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DOI: 10.1055/s-2004-828635
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Tastuntersuchung, PSA und transrektaler Ultraschall - Rationale Diagnostik beim Prostatakarzinom
Digital Rectal Examination, PSA and Transrectal Ultrasound - Rational Diagnostics of Prostate CancerAnschrift des Verfassers
Dr. Rainer Kuefer
Urologische Universitätsklinik und Poliklinik Ulm
Prittwitzstr. 43
89075 Ulm
Publication History
Publication Date:
09 June 2004 (online)
Zusammenfassung
Das Prostatakarzinom ist der häufigste bösartige Tumor des Mannes. Im frühen Stadium treten in der Regel keine klinischen Symptome auf. Erst bei fortgeschrittener Erkrankung kann es zu obstruktiven und irritativen Miktionsproblemen kommen. Hat das Karzinom bereits Metastasen gebildet, ist eine Heilung meist nicht mehr möglich. Frühstadien, in denen die Heilung möglich ist, können aufgrund der fehlenden Symptome nur durch entsprechende Vorsorgeuntersuchungen erkannt werden. Dazu dienen die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA), die digital-rektale Untersuchung (DRE) und gegebenenfalls bildgebende Verfahren, wie der transrektale Ultraschall. Eine nachfolgende randomisierte Mehrfachbiopsie der Prostata dient zur histologischen Sicherung der Diagnose vor spezifischen therapeutischen Maßnahmen.
#Summary
Prostate cancer is the most frequent malignancy in male patients. In early stage prostate cancer there are normally no clinical symptoms at all. In advanced disease obstructive and irritative urinary symptoms can occur. Once the disease has spread, treatment approaches with the intention to cure are no longer given. Early stage prostate cancer, in which cure is achievable, can only be diagnosed through well defined screening methods. Prostate cancer can be detected by measuring the serum levels of the prostate-specific antigen (PSA), by digital rectal examination (DRE) and additionally by transrectal ultrasound of the prostate gland. Pending on these examinations a randomised biopsy of the prostate will be performed to get histology based proof of the diagnosis of prostate cancer leading to cancer specific therapeutic means.
Key Words
prostate cancer - screening - early diagnosis - prostate specific antigen (PSA) - diagnostics
Das Prostatakarzinom (PCA) gilt inzwischen als eines der bedeutendsten medizinischen Probleme für die männliche Bevölkerung. In Europa werden jährlich etwa 2,6 Millionen neue Fälle diagnostiziert, und das Prostatakarzinom ist für knapp 10 % aller krebsbedingten Todesfälle verantwortlich [3]. Die Inzidenz in Deutschland beträgt ungefähr 35000 Fälle pro Jahr und ist damit im Verhältnis zu anderen Neoplasien ein bedeutender sozioökonomischer Faktor.
Von Autopsieserien ist bekannt, dass etwa 45 % aller 50-jährigen weißen Männer bereits ein Prostatakarzinom entwickelt haben. In Anbetracht dieser hohen Prävalenz ist die Wahrscheinlichkeit, ein klinisch relevantes Karzinom zu entwickeln, mit 10 % vergleichsweise gering. Andererseits sind ohne definierte Früherkennungsmaßnahmen schätzungsweise etwa 55 % der Karzinome zum Zeitpunkt der Diagnosestellung nur auf die Prostata beschränkt - und nur solche sind durch eine entsprechende Therapie, wie zum Beispiel die radikale Prostatektomie, sicher zu heilen. Dies unterstreicht die Bedeutung von Präventionsmaßnahmen, „Screening” und der Früherkennung beim Prostatakarzinom.
#Risikofaktoren
Die Inzidenz des latenten Prostatakarzinoms, also des zu Lebzeiten nicht diagnostizierten und erst in einer Autopsie erkannten Karzinoms, ist unabhängig von ethnografischen Faktoren. Im Gegensatz dazu steht die Tatsache, dass in den USA am häufigsten Männer der schwarzen Bevölkerung am Prostatakarzinom erkranken. In dieser Population ist die Inzidenzrate 30-mal höher als in medizinisch hoch entwickelten Zentren in Asien. Auffallend ist auch ein Anstieg der Zahl der Neuerkrankungen bei Asiaten, die in die USA auswandern.
