Einleitung
Einleitung
Epoxidharze (EH) wurden 1938 von P. Castan zum Patent angemeldet und werden seit etwa
1948 industriell produziert und technisch angewandt, Die großtechnische Herstellung
von Glasfasern (1935), Kohlenstofffasern (1959) und Aramidfasern (1971) erschloss
neue Einsatzmöglichkeiten in Form von Faserverbundwerkstoffen für den Bau von Booten,
Schiffen, Flugzeugen, Raumfahrttechnik, Sportgeräten und Rotorblättern für Windkraftanlagen
sowie andere Hohlkörper.
Aufgrund ihrer hervorragenden technischen Eigenschaften werden EH in zunehmender Menge
in immer neuen Bereichen eingesetzt, sowohl im Handwerk, als auch in der Industrie,
in derLebensmittelwirtschaft und Medizin. Das liegt an ihrer Modifizierbarkeit, ihren
exzellenten mechanischen und elektrisch-isolierenden Eigenschaften sowie ihrer außerordentlichen
chemischen Beständigkeit. Ihre Applikation ist selbst unter einfachen Arbeitsverhältnissen,
unter ungünstigen Temperaturen und Feuchtigkeitsbedingungen als Kleb-, Gieß- und Faserverbundharz
möglich. Ausgehärtet erfüllen sie alle Anforderungen der Lebensmittel- und Trinkwasserhygiene
sowie der Umweltverträglichkeit, d. h. sie sind inert. So lange der Aushärtungsprozess
noch nicht abgeschlossen ist, gehen von den EH-Monomeren und Oligomeren und anderen
Einzelsubstanzen eines EH-Systems bis zu einem Molekulargewicht von ca. 1000 Dalton
Gesundheitsgefahren für die Haut und die Schleimhäute aus. Dabei gilt, je kleiner
das Molekulargewicht ist, desto größer ist die Gefahr einer Sensibilisierung [8]
[34].
Erste Fälle von allergischem Kontaktekzem auf EH wurden um 1954 publiziert [2]
[23]
[36]
[37]. Schon damals wurden auch nichtallergische Hautentzündungen (toxisch-irritative
Dermatitis) durch die haut- und schleimhautreizenden, zum Teil hochalkalischen aminischen
Härter und durch reaktive Verdünner und Lösemittel in den EH-Systemen beobachtet.
Auch EH können neben ihren allergenen Eigenschaften primär hautreizend sein, besonders
solche mit niedrigem Molekulargewicht. Sie verdampfen jedoch im Gegensatz zu den Härtern
(Polyamine, Polyamide, Anhydrite) und Lösemitteln so gut wie nicht. Letztere sind
aufgrund ihrer Flüchtigkeit die Ursache der nicht seltenen aerogenen Gesichtsreizungen
und aerogenen Kontaktekzeme [7]. Sie können auch Konjunktivitis, Rhinitis, Bronchitis und Übelkeit hervorrufen [11]
[21]
[23]
[35]. Irritative Hautschäden durch Härter und reaktive Verdünner, mechanische Mikroläsionen
durch Glasfasern an Laminierarbeitsplätzen oder beim Schneiden, Fräsen und Schleifen
von glasfaserhaltigen Werkstoffen (Glasfaserdermatitis) sowie Exsikkationsschäden
durch das bei Laminierarbeiten als Reinigungsmittel verwendete Azeton erleichtert
das Eindringen von Allergenen in die Haut und fördern die Sensibilisierung. Das allergische
EH-Ekzem ist daher in vielen Fällen ein so genanntes 2-Phasen-Ekzem. Die 1. Phase
ist eine Irritationsdermatose, auf die sich die Kontaktallergie als 2. Phase aufpfropft
[37].
In der Anfangszeit der EH-Anwendung erkrankten je nach Arbeitsbedingungen innerhalb
von 3 Wochen bis 6 Monaten 50 bis 80 % der Exponierten [16]
[18]
[37]. Trotz frühzeitiger Empfehlungen zur Prävention [19] und des Austausches stark reizender polyaminischer Härter gegen Versamide und andere
MIP-hardener (minimal irritant power) haben die EH als Ursache von berufsbedingten
Ekzemen international und in Deutschland eine Spitzenposition erobert und verdrängen
die bisher führenden allergenen Alkalichromate [13]
[17]. Eine Analyse der Ursachen bzw. der gefährdenden Tätigkeiten und Berufe ist deshalb
dringend geboten.
