Einleitung
Einleitung
Bei vielen Autoimmunerkrankungen kann die Krankheitsaktivität ausreichend durch eine
konventionelle immunsuppressive oder immunmodulatorische Therapie beherrscht werden.
Trotzdem werden immer wieder schwer verlaufende Fälle beobachtet, bei denen die konventionelle
Therapie versagt, die Krankheit fortschreitet und zu irreversiblen Organschäden mit
massiv eingeschränkter Lebensqualität und teilweise auch zum Tod führt. So sind z.
B. schwere Verlaufsformen der systemischen Sklerose mit einer 5-Jahres-Mortalität
von 45 - 50 % behaftet, ohne dass hier effektive Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung
stehen, die den Krankheitsfortschritt oder die Fibrosierung aufhalten können. Lediglich
durch Cyclophosphamid konnte in einigen, nicht randomisierten Studien gezeigt werden,
dass bestimmte klinische Parameter zumindest vorübergehend gebessert werden konnten
[1]
[2]
[3].
Obwohl die Langzeitprognose von Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE)
inzwischen durch frühere Diagnosen und den konsequenten Einsatz von Glukokortikoiden
und Immunsuppressiva wie Cyclophosphamid im Vergleich zu früher sehr günstig geworden
ist (5-Jahres-Überleben > 90 %), gibt es weiterhin eine kleine Gruppe von Lupus-Patienten,
bei denen die Erkrankung einen sehr ungünstigen Verlauf nimmt mit sehr schlechtem
Ansprechen auf die Standardtherapie [4]
[5]
[6]. Ähnliches trifft auch für eine andere, sehr weit verbreitete, den Autoimmunerkrankungen
zugeordnete Krankheit, die multiple Sklerose (MS) zu. Hier ist die Lebenserwartung
um ca. 10 Jahre vermindert, verglichen mit der gesunden Normalbevölkerung gleichen
Alters [7]. Gewisse Erfolge in der Behandlung konnten durch den Einsatz von Interferon-β und
Glatiramer-Acetat (Copaxone) erreicht werden [8]
[9]. Es handelt sich allerdings bei der MS um eine sehr heterogene Krankheitsgruppe
mit möglicherweise unterschiedlicher Ätiologie. Vor allem in der sekundär chronisch-progressiven
Phase der Erkrankung sind die genannten Medikamente nur noch sehr eingeschränkt wirksam.
Lediglich durch Mitoxantron konnte hier zuletzt in Studien ein günstiger Einfluss
auf die Progression des Grades der Behinderung und dem Auftreten von ZNS-Herden nachgewiesen
werden [10]
[11]. Bei einem Teil der Patienten kann auch durch diese Behandlung das Fortschreiten
der Erkrankung nicht aufgehalten werden.
Für all diese Patienten mit therapierefraktären Autoimmunerkrankungen stellt die immunoablative
Chemotherapie mit nachfolgender Stammzelltransplantation eine neue therapeutische
Option dar. Sie basiert auf einer maximalen Eskalation der immunosuppressiven zytotoxischen
Substanzen („Konditionierung”) mittels Chemotherapie und/oder Ganzkörperbestrahlung
(TBI). Diese Behandlung ist nicht nur immunoablativ, sondern auch myeloablativ, d.
h. die der zytotoxischen Therapie ausgesetzten Stammzellen des Knochenmarks werden
unwiederbringlich zerstört. Daher ist die Infusion fremder hämatopoetischer Stammzellen
(im Falle der allogenen Stammzelltransplantation) oder Rückinfusion von zuvor gewonnenen
und tiefgefrorenen autologen Stammzellen erforderlich. Diese Methode wird schon seit
über 30 Jahren in Form der Knochenmarktransplantation bei verschiedensten hämatologischen
und onkologischen malignen Erkrankungen eingesetzt. Seitdem aber in den letzten 15
Jahren immer häufiger peripheres Blut als Quelle der Stammzellgewinnung verwendet
wird (aus dieser Methode resultiert eine kürzere Aplasiedauer und eine geringere Komplikationsrate),
wird die Behandlung inzwischen „hämatopoetische Stammzelltransplantation” genannt.
Grundlage des Einsatzes der Stammzelltransplantation bei Autoimmunerkrankungen ist
die in den vergangenen Jahrzehnten gelegentlich gemachte Beobachtung, dass Patienten
mit Autoimmun- oder entzündlich rheumatischen Erkrankungen, die an einer hämatologischen
Neoplasie litten und deswegen mit einer Stammzelltransplantation behandelt wurden,
eine Remission ihrer Autoimmunerkrankung erfuhren [12]. Darüber hinaus konnten in einer Reihe von tierexperimentellen Arbeiten die erfolgreiche
Behandlung von Autoimmunerkrankungen mittels allogener oder autologer Stammzelltransplantation
nachgewiesen werden [13]
[14]
[15]
[16]
[17].
Im Folgenden beschreiben wir die Methodik der Stammzellgewinnung, der Hochdosistherapie
und der Stammzelltransplantation, die hypothetischen Wirkmechanismen sowie die bisherigen
klinischen Erfahrungen bei verschiedenen Krankheitsbildern.
Stammzellquelle und Mobilisierungsregime
Stammzellquelle und Mobilisierungsregime
Prinzipiell gibt es zwei Quellen der Stammzellgewinnung: Knochenmarkentnahme in Narkose
oder Sammlung peripherer Blutstammzellen mittels Leukapherese. Bei hämatologisch-onkologischen
Neoplasien hat sich die Verwendung peripherer Blutstammzellen durchgesetzt. Aus ihnen
entwickeln sich neben Erythrozyten und Thrombozyten auch die Zellen des Immunsystems.
