Geburtshilfe Frauenheilkd 2004; 64(5): 504-512
DOI: 10.1055/s-2004-820865
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Laienätiologische Krankheitskonzepte und ihre mögliche Bedeutung für die Prävention

Lay Aetiology and its Possible Relation to Disease PreventionB. Kraft1 , R. von Georgi2 , M. K. Bohlmann3 , J. Sehouli4 , K. Münstedt3
  • 1Frauenarztpraxis, Albert-Schweitzer-Straße 2 a, Gießen
  • 2Medizinische Psychologie und Soziologie, Justus-Liebig-Universität Gießen
  • 3Frauenklinik, Universitätsklinikum Gießen
  • 4Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Charité Campus Virchow-Klinikum, Berlin
Further Information

Publication History

Eingang Manuskript: 26. Januar 2004 Eingang revidiertes Manuskript: 10. März 2004

Akzeptiert: 22. März 2004

Publication Date:
05 May 2004 (online)

Preview

Zusammenfassung

Fragestellung: Trotz umfassender medizinischer Angebote der Prävention und Früherkennung von Krankheiten treffen diese nur auf geringes Interesse in der Bevölkerung. Unter der Vorstellung, dass hier laienätiologische Krankheitskonzepte eine Rolle spielen könnten, sollten diese im Rahmen einer Pilotstudie erfasst und analysiert werden.

Material und Methodik: Basierend auf der Literatur wurde der Krankheitspräventionsfragebogen (KPM - V1.0) entwickelt, der neben der angenommenen Ätiologie verschiedener Krankheiten das persönlich erlebte Krankheitsrisiko und verschiedene Aspekte der Krankheitsprävention abfragte. Der Bogen wurde an 450 Patientinnen einer Frauenarztpraxis verteilt.

Ergebnisse: Bei einer Rücklaufquote von 93,3 % konnte gezeigt werden, dass Osteoporose, Brustkrebs und andere gynäkologische Malignome im Wesentlichen als schicksalhaft angesehen werden, während Stress und eigenes Verhalten als wesentliche Ursachen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen angenommen werden. Im Hinblick auf das subjektiv erlebte Krankheitsrisiko zeigte sich, dass sich die Patientinnen eher vor den Krankheiten geschützt fühlen, lediglich für das Mammakarzinom wird ein höheres subjektives Risiko angenommen. Insbesondere konnte gezeigt werden, dass Patientinnen, die sich von einer Krankheit bedroht fühlen, sich auch eher von anderen Krankheiten bedroht fühlen. Die Persönlichkeitsangst (trait-anxiety) scheint in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zu spielen.

Schlussfolgerung: Laienätiologische Krankheitskonzepte weichen in erheblichem Maße von den Erkenntnissen der modernen Medizin ab. Die Einbindung entsprechender Kenntnisse in den kommunikativen Kontext einer Arzt-Patienten-Beziehung könnte von Bedeutung sein, um zukünftig die Akzeptanz von Vorsorgemaßnahmen zu verbessern.

Abstract

Purpose: Measures for secondary disease prevention have not found much acceptance by the German general population in spite of many possibilities on offer. We conducted a pilot study to assess lay aetiology of various diseases as a possible reason for these circumstances.

Material and Methods: Based on earlier literature, a questionnaire was developed (KPM - V1.0) which assessed perceived aetiology and risk of disease as well as several other aspects of disease prevention. The questionnaire was distributed in a gynaecologist's office to 450 patients.

Results: With a 93.3 % response rate it was found that osteoporosis, breast cancer and other gynaecological malignancies are mainly considered to be due to fate whereas stress and personal behaviour were believed to be the causes of cardiovascular disease. With respect to perceived subjective risk most patients felt themselves to be protected against the diseases with the exception of breast cancer. Interestingly, patients who felt susceptible for a certain disease were also more likely to feel susceptible for another disease. Here, trait anxiety may be an important underlying reason.

Conclusion: Disease concepts based on lay aetiology differ significantly from the findings of modern medicine. Using these results may help to initiate better communication with patients in order to convince them more efficiently to undertake primary or secondary preventive measures.

Literatur

PD Dr. Karsten Münstedt

Klinikstraße 32

35385 Gießen

Email: karsten.muenstedt@gyn.med.uni-giessen.de