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DOI: 10.1055/s-2004-829863
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Alternative zum chirurgischen Vorgehen - CT-gesteuerte Drainagenbehandlung der Milz bei Abszessen und Hämatomen
An Alternative Option for Intervention - CT-Guided Intervention of Splenic Abscess and HaematomaAnschrift für die Verfasser
Dr. Roland Moll
Abteilung für Röntgendiagnostik, Zentrum für operative Medizin (ZOM)
Universitätsklinik Würzburg
Josef-Schneider-Str. 2
97080 Würzburg
Publication History
Publication Date:
01 July 2004 (online)
Zusammenfassung
Ziel dieser Untersuchung war die retrospektive Beurteilung der Effektivität und des Risikos von interventionellen Behandlungsverfahren bei Abszessen oder Hämatomen der Milz. Dazu wurden sechs Patienten mit Milzabszessen und ein Patient mit einem infizierten Milzhämatom
CT-gesteuert mit Drainagen (8-16 French) oder Punktionen behandelt. Alle sieben Patienten wurden erfolgreich punktiert bzw. drainiert (technischer Erfolg 100 %). Ein Patient mit diffuser Abszedierung der Milz musste wegen einer manifesten Sepsis kurzfristig operiert werden. In einem weiteren Fall wurde wegen der Möglichkeit eines Rezidivhämatoms nach zwei Wochen splenektomiert. In allen Fällen war ein komplikationsloser Verlauf ohne Blutung oder Fehlpunktion von Nachbarorganen zu beobachten, eine Splenektomie wegen Komplikationen durch die Intervention erfolgte nicht. Damit ist die perkutane CT-gesteuerte Drainagenbehandlung der Milz eine risikoarme, wenig invasive Therapiestrategie mit einer hohen Erfolgsrate und kann bei Hämatomen und Abszessen als organerhaltende Therapieoption und Alternative zum chirurgische Vorgehen gelten. Sie kann daher als Behandlungsverfahren der Wahl bei Risikopatienten und zum Ziel eines möglichen Organerhalts eingesetzt werden.
#Summary
The aim of this retrospective study was to evaluate the efficacy and complication rate of CT-guided intervention of splenic abscesses or haematomas. Six patients with abscesses and one with an haematoma of the spleen were treated either by CT-guided drainage (8-16 French) or repeated aspirations. All aspirations and/or drainages were performed successfully resulting in a technical success-rate of 100 %. One patient with a diffuse splenic abscess required a splenectomy due to persistent septicaemia, another patient underwent splenectomy for a suspected recurrent intraparenchymal haemorrhage. No procedure related complications, such as bleeding, drainage dislocation or injury of other structures, were encountered. Furthermore, no splenectomy was necessary as a consequence of the interventional procedure. Percutaneous CT guided drainage of the spleen therefore is a safe, minimal invasive, and successful therapeutic option in the presence of abscess and/or haematoma. This modality can be used as a spleen conserving alternative to surgery and should be the treatment of choice in risk patients.
Key Words
splenic abscess - splenic haematoma - percutaneous aspiration and drainage - computed tomography guidance - minimal invasive therapy
Der Milzabszess ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die unbehandelt eine Letalität von 60-100 % aufweist [3]. Als Ursachen werden die Endokarditis, Infektionserkrankungen, eine generalisierte Sepsis, hämatologische Systemerkrankungen, fortgeleitete Entzündungen, die vor allem postoperativ oder bei einer Pankreatitis auftreten, sowie Traumata diskutiert [6] [8].
Als standardisiertes Behandlungsverfahren gilt die Splenektomie, die chirurgische Drainagenbehandlung wird eher selten durchgeführt. Sicherlich ist die radiologische Intervention nicht das übliche Vorgehen, dabei sind perkutane Behandlungen durch Punktion oder Drainage sowohl mit dem Ultraschall als auch mit der Computertomografie nicht nur möglich, sondern auch technisch einfach durchführbar, in der Literatur werden sie als Einzelfälle beschrieben [4] [8].