Sie können nach einer geeigneten Mobilisierungsbehandlung mit Kolonie-stimulierenden
Faktoren (insbesondere G-CSF) alleine oder in Kombination mit Chemotherapie (Stammzellsammlung
im Rebound bei der Erholung des Knochenmarks) aus dem peripheren Blut mittels Leukapherese gewonnen
werden. Aus dem peripheren Blut gewonnene Stammzellen führen zu einer schnellen und
kompletten hämatopoetischen Rekonstitution nach Hochdosistherapie. Dieses Verfahren
wird heutzutage vor allem bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen kombiniert mit einer
Reinigung des gesammelten Stammzelltransplantates von ausgereiften T-Zellen, um so
das Rückfallrisiko zu verringern. Bisher existieren jedoch keine Daten, die eine Überlegenheit
der Transplantation T-Zell-depletierter Stammzelltransplantate gegenüber unselektierten
Transplantaten zeigen.
Im Rahmen des Heidelberger Studienprotokolls wird nach einer initialen Induktions-
bzw. Mobilisierungschemotherapie mit Cyclophosphamid (2 g/m2) die Stammzellsammlung in der Phase des Wiederanstiegs der Leukozyten durchgeführt.
Sollte es z. B. aufgrund zu starker Vorbehandlungen nicht möglich sein, ausreichend
periphere Blutstammzellen zu gewinnen, folgt ein weiterer Zyklus Cyclophosphamid in
einer Dosis von 4 g/m2 und erneuter Stammzellsammlung [18]. Zur Mobilisierung der Stammzellen erhalten die Patienten im Anschluss an die Cyclophosphamid-Infusionen
täglich Injektionen mit dem Granulozyten-Wachstumsfaktor G-CSF. Aus dem Leukaphäreseprodukt
werden ex vivo mittels einer speziellen Technik die T-Zellen weitgehend eliminiert
(Anreicherung von CD34-positiven Stammzellen, Baxter Isolex 300 SA Magnetic Cell Separation
System). Innerhalb von 4 - 6 Wochen nach erfolgreicher Stammzellsammlung folgt die
eigentliche Hochdosis-Chemotherapie mit Melphalan (200 mg/m2). Anschließend werden die zuvor kryokonservierten Stammzellen den Patienten zurückgegeben.
Die Rückgabe erfolgt als i. v. Injektion. Die Stammzellen migrieren selbstständig
ins Knochenmark, um dort die Blutbildung zu übernehmen.
Cyclophosphamid ist das effektivste Immunsuppressivum zur primären Remissionsinduktion
bei primär systemischen Vaskulitiden und ist auch ein wesentlicher Bestandteil der
Therapie vieler anderer Autoimmunerkrankungen mit schweren Organbeteiligungen wie
dem SLE, der progressiven systemischen Sklerose u. a. Darüber hinaus ist die Mobilisierungstherapie
mit Cyclophosphamid sicher durchführbar und führt bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen
zur erfolgreichen Stammzellsammlung [19]. Die Verwendung von Cyclophosphamid in der Mobilisierungstherapie der Stammzellsammlung
hat daher auch einen erheblichen Effekt auf das therapeutische Ziel der Langzeitremissionsinduktion.
Konditionierungsregime
Konditionierungsregime
Das Konditionierungsregime dient der langfristigen Elimination autoreaktiver T-Zellen.
Es werden verschiedene, meist aus der Hämato-Onkologie entlehnte Konditionierungsprotokolle
verwendet. Gebräuchlichste Substanzen oder Methoden sind Hochdosis-Cyclophosphamid
+ Antilymphozytenglobulin + Ganzkörperbestrahlung (TBI). Verwendung finden auch Konditionierungsschemata, wie
sie in der Leukämie- und Lymphomtherapie erprobt sind (Busulphan/Cyclophosphamid;
„BEAM”; Melphalan). Es ist jedoch bisher unklar, welches dieser myeloablativen Regime
am ehesten geeignet ist, das Immunsystem einschließlich der Memoryzellen am effektivsten
zu eradizieren.
Zur Konditionierung verwenden wir in Heidelberg das Melphalan-Regime (Abb. [1]). Es ist myeloablativ, ohne dass eine zusätzliche Ganzkörperbestrahlung, die die
Toxizität erhöhen würde, notwendig wäre. Es wird seit Jahrzehnten erfolgreich bei
hämatologischen Erkrankungen im Rahmen der autologen und allogenen Transplantation
eingesetzt. Vor allem aber ist die Toxizität geringer als bei den meisten anderen
Konditionierungsschemata und es existieren Erfahrungen bei Patienten mit terminaler
Niereninsuffizienz i. R. der Therapie der AL-Amyloidose. Die Toxizität wurde im Rahmen
von Hochdosis-Programmen bei Patienten mit multiplem Myelom evaluiert [20]. Es konnte gezeigt werden, dass die Rate an Sekundärneoplasien (z. B. myelodysplastisches
Syndrom, akute Leukämie) geringer war als bei lang andauernder Standard-Chemotherapie
[21].