Dies lässt zum einen eine genetische Komponente aber auch einen möglichen Einfluss von Umwelt- und diätetischen Faktoren in der Karzinogenese vermuten. So konnte ein Einfluss von fettreicher Nahrung auf die Prostatakarzinominzidenz mehrfach nachgewiesen werden. Zu erklären ist dies möglicherweise durch den bekannten Zusammenhang von tierischen Fetten und der Produktion von Androgenen.
Bezüglich der genetischen Komponente ist bisher nur eine erhöhte Inzidenz bei Verwandten von Prostatakarzinompatienten gesichert. Brüder von Karzinompatienten beispielsweise haben ein etwa vierfach höheres Risiko, an einem Prostatakarzinom zu erkranken, als Männer mit leerer Familienanamnese [8]. In diesem Zusammenhang wurden Veränderungen auf den Chromosomen 1, 7, 10 und 16 beschrieben. Jedoch sind insgesamt nur zirka 3 % der Karzinome in diesem Sinne vererbbar. Ein Zusammenhang zwischen der Vererbung und dem Tumorstadium - und damit der Langzeitprognose - ist nicht bekannt. Ebenso gibt es keine gesicherte Assoziation zwischen der gutartigen Vergrößerung der Prostata (benigne Prostatahyperplasie; BPH) und der Entstehung des Prostatakarzinoms.
#Klinische Symptome
Kleine Karzinome, die auf die Prostata beschränkt und prinzipiell heilbar sind, zeigen in der Regel keine klinischen Symptome. Erst wenn die Erkrankung fortschreitet, können Beschwerden wie bei der gutartigen Vergrößerung der Innendrüse auftreten. Dies sind dann obstruktive und irritative Miktionsbeschwerden wie Pollakisurie, Nykturie, Strahlabschwächung und Dysurie. Eine Hämaturie, Hämospermie oder Defäkationsprobleme dagegen sind nur sehr selten und erscheinen erst im fortgeschrittenen Stadium. Ist die Erkrankung lokal ausgedehnt, kann es infolge einer Ummauerung der Harnleiter zur ein- oder beidseitigen Hydronephrose kommen. Durch eine Beteiligung der Lymphabflussgebiete können periphere Ödeme auftreten.
Leider machen häufig erst Fernmetastasen die Tumorerkrankung symptomatisch. Hier handelt es sich dann meist um eine Skelettmetastasierung, die zum Beispiel durch ischialgieforme Beschwerden auffallen kann. Die Bedeutung einer Vorsorgeuntersuchung wird in Tabelle 1 durch den Zusammenhang der Häufigkeit klinischer Symptome und der Ausdehnung des Karzinoms deutlich.
#Früherkennung
Männer im Alter ab 50 Jahre - bei bekannter familiärer Belastung ab 45 Jahre - sollten im Rahmen einer Früherkennung jährlichen Untersuchungen zugeführt werden. Vor der ersten Untersuchung sind sie über möglicherweise nachfolgend notwendige Maßnahmen, einschließlich einer Biopsie der Prostata und weiterführende Behandlungsmaßnahmen im Falle der Diagnose eines Karzinoms, aufzuklären. Zu den Untersuchungen im Rahmen der Früherkennung zählt die digital-rektale Untersuchung (DRE), die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) und der transrektale Ultraschall (TRUS).
Für das eigentliche Screening, das heißt für eine „Gesundenuntersuchung”, ist nur die digital-rektale Untersuchung und die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens praktikabel. Sind diese positiv, folgt anschließend die Biopsie der Prostata, um durch den histologischen Nachweis die Diagnose sichern zu können. Vor spezifischen therapeutischen Maßnahmen ist die Komplettierung des Stagings erforderlich. Die Untersuchungen sind nachfolgend beschrieben, und das Vorgehen ist anhand eines Flussdiagramms in Abbildung 1 detailliert dargestellt.
#Digital-rektale Untersuchung (DRE)
„...viele Männer könnten vom Prostatakarzinom chirurgisch geheilt werden, wenn eine Untersuchung früh stattfindet und der Arzt (auch nur kleine) Verhärtungen oder Knoten tastet”, konstatierte Hugh Hampton Young bereits im Jahr 1940 [14].
