Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) wird heute als langsam progrediente, meist tödlich
verlaufende Lungenerkrankung verstanden, die sich primär durch eine Fibroblastenproliferation
in der Folge einer Schädigung des Alveolarepithels auszeichnet. Konsekutiv kommt es
zum Umbau der extrazellulären Matrix und zur irreversiblen Zerstörung der Lungenarchitektur.
Der IPF wird heute ausschließlich das histopathologische Muster der usual interstitial
pneumonia (UIP) zugeordnet [1]
[2]
[3]. Ein zentrales Merkmal dieses Musters ist die Bildung von multiplen fleckförmigen
Fibroblastenherden (so genannten fibroblastären Foki), welche offenbar den Stellen
entsprechen, an denen die aktive Kollagensynthese stattfindet. Entzündliche Veränderungen
sind vermutlich sekundärer Natur. Das jahrelang gültige Konzept, dass sich aus einer
initialen Alveolitis (Infiltration aus Entzündungszellen) die Fibrose entwickelt,
wird heute durch die Vorstellung abgelöst, dass die IPF eine primäre epithelial/fibroblastäre
Erkrankung ist [4].
Vor dem Hintergrund dieses neuen pathogenetischen Konzeptes verstehen wir das therapeutische
Dilemma besser: Mit immunsuppressiver Therapie sind nur die sekundären entzündlichen
Läsionen zu beeinflussen. Auf eine Prednisontherapie in Kombination mit Azathioprin
oder Cyclophosphamid sprechen nur maximal 30 % der Patienten vorübergehend an. Für
die Hemmung der Fibroblastenaktivität, des Primärereignisses, stehen noch keine wirksamen
zugelassenen Medikamente zur Verfügung.
Vor 5 Jahren machte ein Artikel im New England Journal of Medicine Furore. Ziesche
u. Mitarb. berichteten über sagenhaft anmutende Effekte von Interferon(IFN)-γ-1b bei
Patienten mit IPF [5]. 9 Patienten, die 12 Monate lang mit IFN-γ-1b in Kombination mit einer niedrigen
Prednisolondosis behandelt wurden, zeigten alle eine Verbesserung in der Lungenfunktion,
während die 9 Patienten in der nur mit Prednisolon behandelten Gruppe sich alle mit
der Lungenfunktion verschlechterten. Die Studie war zwar randomisiert, aber nicht
Placebo-kontrolliert. Diese Studie wurde einerseits kritisch bewertet, und eine später
vorgenommene Analyse zeigte, dass nicht alle Patienten eine IPF nach der neuen Definition
hatten, war andererseits aber der Anlass, dass immer mehr Patienten, vor allem in
den USA, im „off-label use” mit dieser Substanz behandelt wurden.
Im letzten Jahr wurden erstmals kleine Fallserien publiziert, welche die günstigen
Erfahrungen von Ziesche u. Mitarb. mit IFN-γ-1b nicht bestätigen konnten [6]
[7]. Es handelte sich um Patienten mit fortgeschritteneren Krankheitsstadien. Prasse
u. Mitarb. behandelten 5 Patienten mit IPF in ähnlicher Weise wie Ziesche u. Mitarb.
Nur 1 Patient zeigte eine Verbesserung in der Lungenfunktion, 4 Patienten verschlechterten
sich, die Totalkapazität lag bei diesen Patienten im Mittel bei 57 %, während sie
bei Ziesche u. Mitarb. 70 % betrug [6]. Französische Autoren berichteten, dass 4 Patienten im Endstadium der IPF (Totalkapazität
unter 45 % oder CO-Diffusionskapazität unter 30 %) ein ARDS-artiges Bild in engem
Bezug zum Beginn der IFN-γ-1b-Therapie entwickelten und schließlich daran starben
[7].