Hypothesen zum Wirkmechanismus
Hypothesen zum Wirkmechanismus
Durch die myeloablative bzw. immunoablative Hochdosis-Chemotherapie sollen aberrante,
auto-aggressive immunkompetente Zellen langfristig beseitigt werden. Allerdings zeigen
die bisher gewonnenen Daten an über 400 Patienten, die im Rahmen des Hochdosis-Protokolls
behandelt wurden, dass immunoablative Verfahren wahrscheinlich nicht in der Lage sind,
auch die letzte auto-reaktive bzw. Memory-T-Zelle zu vernichten. Wahrscheinlich ist
dies auch gar nicht nötig. Vielmehr erscheint es durch dieses Verfahren möglich zu
sein, dass durch „Debulking” des Pools der autoreaktiven Zellen das Ungleichgewicht
zwischen krankheitsauslösender „aberranter” Immunreaktion und krankheitsunterdrückenden
Toleranzmechanismen durch die Hochdosistherapie wiederhergestellt werden kann [22]
[23]. Die klinische Autoimmunität wird inzwischen von einigen Autoren eher verstanden
als Ungleichgewicht zwischen „krankheitsinduzierenden, aberranten” Immunantworten,
provoziert durch exogene Antigene und „krankheitsunterdrückenden” peripheren Toleranzmechanismen.
Durch die myeloablative bzw. immunoablative Hochdosistherapie werden die autoreaktiven
Zellen zwar nicht ganz eliminiert, jedoch vorübergehend sehr stark reduziert. Im Rahmen
der Rekonstitution des Immunsystems in den Wochen und Monaten nach Stammzelltransplantation
soll dann diese Balance wiederhergestellt werden. Zumindest wird ein solcher Mechanismus
diskutiert bei der Anti-T-Zell-Antikörpertherapie [16]
[24]. Einige Autoren vermuten, dass weniger die Induktion von Selbsttoleranz durch Rekapitulation
der lymphozytären Ontogenese entscheidend für die Wirkung der autologen Stammzelltransplantation
ist, als vielmehr die lang anhaltende Suppression von autoreaktiven Lymphozyten. Dafür
spricht auch, dass im humanen autologen Setting die ontogenetische Rekapitulation
bisher nur für B-Lymphozyten, nicht jedoch für T-Lymphozyten gezeigt werden konnte
[25]
[26]. Bei der allogenen Stammzelltransplantation wird das gesamte Immunsystem ersetzt
durch das Immunsystem des Spenders und hierdurch werden zumindest hypothetisch alle
autoreaktiven Lymphozyten beseitigt. Von manchen Autoren wird diese Situation gelegentlich
als „Graft-versus-Autoimmunity-Effekt” beschrieben [27]. Jedoch zeigen unsere eigenen klinischen Erfahrungen an kleinen Patientenzahlen
sowie einzelne Fallberichte, dass auch nach allogener Stammzell- bzw. Knochenmarktransplantation
Rezidive z. B. der Rheumatoidarthritis beobachtet werden [28]
[29].
Bisherige klinische Erfahrungen
Bisherige klinische Erfahrungen
Die anlässlich eines internationalen Symposiums (European Group for Blood and Marrow
Transplantation Working Party for Autoimmune Diseases) in Basel im Oktober 2000 zusammen
getragenen Daten über alle bisher transplantierten und registrierten Patienten zeigen
eine hohe Ansprechrate bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen [30]. In dieser von der European Group for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) und
der European League Against Rheumatism (EULAR) zusammen mit nordamerikanischen Arbeitsgruppen
zusammengestellten Datenbank sind inzwischen mehr als 400 transplantierte Patienten
zusammengefasst. Im Mittelpunkt der Bemühungen standen bisher Patienten mit systemischer
Sklerose, systemischem Lupus erythematodes, rheumatoider Arthritis und multipler Sklerose.
Systemische Sklerose
Systemische Sklerose
Die zweithäufigste Indikation für eine autologe Stammzelltransplantation im Rahmen
der EBMT/EULAR-Datenbank ist die systemische Sklerose (SSc). Die Mortalität der Patienten
mit SSc ist gegenüber der Normalbevölkerung erhöht [31]
[32]. Altman berichtete 1991 über eine Überlebensrate von 80 % nach 2 Jahren, 50 % nach
8,5 Jahren und 30 % nach 12 Jahren. In einer großen schwedischen Kohorte mit 249 Patienten
mit systemischer Sklerose betrug die 5-Jahres- und 10-Jahres-Überlebensrate der gesamten
Gruppe 86 % bzw 69 % [33]. Die diffuse Form der Sklerose hat die schlechteste Prognose mit einer 10-Jahres-Überlebensrate
von ca. 55 % verglichen mit 70 % bei der limitierten Form [34]. Bei der SSc sind viele Fragen hinsichtlich Ätiologie und Pathogenese, insbesondere
hinsichtlich Beteiligung des Immunsystems, noch ungelöst. Die Beobachtung, das immunsuppressive
Therapie in den meisten Fällen die Fibrosierung des Gewebes nicht rückgängig machen
oder aufhalten kann, spricht dafür, dass dieser Prozess zwar durch Autoimmunphänomene
angestoßen wird, jedoch bald einen vom Immunsystem unabhängigen Verlauf nimmt und
automatisch fortschreitet. Angesichts der oben beschriebenen sehr schlechten Prognose
der SSc und dem Fehlen effektiver Behandlungsmethoden wurde hier frühzeitig der Einsatz
der Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation evaluiert [35]. Bei der SSc ist es besser als bei anderen Autoimmunerkrankungen möglich, Patienten
mit sehr schlechter Prognose mit stark verkürzter Lebenserwartung anhand von etablierten
Prognosekriterien zu identifizieren.