Die digital-rektale Untersuchung wird seit Jahrzehnten angewandt: Bereits 1921 beschrieb Marion diese Maßnahme zur Diagnose und zum Staging des Prostatakarzinoms [7]. Aufgrund ihrer einfachen Durchführbarkeit, ihrer geringen Kosten und ihres niedrigen Risikos ist sie auch heute noch unverzichtbarer Teil der Diagnostik. Da die Prostata tief im kleinen Becken lokalisiert ist, kann die Hinterwand der Drüse problemlos mit dem Finger palpiert werden.
Die Einschränkung der digital-rektalen Untersuchung ist offensichtlich bei kleinen Karzinomen oder Neoplasien gegeben, die aus dem inneren Anteil der Drüse entstehen. Jedoch entsprechen laut der historischen Arbeit von Jewett nur etwa 55 % der kleinen palpablen Knoten, die auf ein Karzinom hinweisen, tatsächlich einem Prostatakarzinom [6]. Weitere Kriterien der digitalen rektalen Untersuchung sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Dies bedeutet, dass der einfachste und am häufigsten angewandte Test auch der subjektivste ist, was die sehr hohe Variabilität bezüglich der Sensitivität und Spezifität erklärt.
So findet sich nur bei ungefähr der Hälfte der Männer mit einem Karzinom ein suspekter Tastbefund. In einer Multizenterstudie mit mehr als 6000 Patienten wurde der positiv-prädiktive Wert mit 21 % angegeben [4]. Andererseits ist aber auch belegt, dass Patienten mit einem Tastbefund häufiger ein bereits lokal fortgeschrittenes Tumorstadium aufweisen.
Die Sensitivität der digital-rektalen Untersuchung bei der Diagnose des Prostatakarzinoms ist also niedrig. Die Ergebnisse dieser subjektiven Untersuchung variieren stark mit der Indikation und Selektion der Patienten sowie der Erfahrung des Untersuchers. Trotz dieser Nachteile sind bereits etwa ein Viertel der Karzinome alleine durch die digital-rektale Untersuchung (ohne PSA-Erhöhung) zu identifizieren. Bis zum Beweis des Gegenteils gilt daher ein suspekter Tastbefund als Prostatakarzinom. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie empfiehlt eine jährliche DRE im Rahmen der Früherkennung des Prostatakarzinoms [2].
#Prostataspezifisches Antigen (PSA)
Die Glykoprotein-Serin-Protease PSA wird in den Drüsenzellen der Prostata gebildet und hilft bei der Verflüssigung der Samenflüssigkeit. Zum größten Teil ist sie als so genanntes gebundenes prostataspezifisches Antigen (PSA) detektierbar. Eine vergleichsweise geringe Fraktion ist ungebunden (fPSA) im Serum messbar. Beides zusammen ergibt den Wert des Gesamt-PSA (tPSA). Im Ejakulat beträgt die Konzentration 0,3-3 mg/ml, im Serum ist die Konzentration 1000-mal niedriger.
Da die Drüsenzellen der Prostata durch Androgene zur PSA-Bildung stimuliert werden, senkt eine chirurgische oder medikamentöse Kastration den PSA-Wert. Sobald die Gewebeschranke zwischen Drüsen und dem Gefäßsystem durchbrochen wird, steigt der Gesamt-PSA-Wert. Dies macht verständlich, dass das prostataspezifische Antigen kein karzinomspezifischer sondern ein prostatagewebespezifischer Marker ist. Erhöhungen der Serumkonzentration können daher - außer beim Prostatakarzinom - auch bei der benignen Hyperplasie und temporär bei Prostatitis und jeder Manipulation (rektale Untersuchung, Katheterismus, Biopsie, Blasenspiegelung, Sport wie z.B. Reiten oder Fahrradfahren, sexuelle Aktivität etc.) auftreten.
Die Serumkonzentration des prostataspezifischen Antigens alleine reicht daher nicht aus, um ein Prostatakarzinom zu diagnostizieren. Sie trägt jedoch dazu bei, die Indikation zur Biopsie zu stellen. Insbesondere bei einem unauffälligen Tastbefund hat die PSA-Bestimmung einen herausragenden Stellenwert. Hier haben sich im Wesentlichen drei Gesamt-PSA-Bereiche etabliert, die eine Risikoabschätzung für das Vorhandensein eines Karzinoms bei negativer DRE ermöglichen ([Abb. 1]; [Tab. 3]).
