Einleitung
Das Bronchialkarzinom ist weltweit der häufigste Krebs des Mannes. Kolorektales Karzinom,
Mammakarzinom und Zervixkarzinom zusammen haben eine geringere Inzidenz als das Bronchialkarzinom.
In der westlichen Welt ist dieser Tumor die häufigste Krebstodesursache mit abnehmender
Tendenz beim Mann, aber stark zunehmend bei der Frau. Steigende Mortalitätsraten werden
auch aus den Entwicklungsländern berichtet [1].
Trotz aller Anstrengungen der letzten Jahrzehnte ist die Prognose des Bronchialkarzinoms
schlecht. Allenfalls 15 % aller Patienten erreichen die 5-Jahresüberlebensgrenze [2]. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass dieser Tumor keine Frühsymptome aufweist.
Bei Erstdiagnose liegen bereits in zwei Drittel der Fälle mediastinale Lymphknotenmetastasen
oder Fernmetastasen vor, so dass kein kurativer Therapieansatz mehr möglich ist. Im
fortgeschrittenen Krankheitsstadium sind die therapeutischen Optionen selbst in einem
interdisziplinären Behandlungskonzept sehr beschränkt [1]. Dagegen ist seit langem bekannt, dass die Chancen einer Heilung deutlich verbessert
sind, wenn die Krankheit in frühen Stadien entdeckt wird [3]. Das ist heute sogar mit endoskopischen Mitteln ohne chirurgischen Eingriff möglich,
z. B. mittels Laserabtragung, photodynamischer Therapie (PDT) oder endoluminaler Hochdosis-Radiotherapie
(HDR oder Brachytherapie) [4].
Vor dem Hintergrund der erschreckend hohen Mortalität wurden in den 70er-Jahren Screening-Programme
untersucht, die eine Bronchialkarzinom-Früherkennung mittels Thoraxröntgenaufnahmen
und/oder zytologischer Untersuchung expektorierten Sputums zum Ziel hatten [5]
[6]
[7]. Obwohl mehr als 30 000 Probanden in diese prospektiven, randomisierten, kontrollierten
Studien eingeschlossen wurden, ließ sich statistisch keine Senkung der Mortalität
nachweisen. Die Analyse dieser Studien zeigte, dass durch Sputumzytologie nur ein
kleiner Teil der gefundenen Tumoren nachgewiesen wurde. Konsequenz der Studien war,
dass eine Empfehlung, ein Bronchialkarzinom-Screening durchzuführen, nicht gegeben
werden kann. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass in Risikogruppen eine Früherkennung
prinzipiell möglich ist.
Im Bestreben, die Prognose des Bronchialkarzinoms zu verbessern und damit die Überlebenschancen
für Betroffene zu vergrößern, ist die Aufmerksamkeit auf die Diagnose des Bronchialkarzinoms
im asymptomatischen Frühstadium gerichtet. Die regelmäßige endoskopische Untersuchung
sämtlicher Raucher, selbst einer definierten Kumulativdosis, übersteigt das ökonomisch
sinnvolle Maß [1]. Für diese Aufgabe aber haben sich in den vergangenen Jahren mit dem Einsatz immunhistochemischer
Methoden, der Zytometrie, der Polymerasekettenreaktion, dem Nachweis von Überexpressionen
oder Hypermethylierungen neue Möglichkeiten ergeben, die die Diskussion um Screnningprogramme
erneut entfacht haben [1]
[8]
[9].
Sensitivere Nachweismethoden im Sputum müssen durch erfolgreichere Verfahren zur Lokalisation
von karzinomatösen Frühveränderungen ergänzt werden, um die Krankheit in einer Phase
zu erfassen, in der Aussicht auf Heilung besteht. Zudem entwickeln sich 50 - 60 %
der Plattenepithelkarzinome in den zentralen Atemwegen [10], die bronchoskopisch erreicht werden können. Dennoch sind die Ergebnisse der Weißlichtbronchoskopie
enttäuschend [3]
[11]. Frühe maligne Veränderungen wie intraepitheliale Neoplasien verursachen nur diskrete,
lokalisierte Oberflächenveränderungen wie Verdickung von Karinen, verstrichene Schleimhaut,
Schleimhautödem, Gefäßdilatation oder eine Auffälligkeit des Lichtreflexes. Insbesondere
vor dem Hintergrund häufig entzündlich veränderter Bronchialschleimhaut bei diesen
Risikopatienten sind solche subtilen Zeichen schwer erfassbar und wenig spezifisch
[11]. Anfang der 90er-Jahren wurde die Autofluoreszenz-Bronchoskopie (AFB) in die Diagnostik
eingeführt, um die Früherkennung zentraler prämaligner und maligner Veränderungen
im Bronchialsystem zu verbessern.
