Der Nachweis einer Hirnmetastasierung als Ursache von zumeist rasch aufgetretenen
oder zunehmenden zentralen neurologischen Ausfällen, Kopfschmerzen, Denkstörungen,
Persönlichkeits- oder Wesensveränderungen bei Patienten mit einem bekannten Malignom
signalisiert in den allermeisten Fällen das Endstadium seiner Tumorerkrankung. Eine
solche Befundkonstellation begründet in der Regel eine in Monaten anzugebende eng
begrenzte Lebenserwartung des Betroffenen. Damit ist sie zugleich eine große Herausforderung
an den betreuenden Arzt, der mit großer Sorgfalt zu beurteilen hat, in welchem Ausmaß
die vorzunehmenden palliativen Maßnahmen für den individuellen Fall angemessen sind.
Das interdisziplinär festzulegende palliativ-therapeutische Gesamtkonzept ist zumeist
wichtiger als die Entscheidung bezüglich einer einzelnen, darin enthaltenen Therapiemodalität.
Auftretenshäufigkeit
Auftretenshäufigkeit
Maligne Melanome, Bronchial- und Mammakarzinome sind die Entitäten unter den soliden
Malignomen, bei denen am häufigsten (auch) Hirnmetastasen auftreten. Bei 20-30 % der
Patienten mit zuvor diagnostizierten bösartigen Tumoren werden bei der Obduktion zerebrale
Metastasen festgestellt [12]
[20]. Der Weg zur zerebralen Metastasierung erfolgt meist über eine pulmonale Metastasierung
[11].
Die durch den Einsatz wirksamerer systemischer Chemotherapien erreichten Erfolge bei
der Behandlung extrazerebraler Tumormanifestationen mit resultierender Verbesserung
der Prognose sind die Ursache dafür, warum - abhängig von der Tumorentität - die Inzidenz
von Metastasierungen ins Gehirn zum Teil stark zu-, zum Teil aber auch stark abnimmt.
So werden beispielsweise beim Mamma- und Bronchialkarzinom immer häufiger auch Metastasen
im zentralen Nervensystem (ZNS) beobachtet. Für das Mammakarzinom wird die Auftretenshäufigkeit
insgesamt auf 15-40 % und für solitäre Hirnmetastasen auf etwa 16 % geschätzt [4]. Demgegenüber ist sie bei den testikulären Keimzellmalignomen nach Einführung der
Cisplatin-Chemotherapie auf etwa 1 % abgesunken.
Diagnostik
Diagnostik
Der sichere Nachweis einer zerebralen Metastasierung ist die zwingende Voraussetzung
vor jeder weiteren klinischen Entscheidung. Als Bildgebungsverfahren eignet sich die
Kernspintomografie (MRT) unter Einsatz von funktionell-dynamischen Techniken am besten
zur Diagnostik - sie ist der Computertomografie (CT) überlegen. Bei unbekanntem Primarius
oder fehlenden Hinweisen auf eine pulmonale (oder sonstige) Tumor- bzw. Metastasenmanifestation
sind differenzialdiagnostisch intrakraniale Lymphome, hirneigene Malignome, mykotische
Granulome und eitrige Abszesse abzugrenzen.
Parameter zur Therapie-entscheidung
Parameter zur Therapie-entscheidung
Extrazerebral
Die in aller Regel lediglich palliative Intention bei einer ZNS-Metastasierung macht
es notwendig, die Prognose und die Lebenserwartung des Patienten abzuschätzen, bevor
man sich für eine Therapie(modalität) entscheidet. Eine Hirnmetastasierung selbst
ist ein ungünstiger Prognosefaktor - unabhängig vom zugrunde liegenden Primärtumor
[4]. Weitere Prognosefaktoren sind nicht immer prospektiv validiert. Dennoch lassen
retrospektive Studien Rückschlüsse auf viele mögliche patienten- bzw. tumorbezogene
Einflussgrößen zu [Tab. 1] [14]
[19]. Nicht in allen Fällen wird bei der Biopsie suspekter intrakranialer Herde eine
Metastase des bekannten Primärtumors bestätigt, in manchen Fällen werden auch nichtmaligne
Herde gefunden [23].
Um die Prognose bei Patienten mit Hirnmetastasen abschätzen zu können, können das
Ausmaß der extrakranialen Tumoraktivität und insbesondere der funktionale Status bzw.
eine daran orientierte Bewertung nach dem Karnofsky-Index eine Hilfestellung sein.