Material und Methoden
Material und Methoden
Zur Beurteilung der Inzidenz und des Stellenwertes der berufsbedingten EH-Allergie
wurden die Angaben der Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK) des Zentralen Informationssystems
der gesetzlichen Unfallversicherung (ZIGUV) der Jahre 1999 bis 2002 und die im Freistaat
Thüringen in den Jahren 1997 bis 2002 als berufsbedingte Hauterkrankungen durch EH
und Alkalichromate vom Gewerbeärztlichen Dienst bearbeiteten Fälle herangezogen.
Analysiert wurden außerdem alle 91 in den Jahren 2000 bis 2002 aus Thüringen an die
Bezirksverwaltungen Erfurt der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft und der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft
gemeldeten Verdachtsfälle von EH-Ekzem anhand der Hautarztberichte, Epikutantestprotokolle
und ergänzender hautärztlicher Berichte. 22 dieser Probanden wurden vom Erstautor
begutachtet. Dabei wurden neben der Standardreihe der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe
(DKG) alle derzeit kommerziell erhältlichen Bestandteile von EH-Systemen sowie 12
selbst hergestellte Testzubereitungen aus industriell genutzten EH-Systemen unter
Beachtung der entsprechenden Leitlinien [31] epikutan getestet (Tab. [2]). Die Ablesungen erfolgten 2 und 3 Tage nach Anlage der Tests. Als positiv wurden
nur „1 + bis 3+“-Reaktionen bewertet. Außerdem wurden von uns die Arbeitsabläufe,
die Expositionsbedingungen und der Hautschutz in einem Ausbildungsbetrieb für Faserverbundtechniker
und in zwei Rotorflügelwerken studiert und kritisch ausgewertet.
Ergebnisse
Ergebnisse
Epidemiologie
Nach der Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK) wurden in den Jahren 1999 und 2000
in Deutschland 238 Fälle von EH-verursachten Hauterkrankungen, 5 toxische Atemwegserkrankungen
und 1 allergische Atemwegserkrankung als Berufskrankheiten (BK Nr. 5101, 4302 und
4301) anerkannt. Im Jahre 2001 waren es 208 und 2002 sogar 275 als BK anerkannte Hauterkrankungen
durch EH. Das scheint jedoch nur die Spitze des Eisberges zu sein. So treten viele
Erkrankungen bei ungelernten Arbeitnehmern in der Probezeit und bei so genannten ABM-Kräften
auf. Und die meisten Erkrankungen heilen nach Beendigung der Exposition problemlos
ab. Nur wer die Arbeit verträgt, wird in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen.
Nicht wenige Arbeitnehmer sind Leiharbeiter. Sie werden bei einer Hauterkrankung meist
sofort innerbetrieblich umgesetzt, und das Ekzem heilt dann rasch ab. In diesen Fällen
erfolgt nicht immer eine Meldung an die zuständige Berufsgenossenschaft oder an die
für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle (Hautarztbericht, Ärztliche
und Betriebliche Anzeige über eine Berufskrankheit). Eine Anzeige erfolgt meist nur
dann, wenn eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung vorliegt (Bestandteil
der Definition der BK 5101 durch den Gesetzgeber), ein Hautfacharzt aufgesucht wird,
der Betroffene eine Schadensregulierung anstrebt oder andere Institutionen um Hilfe
anspricht (Arbeitsamt, Landesversicherungsanstalt u. a.).
Von den 483 berufsbedingten Hauterkrankungen durch EH-Systeme in Deutschland der Jahre
2001 und 2002 entfielen 117 auf Bauberufe (24,2 %), davon waren 51 Fliesen- und Estrichleger,
61 Maler und Lackierer (12,6 %). 111 waren Kunststoffverarbeiter (23 %) und der Rest
von 53 Fällen entstammt anderen Berufen und Berufsgruppen. Die Elektroindustrie und
Elektronik, die noch vor 30 Jahren ein Risikobereich für EH-Ekzeme waren, trugen nur
10 Fälle zur Gesamtzahl bei. Im Jahre 2001 stellten die Kunststoffverarbeiter 10,1
% aller EH-Ekzeme, ein Jahr später bereits 32,7 %! Das zeigt einerseits die aktuellen
epidemiologischen Schwerpunkte und andererseits die Vielfalt der Einsatzgebiete von
EH heute.