Autofluoreszenz-Bronchoskopie
Fluoreszenz ist eine physikalische Phänomen, das auftritt, wenn ein Körper als unmittelbare
Antwort auf anregendes Licht Emissionslicht abgibt. Die gewebseigenen Substanzen,
die diese Fluoreszenz verursachen, werden Fluorophore genannt. Sie kommen je nach
Gewebeart und -zustand in unterschiedlichen Konzentrationen und Lokalisationen vor
und gehören verschiedenen Substanzklassen an: Tryptophan, Kollagen, Elastin, Porphyrin
und als Bestandteile des oxidativen Stoffwechsels NAD/NADH, Pyridoxalphosphat sowie
Flavin [12]
[13]. Eigenfluoreszenz-Phänomene in der Bronchialschleimhaut weisen eine geringe Intensität
im Vergleich zu reflektiertem und gestreutem Licht auf. Ohne Amplifizierung sind sie
mit dem bloßen Auge nicht erkennbar.
Trifft auf normale Bronchialschleimhaut monochromes blaues Licht (442 nm), werden
submukös lokalisierte Fluorophore zur Emission von längerwelligem Fluoreszenzlicht
angeregt. Normale Schleimhautfluoreszenz weist unter dieser Blaubestrahlung ihr Maximum
der Lichtemission auf. Im Bereich von frühen (prä-)malignen Veränderungen wie Dysplasie
oder Carcinoma in situ (CIS) verringern sich die Intensität (beim CIS um den Faktor
10) und auch die Zusammensetzung des emittierten Lichts. Ursachen für unterschiedliches
Fluoreszenzverhalten sind eine Verdickung der Epithelschicht, vermehrter Blutgehalt
durch Zunahme der Vaskularisation - Hämoglobin absorbiert das Licht fast komplett
- und eine unterschiedliche Konzentration von Fluorophoren. Die Veränderungen der
Autofluoreszenz werden genützt, um normale von maligne veränderter zu unterscheiden
[11]
[12]. Im Monitorbild erscheint normale Schleimhaut leuchtend grün, (prä)maligne Areale
erscheinen als Bezirk verminderter Fluoreszenz dunkler und je nach System braunrot
bzw. bläulich-braun schattiert [13]
[14]
[15].
Der Vorteil der AF-Untersuchung ist, dass es keiner exogen zugeführten Photosensitizer
bedarf wie bei der medikamenten-induzierten Fluoreszenz. Da eine Patientenvorbereitung
somit nicht notwendig ist, kann die Untersuchung im AF-Modus spontan und zeitlich
direkt an eine konventionelle Bronchoskopie (WLB) angeschlossen werden. Eine optimale
Lokalanästhesie und systemische Sedierung ist vorteilhaft, um Husten- und Würgereiz
zu unterdrücken, da eine Schleimhauttraumatisierung die Beurteilbarkeit im Autofluoreszenzveränderungen
erschwert. Die Untersuchungsdauer verlängert sich durch das zusätzliche Verfahren
um etwa 5 - 15 Minuten [2]
[16]
[17].
Der endoskopische Autofluoreszenzbild ist bei einem Teil der verfügbaren Systeme auf
ein spezifisches Farbspektrum reduziert, so dass eine allgemeine und umfassende Schleimhautbeurteilung,
wie sie bei der WLB gegeben ist, nicht möglich ist. Auch der räumliche Eindruck ist
teils aufgehoben, Schleimhautcharakteristika sind nicht erkennbar. Ein Vergleich der
Leistungsfähigkeit der WLB und der kombinierten AF-Untersuchungsmethode (AFB+WLB)
kann sich daher nur auf die Erkennung AF-spezifischer, d.h. (prä-)maligner Läsionen
beziehen, ist aber zur Beurteilung des klinischen Nutzen dieser neuen Methode zwingend
erforderlich [18].