Die Resultate einer kürzlich publizierten Phase-III-Studie mit IFN-γ bei IPF wurden
daher mit großer Hoffnung erwartet, doch leider konnte auch diese Studie die Frage
nicht endgültig beantworten, ob INF-γ bei IPF wirksam ist [8]. In dieser doppelblinden, multinationalen Studie wurden 330 Patienten mit IPF, die
nicht auf eine Behandlung mit Corticosteroiden ansprachen, für eine Therapie mit IFN-γ-1b
200 µg 3 × wöchentlich oder für Placebo randomisiert. Über einen Zeitraum von 58 Wochen
hinweg wurde eine signifikante Wirkung auf den primären Endpunkt, nämlich die Zeitdauer
bis zur Krankheitsprogression, definiert als Verschlechterung von Lungenfunktionsgrößen
oder Tod, nicht erzielt. Es fand sich auch kein signifikanter Mortalitätsunterschied
(sekundärer Endpunkt) im Gesamtkollektiv (Mortalität 10 % in der Interferon-Gruppe,
17 % in der Placebo-Gruppe, p = 0,08). Allerdings fand sich in einer exploratorischen
post-hoc-Analyse unter INF-γ-Therapie eine signifikante Abnahme der Mortalität bei
einer Subgruppe von Patienten mit relativ guter Lungenfunktion. Diese große randomisierte
Studie konnte also die hervorragenden Resultate von Ziesche u. Mitarb. nicht bestätigen.
Möglicherweise ist IFN-γ nur bei Patienten im frühen bis mittleren Krankheitsstadium
wirksam. Eine Studie zur Beantwortung dieser Frage beginnt zur Zeit in Nordamerika
und Europa. In diese doppelblinde, Placebo-kontrollierte Phase-III-Studie werden ausschließlich
Patienten im frühen bis mittleren Krankheitsstadium (definiert aufgrund der Lungenfunktion
und der Zeitdauer seit Diagnose) aufgenommen. Der primäre Endpunkt ist die Überlebenszeit.
600 Patienten in etwa 70 Studienzentren werden im Verhältnis 2 : 1 randomisiert, die
Behandlungsdauer wird mindestens 24 Monate betragen.
Welche anderen Optionen können in der Therapie der IPF in Zukunft erwartet werden?
N-Acetylcystein (NAC) wirkt als Antioxidans. In einer Phase-II-Studie bei einem heterogenen
Patientenkollektiv mit Lungenfibrosen zeigte sich nach 3 Monaten ein Trend zur Lungenfunktionsverbesserung
[9]. Auf dem diesjährigen ERS-Kongress werden die mit Spannung erwarteten endgültigen
Resultate der großen europäischen, multizentrischen Phase-III-Studie mit NAC, hochdosiert
(3 × 600 mg täglich) zusätzlich zur Standardtherapie Prednison/Azathioprin gegeben,
vorgestellt (IFIGENIA-Studie). Die vorläufige Analyse der Daten, von Jürgen Behr bereits
auf dem DGP-Kongress im März dieses Jahres vorgetragen, sieht vielversprechend aus.
Der Endothelinrezeptorantagonist Bosentan und der TNF-α-Antagonist Etanercept werden
zur Zeit in doppelblinden Placebo-kontrollierten Studien geprüft. Pirfenidon ist eine
weitere interessante antifibrotische Substanz. In Japan wurde kürzlich eine Phase-III-Studie
vorzeitig abgebrochen, da in der Placebo-Gruppe deutlich mehr akute Exazerbationen
der IPF beobachtet wurden. Weitere klinische Studien mit Pirfenidon sind in der Planung.
Aus zellbiologischen und tierexperimentellen Untersuchungen sind andere antifibrotische
Substanzen bekannt, die vielleicht in der Therapie der IPF Eingang finden werden [4]. Dazu zählen Captopril (hemmt die Apoptose humaner Alveolarepithelien und die Fibroblastenproliferation),
Lovastatin (hemmt die Bildung von Granulationsgewebe und induziert die Apoptose von
Fibroblasten), Relaxin (inhibiert die Kollagensynthese) und Prostaglandin E2 (hemmt
die Fibroblastenproliferation).
Zusammengefasst finden sich heute zahlreiche antifibrotisch wirksame Moleküle in der
Pipeline. Aussagekräftige Phase-III-Studien, welche stringente diagnostische Kriterien
entsprechend des neuen Konsensusstatements [3] und relevante und standardisierte Endpunkte berücksichtigen, sind bei IPF heute
möglich. Vielleicht wird in Zukunft eine multi-medikamentöse Behandlung verfügbar
sein, die aus einer antifibrotischen Substanz zur Hemmung der Fibroblastenproliferation
besteht, einer Immunsuppression, um die sekundäre Inflammation zu beeinflussen, und
einem Antioxidans, um vor den oxidativen Mechanismen zu schützen. Es ist zu hoffen,
dass mit diesem Ansatz die IPF eine besser behandelbare Erkrankung wird.