Eigene Beobachtungen
In Thüringen ist die Zahl der jährlich als Berufskrankheit anerkannten EH-Ekzeme von
1997 bis 2001 von 5 auf 30 Fälle angestiegen. Das Chromatekzem ist dagegen im gleichen
Zeitraum von 8 auf 1 Fall zurückgegangen (Abb. [1]). Die in diesem Zeitraum als BK anerkannten 74 EH-Erkrankungen der Haut entfallen
zu je einem Drittel auf Bauberufe und Kunststoffverarbeiter. Der Rest verteilt sich
auf diverse andere Berufsgruppen (Tab. [1], Abb. [2]). Die an EH-Ekzem erkrankten Kunststoffverarbeiter kommen fast ausschließlich aus
der Rotorblattfertigung für Windkraftanlagen. Nach unseren Beobachtungen gibt es in
diesen wenigen Spezialbetrieben und vor allem in den diesen angeschlossenen Ausbildungseinrichtungen
seit dem Jahr 2000 eine hohe Inzidenz von Neuerkrankungen an EH-Ekzemen und assoziierten
Beschwerden. Im Freistaat Thüringen wurden vom Januar 2000 bis Ende Dezember 2002
vom Gewerbeärztlichen Dienst 92 BK-Verfahren bearbeitet, in denen als Ursache der
Hauterkrankung eine berufsbedingte EH-Exposition angeschuldigt worden ist. Im gleichen
Zeitraum wurden aus einem einzigen Rotorblattwerk der zuständigen Berufsgenossenschaft
74 Verdachtsfälle angezeigt! Ähnliche Beobachtungen wurden in letzter Zeit aus gleichartigen
Produktionsstätten veröffentlicht [10]
[20]
[24]
[27]. Die reale Inzidenz ist jedoch auch bei uns wesentlich höher als die offiziell erfasste.
So sind während dreimonatiger Ausbildungslehrgänge für den Beruf des Faserverbundtechnikers
von 188 langzeitarbeitslosen Teilnehmern mindestens 67 (35,6 %) an arbeitsbedingten
Hauterscheinungen erkrankt und haben deshalb das Ausbildungsziel und eine Übernahme
in die Rotorblattfertigung nicht erreicht. Die Expositionszeiten betrugen bis zum
Ekzembeginn 11 Tage bis 8 Wochen, durchschnittlich 28 Tage. Bei den 61 erkrankten
festangestellten Laminierern des Stammbetriebes lag die Expositionszeit zwischen 5
Monaten und 1 Jahr. Vom Januar 2000 bis Dezember 2002 ist etwa die Hälfte aller Exponierten
erkrankt und deshalb ausgeschieden. Auffällig ist der große Anteil von Atopikern (30
%) und von Personen mit so genannter empfindlicher Haut (18 %) unter den Erkrankten.
20 % hatten außerdem eine Glasfaserdermatitis vom Zuschneiden von Glasfilamentgewebe
und vom Schleifen fertiger EH-Laminat-Körper.
Abb. 1 Entwicklung der zur Anerkennung als Berufskrankheit empfohlenen Epoxidharz- und Chromatallergien
von 1997 bis 2002.
Abb. 2 Berufsbedingte Hauterkrankungen durch Epoxidharz 1997 - 2002.Verteilung auf Berufsgruppen.