Risikogruppen
Anders als bei vielen anderen malignen Tumoren ist der Anteil der Bevölkerung gut
definiert, bei dem ein erhöhtes Risiko besteht, am Bronchialkarzinom zu erkranken.
Hauptrisikofaktor ist das Zigarettenrauchen. Die Wahrscheinlichkeit, ein Bronchialkarzinom
zu entwickeln, nimmt mit der Menge der gerauchten Zigaretten zu. Allerdings sind weitere
Faktoren wie Schadstoffgehalt und Inhalationstechnik erwähnenswert. Daneben gibt es
weitere Kanzerogene wie Asbest, Radon, Nickel, Chrom und Arsen. Das Malignitätsrisiko
nimmt bei Kombination verschiedener Faktoren additiv oder sogar multiplikativ zu.
Nach einer Konsensvereinbarung der International Association for the Study of Lung
Cancer (IASLC) sind alle Raucher über 20 Packungsjahre (d. h. Konsum von 1 Packung
täglich über 20 Jahre) als Hochrisikogruppe anzusehen. Bei diesen Patienten sollte
eine ohnehin indizierte Bronchoskopie auch in AF-Technik durchgeführt werden [19].
Datenlage
Pionierarbeit bei der Entwicklung der AF-Bronchoskopie leistete Stephen Lam, der maßgeblich
an der Entwicklung des LIFE-Systems beteiligt war. Bereits 1992 konnte diese Arbeitsgruppe
durch Auswertung der Autofluoreszenz im spektrometrischen Verfahren eine Steigerung
der Sensitivität für die Lokalisation von mäßigen Dysplasien bis zum Carcinoma in
situ von 52 % (WLB) auf 86 % (Autofluoreszenz-Modus) berichten, die Spezifität lag
bei 81 % (WLB) und 79 % (LIFE). Es handelte sich um eine Untersuchung an 82 freiwilligen
Asbest- und/oder Dieseldampf-Exponierten. Unter 238 Biopsien fanden sich zwölf mäßige,
sechs schwere Dysplasien und drei Carcinomata in situ [12].
Der Bewertungsmaßstab für Weißlicht- und Autofluoreszenzverfahren ist die histologische
Klassifikation der Biopsien, die aus auffälligen Arealen entnommen wurden, und die
von Kontrollbiopsien. Die wahre Sensitivität der Methode ist nicht bekannt. Es gibt
keine Daten dazu, wie viele Läsionen sowohl im Weißlicht- als auch im Autofluoreszenzmodus
übersehen werden [13]. Deshalb ist es üblich, eine so genannte „relative Sensitivität” zu errechnen. Diese
gibt die Relation von Läsionen an, die mit Weißlicht und Autofluoreszenz gefunden
werden, zu denen, die allein mit Weißlicht auffällig sind. Damit wird es möglich,
den Zugewinn durch Fluoreszenzverfahren zu quantifizieren.
Lam u. Mitarb. fanden mit dem LIFE-Lung-System in einer prospektiven Studie an 223
Patienten eine Steigerung der Sensitivität beim Nachweis des frühen Karzinoms von
40 % bei der konventionellen Weißlichtbronchoskopie auf 91,4 % entsprechend dem 2,3fachen.
Die Patienten wurden wegen des Verdachts auf ein Bronchialkarzinom oder in der Nachsorge
operierter Bronchialkarzinome untersucht. Freiwillige Raucher (>25 Pack-years) ohne
klinischem oder radiologischem Anhalt wurden zudem in die Studie eingeschlossen. Bei
den Präneoplasien fand sich eine Steigerung von 38,5 % mit der Weißlichtbronchoskopie
(WLB) auf 73,1 % mit der Autofluoreszenz-Bronchoskopie (78 Läsionen). Die Spezifität
unterschied sich in dieser Studie ebenfalls nur unwesentlich (WLB 91,1 % vs. LIFE
mit 86,7 %) (20).