Bei PSA-Werten unter 4 ng/ml wird eine Biopsie bisher nicht empfohlen. Allerdings beträgt die Wahrscheinlichkeit für ein Prostatakarzinom bei negativem Tastbefund und einem PSA-Wert zwischen 2 und 4 ng/ml bereits 20 % [12]. Diese Tatsache ist derzeit Anlass für Überlegungen, den Cut-off zum Beispiel auf 3 oder sogar 2 ng/ml zu senken. Befürworter argumentieren mit einer höheren Rate lokalisierter und somit kurabler Karzinome. Die Gegner befürchten, dass bei einem Cut-off von 2,5 ng/ml etwa 25 % aller Männer zwischen 55 und 60 Jahren einer Biopsie zugeführt werden müssten und auch Karzinome diagnostiziert werden, die möglicherweise nie eine klinische Relevanz erreicht hätten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem PSA-Wert zwischen 4 und 10 ng/ml ein Karzinom vorliegt, wird mit ungefähr 30 % angegeben. Besteht außerdem ein positiver Tastbefund, so steigt der positiv-prädiktive Wert auf 50-60 %. Trotzdem wird dieser Bereich als so genannte Grauzone bezeichnet, da zum einen zirka 20 % aller Männer mit symptomatischer benigner Prostatahyperplasie solche Werte haben und zum anderen die meisten Karzinome in diesem PSA-Bereich organbegrenzt und somit heilbar sind. Zudem besteht in diesem Bereich der größte Bedarf, die Spezifität durch zusätzliche Parameter zu verbessern und somit die Anzahl unnötiger Biopsien zu reduzieren.
Beträgt der Gesamt-PSA-Spielgel über 10 ng/ml ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Prostatakarzinom vorliegt, etwa 50 %. Solche Werte sollten grundsätzlich durch eine randomisierte Prostatastanze abgeklärt werden. Nur etwa 20 % der Karzinome mit einem PSA-Wert über 10 ng/ml sind zum Zeitpunkt der Operation noch organbegrenzt.
#Sonderformen der PSA-Messung
Eine Sonderanwendung der PSA-Messung ist der Quotient freies PSA zu Gesamt-PSA (fPSA/tPSA): Denn beim Prostatakarzinom verringert sich der Anteil des freien prostataspezifischen Antigens im Serum, sodass sich bei zusätzlicher Berücksichtigung dieses Quotienten die Spezifität in der Diagnostik erhöht und damit unnötige Biopsien vermieden werden können. Bei einem Cut-off von 15 % lassen sich etwa 30 % der Biopsien vermeiden, was jedoch die Sensitivität des Quotienten verringert. In der klinischen Praxis verwendet man daher in der Regel einen Cut-off von 25 %. Die Bestimmung des fPSA/tPSA-Quotienten ist sicher nicht erforderlich bei suspektem Tastbefund oder bei PSA-Werten über 10 ng/ml, da hier bereits eindeutig die Indikation zur Biopsie besteht.
Weitere Sonderformen in der PSA-Bestimmung sind „altersadjustierte PSA-Referenzbereiche” und die PSA-„Density” bzw. -„Velocity”. Ebenso wie die molekularen Sonderformen (z.B. komplexiertes PSA und die Isoformen des fPSA) haben diese Parameter bisher keinen eindeutigen Stellenwert. Sie werden aber teilweise in der differenzierten PSA-Diagnostik als Hilfsindikatoren eingesetzt bzw. sind noch in klinischer Erprobung.
#Transrektaler Ultraschall (TRUS)
Im Rahmen der Diagnostik des Prostatakarzinoms kann der transrektale Ultraschall zusätzliche Informationen liefern. Bei der momentan möglichen Bildauflösung ist dieses Verfahren zum jetzigen Zeitpunkt allerdings in Sensitivität und Spezifität dem Tastbefund und dem PSA unterlegen. Seinen Stellenwert erhält der Ultraschall der Prostata jedoch durch die Möglichkeit einer exakten Größenbestimmung und durch die sonografisch gesteuerte Biopsie.