Liegt ein spontanes, nicht traumatisch bedingtes Milzhämatom ohne aktuelle oder klinisch bedeutsame Blutung vor, kann ein abwartendes Verhalten vertreten werden. Die angiografische Abklärung zur Beurteilung und Durchführung einer Embolisation mit dem Ziel der Blutstillung und des Organerhalts sind eine mögliche Behandlungsoption bzw. eine Alternative zur Splenektomie bei akuter Hämorrhagie [5]. Bei erneuter Blutung, unklarer Klinik oder einem initialen Trauma mit drohendem hämorrhagischen Schock erfolgt unverzüglich die operative Exploration mit Splenektomie oder organerhaltender Blutstillung.
Ziel der Arbeit ist es, unsere Erfahrungen mit der CT-gesteuerten Drainagenbehandlung, insbesondere bei Milzabszessen, darzustellen. Wir haben dieses minimalinvasive Verfahren bei mehreren lokalisierten Milzabszessen und einem großen infizierten Hämatom erfolgreich eingesetzt. Dabei sind wir zur Überzeugung gekommen, dass es gute Indikationen zur CT-gesteuerten Drainage gibt und diese Intervention durchaus ihren Platz als alternatives und konkurrierendes Verfahren zur Splenektomie finden könnte.
#Material und Methoden
In der Zeit von November 1997 bis November 2001 wurden in unserer Abteilung sechs Patienten wegen eines Milzabszesses und ein Patient wegen eines infizierten Milzhämatoms behandelt. Das durchschnittliche Alter der vier Männer und drei Frauen lag bei 61,3 (46-69) Jahren. Die Indikationsstellung erfolgte interdisziplinär, also gemeinsam durch Chirurgen und Radiologen. Die Viszeralchirurgen sahen entweder keine dringliche Operationsindikation, lehnten die Operation ab oder baten um ein alternatives Verfahren.
Voraussetzungen für eine Drainagenbehandlung der Milz waren neben der Einwilligung der Patienten eine normale Blutgerinnung bzw. nur gering pathologische Gerinnungsparameter (Prothrombinzeit [PTT] < 40 Sekunden, Quick-Wert von 50 % und Thrombozytenzahlen von 80000/ml). Die Intervention wurde unter Operationsbereitschaft durchgeführt.
Zunächst erfolgte die CT-Diagnostik mit oraler, rektaler und intravenöser Kontrastierung, um einen optimalen Zugang auszuwählen. Der Punktionsweg bis zum Abszess sollte möglichst kurz sein, was bei der kaudokranialen Punktionsrichtung nicht immer möglich ist. Um Komplikationen aufgrund von Fehlpunktionen vermeiden zu können, ist es entscheidend, den Verlauf und die Lokalisation der großen Gefäße, der Pleura, der Niere und vor allem des Gastrointestinaltrakts zu berücksichtigen.
Nach Markierung der geplanten Punktionsstelle erfolgte eine sorgfältige Desinfektion und eine suffiziente Lokalanästhesie von Haut, Interkostalmuskulatur und Milzkapsel. Wir applizierten 30 ml Carbostesin, da ein interkostales Vorgehen wegen der kräftigen Interkostalmuskulatur schmerzhaft sein kann und die Kooperationsbereitschaft des Patienten nicht durch eine unzureichende Analgesie eingeschränkt werden sollte. Meist reicht zur Sicherung der Diagnose die Punktion mit einer ausreichend langen 18-Gauge-Angiografienadel (Cordis, 64 mm) oder der
10 cm langen 19-Gauge-Trokarnadel (Barth) aus. Dazu wird die Nadel, abhängig von der Lokalisation des Befundes und der vorgegebenen Anatomie (Zwerchfell, linke Kolonflexur), in kaudokranialer Richtung eingeführt. Trotz Aspiration von Eiter erfolgt ein Kontroll-Scan zur Lagekontrolle der Nadelspitze.
