Gesundheitswesen 2003; 65(8/09): 495-501
DOI: 10.1055/s-2003-42393
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Klinische und ökonomische Evaluation der Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen im Ausland

Clinical and Economical Outcome Evaluation of Dental Care Services Received by German Patients in Countries Outside the EUF. Krummenauer1 , I. Körner1 , C. Baulig2 , U. Weibler-Villalobos2
  • 1Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Universität Mainz (Direktorin: Prof. Dr. M. Blettner)
  • 2Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz (Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. G. Zieres)
Kernergebnisse dieser Arbeit werden als Poster präsentiert werden im Rahmen des 16. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Zahn-/Mund-/Kieferheilkunde DGZMK (Oktober 2003 in Aachen) sowie der 48. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik GMDS (September 2003 in Münster).
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Publication Date:
23 September 2003 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Arbeit: Angesichts der wachsenden Bereitschaft von Patienten, zahnärztliche Versorgungen vor allem in Ländern außerhalb der Europäischen Union vornehmen zu lassen, sollte untersucht werden, ob für solche Patienten ein ökonomischer Vorteil erkennbar wird und wie weit dabei eine den deutschen Richtlinien entsprechende, klinisch mängelfreie Versorgung angefertigt wurde.

Methoden: Auf der Basis von Gutachten, welche der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz für Patienten nach zahnärztlicher Behandlung im Ausland erstellt hat, wurde ein für die primär zu erbringende Versorgung richtlinienkonformer Behandlungsplan erstellt und entlang diesem die Selbstbehalte aus Patientenperspektive bei Leistungserbringung in Deutschland geschätzt. Ebenso wurden das klinische Ergebnis der stattgefundenen Versorgung hinsichtlich gutachterlich festgestellter Mängel bewertet, ein Behandlungsplan für deren Korrektur erstellt und entlang diesem die aus Patientensicht anfallenden Kosten geschätzt. Daraus wurde eine deskriptive Kostenbilanz aus Patientenperspektive erstellt, in einem sekundären Analyseschritt eine Bilanz aus Sicht der Krankenkassen.

Ergebnisse: Es konnten 60 Gutachten des Zeitraums Januar 2001 bis Oktober 2002 in die Kostenanalyse einbezogen werden. Bei 29 der 60 begutachteten Personen wurden interventionsbedürftige Mängel in der Umsetzung der primär indizierten Versorgung festgestellt, darunter war bei 23 Eingriffen bereits das primäre Behandlungskonzept nicht als richtlinienkonform zu bezeichnen. Aus Sicht der 60 Patienten ergaben sich mediane Kosten von 942 € bei Versorgung im Ausland gegenüber einem hypothetischen Selbstbehalt von 750 € bei mängelfreier Versorgung in Deutschland. Für die 29 Eingriffe mit interventionsbedürftigen Mängeln im Ausland wurden ferner aus Sicht der Patienten mediane Selbstbehalte von 1383 € geschätzt. Aus Sicht der Krankenkassen bedeutet die Versorgung im Ausland bei diesen Patienten eine primäre Ersparnis von im Median 761 € pro Patient aufgrund nicht zu erbringender Zuschüsse, jedoch eine Belastung von im Median 1220 € pro Eingriff für Zuschüsse im Rahmen notwendiger Mängelkorrekturen.

Schlussfolgerung: Vor allem aus Sicht des Patienten ist die Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen im Ausland sowohl aus klinischer als auch ökonomischer Sicht zu hinterfragen.

Abstract

Purpose: During the past decade German patients developed an increasing tendency to dental health tourism in countries outside the European Union. The present investigation aimed at evaluating both clinical and economic outcome of dental care in these countries with regard to German directive standards.

Methods: Based on physical examinations performed by the Medizinische Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz in the context of reimbursement or regress requests after dental care in countries outside the European Union, an individual treatment concept was designed and its direct costs from the patient’s perspective were estimated according to German standards. Furthermore, the clinical outcome was evaluated and treatment concepts for the correction of clinically relevant findings were simulated; the corresponding costs were estimated. A descriptive cost-cost analysis has been performed from the patient’s perspective and a secondary one from the health service’s perspective.

Results: A total of 60 examinations (january 2001 to october 2002) were analysed. 29 of these 60 patients showed clinically relevant findings affording post treatment correction, among which 23 treatment concepts significantly disagreed with German directive standards. From the 60 patients’ perspective median costs of 942 € for treatment outside the EU versus hypothetical costs of 750 € for treatment in Germany were observed. In addition, the 29 patients with clinically relevant findings affording corrective treatment implied median costs of 1,383 €. From the health service perspective, median costs of 761 € could be avoided due to treatments outside the EU, whereas median costs of 1,220 € were simulated due to necessary corrective treatments.

Conclusion: From the patients’ perspective dental care outside the EU has to be reconsidered both from a clinical and an economic point of view.

Literatur

  • 1 Körner I. Klinische und ökonomische Evaluation der Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen im Ausland. Dissertation am Fachbereich Medizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (eingereicht März 2003). 
  • 2 Kaufhold R, Schneider M. Preisvergleich zahnärztlicher Leistungen im europäischen Kontext. IDZ-Informationen.  2000;  Band 01/2000
  • 3 Prchala G. Reihe EU-Berichte: EU-Erweiterung - Der Weg führt nach Osten.  Zahnärztliche Mitteilungen. 2002;  10 34
  • 4 Mauritz E. Zahnreisen: Nicht immer ist alles strahlend weiß.  Österreichischer Kurier, Ausgabe „Wien Abend”. 17.10.2002;  288 15
  • 5 Saekel R. Ein Paradigmenwechsel in der zahnärztlichen Versorgung?.  Das Gesundheitswesen. 1997;  59 150-158
  • 6 Marxkors R.. Zur Qualität zahnärztlicher Prothetikarbeiten. Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg) .Beiträge zur Qualitätssicherung in der Zahnmedizin. Baden-Baden; Nomos 1993
  • 7 Sinha M. Qualität und Wirtschaftlichkeit in der zahnmedizinischen Versorgung. Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg). Beiträge zur Qualitätssicherung in der Zahnmedizin Baden-Baden; Nomos 1993

PD Dr. Frank Krummenauer

Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Universität Mainz

Obere Zahlbacher Straße 69

55131 Mainz

Email: krummi@imbei.uni-mainz.de

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