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DOI: 10.1055/s-2003-814800
Das ursprüngliche Paradigma der Abhängigkeit - historische und kulturelle Aspekte
The Original Paradigm of Dependence - Historical and Cultural AspectsPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
25. Februar 2004 (online)

Zusammenfassung
Im Kontext der Aufklärung im 18. Jahrhundert zeigte sich wiederholte Trunkenheit - entsprechend dem Selbstverständnis des Menschen als unabhängiges und vernünftig-geistiges Wesen - als Widerspruch einer gesunden und rationalen Lebensführung. Wiederholte Trunkenheit wurde nicht mehr als bewusste Entscheidung oder als Laster verstanden. Zentraler Punkt des neuen Paradigmas der Abhängigkeit war die spezifische chronische chemische Traumatisierung, durch welche ein spezieller Trieb installiert werde. Zugleich aber erforderte das ursprüngliche Paradigma der Abhängigkeit die Anerkennung einer prinzipiellen Tiefenstrukturierung des Menschen und ist so auch als unspezifisches Konzept zu verstehen. Damit zeigte sich der Mensch als Zwitterwesen wie im Menschenbild der Moderne formuliert: auf der einen Seite sein Verstand und sein Bewusstsein, auf der anderen Seite sein Unbewusstes, sein Körper und seine Umwelt.
Abstract
Repeated drunkenness became a contradiction in terms of a healthy and rational life style in the context of the Enlightenment in the 18th century. Corresponding to the self-referential understanding of man as an independent and rational being repeated drunkenness could not longer be understood as a conscious decision or a vice. The central point of the new paradigm of dependence was the installation of a special urge by a specific chronic chemical traumatization. But this original paradigm also required the acceptance of the human individual as a depth-structured being and shows influence by the Brownianism, therefore it is also an unspecific concept. This understanding corresponds with the modern anthropology, in which the human being is understood two-fold: on the one hand his consciousness and mind, on the other hand his unconsciousness, body and world around.
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Dr. med. Jann Schlimme
Abteilung Klinische Psychiatrie und Psychotherapie · Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover
eMail: Schlimme.Jann@mh-hannover.de