Nach dem Entfernen des Innenmandrin führten wir einen kurzen steifen Führungsdraht (Terumo, stiff, 60 cm) ein, dessen Lage ebenfalls computertomografisch kontrolliert wurde. Gleichzeitig erfolgte die Beurteilung des Milzbefundes hinsichtlich einer Blutung bzw. eines Hämatoms.
Zum Einbringen der Drainagen wurde der Zugangsweg mithilfe von Dilatatoren aufgedehnt. Wir begannen nach einer tiefen Stichinzision mit einem 6-French-Dilatator, steigerten um 2 French bis der Durchmesser der Drainage erreicht wurde. Erst dann wurde die Drainage platziert. Die Drainagengröße lag bei 8-12 French bei Abszessen sowie bei 12 und später 16 French bei dem großen infizierten Milzhämatom (Angiomed, Boston Scientific, Peter Pflugbeil). Nach der CT-Kontrolle der Drainagenlage wurde der Abszess komplett aspiriert und mit physiologischer Kochsalzlösung gespült.
Anschließend führten wir erneut eine kurze Kontrollspirale durch, um zum einen die korrekte Platzierung der Drainage zu verifizieren und zum anderen ein durch die Intervention bedingtes Hämatom zu dokumentieren, um weitere diagnostische bzw. therapeutische Schritte veranlassen zu können. Alle Patienten wurden anschließend auf einer Überwachungsstation für zwei Stunden klinisch (Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung) und zum Abschluss laborchemisch (kleines Blutbild) kontrolliert, bevor sie auf die periphere Station verlegt wurden. Routinemäßige sonografische Kontrolluntersuchungen folgten nach vier Stunden und am nächsten Tag, weitere Untersuchungen in Abhängigkeit von der Klinik.
Das Aspirat wurde mikrobiologisch auf Anaerobier, Aerobier und Pilze - sowie potenzielle Resistenzen - untersucht, sodass eine gezielte und wirksame Antibiose möglich war. Die von uns benutzten zweilumigen Abszessdrainagen erlauben die Spülung und Aspiration über zwei getrennte Kanäle. Gespült wurden die Drainagen wenigstens dreimal täglich mit 20 ml physiologischer Kochsalzlösung. Alle Patienten erhielten vor oder unmittelbar nach der Intervention eine kombinierte antibiotische Behandlung mit einem Cephalosporin (Claforan® 3 x 2 g) und dem gegen Anaerobier wirksamen Metronidazol (Clont® 3 x 0,5 g).
Die Entfernung der Drainagen erfolgte, wenn sich die klinischen Befunde (Leukozyten und Temperatur) normalisiert hatten und in sonografischen oder computertomografischen Kontrollen eine komplette Rückbildung des Abszesses zu sehen war.
#Ergebnisse
Alle sieben interventionell behandelten Patienten konnten mit einer Drainage versorgt oder durch Punktion behandelt werden - dies entspricht einem technischen Erfolg von 100 %. Fünf der sieben Patienten konnten ohne chirurgische Eingriffe bzw. Operationen geheilt werden, einer musste und zwei wurden operativ behandelt (klinischer Erfolg 71 bzw. 86 %).
Eine Patientin, die einen 7 cm großen Milzabszess aufwies, konnte alleine durch eine zweimalige Punktion im Abstand von einem Tag und gleichzeitiger Antibiose geheilt werden [Abb. 1]. Bereits nach der ersten Punktion besserte sich der Befund deutlich, das Fieber und die Leukozytose gingen zurück. Drei Tage nach der zweiten Punktion und in Kombination mit der Antibiose lagen Leukozyten und Temperatur wieder im Normbereich, und zwölf Tage nach der ersten Intervention konnte die Patientin entlassen werden.
