Zusammenfassung
Die Rehabilitation hat in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern eine lange Tradition.
Sie beruht auf einer differenzierten sozialrechtlichen Grundlage. Die rehabilitativen
Angebote werden als Regelleistungen durch verschiedene Sozialversicherungen (Rentenversicherung,
Krankenversicherung, Unfallversicherung etc.) erbracht und nehmen einen von der Akutversorgung
abgegrenzten eigenständigen Versorgungsauftrag wahr. Besondere Charakteristika der
Rehabilitation in Deutschland sind ein hoher Grad der Institutionalisierung und Spezialisierung.
So steht in Deutschland für die medizinische Rehabilitation ein flächendeckendes Netz
von indikationsspezifischen, meist größeren Einrichtungen zur Verfügung. Diese Zentrenbildung
und die Lage vieler Einrichtungen in eher ländlichen Regionen bedingen, dass Rehabilitation
häufig nicht in unmittelbarer Nähe des Wohnorts der Betroffenen stattfinden kann.
Eine weitere Besonderheit der medizinischen Rehabilitation in Deutschland besteht
darin, dass ihre Leistungen im Gegensatz zum Ausland bis Mitte der 90er-Jahre fast
ausschließlich stationär erbracht wurden. Seit dieser Zeit ist eine Intensivierung
der Diskussion um die ambulante Rehabilitation festzustellen. Inzwischen gibt es verschiedene
Initiativen, die auf eine Ergänzung des bisherigen stationären Angebotes durch ambulante
Maßnahmen zielen. Der hier vorgelegte Beitrag beschreibt und analysiert zunächst die
bisherigen Bemühungen zur Entwicklung der ambulanten Rehabilitation in Deutschland.
Darauf aufbauend werden unter Bezugnahme auf die im Jahre 2000 von allen Trägern verabschiedete
Rahmenempfehlung zur ambulanten medizinischen Rehabilitation der Bundesarbeitsgemeinschaft
für Rehabilitation (BAR) die gegenwärtige Situation und der Stand der Umsetzung der
ambulanten Rehabilitation diskutiert und Überlegungen zu einer von den Autoren für
erforderlich gehaltenen Weiterentwicklung angestellt.
Abstract
Rehabilitation has a long tradition in Germany compared to other countries and is
based upon a differentiated, social law fundament. Rehabilitative offers are provided
as standard benefits by different social insurance schemes (pension insurance, health
insurance, accident insurance, etc.) and are an independent task of care not included
in acute care. A high degree of institutionalisation and specialisation are specific
characteristics of rehabilitation in Germany. A country-wide network of indication
specific, mostly larger institutions is available for medical rehabilitation in Germany.
This emergence of centres and the location of many institutions in more rural regions
give rise to the fact that rehabilitation often cannot take place close to the places
of residence of those who are in need of rehabilitative offers. Until the mid-nineties,
rehabilitative benefits have been performed almost exclusively on an inpatient basis,
which is another characteristic of medical rehabilitation in Germany. Since then the
discussion about ambulant rehabilitation has been increasing. Several initiatives
are aimed at supplementing the present in-patient offers through ambulant measures.
This article describes and analyses the present efforts for the development of ambulant
rehabilitation. In reference to the guidelines of the BAR (Federal Rehabilitation
Council) concerning ambulant medical rehabilitation, adopted by all institutions involved
in 2000, the current situation and the state of implementation are discussed, and
advancements necessary in the authors' view are considered.
Schlüsselwörter
Ambulante Rehabilitation - strukturelle Voraussetzungen - Modellentwicklung
Key words
Outpatient rehabilitation - structural preconditions - innovative rehabilitation models
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1 § 28 SGB IX - Stufenweise Wiedereingliederung: Können arbeitsunfähige Leistungsberechtigte
nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten und können
sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder
in das Erwerbsleben eingegliedert werden, sollen die medizinischen und die sie ergänzenden
Leistungen entsprechend dieser Zielsetzung erbracht werden.
Prof. Dr. Dr. Uwe Koch
Institut für Medizinische Psychologie · Zentrum für Psychosoziale Medizin · Universitätsklinikum
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