Tab. 1 Berufe bei berufsbedingten Epoxidharzekzemen im Zeitraum 1997 - 2002 in Thüringen
Tätigkeit |
Anzahl |
Kunststoffverarbeiter |
44 |
Maurer |
13 |
Fliesenleger |
11 |
Elektrogeräte-, Elektroteilemontierer |
8 |
Estrich-, Terrazzoleger |
6 |
Isolierer, Abdichter |
5 |
Maler, Lackierer (Ausbau) |
5 |
Raumausstatter |
5 |
sonstige Holzgerätebauer, Sportgerätebauer |
5 |
Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe |
4 |
Betonbauer |
2 |
Drahtverformer, -verarbeiter |
2 |
Feinmechaniker |
2 |
Glasbearbeiter, Glasveredler |
2 |
Rohrinstallateur |
2 |
Schlosser ohne nähere Angabe |
2 |
Schweißer, Brennschneider |
2 |
sonstiger Montierer oder Montiererhelfer |
2 |
Bauhilfsarbeiter, allgemein |
1 |
Baumaschinenführer |
1 |
Bautechniker |
1 |
Elektrogerätebauer |
1 |
Emaillierer, Feuerverzinker u. a. M.oberfl.veredler |
1 |
Feinblechner |
1 |
Holzaufbereiter |
1 |
Holzwarenmacher |
1 |
Ingenieur des Maschinen- und Fahrzeugbaus |
1 |
Metallverformer, andere spanende Tätigkeit |
1 |
Milch-, Fettverarbeiter |
1 |
Modelltischler, Formentischler |
1 |
Rohrnetzbauer, Rohrschlosser |
1 |
sonstiger Bauhilfsarbeiter, Bauhelfer |
1 |
sonstiger Mechaniker |
1 |
Sprechstundenhelfer |
1 |
Steinbearbeiter |
1 |
Straßenbauer |
1 |
Techniker des Elektrofachs |
1 |
Tischler |
1 |
Warenmaler, -lackierer |
1 |
Tab. 2 Epikutantestergebnisse bei 22 Verdachtsfällen von Epoxidharzallergie
Testsubstanz |
Testkonz. |
Anzahl pos. Reaktionen |
Epoxidharz (Araldit MY 740)1
|
1,% v |
16 |
Bisphenol-F-Epoxidharz2
|
0,5 % v |
13 |
Cycloalipathisches Epoxidharz3
|
0,5 % v |
0 |
Bisphenol A |
1 % v |
0 |
Phenol-Formaldehydharz (Novolac) |
5 % v |
0 |
4-tetr.Butylphenol |
1 % v |
0 |
Benzylalkohol |
1 % v |
0 |
Butylglycidylether |
0,25 % v |
0 |
Cresylglycidylether |
0,25 % v |
0 |
Phenylglycidylether |
0,25 % v |
2 |
p-tert.Butylphenylglycidylether |
0,25 % v |
1 |
Monoethanolamin |
2 % v |
0 |
Diethanolamin |
2 % v |
0 |
Triethanolamin |
2,5 % v |
0 |
Diethylentriamin |
0,5 % v |
0 |
Triethylentetramin |
0,5 % v |
0 |
Ehtylendiamindihydrochlorid |
1 % v |
1 |
Isophorondiamin |
0,5 % v |
0 |
Methenamin |
1 % v |
0 |
Dimethylaminopropylamin |
1 % w |
0 |
4,4′-Diaminodiphenylmethan |
0,5 % v |
2 |
Diphenylmethan-4,4′-diisozyanat |
1 % v |
0 |
Trennmittel, paraffinhaltig |
1 % v |
0 |
4 Epoxidharze aus der Produktion2
|
0,5 % v |
14 |
6 Härter aus der Produktion2
|
1 % v |
14
|
1 HERMAL, 2 Structural Polymer Systems Ltd., 3 Chemotechnique Diagnostics, 4 enthält Bisphenol-A-Epoxidharz, v = Vaselinum album, w = Wasser. |
Exposition und Ekzemlokalisation
Bei 91 Erkrankten waren in 83 % die Handgelenke und Unterarme, in 81 % das Gesicht,
der Hals und das Dekolletee, in 33 % die Hände, Unterarme und das Gesicht sowie in
23 % die Ober- und Unterschenkel betroffen. Diese unterschiedlichen Lokalisationen
sind die Folge unterschiedlicher Arbeits- und Verhaltensweisen der Exponierten. Die
Hände sind durch das Tragen von Schutzhandschuhen am besten geschützt. EH gelangen
nur bei Beschädigungen dieser Handschuhe, bei zu langer Tragezeit derselben unter
Missachtung der Durchbruchszeit und bei sekundärer Kontamination der bloßen Hände
über verschmutzte Türklinken und die Arbeitskleidung beim Umziehen auf diese. Die
Handgelenke werden überwiegend beim Handschuhwechseln und beim Hochziehen eines schlecht
sitzenden und rutschenden Handschuhs mit der klebrigen behandschuhten anderen Hand
beschmutzt. Die Unterarme und Beine sind betroffen. wenn das flüssige Harz die textile
Arbeitskleidung durchtränkt hat. Bei dem sehr häufigen Gesichtsbefall handelt es sich
nach unseren Beobachtungen nicht um ein aerogenes EH-Ekzem, sondern fast immer um
ein echtes Kontaktekzem durch Verschleppung von Harz mit den behandschuhten Händen
und den Ärmelbündchen ins Gesicht beim Zurechtrücken der Brille, beim Kratzen und
Wischen im schweißnassen oder juckenden Gesicht. In nur wenigen Fällen (7 von 74)
bestand eine aerogene akute Dermatitis faciei ohne EH-Allergie durch die irritativen
Einwirkungen von reaktiven Verdünnern, flüchtigen Härterbestandteilen und Glasfasern.