Die anderen Patienten mussten mit einer Drainage versorgt werden [Tab. 1]. Neun Drainagen - bei fünf Patienten - wurden in Seldinger-Technik eingebracht, einmal die Trokar-Technik (Peter Pflugbeil, Plusdrain, 10 French) benutzt. Der Patient mit dem histologisch nachgewiesenen infizierten Hämatom, das als eine liquide Raumforderung der Milz mit einer Größe von über 20 cm imponierte, hatte zunächst Fieber von über 40°C und eine Leukozytose von 17000/dl. Durch die Drainagenbehandlung (12 und 16 French) und die Antibiose konnte er in einen fieberfreien Zustand gebracht werden. Auch bezüglich der Infektion war der Patient also als kuriert anzusehen. Wegen des möglichen Rezidivs eines Hämatoms wurde er elektiv und bei unauffälligem Allgemeinzustand nach zwei Wochen splenektomiert. Ein abwartendes Verhalten wäre in diesem Fall jedoch durchaus angezeigt oder zumindest möglich gewesen [Abb. 2].
Der Patient, der innerhalb eines Tages nach Drainageneinlage operiert wurde, hatte im Rahmen einer generalisierten Sepsis einen komplizierten Milzabszess im Sinne einer vollständig mit Abszessen durchsetzten Milz. Trotz der Drainagenbehandlung besserte sich sein Befund erwartungsgemäß nicht, sodass wenige Stunden später eine Splenektomie erfolgen musste. Trotzdem verstarb er innerhalb von 24 Stunden postoperativ an seiner Sepsis, die zu einem Multiorganversagen geführt hatte.
Zu einem Rezidiv eines Milzabszesses kam es bei einem weiteren Patienten. In diesem Fall wurde - bei unauffälliger Klinik - die nicht mehr fördernde Drainage bereits nach drei Tagen entfernt und die Antibiose einen Tag später abgesetzt. Auf eine sonografische oder computertomografische Kontrolle der Milz war verzichtet worden. Vier Tage später musste der Patient erneut wegen Fieber aufgenommen werden, er wies einen 6 cm großen Abszess auf, der dann ein weiteres Mal computertomografisch gesteuert drainiert und schließlich saniert werden konnte [Abb. 3].
Zwar zeigte sich eine klinische Befundverbesserung mit deutlicher Abnahme des Fiebers und der Leukozyten innerhalb von 24 Stunden, eine Normalisierung der Leukozytenzahl und der Temperatur stellte sich jedoch frühestens nach wenigen Tagen ein. Die Wahl des Antibiotikums hing von den mikrobiologischen Befunden und Resistenzen ab und musste - im Vergleich zu der initialen Behandlung mit einem Cephalosporin und Metronidazol - nur einmal geändert werden. Die nachgewiesenen Keime entsprachen überwiegend der natürlichen Darmflora [Tab. 1]. Die Dauer der Antibiose orientierte sich zum einen an der Klinik und zum anderen an dem Sistieren der Drainagenflüssigkeit und lag zwischen vier und 21 Tagen.
Die durchschnittliche Liegedauer der Drainagen betrug sieben (drei bis 25) Tage. Die Hospitalisierung, also der Zeitraum von der Intervention bis zur Entlassung, war mit 15 Tagen deutlich länger und schwankte zwischen zehn und 28 Tagen [Tab. 1]; ursächlich war eine bedeutsame Multimorbidität der Patienten.
Keiner der sieben behandelten Patienten erlitt durch die Interventionen eine Blutung, die zu einem bedeutsamen transfusionspflichtigen Hämatom geführt hätte. Ebenso kam es zu keiner der anderen möglichen Komplikationen im Sinne einer Verletzung von Nachbarorganen wie Darm, Magen, Bauchspeicheldrüse, Niere oder Lunge. Eine durch die Punktionen und Drainagenbehandlungen aufgetretene Infektion bzw. Superinfektion trat ebenfalls nicht auf.
#Diskussion
Abdominelle Abszesse können hinsichtlich des therapeutischen Vorgehens in einfache und komplizierte Abszesse differenziert werden. Letztere sind jedoch oft nur partiell bzw. nur mit geringeren Erfolgschancen interventionell zu behandeln, sodass zur Heilung der Patienten eine Operation erforderlich wird [11]. Ein solcher komplizierter, die gesamte Milz durchsetzender Abszess lag bei dem Patienten vor, der trotz Operation innerhalb von 24 Stunden an seiner Sepsis mit Multiorganversagen verstarb.
