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DOI: 10.1055/s-2004-814420
Whirlpool-Dermatitis - eine Sonderform der gramnegativen Folliculitis
Whirlpool-Dermatitis - A Special Form of Gram-Negative Folliculitis
Dr. med. Dietrich Kulenkamp
Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Lange Reihe 39 · 20099 Hamburg
Email: dr.kuli@web.de
Publication History
Publication Date:
15 April 2004 (online)
Zusammenfassung
Die Whirlpool-Dermatitis (WPD) ist vom klinischen Erscheinungsbild her oft keine typische Folliculitis, wie sie der Dermatologe gewohnt ist. Bereits in der Bezeichnung „Dermatitis” drückt sich dies aus. Beschrieben wird der Fall eines 35-jährigen Mannes, bei dem die Diagnose erst durch die Bakteriologie (Isolierung von Pseudomonas aeruginosa) und die dann gezielt durchgeführte Anamnese (Besuch eines Whirlpools) gesichert werden konnte. Synonyme der Erkrankung sind: Pseudomonas aeruginosa Folliculitis, gramnegative Folliculitis, Whirlpool Folliculitis, Hot Tub Folliculitis [1].
#Abstract
Whirlpool folliculitis does not always look like a typical folliculitis. We report on a 35-year old male patient with rash-like erythemato-papulopustular lesons on the trunk. The diagnosis could be verified only after obtaining bacteriological results (Pseudomonas aeruginosa). This led to the question, if the patient had visited a whirlpool, which was affirmed. Synonyms of this infection are: Pseudomonas aeruginosa folliculitis, gram-negative folliculitis, whirlpool folliculitis, hot tub folliculitis.
#Einführung
Die gramnegative Folliculitis tritt nicht selten im Gesicht auf, vor allem paranasal und perioral. Sie gilt hier als Komplikation einer langfristig mit Antibiotika behandelten Akne oder Rosacea. Bakteriologisch wird beim Typ I (paranasale Pusteln) Klebsiella, Enterobacter, Escherichia coli, Pseudomonas aeruginosa u. a. isoliert, beim schwerer verlaufenden Typ II meist Proteus mirabilis [2]. Die WPD hingegen erscheint am Rumpf und an den proximalen Extremitätenabschnitten und spart die Kopfregion fast immer aus. Bakteriologisch findet sich in allen Fällen der Feuchtkeim Pseudomonas aeruginosa.
Regelmäßig kommt es 1 bis 4 Tage nach dem Besuch eines Whirlpools, einer Sauna oder eines Schwimmbades zu „rash”-artig auftretenden, teils juckenden follikulär assoziierten Läsionen (Flecken, Knötchen, Pusteln) mit polymorphem Charakter, meist verbunden mit leichtem Krankheitsgefühl, Empfindlichkeit der Brustmuskulatur und evtl. axillärer Lymphadenitis.
Die WPD gilt als selbstlimitierend und heilt innerhalb von zwei Wochen ab.
#Kasuistik
#Anamnese
Ein 35-jähriger Mann kommt am 5. 1. 2004 in die Praxis und berichtet, seit zwei Tagen seien am Rumpf aus voller Gesundheit heraus plötzlich Flecken und Knötchen aufgetreten. Einen Tag zuvor habe er schon leicht ziehende Schmerzen in den Brustmuskeln verspürt, ähnlich einem Muskelkater. Gleichzeitig habe er einen leicht schmerzhaften Knoten in der rechten Achsel gespürt. Ein Juckreiz bestehe nicht. Er habe seit gestern keine Zunahme der Hauterscheinungen mehr bemerkt, das Ziehen im Brustmuskel sei wieder verschwunden. Vor Weihnachten habe er viel Stress gehabt, über die Feiertage und den Jahreswechsel sei er in Dänemark im Urlaub gewesen und gestern zurückgekehrt.
Bei dem seit 6 Jahren in der Praxis bekannten Patienten besteht der Verdacht auf eine allergische Rhinitis und eine diskrete Ekzemneigung im Sinne einer rudimentären atopischen Dermatitis.
#Hautbefund
An Schultern, Oberarmen und an der Rumpfvorderwand, weniger am Rücken bestehen polymorphe, vereinzelt auch größere Papeln, teils mit rotem Hof. Daneben sind nur 2 - 3 winzige Pusteln zu erkennen (Abb. [1] und [2]). Es besteht ein vergrößerter, leicht druckschmerzhafter Lymphknoten in der rechten Axilla.

Abb. 1 Polymorphe Papeln an der vorderen Brustwand (Übersicht).

Abb. 2 Polymorphe Papeln an der vorderen Brustwand (Detailaufnahme).
Laborbefund
Der Abstrich aus einer Pustel auf Blutagar ergibt das Wachstum von reichlich Pseudomonas aeruginosa (Abb. [4]). Daneben lässt sich auch reichlich Staphylococcus aureus isolieren.
#Therapie und Verlauf
Nach Bekanntwerden der Labordiagnostik wurde am 8. 1. gezielt nach dem Besuch eines Whirlpools gefragt. Der Patient gab an, er habe beim ersten Besuch vergessen, dies zu erwähnen und berichtete, er habe mit zwei Freunden zusammen am 1. 1. den hauseigenen Whirlpool in dem dänischen Ferienhaus benutzt. Auch seine beiden Freunde hätten nun Hauterscheinungen, und den Hautärzten sei die Diagnose noch nicht klar. Der eine habe wegen der Ausbreitung auf mehrere Personen an Insektenstiche gedacht.
Wir behandelten, auch im Hinblick auf die zusätzliche Staphylokokkeninfektion, mit 0,2 %igem Gentamycin in Lotio alba aquosa und mit Ciprofloxacin 2 × 250 mg über 5 Tage. Die Hauterscheinungen bildeten sich innerhalb von 2 Wochen komplett zurück (Abb. [3]).