Für den Parameter „Funktionalität” gibt Kagan folgende Gruppierungsmöglichkeiten an
[11]:
-
Gruppe 1: uneingeschränkte bzw. minimal eingeschränkte Funktionalität; der Patient
ist in der Lage zu arbeiten
-
Gruppe 2: uneingeschränkte bzw. minimal eingeschränkte Funktionalität; der Patient
ist nicht in der Lage zu arbeiten
-
Gruppe 3: bettlägerig; der Patient benötigt Hilfestellung während der Hälfte eines
Tages
-
Gruppe 4: der Patient ist permanent auf fremde Hilfe und Versorgung angewiesen.
Die mittleren Überlebenswahrscheinlichkeiten liegen bei Patienten der Gruppe 1 bei
27, bei denen der Gruppe 4 - entsprechend einem Karnofsky-Index von maximal 50 % -
bei fünf Wochen. Erfolgt eine Behandlung der Hirnmetastasen, beträgt die durchschnittliche
Lebenserwartung drei bis sechs Monate [7]
[14]. Sie ist geringer (weniger als drei Monate), wenn intensiv systemisch zytostatisch
vorbehandelte Malignome vorliegen (z.B. hormonresistentes Prostatakarzinom, nach Versagen
einer Third-line-Chemotherapie wegen eines Mammakarzinoms oder einer First-line-Chemotherapie
wegen eines Bronchialkarzinoms bzw. bei einem karzinombedingten Vena-cava-superior-Syndrom)
[11].
Als relativ günstige Prognosefaktoren werden ein kontrollierter Primärtumor, das Fehlen
extrakranialer Metastasen oder zumindest das Vorliegen von lediglich singulären (ein
bis zwei) extrakranialen Metastasen, ein Karnofsky-Index von mindestens 70 %, ein
ECOG[1]-Status von 0, ein Alter von maximal 65 Jahren und eine Rückbildung zentralneurologischer
Symptome unter einer Steroidmedikation angesehen [8].
Hieraus kann abgeleitet werden, dass bei fehlender klinischer Symptomatik ein Screening
auf eine Hirnmetastasierung bei Patienten mit bekannter Malignomerkrankung wenig sinnvoll
wäre. Demgegenüber kann bei nachgewiesener Hirnmetastasierung eine Untersuchung auf
eine extrakraniale Tumoraktivität für die Auswahl der Palliationsmodalität wertvolle
Informationen liefern. Sie ist dann anzustreben, wenn keine klinischen Anhaltspunkte
für eine Tumoraktivität bestehen.
Intrazerebral
Die Anzahl der zerebralen Metastasen, deren Größe und deren anatomisch-funktionale
Lokalisation und operative Erreichbarkeit sind Entscheidungskriterien für die Auswahl
der lokalen Therapiemodalität. Dementsprechend sind bei solitären Hirnmetastasen andere
operative und radiotherapeutische Maßnahmen zu wählen als dies bei multiplen zerebralen
Metastasen der Fall ist. Disseminierte Metastasen stellen keine Operationsindikation
dar. Bis vor einiger Zeit waren lokale operative oder radiochirurgische Therapien
nur eingesetzt worden, wenn maximal drei Metastasenmanifestationen vorlagen und der
Durchmesser der Metastasen weniger als 3 cm betrug. Heute wird die Berechtigung dieser
Limitationen zunehmend infrage gestellt und in Einzelfällen davon abgewichen.
Therapieoptionen
Therapieoptionen
Systemische Steroidtherapie
Bei zur Diagnose einer Hirnmetastasierung führender klinischer Symptomatik - insbesondere
wenn Zeichen eines erhöhten Hirndrucks oder ausgeprägte neurologische Ausfälle vorliegen
- sollte initial nach Abklärung von Kontraindikationen eine induktive systemische
Steroidtherapie erfolgen. Damit können bei perifokalem Ödem eine rasche Rückbildung
erwartet und voranschreitende neurologische Symptome kontrolliert werden.
Wesentliche (passager vollständige) Besserungen von Symptomen werden im Fall von Kopfschmerzen
in 50-70 % der Fälle, bei Paresen bei 30-40 % der Patienten und bei zerebralen Dysfunktionen
in 40-50 % der Fälle erreicht. Sprechen die Patienten auf die Steroidtherapie an (zumeist
innerhalb von 48 Stunden), kann zudem die Zeit bis zur Festlegung des weiteren Vorgehens
und gegebenenfalls bis zur Entscheidung über eine individuell geeignete lokale Therapie
überbrückt werden.
Die initiale Steroidtherapie stellt einen prädiktiven und prognostischen Faktor dar:
Ein fehlendes Ansprechen auf die Steroidtherapie ist ein extrem ungünstiger prädiktiver
Faktor und korreliert mit einer geringen Überlebenswahrscheinlichkeit.