Eine eindeutige chirurgische Indikation erfordern auch Abszesse, bei denen gleichzeitig die Krankheitsursache mitbehandelt werden muss. Dazu zählen beispielsweise Abszesse des Pankreas und beim M. Crohn [14]. Abszesse im Rahmen einer gering ausgeprägten Anastomoseninsuffizienz oder einer Divertikulitis dagegen sind - je nach Größe oder Lokalisation - auch gut interventionell radiologisch zu behandeln.
Die interventionelle Punktion der Milz, die normalerweise wegen dem erhöhten Blutungsrisiko als Feinnadelaspiration durchgeführt wird, kann bei der Abklärung von lymphatischen Systemerkrankungen erforderlich sein. Dabei konnte die Computertomografie wegen der oft fehlenden Darstellung der Noduli nicht überzeugen. Bewährt zur Punktion fokaler Milzläsionen hat sich dagegen die Sonografie aufgrund ihrer besseren Visualisierungsmöglichkeiten. Bei einem erfahrenen Untersucher liegt ihre Sensitivität und Treffsicherheit sicherlich bei weit über 80 %, Komplikationen sind eine Rarität [7].
Wie bei allen Drainagen und Punktionen ist die Intervention prinzipiell mithilfe beider Verfahren möglich. Für die Computertomografie spricht jedoch zum einen ihre höhere Sensitivität in der Diagnostik sowie die größere Sicherheit beim manuellen Vorgehen und zum anderen die Praktikabilität: Da die Abszessdiagnostik häufiger mit der Computertomografie als mit dem Ultraschall erfolgt, kann sich im Sinne eines „one stop shopping” - also nach einer in der CT-Bildgebung geäußerten Verdachtsdiagnose eines Abszesses - direkt die Punktion zur Bestätigung der Diagnose und die definitive Behandlung durch eine Drainage anschließen. Mithilfe der Computertomografie gelingt die Punktion nach Kontrastierung des Gastrointestinaltrakts sicherer als mit der Sonografie, die gerade postoperativ bei meteoristisch geblähten Patienten vor unlösbaren Problemen steht. Trotzdem kann der Ultraschall bei angulierten Punktionen Vorteile bieten.
Bei Meteorismus ist die sonografische Darstellung der Milzgefäße allgemein und des Verlaufs möglicher Kollateralen im Falle einer portalen Hypertension im Speziellen erschwert. Die Computertomografie dagegen kann die Gefäße zuverlässig und eindeutig erfassen. Sonografisch sollte eine Intervention nur erfolgen, wenn zusätzlich eine farbkodierte Duplexsonografie durchgeführt wurde. Insbesondere unerfahrenen Untersuchern und bei wenig kooperationsfähigen Patienten könnte der Ultraschall mit ständiger Sicht der Nadel ein höheres Maß an Sicherheit vorgaukeln. Bei längeren und stärker angulierten Punktionswegen steigt das Risiko bei beiden Schnittbildverfahren deutlich, weshalb nur erfahrene Untersucher die Intervention durchführen sollten.
Die Drainagenbehandlung der Milz ist schon früher vorgeschlagen, wegen des möglichen Blutungsrisikos jedoch nur selten durchgeführt worden, sodass keine größeren Untersuchungszahlen und meist nur Einzelbeschreibungen vorliegen. Da die meisten Chirurgen sie ablehnen [14], hat sich diese Therapieoption bislang auch nicht durchsetzen können.