Die multizentrische nordamerikanische Studie mit dem LIFE-Lung-System wurde 1998 publiziert.
Eingeschlossen wurden 173 Patienten mit Bronchialkarzinomverdacht, die in Ergänzung
zur konventionellen Weißlichtbronchoskopie mit AFB untersucht wurden. 700 Biopsien
wurden entnommen, darunter waren 142 mit mäßigen Dysplasie bis hin zum invasiven Karzinom.
Nur 35 dieser Läsionen wurden mit der konventionellen Weißlichtbronchoskopie erkannt,
95 unter Hinzunahme des LIFE-Modus. Dies entspricht einer Steigerung der relativen
Sensitivität um 2,71. Der größte Zugewinn zeigte sich bei den intraepithelialen Präneoplasien
mit 6,3. Diese Untergruppe umfasst mäßige und schwere Dysplasien und das Carcinoma
in situ. Die Rate der fälschlich als verdächtig klassifizierten Läsionen verdreifachte
sich allerdings in dieser Auswertung [17].
Ähnliche Ergebnisse wurden zwischenzeitlich von diversen Autoren publiziert (Tab.
[1]). Wertet man nur größere, randomisierte Studien mit Probenentnahme auch aus unauffälligen
Arealen aus, zeigt sich, dass sich die anfangs hohen relativen Sensitivitäten doch
deutlich verringert haben.
Tab. 1 Relative Sensitivitäten unterschiedlicher Studien
| Autor |
Biopsien n |
Prävalenz Dyspl. II-III CIS in % |
Sensitivität WL in % |
Sensitivität WL + AF in % |
Zugewinn Faktor |
|
Lam 98 [17]
|
700 |
14 |
9 |
56 |
6,3 |
|
Khanavkar 98 [11]
|
162 |
27 |
34 |
86 |
2,5 |
|
Vermylen 99 [21]
|
142 |
11 |
25 |
93 |
3,4 |
|
Venmans 2000 [22]
|
790 |
3 |
53 |
84 |
1,6 |
|
Kusunoki 2000 [23]
|
216 |
39 |
64 |
88 |
1,4 |
|
Shibuya 2001 [24]
|
212 |
21 |
68 |
91 |
1,3 |
|
Sato 2001 [25]
|
123 |
32 |
85 |
94 |
1,1 |
|
Häußinger 2004 [26]
|
3784 |
4 |
58 |
82 |
1,4 |
Die größte Studie zur AF-Bronchoskopie stellt die von K. Häussinger, München-Gauting,
geleitete Europäische Multizenter-Studie dar. Diese Studie wurde mit dem D-Light AF-System
der Firma K. Storz an 1173 Patienten durchgeführt. Ausgewertet wurden 3784 Biopsien.
Dabei zeigte sich ein signifikanter Vorteil der AFB gegenüber der WLB in der Gruppe
der intraepithelialen Neoplasien von 1,4fach. Zwischenzeitlich fällt der Vorteil beim
Cis nicht mehr so groß aus, weil der geschulte Untersucher mit verbesserten Bronchoskopen
bereits häufig im Weißlichtmodus dieses frühe Malignom erkennen kann (1,3fach). Dies
deckt sich mit neueren Veröffentlichungen anderer Autoren. Am größten ist der Zugewinn
bei Dysplasien mit 1,8fach [27]. Hauptunterschied zu anderen publizierten Studien ist aber, dass in dieser Untersuchung
nicht relative Sensitivitäten verglichen wurden, sondern die Prävalenzen in unabhängigen
Untersuchungsarmen.
Neben dem System der Firma Xillix (LIFE) und der Fa. Storz (D-Light AF) mit wesentlichen
Neuerungen und Verbesserungen, insbesondere im Handling, stehen derzeit ein System
der Firma Pentax (SAFE-1000®) und der Fa. Wolff (Dafe) zur Verfügung. Für das Safe
und das D-Light-System konnte gezeigt werden, dass keine signifikanten Unterschiede
in der Erkennung der Läsionen bestehen [16]
[28]. Die Unterschiede lagen in der Handhabung und der Untersuchungszeit, jeweils zu
ungunsten des LIFE.
