Handchir Mikrochir Plast Chir 2003; 35(4): 251-258
DOI: 10.1055/s-2003-42134
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das Wartenberg-Zeichen des Nervus ulnaris. Ein Beitrag zur Pathophysiologie und Differenzialdiagnose[1]

Wartenberg's Sign of Ulnar Nerve Lesion. A Contribution to Pathophysiology and to the Differential DiagnosisM. Kilgus 1 , D. Burg 1 , M. Loss 1 , D. Weishaupt 2 , V. E. Meyer 1
  • 1Klinik für Wiederherstellungschirurgie (Direktor: Prof. Dr. V. E. Meyer), Universitätsspital Zürich, Schweiz
  • 2Institut für Diagnostische Radiologie (Prof. Dr. B. Marincek), Universitätsspital Zürich, Schweiz
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Publikationsverlauf

Eingang des Manuskriptes: 17. Januar 2003

Angenommen: 26. März 2003

Publikationsdatum:
10. September 2003 (online)

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Zusammenfassung

Ein permanent von der Hand abstehender Kleinfinger ist häufig, aber nicht immer Folge einer Schädigung des N. ulnaris. Es werden fünf Fälle vorgestellt, die wegen einer neu aufgetretenen beeinträchtigenden Abduktionsfehlstellung des Kleinfingers unter dem Verdacht einer Ulnarisparese zugewiesen worden waren.

Klinische, elektrodiagnostische und bildgebende Untersuchungen führten zu unterschiedlichen Diagnosen, die das Spektrum der Differenzialdiagnose aufweisen. Während ein vollständiger Ausfall des N. ulnaris meistens nur eine geringe und nicht obligate Abduktionsfehlstellung des Kleinfingers bewirkt, führt ein partieller Ausfall des N. ulnaris mit Erhaltung der Funktion des M. abductor digiti minimi häufig zu einer deutlicheren und nicht selten beeinträchtigenden Abduktionsfehlstellung. Erst wenn eine Rückbildung nicht mehr zu erwarten ist und der abstehende Kleinfinger den Gebrauch der Hand behindert, sind operative Maßnahmen zu empfehlen.

Als Ursache einer derartigen neurogenen Abduktionsfehlstellung werden eine Läsion des R. profundus distal des Abganges der motorischen Hypothenaräste, eine inkomplette Verletzung des N. ulnaris, bei der sich nach partieller Rekonstruktion eine neuromuskuläre Hyperaktivität des M. abductor digiti minimi entwickelt hatte, und eine Syringomyelie vorgestellt.

In zwei weiteren Beispielen ist eine traumatisch bedingte Abduktionsstellung des Kleinfingers auf eine Bänder- respektive Muskelschädigung zurückzuführen. Der abstehende Kleinfinger imitierte das klinische Bild des Wartenberg-Zeichens nur oberflächlich. Eine genaue klinische Untersuchung wies Unterschiede zum echten „Wartenberg-Zeichen“ auf, dem eine neurogene muskuläre Dysbalance zugrunde liegt.

Elektrodiagnostik und MRT waren hilfreiche Zusatzuntersuchungen.

Abstract

The abduction stance of the small finger is frequently, but not necessarily due to ulnar nerve paresis. Five cases suffering from bothersome permanent abduction of the small finger and referred under the diagnosis of ulnar nerve paresis are presented. Clinical, electrodiagnostic and imaging evaluation revealed different causes.

While partial paresis with the function of the abductor digiti minimi muscle preserved usually results in a disturbing abduction stance, complete paresis of the ulnar nerve causes a less severe abduction posture of the small finger.

Operative measures are indicated when the stance of the small finger is disturbing and when sufficient time has passed to make sure that spontaneous recovery cannot be presumed.

Clinical, electrodiagnostic and imaging evaluation of three neurogenic cases disclosed a lesion of the ramus profundus distal to the branches innervating hypothenar muscles in one case, ulnar nerve injury with neuromuscular hyperactivity of the abductor digiti minimi muscle following split repair in another case and syringomyelia in the third case.

Two patients revealed an abduction posture of the little finger of non-neurogenic origin. One of them showed closed ligament injuries. The other patient revealed necrosis, scarring and contracture of hypothenar muscles and atrophy of the third palmar interosseous muscle following compression in a tight cast.

1 Ein Teil dieser Arbeit wurde auf der Jahrestagung der deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie vom 5. bis 7. Oktober 2000 in Zürich vorgetragen.

Literatur

1 Ein Teil dieser Arbeit wurde auf der Jahrestagung der deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie vom 5. bis 7. Oktober 2000 in Zürich vorgetragen.

Dr. med. Martin Kilgus

Klinik für Wiederherstellungschirurgie
Universitätsspital Zürich

Rämistraße 100

8091 Zürich

Schweiz

eMail: martin.kilgus@chi.usz.ch