Im Ultraschall zeigt das Prostatakarzinom typischerweise inhomogene, hypodense Areale in der Außenzone der Drüse. Solche Areale sind aber nicht immer vorhanden, und hypodense Bezirke enthalten ebenfalls nur in zirka 30 % der Fälle ein Karzinom. Würden nur sonografisch suspekte Areale biopsiert, würde man eine signifikante Anzahl von Karzinomen übersehen.
Die Möglichkeiten weiterer bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanz- oder der Positronenemissionstomografie im Rahmen der Prostatakarzinomdiagnostik sind bisher nicht ausreichend geklärt. Solche Verfahren sind allerdings viel versprechend in der Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung nach Diagnosestellung.
#Abschätzung der Kombination von PSA, DRE und TRUS
Wenn eine dieser drei Untersuchungsmethoden ein pathologisches Ergebnis aufzeigt, so beträgt die Wahrscheinlichkeit einer nachfolgenden positiven Biopsie 6-25 %. Sind zwei der drei Parameter pathologisch, steigt die Wahrscheinlichkeit auf 18-60 %. Sind PSA, DRE und TRUS pathologisch, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer positiven Biopsie auf 56-72 %.
#Prostatabiopsie
Zeitgleich zur Einführung des prostataspezifischen Antigens in der Diagnostik hat sich die Biopsietechnik deutlich verbessert. Im Gegensatz zu den früher digital geführten Biopsien ist heutzutage die ultraschallgesteuerte randomisierte Mehrfachstanze Standard. Hierzu wird in der Regel eine Biopsiepistole mit einer 18-Gauge-Nadel verwendet [Abb. 2]. Die transrektale Biopsie hat sich gegenüber der perinealen oder der Aspirationsbiopsie durchgesetzt. Die Indikation zur Biopsie ist eindeutig bei suspektem Tastbefund und/oder persistierender PSA-Erhöhung (Werte > 4 ng/ml) gegeben.
Bereits seit 15 Jahren ist bekannt, dass eine systematische ultraschallgesteuerte Sechsfach-Biopsie eine höhere Detektionsrate hat als die Punktion suspekter Areale allein [5]. In den letzten Jahren hat sich aufgrund der noch höheren Detektionsraten die Verwendung von Protokollen mit einer Entnahme von mehr als sechs Stanzzylindern durchgesetzt [Abb. 3]. Die so genannte randomisierte Sechsfach-Biopsie kann heutzutage nicht mehr als „Goldstandard” gelten, da bei erster negativer Biopsie in zirka 20 % der Patienten ein Karzinom bei der Re-Biopsie diagnostiziert wird.
Eine suffizientere Detektionsrate wird von einer Entnahme von acht bis zwölf Biopsien erwartet [9], ohne dass dies das Risiko möglicher Komplikationen wesentlich erhöht [1]. Die Entnahme von mehr Zylindern kann im Einzelfall auch abhängig von der Größe der Prostata beeinflusst werden. So wird derzeit bei wiederholt negativer Biopsie und weiter ansteigendem PSA-Wert mit der so genannten „saturation biopsy” eine Alternative diskutiert, mit der in Narkose die Möglichkeit besteht, eine multiple Entnahme von Biopsien (> 20) durchzuführen [13]. Eindeutige Indikationen zur Re-Biopsie sind die „High-Grade-PIN” und die „Atypical Small Acinar Proliferation” in der Erstbiopsie [Abb. 1]. In diesen Fällen zeigt sich in der wiederholten Biopsie in bis zu 50 % ein koinzidentelles Prostatakarzinom.
[Abbildung 3] zeigt eine schematische Darstellung der Entnahme der Biopsien aus den verschiedenen Bereichen der Drüse. Aufgrund der Heterogenität des Prostatakarzinoms ist auch zu beobachten, dass die pathologische Differenzierung des Karzinoms in zirka 30 % der Fälle im Vergleich zum Präparat nach radikaler Prostatektomie unterschätzt wird [11]. Dies sollte bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden.