Es existieren inzwischen mehrere Publikationen zur Effektivität und Mortalität der
Stammzelltransplantation bei Patienten mit SSc. Die Analyse der ersten 41 Patienten
der EBMT/EULAR-Datenbank mit einem medianen Follow-up von 12 Monaten ergab eine signifikante
Besserung des Skin-Scores und zumindest einen Trend zur Stabilisierung der Lungenfunktion
[36]. Beunruhigend war eine mit 17 % sehr hohe transplantationsassoziierte Mortalität
(TRM). Es handelte sich bei dieser Kohorte allerdings um die ersten, mit dieser Diagnose
transplantierten Patienten im Rahmen der EBMT/EULAR-Datenbank. Die Analyse der später
registrierten und transplantierten Patienten ergab einen Abfall der TRM auf 12,5 %
[30]. Werden nur die Patienten analysiert, die die aktuellen EBMT/EULAR-Einschlusskriterien
für Transplantationsstudien erfüllen, so liegt die TRM nur noch bei 7,7 %. Die größte
bisherige Phase-II-Studie wurde in verschiedenen nordamerikanischen Zentren durchgeführt
und schloss 19 Patienten mit SSc und ungünstiger Prognose ein [37]. In der frühen Studienphase verstarben 2 Patienten an Lungenversagen. Ein Patient
verstarb an einem EBV-assoziierten Lymphom, ein weiterer an Krankheitsprogress. Bei
den übrigen Patienten besserte sich in den meisten Fällen sowohl der Rodnan-Skin-Score
als auch weitere krankheitsassoziierte Parameter (health assessment questionnaire
disability index, mHAQ-DI) signifikant. Bei einem medianen Follow-up von 14,7 Monaten
betrug die geschätzte 2-Jahres-Überlebenrate 79 %. Die Funktionen lebenswichtiger
Organe wie Lunge, Niere und Herz blieben meist stabil, jedoch kam es in einigen Fällen
zu einer Reaktivierung der Krankheitsaktivität im Verlauf. Diese Daten zeigen erstmals,
dass sowohl die Hautsklerosierung wieder rückgängig gemacht werden kann, als auch
eine Stabilisierung der Organfunktionen und Besserung körperlicher Funktionen bei
ansonsten stark behinderten Patienten mit SSc möglich ist.
Die hohe TRM wird zumindest zum Teil auf die Patientenselektion zurückgeführt, da
Hochrisikopatienten präferenziell behandelt wurden. Hier scheinen pulmonale Hypertonie,
fortgeschrittene Lungenfibrose und aktive Herzerkrankung die wichtigsten Risikofaktoren
zu sein.
Eine erste kontrollierte, randomisierte Studie bei Patienten mit schwerer systemischer
Sklerose wurde inzwischen gestartet (ASTIS-Trial, Autologous Stem Cell Transplantation
International Scleroderma; Protokoll erhältlich über www.astistrial.com). Im Rahmen
dieser Studie werden strikte Kriterien gefordert, die Patienten mit fortgeschrittener
Beteiligung innerer Organe ausschließen und so auf eine günstigere TRM hoffen lassen.
So werden z. B. Patienten mit einem mittleren pulmonalarteriellen Druck von > 50 mm
Hg, Patienten mit einer Kreatininclearance von < 40 ml/min und Patienten mit einer
Ejektionsfraktion des Herzens < 45 % ausgeschlossen. Gleichzeitig ist aber neben einer
diffusen kutanen Beteiligung der Sklerodermie eine Organbeteiligung des Herzens, der
Lunge oder der Niere Voraussetzung für die Aufnahme in die Studie.
Multiple Sklerose
Multiple Sklerose
Die multiple Sklerose (MS) ist eine schwere demyelinisierende, immunvermittelte Erkrankung
des zentralen Nervensystems (ZNS), die hauptsächlich junge Erwachsene befällt und
in der Mehrzahl der Fälle zu physischer und psychischer Funktionseinschränkung führt
[7]. 10 Jahre nach Beginn der Erkrankung entwickeln 50 % der Patienten einen chronisch
progressiven Verlauf. Manche Patienten sprechen überhaupt nicht an auf die Standardtherapien
(Interferon beta, Glatiramer-Acetat). Immunsuppressive Behandlungsformen, die in der
Regel als Second-line-Therapie bei MS-Patienten angewendet werden, weisen auch nur
bei einem Teil der Patienten eine Wirksamkeit auf.
Die MS stellt die größte Krankheitsgruppe innerhalb der EBMT/EULAR-Datenbank dar.
Es sind inzwischen über 100 Patienten registriert [27]. Die meisten Zentren richten sich bei der Patientenselektion nach den Empfehlungen
eines Konsensusmeetings 1998 in Mailand [38]. Meist wurden Patienten mit sekundär progressiver MS mit schweren Behinderungen
(Kurtzke-EDSS zwischen 5,0 und 8,0) eingeschlossen. Alle bisherigen Publikationen
berichten übereinstimmend über einen günstigen Effekt auf die weitere Krankheitsprogression.
Die bisherige Auswertung der EBMT-Daten [30] von 85 Patienten und einem medianen EDSS-Score von 6,5 bei einem medianen Follow-up
von 16 Monaten ergab eine Krankheitsstabilisierung bei der Mehrzahl der Patienten.
Bei 21 % der Patienten konnte eine Verbesserung der neurologischen Funktion erreicht
werden mit einem Rückgang des EDSS-Behinderungsscores > 1,0 Punkte. Das progressionsfreie
Überleben betrug nach 3 Jahren 68 %. Auch die MRI-Daten zeigten einen günstigen Einfluss
der Stammzelltransplantation auf die Krankheitsaktivität bei der Mehrzahl der Patienten.
