Zusammenfassung
Von den Anfängen bis zur klassischen Hörweitenprüfung: Die Notwendigkeit, das Hörvermögen zu messen, wurde erst gesehen, als es möglich
schien, Schwerhörigkeit oder Taubheit zu heilen. Grapengiesser in Berlin 1801 hatte
die Ohren tauber Kinder mit Gleichstrom gereizt und über gewisse Erfolge berichtet.
Pfingsten in Kiel 1804 übernahm diese Methode und setzte zum ersten Mal Sprache ein,
um verschiedene Grade der Hörstörung unterscheiden zu können. Er teilte die Sprachlaute
in drei Klassen: Vokale, stimmhafte und stimmlose Konsonanten. Itard in Paris 1821
unterschied fünf Schwerhörigkeitsgrade, je nachdem was gehört bzw. verstanden wurde,
von normaler Sprache bis zum Donner und dem Knall einer Kanone. Schmalz in Dresden
1846 führte die Hörweite für Sprache als Maß einer Schwerhörigkeit ein. Helmholtz
hatte 1863 gezeigt, dass Vokale aus einfachen Tönen zusammengesetzt sind. Wolf in
Frankfurt 1871 ordnete alle Sprachlaute nach ihrer Frequenzzusammensetzung in einer
Reihe vom Zungen-R (= 16 Hz) bis zum Sch (4096 Hz), um sie wie eine Stimmgabelreihe
einsetzen zu können. Von dieser Anregung ausgehend, wurden in vielen Sprachen, einschließlich
Japanisch, Wörterlisten erstellt, um die hohen, mittleren und tiefen Frequenzen gezielt
prüfen zu können.
Sprachaudiometrie: Dieses Kapitel ist Karl Heinz Hahlbrock, Freiburg, gewidmet, der die deutsche Sprachaudiometrie
begründet hat. Er folgte den amerikanischen Autoren des Psycho-akustischen Laboratoriums
in Harvard, insbesondere J. P. Egan (1948), indem er statistische Methoden anwandte
und Wörterlisten aufstellte, die an der relativen Häufigkeit der einzelnen Laute orientiert
waren und die untereinander phonetisch ausgeglichen waren. Das Ergebnis war schließlich
ein Test mit zweistelligen Zahlwörtern und Einsilbern. Hahlbrock starb 2003, genau
50 Jahre nach der Veröffentlichung seines Tests. Sein Lebenslauf wird kurz geschildert.
Die weitere Entwicklung: In den folgenden Jahren wurden zahlreiche andere Sprachgehörtests mit verschiedener
Zielsetzung entwickelt, so mit kindgemäßen Wörtern, mit Sätzen, verzerrter oder verhallter
Sprache, diotischer und dichotischer Darbietung zur Diagnostik zentraler Hörstörungen
usw. Der Freiburger Sprachtest nach Hahlbrock ist jedoch für die Ermittlung des Hörverlusts
für Sprache der Standard geblieben.
Diskussion: Eines der fundamentalen Probleme bei der Sprachgehörprüfung ist, dass es keinen Katalog
von Phonemen gibt, der allen Sprachen oder Dialekten gemein ist. Ausländer, aber auch
Dialekt sprechende Inländer, haben oft eine partielle Lautagnosie. Z.B. haben Sachsen
Schwierigkeiten, P und B oder K und G zu unterscheiden, Franzosen und Italiener können
das H nicht hören, so dass für sie „Haus” und „aus” gleich klingen. Die Audiometristin
muss aber entscheiden, ob das angebotene Wort richtig oder falsch nachgesprochen worden
ist.
Abstract
From the beginnigs to classical speech tests: The need for classification of different degrees of hearing disorders first arose
when it seemed possible to treat deafness. Grapengiesser in Berlin 1801 had applied
galvanic current to the ears of deaf children and reported some success. Pfingsten
in Kiel in 1804 using this method was the first to use speech in diagnosing different
degrees of deafness. He divided speech sounds into three classes: vowels, voiced consonants
and voiceless consonants. Itard in Paris in 1821 gave a classification of five classes
according to which sounds could be perceived, starting from normal speech to thunder
and the bang of a gun. Schmalz in Dresden 1846 noted the range within which speech
was understood thus introducing the concept of hearing distance. Helmholtz in 1863
had demonstrated that vowels are composed of pure tones. Wolf in Frankfurt 1871 tried
to align all speech sounds from the lowest frequency (tongue-R = 16 Hz) to the highest
(sh = 4096 Hz) and measured the hearing distance for each sound. Following these suggestions
word lists based on the predominant frequencies were compiled in a number of languages
including Japanese.
Speech audiometry: This chapter is devoted to Karl Heinz HahIbrock, Freiburg, who was the founder of
the German speech audiometry. Hahlbrock followed the American authors of the Psycho-acoustic
Laboratory at Harvard, in particular J. P. Egan (1948), using statistical methods
for composing lists of words based on the relative frequency of speech sounds and
phonetically balanced between the different groups. He finally presented a test comprising
groups of two-digit numbers and monosyllabic words. Hahlbrock died in 2003 exactly
fifty years after the presentation of his test. A short account of his life is given.
The following development: In the following years various other types of speech tests were elaborated using
sentences, distorted speech, diotic and dichotic presentation partly aimed at fitting
hearing aids, partly with the aim to diagnose central hearing disorders. Hahlbrock's
test, however, remained the standard for evaluating speech reception and discrimination.
Discussion: One of the fundamental problems in testing speech discrimination is that there is
no catalogue of phonemes common to all languages or regional accents. Untrained not
native speakers often do no perceive certain sounds having a partial auditory agnosia.
They cannot distinguish between e. g. ‘hand' and ‘and' or ‘end' and ‘ant', but the
examiner must decide if the word presented was repeated correctly or not.
Schlüsselwörter
Sprachaudiometrie - Hörweite - Schwerhörigkeitsgrade - Wörterliste
Key words
Speech audiometry - hearing distance - degrees of deafness