Diese Arbeiter klagten meist auch über tränende Augen und Reizungen der Atemwege,
in einem Fall bis zur akuten Atemnot.
Ein innerbetrieblicher Arbeitsplatzwechsel war nur in 17 von 74 Fällen möglich, davon
in 12 Fällen mit Erfolg, d. h. die Hauterscheinungen heilten nach Umsetzung als Schleifer
oder Transportarbeiter völlig ab.
Testergebnisse
61 von 63 Fällen von allergischem Kontaktekzem konnten von den meldenden Hautärzten
auf EH vom Bisphenol-A-Typ zurückgeführt werden, einmal war die Ursache des Ekzems
das Isophorondiamin in einem Härter und im anderen Fall Parabene in einer Hautcreme.
3 Laminierer reagierten neben EH auch auf Cresylglycidylether positiv.
22 Fälle wurden vom Erstautor genauer untersucht, mit einer umfangreicheren Testreihe
getestet (Tab. [2]) und begutachtet. Dabei wurde in 4 Fällen ein allergisches Kontaktekzem ausgeschlossen:
die 4 Probanden waren an einer Glasfaserdermatitis erkrankt. Ein Laminierer hatte
eine isolierte Kontaktallergie auf EH vom Bisphenol-F-Typ ohne Kreuzreaktion auf EH
vom Bisphenol-A-Typ, ein anderer reagierte stark auf Prepreg-Folie, ohne dass das
ursächliche Agens identifiziert werden konnte. In 2 von 16 Fällen mit Kontaktallergie
auf EH vom Bisphenol-A-Typ bestand außerdem eine Allergie auf 4,4′-Diaminodiphenylmethan
(MDA), in einem Fall auf Ethylendiamindihydrochlorid, in einem anderen auf p-tert.Butylphenylglycidylether
und in zwei weiteren dieser 16 eine solche auf Phenylglycidylether. 13 von 16 auf
EH vom Bisphenol-A-Typ (DGEBA) positive Personen reagierten ebenfalls auf EH vom Bisphenol-F-Typ
(DGEBF) positiv, aber keiner auf cycloaliphatisches EH.
Diskussion
Diskussion
Die Windenergiebranche hat 2002 ein Rekordwachstum von 28 % verbucht. Deutschland
ist inzwischen mit einer installierten Gesamtkapazität von mehr als 12 000 MW das
größte Windenergieland der Welt. Im Jahre 2005 sollen es 50 000 MW sein und 2010 etwa
110 000 MW, d. h. fast das Zehnfache. Gegenwärtig werden täglich 6 neue Anlagen gebaut.
2003 gab es in dieser Industrie in Deutschland bereits mehr als 45 000 Arbeitsplätze.
Und der Bedarf an Rotorblättern für Windkraftanlagen steigt weiter, auch für den Export
solcher High-Tech-Produkte.
Deshalb werden Inzidenz und Prävalenz der EH-Allergie auch in Zukunft weiter ansteigen,
wenn die Anstrengungen zur Prävention nicht verstärkt werden oder ungenügend greifen.