Die TRM betrug 6 %. Auch bei dieser Indikation müssen die günstigen Ergebnisse durch
prospektive, randomisierte Studien validiert werden. Eine solche Studie wird in Kürze
von der EBMT gestartet (ASTIMS Trial - Autologous Stem Cell Transplantation International
Multiple Sclerosis Trial. www.ebmt.org).
Systemischer Lupus erythematodes
Systemischer Lupus erythematodes
Die Mehrzahl der Patienten mit SLE hat inzwischen durch frühere Diagnosen und dem
konsequenten Einsatz von Glukokortikoiden und Immunsuppressiva wie Cyclophosphamid
im Vergleich zu früher eine günstigere Langzeitprognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate
von 90 %. Allerdings gibt es weiterhin eine kleine Gruppe von Lupus-Patienten, bei
denen die Erkrankung einen sehr ungünstigen Verlauf nimmt mit sehr schlechtem Ansprechen
auf die Standardtherapie. Die EBMT/EULAR-Datenbank beinhaltet bisher 23 transplantierte
Patienten mit SLE [39]. Einige dieser Patienten sowie weitere außerhalb der Datenbank sind in kleinen Fallzusammenstellungen
publiziert worden [40]
[41]
[42]
[43]. Die Einschlusskriterien variieren zwischen den einzelnen Zentren. Meist jedoch
wurden Patienten eingeschlossen 1) mit bioptisch gesicherter WHO-Klasse-III- und -IV-Glomerulonephritis,
die nicht auf Cyclophosphamid-Pulstherapie angesprochen haben, 2) die eine begeleitende
Vaskulitis oder schwere ZNS-Beteiligung aufwiesen, die nicht durch Kortikosteroide
oder Cyclophosphamid zu beherrschen war, 3) die therapierefraktäre schwere immunologisch
vermittelte Zytopenien hatten und 4) die ein sog. katastrophales Antiphospholipid-Syndrom
hatten. Die Arbeitsgruppe um Richard Burt in Chicago hat kürzlich die Ergebnisse der
autologen Stammzelltransplantation bei inzwischen 15 Patienten mit Cyclophosphamid
vorbehandeltem SLE und einer medianen Nachbeobachtungsphase von 36 Monaten [43] publiziert. Die Krankheitsaktivität verbesserte sich bei allen Patienten. Der SLEDAI-Score,
der die Krankheitsaktivität des SLE misst, fiel auf 5 oder darunter bei 12 von 15
Patienten, was eine niedrige Krankheitsaktivität anzeigt. Komplement- und dsDNS-Spiegel
haben sich bei allen Patienten normalisiert. Auch die Organfunktionen hatten sich
bei allen Patienten verbessert. Von den 12 Patienten, die länger als 1 Jahr nachbeobachtet
wurden, konnte bei 10 die immunsuppressive Therapie vollständig abgesetzt werden.
Todesfälle der Stammzelltransplantation traten nicht auf, allerdings verstarb ein
Patient an einer Komplikation der Mobilisierungstherapie.
Rheumatoidarthritis
Rheumatoidarthritis
Eine kürzlich publizierte retrospektive Analyse der Registry-Daten von 76 Patienten
mit Rheumatoidarthritis aus 15 Zentren ergab ein initial günstiges Ansprechen der
massiv vorbehandelten Patienten auf die autologe Stammzelltransplantation [44]. In 67 % der Fälle besserte sich die Krankheitsaktivität um mindestens 50 % gemäß
den Kriterien des American College of Rheumatology. Allerdings musste bei den meisten
Patienten die krankheitsmodifizierende Basistherapie (DMARDs) innerhalb von 6 Monaten
nach Transplantation wieder angesetzt werden wegen eines Rezidivs. Es ist zu erwarten,
dass angesichts dieser Daten und der guten Wirksamkeit neuer biologisch aktiver Substanzen
wie den Anti-TNF-Wirkstoffen (Remicade®, Enbrel®Humira®) die Stammzelltransplantation
zur Behandlung der RA keine große Rolle spielen wird.
Primär systemische Vaskulitis
Primär systemische Vaskulitis
Patienten mit primär systemischen Vaskulitiden (PSV) scheinen erfolgversprechende
Kandidaten für die HDCT zu sein, da insbesondere in dieser Patientengruppe in vielen
Fällen komplette, lang anhaltende Remissionen durch konventionelle immunsuppressive
Behandlungen möglich sind. Gerade diese Möglichkeit der kompletten Remission durch
eine intensivierte Chemotherapie (Induktions- oder Mobilisierungschemotherapie) ist
seit Jahrzehnten eine essenzielle Voraussetzung für den Erfolg der HDCT und Stammzelltransplantation
bei hämatologisch-onkologischen Erkrankungen. Daher ist zu vermuten, dass dies auch
eine gute Basis für langfristige Remissionen durch HDCT bei PSV sein könnte.
Trotz der Therapie mit Kortikosteroiden und Cyclophosphamid, die seit einigen Jahrzehnten
die Prognose der PSV dramatisch verbessert hat, gibt es auch im Jahr 2003 immer noch
eine Subgruppe von Patienten mit PSV, die 1.) nicht geheilt werden können durch die
Standardtherapie, 2.) eine langfristige Immunsuppression benötigen und 3.) die sogar
entweder an der Progression der Erkrankung oder an der kumulativen Therapie-assoziierten
Toxizität versterben. In den meisten größeren Studien konnte die 5-Jahres-Mortalität
nicht unter 14 - 20 % gesenkt werden [45]
[46]. Lediglich in einer Langzeit-Follow-up-Studie mit 155 Patienten mit WG wurde eine
etwas günstigere Gesamtmortalität beobachtet [47]. Die Mortalitätsrate ist sowohl auf die Krankheitsaktivität als auch auf die Therapiefolgen
zurückzuführen. Im Rahmen der europäischen Vaskulitisarbeitsgruppe EUVAS werden in
mehreren Therapiestudien therapeutische Alternativen zur bisherigen Standardtherapie
Cyclophosphamid zur Remissionsinduktion und -erhaltung und zum Vergleich der täglichen
oralen mit der intravenösen Bolustherapie von Cyclophosphamid bei der Wegenerschen
Granulomatose und mikroskopischen Polyangiitis untersucht [48]. Der erste Schritt der Behandlung primärer systemischer Vaskulitiden sollte in einer
konventionellen Remissionsinduktion mit Cyclophosphamid und Glukokortikoiden bestehen.