Fasst man die Daten zusammen, fällt eine große Streubreite der Ergebnisse auf. Allein
die mit dem LIFE-System durchgeführten Untersuchungen weisen Steigerungen der relativen
Sensitivitäten zwischen 1,1 und 6,3 auf [17]. Einige der Unterschiede sind durch unterschiedliche Studienkollektive erklärbar.
Ein starker Einflussfaktor ist, ob bzw. wie viele invasive Karzinome eingeschlossen
wurden, da invasive Karzinome die WLB begünstigen [29]. Auch die Lokalisation der entnommenen Biopsien beeinflusst das Ergebnis, da in
der Nachbarschaft invasiver Karzinome die Findungsrate von Metaplasien, Dysplasien
und Cis erhöht ist [30]. In der Europäischen Multizenterstudie wurden daher Biopsien, die weniger als 2
cm von einem invasiven Karzinom entfernt entnommen wurden, nicht gewertet.
Die Einschätzung der Biopsie durch den Pathologen ist von großer Bedeutung, da eine
Standardisierung vor allem früher maligner Veränderungen problematisch ist. So zeigte
in einer Studie von Venmans die Einordnung von frühen malignen Läsionen durch zwei
unabhängige Pathologen eine große Variabilität [31]. Ein Fehlen anerkannter Standards sowie Grenzfalle führte vor allem in älteren Studien
zu fehlender Übereinstimmung in der histopathologischen Klassifikation. Die Einordnung
muss deshalb neuerdings streng nach den aktuellen Kriterien der WHO vorgenommen werden
[32].
Die Effektivität der Bronchoskopie als Lokalisationshilfe für frühe Formen des Bronchialkarzinoms
kann nach den bisher mitgeteilten Erfahrungen durch die Kombination des konventionellen
Verfahrens mit der Autofluoreszenzmethode deutlich gesteigert werden. Dieser Vorteil
kann in der täglichen Routine ohne besondere Vorbereitung des Patienten durch nebenwirkungsbelastete,
kostenintensive Medikamente genutzt werden. Komplikationen gehen nicht über die der
Routinebronchoskopie hinaus.
Nachteilig ist die mangelnde Spezifität des Verfahrens. Sowohl durch WLB, als auch
durch AFB sind insbesondere hyperplastische oder entzündlich veränderte Schleimhautabschnitte
nicht eindeutig einzuordnen [29] und nur durch die Biopsie der Läsion zu klären. Damit steigt die Rate der falsch
positiven Befunde. Es werden mehr Biopsien auf der Basis der gefundenen Auffälligkeiten
entnommen. Mit der Einführung der Detection rate (DR) verbesserte Hirsch [33] sowohl die Sensitivität als auch die Spezifität. Er konnte zeigen, dass die erhöhte
Findungsrate der AFB unabhängig von der Zahl der entnommenen Biopsien ist.
Vor allem Metaplasien und Dysplasien lassen sich häufiger identifizieren. Ein Unschärfebereich
zwischen reaktiven und präneoplastischen Veränderungen lässt sich mit zunehmender
Erfahrung in der Beurteilung des AF-Bildes eingrenzen, jedoch nicht vollständig ausschalten.
Der regelmäßige Einsatz eines AF-Systems schult das Untersucherauge für subtile Schleimhautveränderungen
auch im WLB-Modus [11]. Dies bedeutet einen Lerneffekt sowohl beim Gebrauch der Fluoreszenzmethode als
auch bei der Weißlichtbronchoskopie.
Auch die Möglichkeit, mittels LIFE die Ausdehnung transformierter Schleimhautareale
besser erfassen zu können, macht den Einsatz dieser Methode interessant. Untersuchungen
der umgebenden Schleimhaut bei manifesten Tumoren zeigen vielfach ein gestörtes Fluoreszenzverhalten.
