Die virtuelle Koloskopie (Spiral-CT-Kolonographie) erlaubt nicht nur die Darstellung
der Darmschleimhaut, sondern auch der umgebenden Gewebe und Organe. Die Arbeitsgruppe
um Michael Hellström, Göteborg/Schweden, untersuchte, wie oft wichtige Befunde außerhalb
des Kolons bei dieser Darmuntersuchung festgestellt werden, und welche klinische Bedeutung
sie haben (AJR 2004; 182: 631-638).
Die Studie umfasste 111 Patienten, die wegen rektaler Blutung, Blutnachweis im Stuhl
oder zur Nachsorge zur Koloskopie überwiesen wurden. Direkt davor wurde die virtuelle
Koloskopie ohne Kontrastmittelgabe einmal beim stehenden und einmal beim liegenden
Patienten mit einem Spiral-CT angefertigt. Die Scan-Schicht betrug 5 mm, die Rekonstruktion
des Bildes erfolgte in 2-mm-Intervallen an einer digitalen CT-Arbeitsstation. Bei
wichtigen Befunden wurde der überweisende Arzt kontaktiert und eine Nachuntersuchung
empfohlen.
Befunde außerhalb des Darms sind relativ häufig
Befunde außerhalb des Darms sind relativ häufig
Mit der virtuellen Koloskopie wurden bei 26 Patienten (23%) außerhalb des Darms als
"wichtig" eingeschätzte Befunde wie eine Lymphadenopathie oder ein Aortenaneurysma
gesehen, oder solide Tumoren in Leber, Niere oder Pankreas vermutet. Klinisch "mäßig
wichtige" extrakolische Befunde (z.B. Gallensteine oder Hiatushernie) fielen bei jedem
zweiten Patienten auf. Die als "wichtig" eingestuften Befunde außerhalb des Kolons
konzentrierten sich zu 75% auf die 12 Patienten mit malignen Erkrankungen, während
sie bei den anderen 99 Patienten nur zu 17% vorkamen. Bei den "mäßig wichtigen" Befunden
waren Patienten mit Malignomen sogar zu 92% vertreten, tumorfreie Probanden zu 55%.
Die als "wichtig" eingestuften extrakolischen Befunde waren bei 19 von 26 Patienten
vorher nicht bekannt gewesen. Zwar erwiesen sich 7 dieser Befunde als falschpositiv,
doch waren bei 2 dieser Patienten andere wichtige Auffälligkeiten entdeckt worden.
Insgesamt seien bei 14 Patienten (13%) mit der virtuellen CT-Koloskopie klinisch bedeutsame
Befunde außerhalb des Darms festgestellt worden. Die 7 falschpositiven Verdachtsdiagnosen
bezogen sich auf als solide eingeschätzte Raumforderungen in Niere, Leber, Pankreas
oder als vergrößert eingestufte Lymphknoten, die sich nachher als gutartige Zysten
oder Fettgewebe herausstellten. Dies wäre nach Ansicht der Autoren durch Kontrastmittelgabe
zu vermeiden. In 2 Fällen wurde die Infiltration eines Rektumkarzinoms bzw. einer
Lebermetastase übersehen und erst im Folge-CT richtig eingestuft.
Extrakolische Befunde sind häufig, erweisen sich jedoch in der Mehrzahl der Fälle
als klinisch irrevelant, so dass Nachuntersuchungen unnötig sind. Ob die CT-Kolonographie
breiter genutzt, oder nur bestimmten Personen angeboten werden sollte, z.B. zum gleichzeitigen
Screening auf ein Aortenaneuryma, muss noch in weiteren Untersuchungen geklärt werden.
Dr. Inge Kelm-Kahl, Wiesbaden