Nachdem eine Remission erreicht wurde, sollten mithilfe klinischer Scoring-Systeme
die Patienten mit besonders schlechter Prognose identifiziert werden. Hier bieten
sich mehrere Prognosescores an, vor allem FFS [49], BVAS [50] und DEI [51] welche in der Tab. [1] näher dargestellt sind. Alle diese „Werkzeuge” können dabei helfen, gerade die Patienten
mit schwerer Erkrankung und schlechter Prognose zu identifizieren, die eine intensivere
Immunsuppression einschließlich der ASCT benötigen. Nachdem eine Remission durch konventionelle
Induktionschemotherapie erzielt wurde, kann bei Patienten mit einem FFS > 2 (46 %ige
Einjahresmortalität) oder einem initial hohen BVAS (> 20) der Einschluss in eine Hochdosisstudie
erwogen werden, anstatt einer langfristigen Behandlung mit konventioneller Erhaltungstherapie.
Basierend auf diesen Überlegungen wählen wir an unserer Institution derzeit Patienten
für eine Hochdosistherapie nach folgenden Kriterien aus:
Tab. 1 Vereinfachte Übersicht über die klinischen Scoring-Systeme für systemische Vaskulitis.
Anzahl der möglichen Manifestationen in verschiedenen Organsystemen, welche in die
Kalkulation des Scores einbezogen sind
Organsysteme |
Aktivität (FFS) |
Aktivität (BVAS) |
Ausdehnung (DEI) |
Schädigung (VDI) |
HNO |
- |
0 - 6 |
0 - 1 |
0 - 6 |
Lunge |
- |
0 - 5 |
0 - 1 |
0 - 7 |
Niere |
0 - 2 |
0 - 7 |
0 - 1 |
0 - 3 |
Haut |
- |
0 - 6 |
0 - 1 |
0 - 2 |
Mukosa |
- |
0 - 2 |
- |
0 - 1 |
Auge |
- |
0 - 5 |
0 - 1 |
0 - 7 |
Gelenke/Muskel |
- |
0 - 2 |
0 - 1 |
0 - 5 |
ZNS |
0 - 1 |
0 - 4 |
0 - 1 |
0 - 6 |
PNS |
|
0 - 3 |
0 - 1 |
0 - 1 |
kardiovaskuläres System |
0 - 1 |
0 - 7 |
0 - 1 |
0 - 7/9 |
gastrointestinal |
0 - 1 |
0 - 2 |
0 - 1 |
0 - 4 |
systemische Manifestationen |
- |
0 - 5 |
0 - 1 |
- |
Nebenwirkungen der Therapie |
- |
- |
- |
0 - 5 |
maximaler Score
|
5
|
63
|
21
|
64
|
FFS = Five factor score [49], BVAS = Birmingham vasculitis activity score [50], VDI = Vasculitis activity index [52], DEI = Disease extension index [51]
|
sowie eines oder mehrere der folgenden Kriterien:
-
Patienten, die nicht auf Standard-Immunsuppression ansprechen,
-
Patienten, die wiederholte Rückfälle mit zunehmenden Organschäden entwickeln,
-
Patienten mit hohem Risiko für Organschäden als Folge langfristiger immunsuppressiver
Therapie.
Die Erfahrung mit Hochdosistherapie bei onkologischen Patienten oder bei Patienten
mit anderen Autoimmunerkrankungen wie multipler Sklerose oder Sklerodermie haben gezeigt,
dass vor allem die frühe Identifikation der Risikopatienten, d. h. vor Auftreten schwerer
Organschäden, entscheidend für den Erfolg dieses Verfahrens ist. Die Schädigung der
Organe durch die Vaskulitis kann mithilfe des Vasculitis Damage Index (VDI) [52] der ebenso in der Tab. [1] dargestellt ist, gemessen werden. Hieraus resultieren folgende Ausschlusskriterien:
-
Vasculitis Damage Index > 5,
-
links ventrikuläre Ejektionsfraktion < 45 % des Normalwertes,
-
unkontrollierte Herz-Rhythmusstörungen,
-
pulmonale Diffusionskapazität < 40 % des Solls,
-
Ateminsuffizienz mit PaO2 < 8kPa (60 mmHg).
Niereninsuffizienz stellt kein Ausschlusskriterium dar. Die HDCT, speziell mit Melphalan
als Konditionierungsschema, wird bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz i.
R. der Therapie des multiplen Myeloms oder der AL-Amyloidose eingesetzt [53].
Innerhalb der EBMT/EULAR-Datenbank wurden 9 Patienten mit systemischer Vaskulitis
erfasst (Tab. [2]) [30]. Bei drei Patienten mit WG konnte zunächst eine komplette Remission erzielt werden.