Dabei gleicht das Vorgehen dem einer Abszessdrainage der Leber [11], man benutzt nur geringere Drainagenlumina und versucht, bei kleineren Abszessen über Punktionen eine Heilung zu erreichen [4]. Die Erfolgsrate mit 70-100 % liegt im Bereich von Abszessdrainagen der Leber [1] [11]. Im Vergleich zur Splenomegalie ist die Häufigkeit von Komplikationen eher gering: Beispielsweise lag - bei einem relativ kleinen Kollektiv - die Mortalität für Milzabszesse, die operativ versorgt wurden, mit 14 % weit über den 2 % für die perkutane Drainagenbehandlung [2]. Allerdings dürften die Kollektive nicht vergleichbar sein. Die Studie mit mehr als fünf Patienten dokumentierte keine Komplikationen [13], was an einem der Milz angemessenen vorsichtigen interventionellen Vorgehen und an der resistenten Milzkapsel liegen dürfte.
Die von anderen Untersuchern verwendeten Drainagen hatten meist einen Durchmesser von weniger als 10 French, insofern dürfte das Risiko bei vorsichtigem Aufbougieren limitiert sein. Obwohl wir Abszessdrainagen mit einer Größe von 8-12 French verwendeten, war auch in unserer Serie keine Blutung aufgetreten. Zudem verlief der Einsatz von größeren Drainagen - bei dem infizierten Milzhämatom sogar bis zu 16 French - ohne Komplikationen, was konkordant mit einer Studie ist, bei der ebenfalls 16-French-Drainagen benutzt wurden [9]. Hämatome im Rahmen einer Infektionserkrankung oder einer Sepsis können mit Drainagen gut beherrscht werden, sie vermeiden die Splenektomie und ermöglichen einen Organerhalt [10]. Posttraumatische Milzhämatome, die auch häufig als nichtparasitäre Zysten oder Pseudozysten bezeichnet werden, wurden in Einzelfällen konservativ mit Drainagen behandelt.
Wie auch bei unserer kleinen Studie, liegt der technische Erfolg bei Abszessdrainagen bei bis zu 100 %, laut einer Literaturzusammenstellung sind Misserfolge in 11 % der Fälle möglich [2].
Die Drainagen haben wir mit einer Ausnahme in Seldingertechnik eingebracht, da das Blutungsrisiko bei Punktion mit einer dünnen Nadel und nachfolgendem Aufbougieren mit Dilatatoren geringer ist als beim Vorgehen in Trokartechnik. Trotzdem kann eine Direktpunktionstechnik mit einem 6-French- bis 10-French-System ohne größeres Risiko durchgeführt werden, Voraussetzungen sind ein kooperativer Patient und eine Abszesslokalisation nahe der Bauchwand.
Neben der Drainage von Abszessen oder Hämatomen gibt es weitere sinnvolle Indikationen für den Einsatz von Interventionen bei Erkrankungen der Milz. Nach zunächst erfolgloser einfacher Drainagenbehandlung einer kongenitalen Milzzyste oder eines nachgelaufenen Milzhämatoms bzw. Seroms ist eine Sklerosierungsbehandlung mit Alkohol oder Tetrazyklinen möglich, ebenso kann diese Therapiemodalität bei Hydatiden zum Erfolg führen [12] [15]. Hier liegen nur Einzelbeispiele vor, die ohne Komplikationen durchgeführt worden sind - allerdings dürfte der Einsatz von Alkohol die Invasivität und Komplikationsrate erhöhen.
#Schlussfolgerung
Perkutane CT-gesteuerte Interventionen der Milz durch Punktion und Drainage sind demnach effektive Behandlungsverfahren bei Abszessen oder Hämatomen. Diese selten benutzten und im Vergleich zur Splenektomie wenig invasiven Verfahren sind technisch einfach, komplikationsarm und sind eine organerhaltende Behandlungsmodalität der Milz. Bei Risikopatienten handelt es sich nicht nur um eine mögliche Option, sondern um ein Verfahren der Wahl. Die im Gesundheitswesen zunehmend auf Alternativen, Sicherheit und Kostensenkung fokussierte Denkweise sollte gerade Radiologen motivieren, bei geeigneten Patienten eine wenig invasive Therapie wie die perkutane Drainagenbehandlung bei einfachen Abszessen und Hämatomen der Milz zu diskutieren und zur Disposition zu stellen.

