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DOI: 10.1055/s-2004-834380
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Perioperative Analgesie bei Risikopatienten - Zentrale Wirkung von Paracetamol i.v. von Vorteil
Publication History
Publication Date:
23 September 2004 (online)
Hochrisikopatienten - dazu zählen in erster Linie multimorbide aber auch alte Patienten - stellen besondere Anforderungen an das perioperative Schmerzmanagement. Denn eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren, die durch Schmerzen und auch unzureichend behandelte postoperative Schmerzen verursacht werden, können das Outcome der Behandlung ungünstig beeinflussen.
So erhöht ein durch Schmerzen gesteigerter Sympathikotonus mit konsekutiver Tachykardie und Hypertonie über einen gesteigerten Sauerstoffbedarf sowie Störungen im regionalen Blutfluss das Risiko zur Ausbildung myokardialer Ischämien. Aber auch schmerzassoziierte Begleitsymptome wie Angst und Schlaflosigkeit beeinflussen den Rehabilitationsverlauf des Patienten negativ. Ein weiteres Beispiel: Eine schmerzbedingte Schonatmung kann zu Belüftungsstörungen und Atelektasen führen und ist dadurch mit einer erhöhten Pneumoniegefahr verbunden.
Der Patient in hohem Alter weist darüber hinaus eine gesteigerte Opioidempfindlichkeit auf, die neben altersphysiologischen Veränderungen auch durch eine reduzierte Stoffwechselleistung mit Reduktion der Metabolisierung und Elimination applizierter Analgetika und Sedativa verursacht wird. Somit sind diese Patienten für Sedierung und Atemwegsdepression besonders anfällig. Auch das im Alter geschwächte Immunsystem ist mit einer gesteigerten Rate für Infektionen und Sepsis assoziiert.
Gerade solche Hochrisikopatienten benötigen daher eine optimale Analgesie in Verbindung mit einer guten Verträglichkeit. Hierbei hat sich das Konzept der balancierten Analgesie etabliert. Dieses Konzept basiert im Wesentlichen auf einer Kombinationstherapie von Analgetika mit unterschiedlichen Wirkansätzen. Damit können dosisabhängig additive und synergistische Ansätze zum Beispiel von Opioid- und Nichtopioidanalgetika genutzt und in der Summe Opioide eingespart werden. Damit wiederum ist eine Reduktion der opioidtypischen Nebenwirkungen verbunden, und man erhofft sich gleichzeitig eine Verbesserung des Outcome.
Als besonders vorteilhaft erweist sich in diesem Konzept vor allem die Verwendung von Nichtopioidanalgetika mit guter Analgesie und geringem Nebenwirkungsprofil. Das intravenös applizierte Paracetamol (Perfalgan®), das diese Bedingungen erfüllt, ist hier eine wichtige Therapieoption.
Sichere Schmerzkontrolle
Bei der intravenösen Applikation von Paracetamol werden hohe Plasmaspiegel erreicht, der Wirkstoff kann schnell die Blut-Hirnschranke passieren. Die damit erzielte zentrale Wirkung ist wesentlich stärker als der periphere Effekt der Substanz. Zudem setzt die Wirkung sehr schnell ein: Bereits nach 60 Minuten ist das Wirkmaximum erreicht. Diese zentral wirksame und starke Analgesie reduziert zudem den Opioidbedarf. Dies wiederum trägt dazu bei, opioidtypische Komplikationen wie eine Atemdepression, Sedierung und andere dosisabhängige Nebenwirkungen (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Harnverhalt und Ileus) zu vermeiden. Somit gewährleistet Paracetamol i.v. eine sichere und effektive Schmerzkontrolle.
Da Paracetamol i.v. weder den renalen Blutfluss noch die Natrium-Ausscheidung oder die glomeruläre Filtrationsrate beeinflusst, ist bei niereninsuffizienten Patienten keine Dosisanpassung erforderlich. Lediglich bei einer Kreatinin-Clearance von weniger als 30 ml/min wird eine Verlängerung der Dosierungsintervalle auf mindestens sechs Stunden empfohlen. Unter der empfohlenen Dosierung zeigt Paracetamol keine Lebertoxizität. Bei schwerer Leberinsuffizienz ist die Substanz jedoch kontraindiziert, bei leichter bis mäßiger Leberinsuffizienz ist Vorsicht geboten. Da ebenfalls kein Effekt auf die Thrombozytenaggregation besteht, ist die Fertiginfusion auch bei Patienten unter Antikoagulanzien bedenkenlos anwendbar. In der Traumatologie und Orthopädie ist zudem von Bedeutung, dass Paracetamol die Knochenregeneration nicht beeinträchtigt.
Als Kombinationspartner eignet sich Paracetamol unter anderem für nichtsteroidale Antirheumatika (NSAIDs). Denn im Rahmen der Kombination kann die NSAID-Dosierung niedrig gehalten werden, wodurch wiederum die Gefahr für gastrointestinale Blutungen minimiert wird. Zudem hat Paracetamol keinen Einfluss auf eine bestehende antihypertensive Therapie, wie dies zum Beispiel für NSAIDs bekannt ist, die möglicherweise die Wirkung von ACE-Hemmern beeinträchtigen können.
Ein weiterer Pluspunkt neben der guten Verträglichkeit ist auch die einfache Handhabung der Paracetamol-Fertiginfusion.
Anwendung bei Kindern möglich
Aufgrund des hohen Sicherheitsprofils kann die Kurzinfusion von Paracetamol auch in der perioperativen Schmerzbehandlung bei Kindern eingesetzt werden. Seit kurzem ist Perfalgan® auch in Deutschland für die Behandlung von Kindern ab einem Körpergewicht von 10 kg - das entspricht etwa dem Alter von einem Jahr - zugelassen. In diesem Fall ist pro Einzelgabe eine Dosierung mit 15 mg/kgKG vorgesehen. Das Dosierungsintervall muss mindestens einen Abstand von vier Stunden betragen und die Tageshöchstdosis darf 60 mg/kgKG nicht überschreiten. Wesentlicher Vorteil der intravenösen Verabreichung gegenüber der rektalen Gabe sind ein rascherer Anstieg der Serumkonzentration und konstante Plasmaspiegel. So lässt sich mit Paracetamol i.v. auch bei Kindern schnell ein optimaler analgetischer Effekt erreichen.
M. Falkenberg, München
Quelle: Symposium "Managing postoperative pain in at-risk populations - a daily challenge", im Rahmen des Euroanaesthesia in Lissabon, veranstaltet von der Bristol-Myers-Squibb GmbH, München