Das gilt vor allem für die primäre Prävention. Weder die Bauwirtschaft, noch die Windkraftanlagenbauer
können gegenwärtig auf den Einsatz von EH-Systemen verzichten, d. h. ein generelles
Allergenreplacement zugunsten anderer Materialien, wie von CaInan, Adams und Fisher
vorgeschlagen, ist nicht möglich [1]
[6]. Versuche hierzu mit Polyesterharzen und Polyurethanen, arbeitshygienisch und dermatologisch
ebenfalls problematische Gefahrstoffe, sind fehlgeschlagen bzw. haben die erforderlichen
technischen Anforderungen nicht erfüllt. Bisher konnten nur einzelne toxisch-irritative
und allergene Bestandteile von EH-Systemen gegen weniger gesundheitsschädliche Stoffe
ausgetauscht werden, so z. B. bestimmte polyaminische Härter durch so genannte MIP-Hardener
vom Polyamidtyp (Versamide). Auch der reaktive Verdünner 1,6-Hexandioldiglycidylether
ist relativ wenig hautirritativ, kann jedoch nicht generell alle anderen Verdünner
ersetzen. Von 22 Patienten, die mit einer von uns speziell für die Rotorblattproduktion
zusammengestellten Reihe (Tab. [2]) getestet wurden, reagierten 4 auf Härter und deren Bestandteile, 2 auf Phenylglycidylether
und 1 auf p-tert.Butylphenylglycidylether, beides reaktive Verdünner. In Rostock waren
es in einem anderen Rotorblattwerk sogar 6 von 7 Patienten mit EH-Ekzem. Das ist ein
wesentlich höherer Anteil als bisher international berichtet wurde. Auch die Studie
des IVDK und andere Publikationen bestätigen die relative Häufigkeit der Kopplungsallergie
auf Glycidyletherderivate und aminische Härter [9]
[28]
[32]
[33].
Handelsübliche Härter sind jedoch Gemische und können ebenfalls EH enthalten, wie
einer unserer positiven Fälle auf einen Schnellhärter gezeigt hat. Hier handelte es
sich um eine isolierte EH-Allergie vom Bisphenol-A-Typ und nicht um eine zusätzliche
auf das im Härter enthaltene Amin.
Die beiden allergischen Testreaktionen auf 4,4′-Diaminodiphenylmethan (MDA) waren
zunächst ebenfalls nicht erklärbar, weil keines der verwendeten EH-Systeme MDA enthielt.
Es handelte sich um Kreuzreaktionen auf das in zwei Härtern enthaltene 4,4′-Methylenbis(cyclohexylamin)
(CAS-Nr. 1761 - 71 - 3).
Ein Ersatz der stark allergenen EH vom Bisphenol-A-Typ durch solche vom Bisphenol-F-Typ
ist wegen der allergischen Kreuzreaktionen zwischen beiden nicht gangbar, wie auch
unsere Testergebnisse zeigen. Allerdings fand die Arbeitsgruppe um Bruze, dass bei
Kontaktallergie auf o,o′-Bisphenyl-F-Diglycidylether im Tierversuch nur wenige Kreuzreaktionen
mit den 2 anderen Isomeren p,p′- und o,p′-Bisphenol-F-Diglycidylether sowie mit Bisphenol-A-Diglycidylether
auftreten [25]
[26]. Ob unsere Beobachtung fehlender Kreuzreaktionen mit dem cycloaliphatischen EH in
allen 16 Fällen technisch umsetzbar ist, wäre zu prüfen. Ein Kontaktallergen ist es
jedoch auch [15]
[30]!
Das immer noch in großen Mengen zur Reinigung der Arbeitsgeräte und Maschinen eingesetzte
Azeton, ein stark entfettendes Irritans, kann durchaus durch moderne lösemittelfreie
Reinigungsmittel auf Wasserbasis ersetzt werden, wie andernorts bei der Rotorblattfertigung
gezeigt wurde.
So lange es keine Alternative für EH-Systeme gibt, ist bei der Be- und Verarbeitung
von nicht ausgehärtetem Material die Nichtberührungstechnik anzustreben. Das ist an
Stelle der manuellen Laminiermethode bei großen Objekten, wie den 35 - 50 m langen
Rotorblättern sicher schwierig, jedoch zukünftig der einzige Weg, die Gesundheitsgefährdungen
zu minimieren, z. B. durch Rohrleitungstransport des EH-Härtergemisches aus dem Mischautomaten
zur Form (Injektionstechniken) statt des Transports in offenen Eimern oder z. B. die
Verwendung von angehärtetem mit EH vorimprägniertem Glasfasergewebe (Prepreg) an Stelle
des EH-nassen Gewebes aus der Tränkmaschine. Andere Rotorblatthersteller haben damit
bereits gute Erfahrungen gesammelt. Noch besser wäre der Einsatz von Robotertechnik.
Wo das nicht möglich ist, d. h. weiter wie bisher im Handauflegeverfahren nass-in-nass
laminiert werden muss, gewinnen derzeit die persönliche Schutzausrüstung und ein hautschutzgerechtes
Verhalten (personeller Faktor) die entscheidende präventive Bedeutung.