Abb. 1 Zustand nach Whipple-OP; Milzabszess am unteren Pol (a); Punktion von dorsal in Bauchlage (b), Heilung nach einer zweiten Punktion

Abb. 2 Zustand nach Milztrauma bei einem Alkoholiker; kraniokaudal 20 cm großes infiziertes Milzhämatom (a), 12-French-Drainage eingebracht (b). Über eine 16-French-Drainage wurden 1500 ml blutige Flüssigkeit drainiert. Operation im Intervall wegen geringer Nachblutung, keine Sklerosierung (c)

Abb. 3 Bekannte Endokarditis, Milzabszess am oberen Pol (a), nach kaudokranialer Punktion des Abszesses wurde ein Draht in Seldinger-Technik eingebracht (b). Korrekte Drainagenlage und deutliche Abnahme des Abszesses (c)
Patient Geschlecht /Alter |
Ursache |
Abszess-größe |
mikro-biologischer Befund |
Art der Intervention |
Liegedauer der Drainage |
Hospitalisation (Intervention bis Entlassung) |
Ergebnis, Behandlungs-erfolg |
w / 57 Jahre |
Pankreatitis, Z.n. Whipple-OP |
7 cm |
Enterobacter bacteroides spp. |
2 Punktionen |
0 Tage |
10 Tage |
Heilung |
m / 68 Jahre |
Osteitis |
8 cm |
Fusobacterium |
2 Drainagen (8 F) |
3 und 5 Tage |
12 Tage |
Heilung |
6 cm |
|||||||
w / 46 Jahre |
Pankreatitis |
multiple diffuse Abszesse |
Proteus mirabilis |
2 Drainagen (8 F) |
1 Tag |
Tod nach Operation |
Splenektomie |
Pseudozysten-ruptur |
Enterokokken |
||||||
m / 59 Jahre |
Trauma |
20 cm |
steril Leukozyten |
1 Drainage (12 F-16 F) |
7 Tage |
14 Tage |
Splenektomie |
Alkoholiker |
|||||||
m / 69 Jahre |
Gastrektomie subprenischer Abszess |
8 cm |
grampositive Kokken |
1 Drainage (12 F) |
25 Tage |
28 Tage |
Heilung |
m / 62 Jahre |
Endokarditis |
7 cm |
Bacteroides fragiles |
1 Punktion |
4 Tage |
11 Tage |
Heilung |
1 Drainage (8 F) |
|||||||
w / 68 Jahre |
Ösophagektomie, Cardiaresektion |
9 cm |
Enterobacter |
2 Drainagen (8 F) |
7 Tage |
12 Tage |
Heilung |
Enterococcus |
|||||||
4 m / 3 w 61,3 Jahre (median) |
Abszess: 7,5 cm (median) |
3 Punktionen |
7 Tage (median) |
15 Tage (median) |
5 Heilungen |
||
Hämatorme: 20 cm (median) |
10 Drainagen |
2 Splen-ektomien |
Literatur
- 1 Akoh JA, Auld CD. Splenic abscess: is conservation applicable. Br J Clin Pract. 1992; 46 174-175
- 2 Avisse C, Delattre JF, Ouedraogo T. et al. . Abscesses of the spleen. Value of echoguided percutaneous drainage apropos of 4 new cases. Journal de Chirurgie. 1994; 131 423-429
- 3 Bonavina L, Rubaltelli L, Meleca A. et al. . Splenic abscess: the rationale for selective non-surgical treatment. Ital J Surg Sc. 1986; 16 191-195
- 4 Chou YH, Tiu CM, Chiou HJ. et al. . Ultrasound-guided interventional procedures in splenic abscesses. Europ J Radiol. 1998; 28 167-170
- 5 Christensen R. Invasive radiology for pediatric trauma. Semin Pediatr Surg. 2001; 10 7-11
- 6 Frumiento C, Sartorelli K, Vane D. Complications of splenic injuries: expansion of the nonoperative theorem. J Pediatr Surg. 2000; 35 788-791
- 7 Keogan MT, Freed KS, Paulson EK. et al. . Imaging guided percutaneous biopsy of focal splenic lesions: update on safety and effectiveness. Am J Roentgenol. 1999; 172 933-937
