Pneumologie 2005; 59(6): 411-412
DOI: 10.1055/s-2004-830311
Workshop
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Bedeutung von Tiermodellen als Mittler zwischen Forschung und Klinik

C.  Grohé1
  • 1Universitätsklinikum Bonn, Medizinische Universitäts-Poliklinik
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01 July 2005 (online)

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    Seit Beginn der Erforschung der pathophysiologischen Grundlagen von Atemwegserkrankungen spielen krankheitsbezogene Tiermodelle eine zentrale Rolle. Standen zu Anfang insbesondere infektiologische Fragestellungen im Vordergrund, hat sich in den letzten Jahren das Spektrum der Erforschung von akuten und chronischen pulmonalen Krankheitsprozessen mithilfe von Tiermodellen in großem Maße erweitert. Der gezielte Einsatz von Modellen wie dem Schwein, Kalb aber auch Nagetieren ermöglicht heute die Beantwortung relevanter infektiologischer, immunologischer und onkologischer Fragestellungen. Hier hat es sich in letzter Zeit bewährt, dass sowohl Großtier- als auch Kleintiermodelle zur Verfügung stehen, da aus ethischen Gründen Untersuchungen am Menschen nicht möglich sind. Die Korrelation der pulmonalen Pathologie des Menschen mit einem sorgfältig ausgewählten Tiermodell ermöglicht heute die Beantwortung wichtiger physiologischer Fragen und therapeutischer Ansätze.

    Insbesondere ist in den letzten Jahren durch die Entwicklung von transgenen Tiermodellen eine gezielte Analyse von relevanten Kandidatengenen als Ursache von Erkrankungen wie den pulmonalen Neoplasien, aber auch der obstruktiven Atemwegserkrankungen möglich gemacht worden. Die gezielte Überexpression oder Ausschaltung von einzelnen Genen bzw. von Signalkaskaden in der Lunge transgener Tiere erfordert jedoch im In-vivo-Modell eine anschließende, umfassende Analyse der Mechanismen. Da in letzter Zeit insbesondere auf dem Gebiet der Entwicklung von transgenen Mausmodellen ein deutlicher Fortschritt erzielt worden ist, wurde eine Adaptation der entsprechenden Analyseparameter für diese Kleintier- bzw. Nagetiermodelle notwendig. Die Entwicklung von relevanten Lungenfunktionsparametern ebenso wie die weitergehende Beschreibung der Einzelzellanalysen, z. B. durch Durchflusszytometrie, aber auch durch chipbasierte Genprofilanalysen ermöglicht heute eine genauere Beschreibung der zugrunde liegenden Pathomechanismen. Die Kombination dieser Methoden eines krankheitsbezogenen Tiermodells, z. B. in der Ursachenerforschung der obstruktiven Atemwegserkrankungen, stellt heute eine komplexe Vernetzung verschiedener Ex-vivo- und In-vivo-Techniken dar. Die weitergehende Manipulation der zugrunde liegenden Modelle mittels Stimulation (z. B. durch Inhalation bzw. Injektion pathophysiologisch relevanter Noxen) führte ebenfalls zu einer Erweiterung des Spektrums.

    Die Entwicklung neuer Lungenfunktionsanalyseparameter der murinen Modelle hat einen enormen Zuwachs an Informationen bedeutet. Dieser Zuwachs an Informationen bedarf jedoch in den nächsten Jahren einer weitergehenden Validierung und Bezugnahme auf die bereits gut etablierten Großtiermodelle.

    Die Charakterisierung der krankheitsbezogenen Tiermodelle ist die Grundlage zur Entwicklung neuer therapeutischer Strategien. Insbesondere stehen nun Tiermodelle zur Verfügung, die eine gezielte Überprüfung eines therapeutischen Ansatzes, z. B. Untersuchung von pharmakologischen Agonisten bzw. Antagonisten gegen Rezeptoren oder Signalkaskaden möglich macht. Die weitere Analyse dieser therapeutischen Ansätze ist anschließend mittels der Lungenfunktionsanalyse bzw. von Einzelzellmessungen möglich. All diese Bemühungen unterstreichen die Bedeutung von Tiermodellen zur Planung und Optimierung therapeutischer Strategien der patientenbezogenen Forschung. Eine weitergehende Forschung der zugrunde liegenden Mechanismen dieser verschiedenen Krankheitsbilder ermöglicht die Entwicklung gezielter therapeutischer Strategien in Krankheitsbereichen, die weiterhin eine hohe Rezidivrate bzw. eine erhebliche Limitierung der Lebenserwartung bedeuten, wie z. B. den pulmonalen Neoplasien oder durch eine erhebliche Morbidität belastet sind wie die Pneumonien.