Unter Beachtung des Allgemeinzustandes der Patienten ist gerade in diesen Fällen und
insbesondere bei den Patienten mit niedrigem Karnofsky-Index die Indikation zu eingreifenden
lokalen Therapiemaßnahmen besonders streng zu stellen, auch wenn gerade hierin ein
„neurochirurgischer Notfall” abgeleitet werden könnte. Der Benefit einer solchen Therapiemaßnahme
ist sehr begrenzt (16).
Solitäre Metastasierung
Insbesondere bei kontrollierter extrazerebraler Erkrankung kann eine isolierte Hirnmetastase
durch Operation oder mit unterschiedlichen radiotherapeutischen Verfahren lokal behandelt
werden. Beide Verfahren sind hinsichtlich ihrer lokalen Effektivität als gleichwertig
zu beurteilen [2]
[20]
[23] - mit einer lokalen Tumorkontrolle in 85-95 % der Fälle. Die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit
können beide Therapieansätze von weniger als drei Monate auf etwa 13 Monate steigern
[7]. Besteht eine solitäre Metastasierung wird jedoch die Prognose überwiegend vom Ausmaß
der extrazerebralen Tumormanifestationen bestimmt [19].
Operative Therapie
Solitäre intrazerebrale Metastasen werden üblicherweise nach Kraniotomie mikrochirurgisch
exstirpiert. Die dabei eingesetzten optimierten Operationstechniken stützen sich auf
kernspintomografische Schnittbilder und dreidimensionale computerisierte Simulationsprogramme,
die es möglich machen, die intrakraniale Läsion zielgenau zu erreichen. Damit reduziert
dieses Verfahren, das als Neuronavigation bezeichnet wird, die Operationsrisiken deutlich.
Ein intraoperatives Monitoring neurophysiologischer Funktionen macht heutzutage auch
die Entfernung von Metastasen in den so genannten eloquenten Hirnarealen, beispielsweise
im Hirnstammbereich oder in der Sprachregion, mit deutlicher Verminderung von neurologischen
Folgeschäden möglich. Patienten, bei denen eine operative Metastasenexstirpation vorgenommen
wird, gehören in der Regel einer prognostisch günstigen Subgruppe an [25].
Nach Einführung der Neuronavigation dient die Stereotaxie beim neurochirurgischen
Vorgehen in den meisten Fällen nur noch zur (differenzial)diagnostischen Abklärung
(PE). Sie wird somit praktisch nur noch eingesetzt, um histologische Beurteilungen
(vor allem auch bei hirneigenen Tumoren) zu ermöglichen.
Radiotherapie
Zur lokalen Behandlung einer isolierten Hirnmetastase können zwei Bestrahlungstherapiemodalitäten
eingesetzt werden: die stereotaktische Einzeit- oder die fraktionierte Bestrahlung.
Beide Verfahren erfordern eine dreidimensionale Bestrahlungsplanung, um die Strahlung
millimetergenau auf das räumlich exakt definierte Zielvolumen, also die Metastase,
zu fokussieren. Die höchste Genauigkeit wird dabei mit dem zugleich sehr kostenaufwändigen
Verfahren der CT-PET erreicht.
Die CT-PET kombiniert die computertomografische räumliche Zuordnung der Läsion mit
der biologischen Bildgebung der Positronenemissionstomografie (PET). Als biologische
Bildgebungsdiagnostik wird eine Visualisierung von Stoffwechselaktivitäten verstanden,
die durch eine Markierung mit einem Radioisotop (z.B. 11C-Methionin) vermittelt wird. Denn in einer Malignommanifestation ist die Stoffwechselaktivität
typischerweise gesteigert und hebt sich dadurch von benachbarten gesunden Gewebsanteilen
ab.
Bei der Bestrahlungsbehandlung werden zwei unterschiedliche Techniken eingesetzt.
So nutzt beispielsweise die perkutane Applikation, das so genannte „Gamma-Knife” oder
„X-Knife”, die Gammastrahlung des 60Kobalt bzw. Photonenstrahlung des Linearbeschleunigers. Demgegenüber wird bei der
interstitiellen Applikation die radioaktive Strahlenquelle, ein b-Strahler wie beispielsweise
125Jod, zeitlich begrenzt oder als Permanentimplantat direkt in die Tumormanifestation
eingebracht. Wird die zur Tumorvernichtung benötigte Dosis in einer einzigen Sitzung
eingestrahlt, spricht mach von „Radiochirurgie” (RC). Erfolgen mehrere Sitzungen für
die Applikation der Gesamtdosis, handelt es sich um eine stereotaktische fraktionierte
Radiotherapie (SFRT).