Davon rezidivierte die Erkrankung bei zwei Patienten nach 2,3 bzw. 3 Jahren. Bei zwei
von drei Patienten mit Kryoglobulin-assoziierter Vaskulitis mit sehr unterschiedlichen
Krankheitsmanifestationen konnte ebenfalls eine komplette Remission erzielt werden
[54]. Es ist noch unklar, ob die verschiedenen Entitäten der PSV prinzipiell unterschiedlicher
Behandlungsansätze bedürfen. Nach unserer Ansicht ist es jedoch möglich, dass sowohl
die Wegenersche Granulomatose als auch die mikroskopische Polyangiitis, das Churg-Strauss-Syndrom,
die Panarteriitis nodosa und weitere Vaskulitiden in ähnlicher Weise auf dosiseskalierte
Therapie ansprechen. Nicht die Subklassifizierung der Vaskulitis, sondern das Ausmaß
und die Schwere der Erkrankung sollten die Basis der Entscheidung zu einer Hochdosis-Chemotherapie
und Stammzelltransplantation bilden.
Tab. 2 Patienten der Baseler Datenbank mit PSV, die mit HDCT und ASCT behandelt wurden [30]
Erkrankung |
Patientenzahl |
Response nach HDCT |
Wegenersche Granulomatose |
3 |
3 CR, bei 2 Pat. Relapse nach 2,3 bzw. 3 Jahren |
Kryoglobulinämie |
3 |
2 CR |
M. Behçet |
3 |
1 CR, 1 PR |
Polyarteritis nodosa |
1 |
|
Abb. 1 Behandlungsschema des Heidelberger Studienprotokolls. SZ, Stammzellen; TBI, Total
body irradiation; G-CSF, Granulocyte-colony stimulating factor.
Heidelberger Erfahrungen
Heidelberger Erfahrungen
Im Rahmen eines an unserer Klinik entwickelten Hochdosis-Studienprotokolls für Autoimmunerkrankungen
(Abb. [1]) wurden bisher 8 Patienten eingeschlossen, davon fünf Patienten mit PSV [55]. Hiervon wurden zwei Patienten mit Morbus Behçet und pulmonaler Beteiligung [56], ein Patient mit unklassifizierbarer Vaskulitis sowie ein Patient mit Panarteriitis
nodosa (PAN) transplantiert. Drei dieser Patienten waren refraktär auf konventionelle
immunsuppressive Therapie einschließlich Cyclophosphamid oder benötigten dauerhaft
hohe Dosen Kortikosteroide trotz Behandlung mit Cyclophosphamid. Mit einer Beobachtungsdauer
von 48 Monaten (Stand März 2003) ist ein Patient mit Morbus Behçet weiterhin in kompletter
Remission, d. h. ohne jegliche klinische und radiologische Erkrankungszeichen und
medikamentöse Therapie sowie Normalisierung der initial erhöhten Labor-Aktivitätsparameter
(z. B. BKS, CRP). Der andere Patient mit Morbus Behçet, der wie o. g. Patient Lungenblutungen
als Folge einer pulmonalen Vaskulitis aufwies (die Hälfte der Patienten mit dieser
Komplikation stirbt innerhalb von drei Jahren nach Beginn der Hämoptysen [57]), erreichte eine „partielle Remission”, d. h. Besserung aller klinischen und bildgebenden
Krankheitszeichen (Verschwinden der Lungenblutungen, Verschwinden der vaskulitischen
Lungeninfiltrate und vaskulitischer Aktivität des ZNS im MRT), bei einer Beobachtungsdauer
von 39 Monaten nach Stammzelltransplantation. Er benötigt nur noch niedrig dosierte
Kortikosteroide, um milde Aktivitätszeichen der Erkrankung (orale Aphthen) zu kontrollieren.
Die Daten der übrigen Patienten sind in Tab. [3] zusammengefasst.
Tab. 3 Patienten mit PSV, die i. R. des Heidelberger Hochdosis-Protokolls behandelt wurden
Diagnose |
Alter |
Grund für Dosis-Eskalation |
Response nach Mobilisierung |
Response nach HDCT und ASCT |
M. Behçet pulmonale vasculitis |
32 |
Lungenblutung, Progress trotz Cy |
„partielle Remission”, Absetzen von CS |
„komplette Remission” seit 48 Monaten |
M. Behçet pulmonale vasculitis |
49 |
Lungenblutung, Relapse trotz Cy |
stabile Erkrankung |
„partielle Remission”, low-dose CS seit 39 Monaten |
unklassifizierte Vaskulitis |
41 |
Krankheitkontrolle nur durch hochdosierte CS und Langzeit-Cy |
„minimale Response” |
„minimale Response”, low-dose CS seit 29 Monaten |
Polyarteritis nodosa (Uni Ulm; Dr. A. Breitbart) |
41 |
Relapse trotz hochdosierter CS und Langzeit-Cy |
„minimale Response” |
„komplette Remission”, nach 24 Monaten Tod durch Bronchial-Ca |
SLE mit ZNS-Beteiligung |
33 |
keine Remission trotz hochdosierter CS, MTX und Cy |
stabile Erkrankung |
„partielle Remission”, low-dose CS seit 13 Monaten. Normalisierung SPECT des ZNS |
cANCA positive Vaskulitis ZNS, Niere |
54 |
keine Remission trotz hochdosierter CS und Cy |
„partielle Remission”, Absetzen von Cy, low-dose CS seit 40 Monaten |
nicht durchgeführt |
Dermatomyositis (Uni Ulm; Dr. A. Breitbart) |
46 |
keine Remission trotz hochdosierter CS und Cy |
„partielle Remission”, low-dose CS seit 45 Monaten |
nicht durchgeführt |
Kollagenose, nicht klassifizierbar |
46 |
keine Remission trotz hochdosierter CS, MTX und Cy |
nur kurzfristige klinische Besserung |
nicht durchgeführt |
ASCT, Autologe Stammzelltransplantation; CS, Kortikosteroide; Cy, Cyclophosphamid;
HDCT, Hochdosischemotherapie; MTX, Methotrexat |
Diskussion
Diskussion
In wenigen Jahren ist aus einer hypothetischen und experimentellen Behandlungsform
eine sehr vielversprechende, bei Hunderten von Patienten angewandte Therapieoption
geworden. Erstmals steht vor allem bei der SSc eine Behandlungsmethode zur Verfügung,
die den Verlauf der Erkrankung und die Behinderungen, die daraus erwachsen, günstig
beeinflussen kann. Die Risiken dieser Methode müssen sorgfältig gegenüber dem zu erwartenden
Nutzen abgewogen werden. Da die ASCT mit einer nicht zu vernachlässigenden Rate therapieassoziierter
Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen behaftet ist, spielt die Patientenselektion
die entscheidende Rolle bei der weiteren Entwicklung dieser Methode in der Rheumatologie.