Insgesamt gesehen ist die randomisierte transrektale Prostatastanze ein komplikationsarmes Verfahren. Nach entsprechender Aufklärung des Patienten erfolgt eine obligate antibiotische Prophylaxe am Vorabend vor der Probenentnahme. Eine längerfristige Antibiose oder besondere Maßnahmen zur Darmvorbereitung sind in der Regel nicht erforderlich. Leichte Komplikationen wie Hämaturie, Hämospermie und Dysurie werden in 10-50 % der Patienten beobachtet und bedürfen keiner weiteren therapeutischen Maßnahmen [10]. Schwere Komplikationen treten in weniger als 1 % aller Fälle auf, hierzu zählen rektale Blutungen, die Prostatitis oder sogar Abszesse der Prostata. Ein gesteigertes Risiko solcher Komplikationen haben Patienten mit erhöhter Blutungsneigung (Antikoagulanzien sollten vor Biopsie abgesetzt werden), immunsupprimierte Patienten und Patienten mit Harnwegsinfekt.
Die Einführung der Messung des prostataspezifischen Antigens vor nun mehr als 15 Jahren hat die Früherkennung des Prostatakarzinoms revolutioniert. Dank klarer Richtlinien, basierend auf einfachen Untersuchungen wie der digital-rektalen Untersuchung und der Bestimmung des PSA, gelingt es heute, die meisten Karzinome in einem frühen Stadium zu diagnostizieren. Wird die Diagnose rechtzeitig gestellt, ist eine Heilung zum Beispiel durch operative Maßnahmen möglich und die Langzeitprognose im Vergleich zu anderen Neoplasien extrem günstig.

Abb. 1

Abb. 2 Die ultraschallgesteuerte Biopsie der Prostata gilt als der Standard. Hierzu wird eine Biopsiepistole mit einer 18-Gauge-Nadel transrektal eingeführt (a). Ultraschallgesteuert erfolgt die Probenentnahme (b). Der Stichkanal der Nadel ist als hyperechogene Struktur zu sehen

Abb. 3 Die grün markierten Bezirke im Schema gelten als Mindeststandard

Abb. 4 Biopsienadel mit einem Gewebezylinder aus der Prostata (a), Asservierung des Zylinders in Formalin zum Versand an die Pathologie (b)
Abklärung bei |
lokal begrenztes PCA |
lokal fortgeschrittenes PCA |
lokal- oder fernmetastasiertes PCA |
Dysurie (53 %) |
33 % |
44 % |
23 % |
Hämaturie (3 %) |
30 % |
50 % |
20 % |
Knochenschmerz (4 %) |
3 % |
7 % |
90 % |
unspezifische Symptome (4 %) |
40 % |
37 % |
23 % |
Operation der Prostata bei BPH (5 %) (Zufallsbefund) |
71 % |
20 % |
9 % |
klinisch auffällig (3 %) |
40 % |
42 % |
18 % |
Vorsorge (29 %) |
45 % |
46 % |
9 % |
1 nach Zahlen des Tumorregisters München
|
„gutartig” |
„bösartig” |
Oberfläche |
glatt |
höckerig, knotig, unregelmäßig |
Schleimhaut |
verschieblich |
nicht verschieblich |
Sulcus |
erhalten |
verstrichen |
Konsistenz |
prall-elastisch |
vermehrt, derb, holzhart |
Abgrenzbarkeit |
vorhanden |
aufgehoben |
Symmetrie |
vorhanden |
aufgehoben |
PSA (ng/ml) |
40-50 Jahre |
50-60 Jahre |
60-70 Jahre |
2,5-4,0 |
89 % |
83 % |
77 % |
4,1-10,0 |
86 % |
78 % |
71 % |
> 10,0 |
73 % |
57 % |
49 % |
1 in Abhängigkeit vom Alter und Gesamt-PSA bei unauffälligem Tastbefund
#Literatur
- 1 Addla SK, Adeyoju AA, Wemyss-Holden GD, Neilson D. Local anaesthetic for transrectal ultrasound-guided prostate biopsy: a prospective, randomized, double blind, placebo-controlled study. Eur Urol. 2003; 43 441-443
- 2 Anonymus . Leitlinien zur PSA-Bestimmung in der Prostatakarzinomdiagnostik (Früherkennung des Prostatakarzinoms) (Kurzfassung). Der Urologe A. 1956; 160 509-513
- 3 Bray F, Sankila R, Ferlay J, Parkin DM. Estimates of cancer incidence and mortality in Europe in 1995. Eur J Cancer. 2002; 38 99-166