Beide Verfahren verbessern die lokale Kontrolle gegenüber konventionellen Bestrahlungstechniken
und führen zu identischen Therapieergebnissen. Ihr Vorteil besteht im hierbei zustande
kommenden steilen Dosisabfall, wodurch benachbarte Hirnanteile maximal geschont werden
können [22]
[23]. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass sowohl die Radiochirurgie als auch die
stereotaktische fraktionierte Radiotherapie im Vergleich zur perkutanen homogenen
Bestrahlung des gesamten Hirnschädels (WBR) mit einem hohen technischen und logistischen
Aufwand verbunden sind, der dem operativen Vorgehen vergleichbar ist. Schon aus diesem
Grund ist die Entscheidung über die Therapiemodalität tumor- und risikoadaptiert sowie
interdisziplinär zu treffen.
Die Radiochirurgie bietet gegenüber einer operativen Therapie den Vorteil, dass sie
auch bei inoperabler Metastasenlokalisation und mit geringerem Komplikationsrisiko
einzusetzen ist.
Bezüglich der örtlichen Tumorkontrolle kann eine zusätzliche perkutane Bestrahlung
des gesamten Hirnschädels die Ergebnisse der lokal ausgerichteten Therapiemaßnahmen
(Operation, RC oder SFRT) weiter signifikant verbessern [7]
[14]
[18]
[21]
[24]. Auch postoperativ ist diese perkutane Therapieoption indiziert, sie kann die mediane
Überlebenswahrscheinlichkeit im Vergleich zu einer alleinigen Operation erhöhen. In
Einzelfällen kann - abhängig von den individuellen Prognosefaktoren - durch eine damit
bewirkte lokale Kontrolle der Metastasen eine deutlich über dem Durchschnitt liegende
Verlängerung des Überlebens erreicht werden. Jedoch bestimmen individuelle und logistische
Faktoren letztlich den Therapieentscheid.
Multiple Hirnmetastasierung
Standardtherapie bei multiplen Hirnmetastasen ist eine perkutane Bestrahlung des gesamtem
Hirnschädels („Ganzhirn-Bestrahlung”) - unterstützt durch die Steroidmedikation bei
Vorliegen perifokaler Ödeme. Die optimale Dosierung und Fraktionierung der Radiotherapie
sind nicht definiert. Bislang wurden unterschiedliche Dosiskonzepte von einmal 10
Gy bis zu 20-mal 2 Gy eingesetzt. Am häufigsten erfolgt die Applikation einer Gesamtdosis
von 30 Gy, aufgeteilt in zehn Fraktionen zu je 3 Gy. Eine protrahierte Applikation
kann zu länger anhaltenden Remissionen im Vergleich zu akzelerierten Konzepten führen
[3]
[17].
Die Radiotherapie kann das mediane Überleben im Vergleich zur alleinigen Steroidtherapie
um etwa das Doppelte (zwei versus drei bis fünf Monate) verlängern [Tab. 2] [7]
[14]. Zusätzlich zur Bestrahlung des gesamten Hirnschädels oder bei neuerlicher lokaler
Progression kann in Einzelfällen eine stereotaktische Bestrahlung umschriebener Foci
indiziert sein [13]. Die Kombination einer lokalen Radio- mit einer synchronen systemischen Chemotherapie
mit Zytostatika, die eine tumorizide Konzentration intrazerebral erreichen, ist ein
neuer, derzeit noch als experimentell anzusehender Ansatz [1]
[5]
[9]
[10].
Die Rolle der systemischen Chemotherapie ist bisher nicht klar definiert. Die dazu
durchgeführten Studien verwenden unterschiedliche Konzepte und sind auf kleine Fallzahlen
begrenzt (6). Eine Überlegenheit gegenüber der Radiotherapie im Hinblick auf die mittlere
Überlebenswahrscheinlichkeit wurde bisher nicht belegt. Wegen der unzureichenden Validierung
werden daher weder eine operative noch eine alleinige Chemotherapie bei Vorliegen
multipler Hirnmetastasen empfohlen.
Kasuistik
Kasuistik
Bei einer 47-jährigen Patientin, bei der drei Jahre zuvor ein lokoregionales lymphonodales
metastasiertes Mammakarzinom (pT1c, R0, pN1 (2:19), M0C2, G2) diagnostiziert und durch
brusterhaltende Operation und adjuvante Radio-/Chemotherapie behandelt worden war,
veranlassten plötzlich aufgetretener Drehschwindel, Geräuschempfindlichkeit und diskrete
Wortfindungsstörungen eine weitere Abklärung mit CT und MRT. Es wurde eine solitäre
Hirnmetastase links fronto-parietal nachgewiesen.
