 1999 (27)

11

LDR

5,6

100

91

Ott et al., 2004 (22)

69

PDR/HDR

2,0

100

92

Strnad et al., 2004 (29)

176

PDR/HDR

1,0

100

93

LDR = low-dose-rate Brachytherapie; HDR = high-dose-rate Brachytherapie; PDR = pulsed-dose-rate Brachytherapie; k.A. = keine Angaben.

Tab. 3 Lokale Rezidivrate und Überlebensrate nach Mastektomie mit und ohne postoperativer Strahlentherapie

Autor

Patientinnen (n)

Follow-up (Jahre)

lokale Kontrolle ( %)

Gesamtüberleben ( %)

 

 

 

ME

ME + RT

ME

ME + RT

Overgaard et al., 1999 (23)

1375

10

65

92

36

45

Ragaz et al., 1997 (26)

318

15

67

87

46

54

Dib et al., 1998 (4)

618

5

62

87

42

56

ME = Mastektomie; RT = adjuvante Brustwandbestrahlung

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Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. Vratislav Strnad

Universitätsklinikum Erlangen

Strahlenklinik

Universitätsstr. 27

91054 Erlangen

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Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. Vratislav Strnad

Universitätsklinikum Erlangen

Strahlenklinik

Universitätsstr. 27

91054 Erlangen

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Abb. 1 Klinische Einstellung (a) und die Darstellung der Dosisbelastung der Brust und der Lymphabflusswege (b)

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Abb. 2 Klinische Beispiele einer alleinigen interstitiellen „Multikatheter”-Brachytherapie-Implantation des Tumorbettes oben zwischen den Quadranten (a) und retromamillär (b); Darstellung der Dosisbelastung des Tumorbettes in der Brust (c)