Bei 207 Patienten mit unilateralem Nierenzellkarzinom, das bereits ins venöse Gefäßsystem
vorgedrungen war, wurden retrospektiv die Prognosefaktoren untersucht (J Urol 2003; 3: 909-916). 107 Patienten hatten Tumorthromben in der Nierenvene, 100 in der Vena cava inferior.
Bei allen waren eine Nephrektomie und eine Thrombektomie vorgenommen worden. Zum Vergleich
dienten die Daten von 607 Patienten ohne Tumorthromben.
Bei Patienten mit Tumorthromben ist das Nierenzellkarzinom in der Regel in einem fortgeschritteneren
Stadium und die Prognose schlechter als bei Patienten ohne Tumorthromben, schreiben
die Autoren. Nur bei 77 Patienten (37 %) war die Erkrankung bei der Diagnose im Stadium
N0M0; bei 130 Patienten (63 %) waren bereits regionale Lymphknoten befallen oder lagen
Fernmetastasen vor, am häufigsten in der Lunge.
Gute Prognose für Patienten im Stadium N0M0
Gute Prognose für Patienten im Stadium N0M0
Die lokale Tumorausbreitung war prognostisch von größerer Bedeutung als der Grad der
Tumorthromben in der V. cava inferior. Relativ gut war die Prognose von Patienten
mit Karzinomen, die auf das Stadium N0M0 beschränkt waren. Die 5-Jahres-Überlebensraten
betrugen 72 % bei Patienten mit Tumorthromben in der V. cava inferior und 68 % bei
Patienten mit Thromben in der Nierenvene und waren damit nur wenig schlechter als
die von Patienten ohne Tumorthromben (81 %). Bei mindestens 40 % der Patienten mit
Tumorthromben entwickelten sich Rezidive. Auf die Immuntherapie, überwiegend mit Interleukin-2,
die bei diesen Patienten zum Teil begonnen wurde, sprachen Patienten mit Thromben
in der V. cava inferior schlechter an als Patienten mit Thromben in der Nierenvene
(komplett: 0 vs 10 %, partiell: 17 vs 60 %). Patienten mit Fernmetastasen, ob mit
oder ohne Tumorthromben, sprachen in ähnlichem Maße auf eine Immuntherapie an. Die
Ansprechraten waren bei Patienten mit Tumorthromben am besten, wenn die Immuntherapie
zusätzlich zu einer Operation erfolgt war (komplettes Ansprechen: 10-12 %, partiell:
33- 55 %). Das Überleben der Patienten verlängerte sich durch eine zusätzliche Immuntherapie
im Schnitt um etwa 3 Monate. Die 2-Jahres-Überlebensraten betrugen 41 und 52 % bei
Patienten mit Thromben in der V. cava inferior bzw. in der Nierenvene im Vergleich
zu 32 und 45 % bei alleiniger Operation.
Die Kombination von Operation und Immuntherapie scheint bei Patienten mit Nierenzellkarzinomen
und venösen Tumorthromben prognostisch günstig zu sein. Allerdings muss dies noch
in weiteren Studien bestätigt werden.
Kommentar zur Studie
Kommentar zur Studie
Die Verfügbarkeit systemischer Immuntherapien mit Interleukin-2 und Interferon-a den
Stellenwert zytoreduktiver Operationen bei fortgeschrittener Tumorerkrankung.
Die signifikante Lebensverlängerung weist auf den hohen Stellenwert der Kombination
von Immuntherapie und Operation bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom
und Tumorthromben hin im Vergleich zum alleinigen operativen Eingriff. Darüber hinaus
ist seit kurzem gut belegt, dass die Kombination von Immuntherapie und Operation des
Nierenzellkarzinoms bei fortgeschrittener Erkrankung nachweislich lebensverlängernd
ist verglichen mit alleiniger Immuntherapie (1, 2). Vor Einführung der Immuntherapie
wurde bei fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom die Nephrektomie als wertlos erachtet,
da das 1-Jahres-Überleben lediglich bei 26 % lag. Die vorliegenden Daten zur Tumorverkleinerung
in Verbindung mit einer Immuntherapie weisen mittlerweile in eine günstigere Richtung.
Offenbar erhöht die Verfügbarkeit systemischer Immuntherapien mit Interleukin-2 und
Interferon-a deutlich messbar den Stellenwert zytoreduktiver Operationen bei fortgeschrittener
Tumorerkrankung. Diese Therapieoption eröffnet für hoch selektionierte Patienten einen
möglichen kurativen Ansatz.
Prof. Edith Huland, Hamburg
Abb. 1 V.-cava-Tumorthrombus. Eine Kombination aus Operation und Immuntherapie verbessert
die Prognose von Patienten mit einem Nierenzellkarzinom und venösem Tumorthrombus.
(Bild: Praxis der Urologie, Thieme 2003).