Nach Steroid-Gabe verschwand die klinische Symptomatik. Anhaltspunkte für eine extrakraniale
Tumoraktivität ergaben sich nicht. Der Patientin wurden eine mikrochirurgisch navigationsgestützte
Operation, eine interstitielle Radiotherapie mit 125J-Seed-Implantation und eine alleinige perkutane Radiotherapie als Optionen angeboten.
Da der Tumor jedoch relativ nahe am Sprachzentrum gelegen war, entschied sie sich
zur alleinigen perkutanen Radiotherapie und gegen jede invasive Therapie.
Daraufhin erfolgte eine perkutane Radiotherapie des gesamten Hirnschädels mit Applikation
von 30 Gy und zusätzlicher Dosisaufsättigung der Metastasenregion auf 48 Gy. Sechs
Monate später ergab eine MRT-Kontrolle bei diskreter klinischer Symptomatik (leichter
Schwindel, Merkstörungen) eine jetzt wieder erkennbare Größenzunahme der unverändert
solitären Hirnmetastase.
Erneut wurden der Patientin daher eine Operation und eine Radiochirurgie (Gamma-Knife
und interstitielle Radiotherapie) angeboten. Die Patientin entschied sich zu einer
interstitiellen 125J-Seed-Implantation (50 Gy; Implantationszeit 28 Tage). Bei anhaltender Metastasenkontrolle
intrakranial traten zwar gelegentliche Sprachstörungen, in der Folge jedoch keine
weiteren neurologischen Auffälligkeiten auf. Die Patientin verstarb knapp drei Jahre
später an den progredienten viszeralen Metastasen (Leber, Lunge), die metachron ein
Jahr nach abgeschlossener Therapie der Hirnmetastase diagnostiziert und palliativ
chemotherapeutisch behandelt wurden.
Glossar
Glossar
Gammastrahlung
Photonenstrahlung, die von angeregten Atomkernen beim Übergang in niedrigere Energiestufen
ausgesandt wird
prädiktiver Faktor
Faktor mit Einfluss auf die Therapiemodalität
Prognosefaktor
Faktor mit nachgewiesenem Einfluss auf den Krankheitsverlauf
Seed
(= Samenkorn); kleines (0,25 mm langes, 0,8 mm Ø) Radioisotop-Präparat für die - meist
permanente - interstitielle Strahlentherapie, das als Drahtstück mit einem Überzug
zur Filterung der b-Strahlung in das zu therapierende Tumorgewebe eingebracht wird
Stereotaxie
koordiniertes durch Bildgebungsdiagnostik (MRT, CT, PET-CT) gestütztes Vorgehen, zum
Beispiel bei neurochirurgischer oder radioonkologischer Therapie
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3 Verlaufsdokumentation nach Radiochirurgie (RC) mit Linearbeschleuniger-Photonen mit
Applikation von 18 Gy vor (a) und sechs (b), neun (c) bzw. zwölf (d) Monate nach dem
Eingriff
Tab. 1 Prognosefaktoren bei zerebraler Metastasierung
Parameter
|
Hazard ratio
|
Signifikanz
|
Anzahl der ZNS-Metastasen |
singulär (1-2) |
multiple (≥ 3) |
1,33 |
signifikant |
Ausmaß der extra-zerebralen Metastasen |
keine |
begrenzt |
ausgedehnt |
1 |
1,35 |
1,60 |
signifikant |
Alter (Jahre) |
< 60 |
60-69 |
> 70 |
1 |
1,06 |
1,40 |
nicht signifikant
> 70 signifikant |
Performance-Status nach ECOG[1]
|
0 |
1 |
2 |
3 |
1 |
1,06 |
1,40 |
signifikant |
Intervall: Tumor-Diagnose ▸ ZNS-Metastasierung |
< 2 Jahre |
≥ 2 Jahre |
1 |
0,65 |
signifikant |
Ansprechen und Therapieart(en) |
Radiatio |
OP ± Radiatio |
0,38 |
0,21 |
signifikant |
nach [14]
|
1 eastern cooperative oncology group
Tab. 2 Therapieeffekte bei multipler zerebraler Metastasierung
Therapiemodalität
|
mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit
|
Steroide allein |
2 Monate |
Radiotherapie des gesamten Hirnschädels |
3-5 Monate |
nach [14]
|