ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2003; 112(12): 545
DOI: 10.1055/s-2003-814710
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Es gibt ihn nicht - es gibt ihn doch!

Cornelia Gins
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Publication Date:
07 January 2004 (online)

Und schon wieder ist Weihnachten. Berge von rauschebärtig-stanniolverpackten Schokoladenguss-Hohlkörpern versperren Supermarktgänge und haben bereits seit dem Spätsommer sowohl für Magenschmerzen als auch Verdauungsprobleme gesorgt. Die Fußgängerzonen sind mit Glühweinständen, Nippesbuden und Maronenbrutzlern verstopft. Aus den Kaufhäusern und Geschäften erinnern Lieder wie „Stille Nacht” und „Jingle Bells” an die gute alte Zeit. Alljährlich bricht der Adventsstress wie eine Naturgewalt über uns herein. Mit einher geht zumindest in den letzten Jahren ein Kaufrausch, ein euphorischer Zustand, der zumeist zum unbeabsichtigten Erwerb von Konsumgütern führt, die der andere - in dem Fall der Beschenkte - gar nicht braucht.

Aber die Geschenke bringt doch der Weihnachtsmann!

Zu der Zeit als ich Kind war (bei den heutigen Kids mag das ja anders sein), war es ganz klar, dass der Weihnachtsmann die Geschenke bringt. Die Ausarbeitung des Wunschzettels nahm die ganze Vorweihnachtszeit in Anspruch. Seinem Besuch am Heiligen Abend wurde immer mit Aufregung, aber auch etwas Angst entgegengesehen. Er hatte nämlich nebenbei auch noch die inzwischen aus der Mode gekommene pädagogische Aufgabe, durch Anordnung von Gabenentzug kindliches Wohlverhalten durchzusetzen. Das mögliche Versagen beim Aufsagen von Gedichten und Liedersingen erhöhte den Stress. Schön war auch die kindliche Vorstellung, dass der Weihnachtsmann zugleich der Chef einer groß aufgezogenen Geschenkeproduktion mit (wahlweise) Engeln und Heinzelmännchen als saisonalen Helfern fungiert. Zur Anreise benutzte er üblicherweise einen von Rentieren - der bekannteste dieser Gattung war Rudolf, der mit der roten Nase - gezogenen Schlitten. Wohnen sollte er nach allgemeiner Lehrmeinung am Nordpol. Doch nun haben amerikanische Wissenschaftler entdeckt, dass es doch keinen Weihnachtsmann gibt. Denn bei 91,8 Mio. christlichen Haushalten mit Kindern müsste er in

31 Stunden, die ihm maximal zur Verfügung stehen, 822,5 Besuche pro Sekunde machen. Da er geschätzte 122,4 Mio. Kilometer zurücklegen müsste, betrüge seine Reisegeschwindigkeit rund 1097,6 km/s. Das schafft kein Rentier, auch nicht 8 oder 9. Das Gesamtgewicht der Geschenkefuhre berechneten die Wissenschaftler mit 353400 t. Eine solche Masse erhitzt sich wegen des Luftwiderstandes beim Beschleunigen auf über 3000fache Schallgeschwindigkeit so sehr, dass sie in einem gewaltigen Feuerball verglühen müsste. Mit anderen Worten: Es kann ihn nicht geben, den Weihnachtsmann.

Nun, wir haben natürlich schon lange insgeheim befürchtet, dass es ihn nicht gibt in Anbetracht der vielen unerfüllten Wünsche und Träume. Aber Wissenschaft hin oder her, ein bisschen kindliche Illusion und Phantasie sollte man sich ruhig bewahren. Ich werde jedenfalls auch weiterhin an den Weihnachtsmann glauben - ebenso wie an das Gute im Menschen.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes, glückliches und gesundes neues Jahr.

Dr. med. dent. Cornelia Gins

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