- 4 Catalona WJ, Richie JP, Ahmann FR. et al. . Comparison of digital rectal examination and serum prostate specific antigen in the early detection of prostate cancer: results of a multicenter clinical trial of 6630 men. J Urol. 1994; 151 1283-1290
- 5 Hodge KK, McNeal JE, Terris MK, Stamey TA. Random systematic versus directed ultrasound guided transrectal core biopsies of the prostate. J Urol. 1989; 142 71-74
- 6 Jewett JJ. Significance of the palpable prostatic nodule. JAMA. 1956; 160 838-839
- 7 Marion G. Traite d'urologie. Masson. 1921; 1050
- 8 Paiss T, Gschwend JE, Maier C. et al. . Prostatakarzinomvorsorge bei Männern mit familiärer Disposition. Urologe A. 2002; 41 596-601
- 9 Presti Jr JC, O'Dowd GJ, Miller MC. et al. . Extended peripheral zone biopsy schemes increase cancer detection rates and minimize variance in prostate specific antigen and age related cancer rates: results of a community multi-practice study. J Urol. 2003; 169 125-129
- 10 Raaijmakers R, Kirkels WJ, Roobol MJ. et al. . Complication rates and risk factors of 5802 transrectal ultrasound-guided sextant biopsies of the prostate within a population-based screening program. Urology. 2002; 60 826-830
- 11 San-Francisco IF, DeWolf WC, Rosen S. et al. . Extended prostate needle biopsy improves concordance of Gleason grading between prostate needle biopsy and radical prostatectomy. J Urol. 2003; 169 136-140
- 12 Schroder FH, Kranse R, Rietbergen J. et al. . The European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer (ERSPC): an update. Members of the ERSPC, Section Rotterdam. Eur Urol. 1999; 35 539-543
- 13 Stewart CS, Leibovich BC, Weaver AL, Lieber MM. Prostate cancer diagnosis using a saturation needle biopsy technique after previous negative sextant biopsies. J Urol. 2001; 166 86-91
- 14 Young HH. A surgeon's autobiography. New York: Harcourt Brace. 1940; 131
Anschrift des Verfassers
Dr. Rainer Kuefer
Urologische Universitätsklinik und Poliklinik Ulm
Prittwitzstr. 43
89075 Ulm
Literatur
- 1 Addla SK, Adeyoju AA, Wemyss-Holden GD, Neilson D. Local anaesthetic for transrectal ultrasound-guided prostate biopsy: a prospective, randomized, double blind, placebo-controlled study. Eur Urol. 2003; 43 441-443
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- 12 Schroder FH, Kranse R, Rietbergen J. et al. . The European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer (ERSPC): an update. Members of the ERSPC, Section Rotterdam. Eur Urol. 1999; 35 539-543
- 13 Stewart CS, Leibovich BC, Weaver AL, Lieber MM. Prostate cancer diagnosis using a saturation needle biopsy technique after previous negative sextant biopsies. J Urol. 2001; 166 86-91
- 14 Young HH. A surgeon's autobiography. New York: Harcourt Brace. 1940; 131
Anschrift des Verfassers
Dr. Rainer Kuefer
Urologische Universitätsklinik und Poliklinik Ulm
Prittwitzstr. 43
89075 Ulm

Abb. 1

Abb. 2 Die ultraschallgesteuerte Biopsie der Prostata gilt als der Standard. Hierzu wird eine Biopsiepistole mit einer 18-Gauge-Nadel transrektal eingeführt (a). Ultraschallgesteuert erfolgt die Probenentnahme (b). Der Stichkanal der Nadel ist als hyperechogene Struktur zu sehen

Abb. 3 Die grün markierten Bezirke im Schema gelten als Mindeststandard

Abb. 4 Biopsienadel mit einem Gewebezylinder aus der Prostata (a), Asservierung des Zylinders in Formalin zum Versand an die Pathologie (b)