Z Orthop Ihre Grenzgeb 2004; 142(5): 517
DOI: 10.1055/s-2004-835153
Orthopädie aktuell

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Ist die computerassistierte Hüftpfannenplatzierung sinnvoll?

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Publication Date:
12 October 2004 (online)

 
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Dr. med. Guido Saxler

Die Implantation einer Hüftgelenktotalendoprothese (H-TEP) gilt heute als ein Standardverfahren. Grundlegend für eine erfolgreiche H-TEP-Implantation ist neben werkstoff- und konstruktionsbedingten Einflüssen die exakte Positionierung der Hüftpfanne und des Hüftschaftes.

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Luxations- und Lockerungsrisiko durch Fehlpositionierung

Die Fehlpositionierung einer oder beider Komponenten steigert die Gefahr des Implantatversagens und kann zu Komplikationen wie dem vermehrtem Komponentenabrieb, Frühlockerungen und Luxationen führen. Daneben variiert die Luxationshäufigkeit auch in Abhängigkeit vom Zugangsweg, dem Alter des Patienten und der Größe des Prothesenschaft-CCD-Winkels. Sie wird in der Literatur zwischen 1 und 10% angegeben. Die höhere Flächenbelastung, insbesondere bei zu steil gestellten Pfannen, führt innerhalb des künstlichen Hüftgelenkes zu vermehrtem Abrieb. Die dadurch freigesetzten Fremdkörper können zu einer entsprechenden Immunreaktion und lokaler Osteolyse führen und damit die Prognose der Endoprothese verschlechtern.

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Computersysteme zur Positionsplanung

Eine wesentliche Voraussetzung für die exakte Implantatpositionierung ist die Fähigkeit des Operateurs, sich im Situs räumlich zu orientieren. Zum einen sind die Neigung, Drehung und Kippung des Beckens auf dem Operationstisch während der Implantation nur schwer abschätzbar, zum anderen kann sich die Position des Beckens während der H-TEP-Operation signifikant verändern. Zur weiteren Optimierung der intraoperativen Implantationsgenauigkeit wurden Computersysteme für das menschliche Becken entwickelt. Dabei werden dem Operateur alle wichtigen klinischen Parameter zur Positionierung der Implantate im Verhältnis zum Patientenbecken zur Verfügung gestellt. Hierbei kann exakt die Position des Beckens über ein Koordinatensystem festgelegt werden, welches durch die beiden Spinae iliacae anteriores und Tubercula pubica definiert wird.

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Konventionell vs. computernavigiert

In einer multizentrischen Studie wurde die Pfannenpositionierung anhand von angefertigten Becken-CTs untersucht. Dabei wurden konventionell eingebrachte Pfannenprothesenkomponenten (n=105) und mit Computernavigation positionierte Pfannenimplantate (n=80) miteinander verglichen. Die konventionell eingebrachten Pfannen zeigten eine mittlere Inklination von 45,8°, bei einer Standardabweichung von 10,1° (min. 23°, max. 71,5°). Die mittlere Inklination der computerassistierten Pfannenimplantationen wurde mit 43,2°, bei einer Standardabweichung von 3,6° (min. 35°, max. 53°), bemessen. 34 (32,38%) der Fälle mit konventioneller OP-Technik zeigten größere Inklinationswinkel als 50°. Vergleichend dazu wurden in der Kontrollgruppe der computerassistiert implantierten Pfannen nur 2 (2,50%) Fälle oberhalb von 50° festgestellt.

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Keine "Extreme" bei computerassistierter Implantation

Acht (7,62%) freihändig implantierte Pfannen zeigten Inklinationswinkel über 60°. Im Gegensatz dazu keine der computerassistiert eingebrachten Hüftpfannen.

Der Mittelwert der konventionell eingebrachten Pfannen betrug bezüglich der Anteversion 27,3° bei einer Standardabweichung von 15° (min. 23,5°, max. 59,0°). Die mittlere Anteversion der computerassistierten Pfannen lag bei 26° mit einer Standardabweichung von 6,9° (min. 12°, max. 38°).

Es fielen in der Gruppe der freihändig implantierten Pfannen drei retrovertierte Positionierungen auf, in einem Fall mit einer Retroversion von 23,5°. Eine Pfanne dieser Gruppe hatte einen Anteversionswinkel von 59°. Die Variabilität der Positionierung war sowohl bezüglich Inklination als auch Anteversion in der Gruppe der konventionell eingebrachten Pfannenimplantate signifikant höher.

Demnach ergab sich insgesamt eine höhere Reproduzierbarkeit der Pfannenpositionierungen in der Gruppe der computerassistierten Implantationen. "Extreme" Positionierungen wurden, im Gegensatz zu den konventionell eingebrachten Pfannen, in der Gruppe der navigierten Komponenten nicht gefunden. Klinische Langzeitstudien mit Standzeitbestimmungen der Implantate müssen klären, ob dauerhafte Vorteile durch computerassistierte Pfannenpositionierungen zu erzielen sind.

Literatur beim Verfasser.

Dr. med. Guido Saxler

Klinik und Poliklinik für Orthopädie

Universität Duisburg-Essen

Mein besonderer Dank gilt allen an der multizentrischen Studie beteiligten Kollegen und Kliniken, insbesondere Herrn Prof. Dr. K. Bernsmann, Essen, der durch seinen unermüdlichen Einsatz das Gelingen der Studie ermöglichte.

 
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Dr. med. Guido Saxler