Betrachtet man die Angebote operativer Leistungen deutscher Kliniken, ist das Spektrum
fast überall durch laparoskopische Operationen geprägt. Damit entsteht durchaus der
Eindruck, hier muss möglichst viel und zum Teil auch „Ausgefallenes” angeboten werden,
um sich als die Klinik darzustellen, die man aufsuchen sollte. Überall wird nur noch „geschont” und
„ohne” Schnitte durch das Schlüsselloch minimalisiert. Sogar Begriffe wie Mikrochirurgie
und Minimalchirurgie sind zu lesen!
Wer das als Laie sieht, muss doch richtig Lust auf eine derartige Operation bekommen.
Zum Teil ist das auch so gewollt und nichts anderes, als die Antwort auf den dringenden
Wunsch der Verwalter und der Geschäftsführer der Kliniken, unverhohlen Reklame zu
machen. Allerdings ist dies nur der Versuch, dem politisch erzeugten Druck im Kampf
um das Überleben einer Klinik entgegenzuwirken bzw. diesen umzulenken.
Auf keinen Fall dürfen Weiterentwicklungen und damit der Fortschritt, zu dem natürlich
auch die chirurgisch-endoskopischen Operationsmethoden gehören, gebremst oder gar
blockiert werden. Selbstverständlich ist gut, dass heute beispielsweise eine unkomplizierte
Operation an der Gallenblase fast überall völlig unaufgeregt als laparoskopischer
Routineeingriff erfolgen kann. Doch schon bei der Behandlung einer Leistenhernie kommt
das Problem verschiedener, konkurrierender Verfahren hinzu. Welches ist das Beste?
Das weiß keiner ganz genau, obwohl die Operation über 20000-mal jährlich in Deutschland
durchgeführt wird. Die endoskopische Fundoplicatio wird ebenfalls mit breitester Indikationsstellung
- im Gegensatz zu früher - mit verschiedensten Verfahrensweisen durchgeführt. Eine
wissenschaftlich fundierte Prüfung der endoskopischen Operationen erfolgte vor der
Einführung jedoch nicht und steht auch jetzt noch aus! Man stelle sich das zum Beispiel
für die Einführung von Medikamenten vor - undenkbar!
Zwar gibt es in Deutschland verschiedenste Studien zu den gängigen endoskopischen
Operationserfahren, koordiniert werden diese aber erst jetzt, beispielsweise vom Klinischen
Studienzentrum Chirurgie in Heidelberg unter der Leitung von Prof. Dr. M. Büchler.
Warum dieser Hinweis?
Wenn endoskopische Verfahrensweisen als Qualitätssteigerungen verkauft und mit ihnen
Reklame gemacht werden muss - wovon wiederum teilweise sogar das Überleben von Kliniken
abzuhängen scheint -, dann sollte man auch die Gefahren bedenken, die solche Zwänge
mit sich bringen. Jede Klinik muss diese Verfahren möglichst umfangreich oder mit
Besonderheiten anbieten, um bestehen zu können. Und eben nicht nur die Verfahren die
schon Routine sind, sondern möglichst auch solche, die noch Aufmerksamkeit erregen,
auch wenn sie nur ein paar mal im Jahr durchgeführt werden.
Routine?! - Wer kann oder würde da schon auf die abdominalen endoskopischen Operationen
bei malignen Erkrankungen verzichten? Sie sind ja allzu oft schon als so gut machbar
publiziert und hochstilisiert worden. Oder auch bei Morbus Crohn? Ohne auf Einzelheiten
einzugehen, ist dieser Eingriff sicher zum Teil für sehr Versierte, aber eben auch
nur für diese machbar! Aber Vorsicht, nicht alles, was technisch machbar ist, kann
man auch guten Gewissens empfehlen!
Gerade die neuen und deshalb als „modern” bezeichneten Verfahren geben Anlass zu dem
Hinweis, dass sich Ärzte zwar intensiv mit den geschäftlichen Belangen ihres Krankenhauses
auseinandersetzen und unbedingt positiv für diese einsetzen sollten. Niemand darf
aber dazu verführt werden oder sich verführen lassen, die eigenen erlernten Indikationsstellungen
und für sich erprobten Routineverfahrensweisen aus ausschließlich kommerziellem Interesse
aufs Spiel zu setzen. Die Politik würde das wohl wenig stören. Unsere Patienten würde
es brennend interessieren!
Wir brauchen wissenschaftlich abgesicherte Ergebnisse - auch bei laparoskopischen
und endoskopischen Verfahrensweisen -, an denen sich jeder orientieren kann. Die Federführung
dabei dürfen nicht private Institute erhalten, die sicher auch viel Aufbauarbeit mitgeleistet
haben, sondern eindeutig die medizinisch wissenschaftlichen Fachgesellschaften.
Die heute offen und ohne Scheu von den Ökonomen geforderte Reklame - häufig mit dem
seriös anmutenden Terminus „Benchmarking” verharmlost - steht in drastischer Konkurrenz
zum ärztlichen Ethos! Wie hätten Sie's denn gerne?