- 8 Rotman N, Kracht M, Mathieu D, Fagniez PL. Abscess of the spleen: diagnosis and treatment. Ann Chir. 1989; 43 203-206
- 9 Schäberle W, Eisele R. Perkutane sonographisch gesteuerte Drainage großer Milzabszesse. Der Chirurg. 1997; 68 744-748
- 10 Schwarz M, Zaidenstein L, Freud E. et al. . Spontaneous splenic rupture in infectious mononucleosis: conservative management with gradual percutaneous drainage of a subcapsular hematoma. Pediatr Surg Int. 1999; 15 139-140
- 11 Vogl TJ, Estifan F. Pyogener Leberabszess: Interventionelle versus chirurgische Therapie: Technik, Ergebnisse und Indikationsstellung. Fortschr Röntgenstr. 2001; 173 663-667
- 12 Volk M, Rogler G, Strotzer M. et al. . Posttraumatic pseudocyst of the spleen: sclerotherapy with ethanol. Cardiovasc Intervent Radiol. 1999; 22 246-248
- 13 Vyborny CJ, Merrill TN, Reda J. et al. . Subacute subcapsular hematoma of the spleen complicating pancreatitis: successful percutaneous drainage. Radiology. 1988; 169 161-162
- 14 Witzigmann H, Geißler F, Uhlmann D, Hauss J. Intraabdominelle Abszesse. Der Chirurg. 1998; 69 813-820
- 15 Yoshikane H, Suzuki T, Yoshioka N. et al. . Giant splenic cyst with high serum concentration of CA 19-9. Failure of treatment with percutaneous transcatheter drainage and injection of tetracycline. Scand J Gastroenterol. 1996; 31 524-526
Anschrift für die Verfasser
Dr. Roland Moll
Abteilung für Röntgendiagnostik, Zentrum für operative Medizin (ZOM)
Universitätsklinik Würzburg
Josef-Schneider-Str. 2
97080 Würzburg
Literatur
- 1 Akoh JA, Auld CD. Splenic abscess: is conservation applicable. Br J Clin Pract. 1992; 46 174-175
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- 14 Witzigmann H, Geißler F, Uhlmann D, Hauss J. Intraabdominelle Abszesse. Der Chirurg. 1998; 69 813-820
- 15 Yoshikane H, Suzuki T, Yoshioka N. et al. . Giant splenic cyst with high serum concentration of CA 19-9. Failure of treatment with percutaneous transcatheter drainage and injection of tetracycline. Scand J Gastroenterol. 1996; 31 524-526
Anschrift für die Verfasser
Dr. Roland Moll
Abteilung für Röntgendiagnostik, Zentrum für operative Medizin (ZOM)
Universitätsklinik Würzburg
Josef-Schneider-Str. 2
97080 Würzburg

Abb. 1 Zustand nach Whipple-OP; Milzabszess am unteren Pol (a); Punktion von dorsal in Bauchlage (b), Heilung nach einer zweiten Punktion

Abb. 2 Zustand nach Milztrauma bei einem Alkoholiker; kraniokaudal 20 cm großes infiziertes Milzhämatom (a), 12-French-Drainage eingebracht (b). Über eine 16-French-Drainage wurden 1500 ml blutige Flüssigkeit drainiert. Operation im Intervall wegen geringer Nachblutung, keine Sklerosierung (c)

Abb. 3 Bekannte Endokarditis, Milzabszess am oberen Pol (a), nach kaudokranialer Punktion des Abszesses wurde ein Draht in Seldinger-Technik eingebracht (b). Korrekte Drainagenlage und deutliche Abnahme des Abszesses (c)