Abb. 3 Zustand nach Abheilung.

Abb. 4 Wachstum von reichlich Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus auf Blutagar mit deutlich sichtbarer Hämolyse.
Diskussion
Die WPD wurde bereits vor über 20 Jahren zunächst im amerikanischen Schrifttum erwähnt [3].
In Deutschland wurde eine erste ausführliche Beschreibung von C. G. Schirren u. Mitarb. anlässlich der XIII. Fortbildungswoche für Praktische Dermatologie und Venerologie in München geliefert [4]. Kurz danach erschien von dem gleichen Autorenteam ein Übersichtsartikel im Deutschen Ärzteblatt [5].
Leitsymptom ist die „rash”-artig auftauchende Hautsymptomatik mit Betonung des Rumpfes, oft verbunden mit Abgeschlagenheit, Brustmuskelziehen und axillärer Lymphknotenschwellung nach dem Besuch eines Whirlpools, einer Sauna oder eines Schwimmbades.
Wegen des polymorphen Charakters der Hauterscheinungen tritt der follikuläre Aspekt nicht immer deutlich in Erscheinung. In Verbindung mit dem manchmal auch auftretenden Juckreiz ist es daher nachvollziehbar, dass auch von Dermatologen zunächst an Insektenstiche gedacht wird. Diese wichtige Differenzialdiagnose erwähnt auch Toner [1]: „The rash is not unique in appearance and is most often confused with insect bites.”
Ferner muss bei der heute weit verbreiteten atopischen Hautdiathese immer auch an eine Follikulitis durch Staphylokokken gedacht werden, die bei unserem Patienten ja zusätzlich gefunden wurden.
Entscheidend ist die Frage nach dem Besuch eines Whirlpools oder einer ähnlichen Institution, die leicht im alltäglichen Druck in der Praxis vergessen wird. Diese Information wird oft, wie in unserem Fall, vom Patienten nicht mitgeliefert.
Zur Behandlung: Trotz der von allen Autoren betonten Selbstlimitierung der Erkrankung bei immunkompetenten Personen dürfte es im Einzelfall schwer fallen, den Patienten nach gestellter Diagnose mit diesem Hinweis zu vertrösten. Wir entschlossen uns, schon im Hinblick auf den zusätzlichen Befall mit Staph. aureus, zu der o. a. Lokalbehandlung mit Gentamycin 0,2 % in Lotio alba aquosa, dazu 2 × 250 mg Ciprofloxacin.
#Literatur
- 1 Toner C B, Krivda S. Pseudomonas folliculitis. e-Medicine. 2003;
- 2 Jansen T, Plewig G. Gramnegative Follikulitis. Fortschritte der Medizin. 1997; 115 3
- 3 Silverman A R, Nieland M L. Hot tub dermatitis: A familial outbreak of Pseudomonas folliculitis. J Acad Dermatolol. 1983; 8 153-155
- 4 Schirren C G, Stolz W, Plewig G. Whirlpool-Dermatitis. Dia-Klinik XIII. München; Fortbildungswoche für Praktische Dermatologie und Venerologie 1992: 38-39
- 5 Schirren C G, Stolz W, Plewig G. Whirlpool-Dermatitis: Eine neue epidemische Freizeitdermatose. Deutsches Ärzteblatt. 1992; 34/35 A2763-A2766
Dr. med. Dietrich Kulenkamp
Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Lange Reihe 39 · 20099 Hamburg
Email: dr.kuli@web.de
Literatur
- 1 Toner C B, Krivda S. Pseudomonas folliculitis. e-Medicine. 2003;
- 2 Jansen T, Plewig G. Gramnegative Follikulitis. Fortschritte der Medizin. 1997; 115 3
- 3 Silverman A R, Nieland M L. Hot tub dermatitis: A familial outbreak of Pseudomonas folliculitis. J Acad Dermatolol. 1983; 8 153-155
- 4 Schirren C G, Stolz W, Plewig G. Whirlpool-Dermatitis. Dia-Klinik XIII. München; Fortbildungswoche für Praktische Dermatologie und Venerologie 1992: 38-39
- 5 Schirren C G, Stolz W, Plewig G. Whirlpool-Dermatitis: Eine neue epidemische Freizeitdermatose. Deutsches Ärzteblatt. 1992; 34/35 A2763-A2766
Dr. med. Dietrich Kulenkamp
Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Lange Reihe 39 · 20099 Hamburg
Email: dr.kuli@web.de

Abb. 1 Polymorphe Papeln an der vorderen Brustwand (Übersicht).

Abb. 2 Polymorphe Papeln an der vorderen Brustwand (Detailaufnahme).

Abb. 3 Zustand nach Abheilung.

Abb. 4 Wachstum von reichlich Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus auf Blutagar mit deutlich sichtbarer Hämolyse.