Die Hersteller von EH-Systemen geben in ihren Sicherheitsdatenblättern bis heute leider
so gut wie nie an, welche Schutzhandschuhe zu tragen sind. Geeignet sind solche aus
Butyl- und Nitrilkautschuk mit langen Stulpen sowie spezielle mehrschichtige Chemikalienschutzhandschuhe
[4]
[22]
[29]. Sie müssen in ausreichender Menge und in den erforderlichen Größen jederzeit leicht
zugänglich zur Verfügung stehen, damit ein Wechsel bei Defekten sofort und in jeder
Arbeitspause möglich ist. Das Gesicht lässt sich am besten mit einem durchsichtigen
Schild schützen. Brillen allein genügen nicht. Auch die Arbeitskleidung muss während
der Schicht gewechselt werden können, wenn sie durch EH stärker verschmutzt ist. Manche
Betriebe stellen weiße Einmal-Overalls zur Verfügung, auf denen Harzverschmutzungen
besonders gut sichtbar sind. Der Laminierer, der an oder in der Form arbeitet, benötigt
außerdem Einmal-Ärmelschützer, beim Arbeiten im Stehen eine chemikalienbeständige
lange Schürze, hohe Schuhe oder Stiefel sowie ein Stirnband oder eine Mütze sowie
bei bestimmten Arbeiten eine leichte Atemschutzmaske (mit Gasschutzfilter A 2). Einen
zusätzlichen Hautschutz bieten bei sorgfältiger Anwendung spezielle Hautschutzpräparate,
so genannte Barrier-Cremes [4]. Laminierer sollen möglichst nicht zum Schneiden von Glasfilamentgewebe sowie zum
Schleifen, Fräsen und Bohren von Laminat herangezogen werden, weil die Haut durch
Glasfaserbruchstücke gereizt wird (Glasfaserdermatitis) und hierdurch das Eindringen
von allergenen und irritativen EH-Bestandteilen gefördert wird. Früher glaubte man,
dass die spontane (kalte) Aushärtung zum völligen Verlust der allergenen Eigenschaften
führt. Das gelingt jedoch nur durch die Heißhärtung. Sonst verbleiben noch lange Zeit
5 - 25% Mono- und Oligomere im Harz [12].
Auch automatische Türöffner (Lichtschranken, Bewegungsmelder) und Einmalwerkzeuge
(Spatel, Spachtel, Pinsel, Scheren) würden die Kontaminationsmöglichkeiten zusätzlich
vermindern.
Neben der optimalen Ausschöpfung technischer und organisatorischer Schutzmöglichkeiten
besitzt das persönliche Verhalten der Exponierten eine überragende Bedeutung. Die
Mehrzahl der neuen Anwender sind ungelernte oder kurzzeitig angelernte Arbeiter ohne
entsprechendes Problembewusstsein [14]. Deshalb bedarf richtiges Verhalten einer entsprechenden Motivation und muss erlernt
werden. Bei diesem Personenkreis muss besonderer Wert auf die gesetzlich vorgeschriebene
Unterweisungspflicht (§ 20 der Gefahrstoff-Verordnung) vor dem ersten Umgang mit EH
gelegt werden. Sie müssen über die gesundheitlichen Gefahren durch EH-Systeme vor
der Arbeitsaufnahme aufgeklärt und je nach Arbeitsaufgabe durch wiederholte und nachweispflichtige
Schulung, Anleitung und Kontrolle erzogen werden. Unterstützende Mittel hierbei sind
Hautschutzpläne an den Waschplätzen und in den Umkleideräumen sowie Piktogramme an
Zugängen zu bestimmten Räumen und Arbeitsplätzen zur Erinnerung daran, welche persönlichen
Schutzmittel zu benutzen sind. Mit EH verschmutzte Hautpartien müssen sofort gereinigt
werden und nicht erst in der Arbeitspause oder bei Schichtende und keinesfalls mit
Azeton oder anderen Lösemitteln, sondern mit saugfähigen Tupfern, warmem Wasser und
einem milden wasserhaltigen Reinigungsmittel. Als Hilfe für die Arbeitgeber wird nach
unserer Information an einer TRGS Epoxidharze gearbeitet, die noch weitere Empfehlungen
und Forderungen enthalten wird.