Im Rahmen bronchoskopischen Untersuchung beim präoperativen Staging kann dies genutzt
werden, um potenzielle Absetzungsränder besser festlegen zu können. Auch die Planung
einer interventionellen bronchoskopischen Therapie wird erleichtert [34].
Offen bleibt die Frage, ob „falsch-positive” AFB-Befunde von histologisch normaler
Mukosa, von Metaplasien oder von leichten Dysplasien präneoplastische Veränderungen
im Kontinuum der Karzinogenese im Gegensatz zu rückbildungsfähigen reaktiven Metaplasien
[3]
[34] darstellen. Es ist anzunehmen, dass durch den pathohistologischen Befund bei weitem
nicht alle frühen malignen Veränderungen erfasst werden. Dysplasie als Reparaturvorgang
und Dysplasie als Stufe der Präneoplasie lassen sich bis heute histologisch nicht
verlässlich unterscheiden; außerdem wird genetische Instabilität zunehmend auch in
der morphologisch noch nicht auffälligen Bronchialschleimhaut nachgewiesen [3].
Derzeit ist keine klare Empfehlung auszusprechen, wann eine therapeutische Intervention
indiziert ist. Es besteht Übereinstimmung, dass ein Carcinoma in situ therapiert werden
sollte. Im Gegensatz dazu ist es unklar, ob eine schwere Dysplasie therapiert oder
beobachtet werden sollte. Nach den neueren Publikationen scheint es gerechtfertigt,
zunächst die Patienten in ein Follow up-Programm mit Autofluoreszenzbronchoskopie
einzubinden und erst bei nachgewiesenem Progress zu therapieren, da nur in maximal
10 - 20 % der schweren Dysplasien in ein CIS übergehen [9]
[35]. Hier steht mit dem endobronchialen Ultraschall auch eine neue Methode des lokalen
Stagings zur Verfügung, die weitere Informationen zu möglichen Vorgehen leistet [36].
Es ist zu erwarten, dass durch Follow-up-Biopsien durch AF-Bronchoskopie entdeckter
früher maligner Befunde die Kenntnisse zur Entwicklung des Bronchialkarzinoms vertieft
werden. Derzeit wird das Konzept des stufenweisen Fortschreitens von der plattenepithelialen
Metaplasie über unterschiedliche Grade der Dysplasie zum Carcinoma in situ angezweifelt.
Bei der wiederholten Biopsie solcher Läsionen fand sich eine ausgesprochene Dynamik
ohne klar erkennbare Regeln des Fortschreitens [37].
Zusammenfassung
Die Autofluoreszenz-Bronchoskopie (AFB) in Kombination mit der konventionellen Weißlichtbronchoskopie
(WLB) erweist sich als sensitives Verfahren für die Detektion von frühen malignen
Veränderungen und stellt als solches einen bedeutenden Fortschritt gegenüber der WLB
dar. Da angesichts der vielfältigen endobronchialen Behandlungsmöglichkeiten von Frühkarzinomen
auch eine deutlich eingeschränkte Lungenfunktion nicht zum Verzicht auf einen kurativen
Therapieansatz führen muss, ist selbst bei pulmonal kompromittierten Patienten die
Indikation zur Frühkarzinomerkennung gegeben.
Nicht alle Frühkarzinome und Präneoplasien werden jedoch auch künftig durch den zusätzlichen
Einsatz der Autofluoreszenz-Bronchoskopie diagnostizierbar sein. Tumoren mit rascher
Proliferationsrate oder submuköse Läsionen sind einer prognose-verbessernden Früherkennung
nur unzureichend zugänglich. Angesichts der großen Zahl von Bronchialkarzinompatienten
lässt eine mehr als verdoppelte endoskopische Diagnoserate zur Frühstadien der Erkrankung
eine messbare Prognoseverbesserung erwarten. Mit der AFB als Routinemethode bei Risikopatienten
kann ohne Verwendung exogener Sensitizer eine Steigerung der Findungsrate von prämalignen
Läsionen wie CIS und mäßiger bis schwerer Dysplasie erreicht werden. Die Untersuchungszeit
wird nur geringfügig verlängert und die Komplikationsrate ist gegenüber der konventionellen
Bronchoskopie nicht erhöht.