Es müssen die Patienten ausgewählt werden, bei denen die Schwere der Erkrankung, bzw.
die krankheitsassoziierte Mortalität die Toxizität der HDCT erheblich überwiegt. Leider
kann auch die konventionelle immunsuppressive Therapie vor allem beim SLE und bei
den PSV chronische und z. T. schwere Begleittoxizität mit sich bringen. Aus den Erfahrungen
des National Institutes of Health bei Patienten mit der WG geht hervor, dass die Toxizität
der langfristigen und hochdosierten Behandlung mit Cyclophosphamid und Kortikosteroiden
(Fauci-Schema) bei über 50 % der untersuchten Patienten zu einem bleibenden Schaden
führt [58]. Die langfristigen Nebenwirkungen einer konventionellen „Erhaltungstherapie” lassen
sich hauptsächlich auf hohe kumulative Dosen von Cyclophosphamid zurückführen. In
einer schwedischen Studie bei Patienten, die länger als ein Jahr orales Cyclophosphamid
erhalten hatten, fand sich ein 11fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Blasenkarzinoms
sowie ein erhöhtes Risiko für Hauttumoren bei längerfristiger Azathioprin- und Steroidexposition
[59]. Von 155 Patienten mit WG, die überwiegend langfristig mit Cyclophosphamid behandelt
wurden, entwickelten 11 Patienten (7 %) ein myelodysplastisches Syndrom nach einer
medianen Cyclophosphamid-Dosis von 112 g, 1 Patient entwickelte ein Blasenkarzinom
[47]. Diese Komplikationen der konventionellen immunsuppressiven Therapie sind ebenfalls
zu berücksichtigen und abzuwägen mit den Risiken einer ASCT. Die Toxizität des in
Heidelberg favorisierten Konditionierungsregimes mit Melphalan wurde im Rahmen von
Hochdosis-Programmen bei Patienten mit multiplem Myelom evaluiert [20]. Es konnte gezeigt werden, dass die Rate an Sekundärneoplasien (z. B. myelodysplastisches
Syndrom, akute Leukämie) geringer war als bei lang andauernder Standard-Chemotherapie
[21].
Grundsätzlich sollten für die ASCT Patienten ausgewählt werden, deren Erkrankung therapierefraktär,
aktiv und progredient ist, und bei denen ein hohes Risiko für bleibende Funktionseinschränkungen
und hohe Mortalität trotz konventioneller Therapie besteht. Durch verbesserte Scoring-Systeme,
die eine frühere Identifikation dieser Hochrisiko-Patienten schon in frühen Krankheitsstadien
erlauben, kann zukünftig der Erfolg der Methode verbessert und die Risiken minimiert
werden.
Noch beruht die Erfahrung mit HDCT bei Autoimmunerkrankungen auf kleinen Fallzusammenstellungen,
Phase-II-Studien und Registry-Analysen. Die beschriebenen Fälle mit überwiegend guten Ergebnissen sind vielversprechend,
wenngleich nicht vergessen werden sollte, dass es sich hierbei um eine aggressive
Therapieform handelt, die auch tödliche Risiken in sich birgt. Die Erfahrung mit HDCT
wächst kontinuierlich. Zukünftig können allein durch multizentrische Phase-III-Studien
der Nutzen und die Risiken der Stammzelltransplantation im Vergleich zur konventionellen
Therapie geklärt werden. Eine erste solche kontrollierte, randomisierte Studie bei
Patienten mit schwerer systemischer Sklerose wurde inzwischen gestartet (ASTIS-Trial,
Autologous Stem Cell Transplantation International Scleroderma Trial; www.astistrial.com).
Weitere Phase-III-Studien werden in Kürze von der EBMT und EULAR in vielen europäischen
Ländern begonnen bei Patienten mit multipler Sklerose (ASTIMS Trial - Autologous Stem
Cell Transplantation International Multiple Sclerosis Trial; www.ebmt.org) und schwerer,
therapierefraktärer rheumatoider Arthritis (ASTIRA Trial-Autologous Stem Cell Transplantation
International Rheumatoid Arthritis Trial; www.ebmt.org). Für randomisierte Studien
bei primär systemischen Vaskulitiden ist es sicherlich noch zu früh. Die Erfahrung
mit größeren Fallzahlen sowie längeres Follow-up bei den schon transplantierten Patienten
werden jedoch helfen, die Hypothesen für zukünftige kontrollierte Studien zu entwickeln.