Einleitung
Einleitung
Die Phototherapie stellt eine wesentliche Komponente in der Behandlung vor allem entzündlicher
Hauterkrankungen dar. In den letzten Jahren haben sich nicht nur die Indikationen
für die Phototherapie, sondern auch die Behandlungsregime an sich erheblich erweitert.
Wir können heutzutage aus einer Vielzahl von Therapiemodalitäten auswählen, diese
inkludieren UVB (Breitband bzw. 311 nm), UVA, UVA1, UVAB, Photochemotherapie und photodynamische
Therapie. Obwohl die Mechanismen des therapeutischen Effektes von UV-Bestrahlungen
nach wie vor weitgehend ungeklärt sind, ist es offensichtlich, dass die immunsuppressiven
Effekte einen wesentlichen Beitrag dazu leisten [1]. Dementsprechend spricht die Mehrzahl der Hauterkrankungen, die auch mit immunsuppressiven
Medikamenten behandelt werden können, wie z. B. Psoriasis vulgaris oder atopische
Dermatitis, in den meisten Fällen günstig auf eine Phototherapie an. Es wurde in den
letzten Jahren versucht, die Mechanismen, die der Immunmodulation durch UV-Therapie
zugrunde liegen, in zahlreichen experimentellen Studien aufzuklären. Die meisten dieser
Untersuchungen wurden mit UVB-Strahlung (290 - 320 nm) durchgeführt, da die immunsuppressive
Wirkung dieses Spektralanteiles am stärksten ist. Der vorliegende Artikel bezieht
sich daher vorwiegend auf UVB-Effekte, es wird daher der Begriff UV mit UVB gleichgesetzt.
Sollten andere Spektren wie z. B. UVA oder UVC gemeint sein, wird darauf ausdrücklich
hingewiesen. Die Datenlage bezüglich der immunmodulatorischen Effekte von UVA-Strahlung
ist wesentlich dünner. Die immunmodulatorischen Effekte von UVA-Strahlung (320 - 400
nm), insbesondere UVA1-Strahlung (340 - 400 nm), sind wesentlich schwächer ausgeprägt
als jene von UVB-Strahlung. Dies erklärt auch den zumeist schwächeren Effekt von UVA1-Strahlung
im Vergleich zu UVB-Strahlung und die Tatsache, dass sich international die UVA1-Therapie
wesentlich weniger stark durchgesetzt hat, als seinerzeit basierend auf zu euphorischen
Initialberichten zu erwarten war.
UV-Strahlung wirkt immunsuppressiv
UV-Strahlung wirkt immunsuppressiv
Der experimentelle Beweis, dass UV-Strahlung immunsuppressiv wirkt, konnte erstmals
in einem Tumortransplantationsmodell in der Maus gezeigt werden. Die immunologisch
mediierte Abstoßung transplantierter Tumoren konnte unterdrückt werden, indem die
Empfängertiere immunsuppressiven Medikamenten oder UV-Strahlung ausgesetzt wurden.
Aufgrund des ähnlichen Effektes von UV-Strahlung und immunsuppressiver Medikamente
in diesem Modell wurde der Schluss gezogen, dass UV-Strahlung immunsuppressiv wirken
kann [2]. Diese Beobachtung wurde in einem weiteren immunologischen Modell, der Induktion
der allergischen Kontaktsensibilisierung, bestätigt [3]. Die Induktion einer Sensibilisierung gegenüber Kontaktallergenen, einer Immunreaktion
vom verzögerten Typ [4], wird unterdrückt, wenn das Kontaktallergen in UV-bestrahlter Haut aufgetragen wird.
Mit diesem Tiermodell wurden die meisten Erkenntnisse über die immunmodulatorischen
Effekte von UV-Strahlung gewonnen.
UV-Strahlung inhibiert die Präsentation von Antigenen
UV-Strahlung inhibiert die Präsentation von Antigenen
Die Unterdrückung der Induktion einer Kontaktsensibilisierung ist auf eine Depletion
von Langerhanszellen in UV-bestrahlter Haut zurückzuführen [3]
[5]. Langerhanszellen sind für die Antigenpräsentation verantwortlich und somit für
die Induktion einer Immunantwort in der Haut essenziell [6]. Abhängig von der UV-Dosis dürfte das Verschwinden der Langerhanszellen einerseits
auf ein Auswandern aus der Epidermis und andererseits auf die Induktion von apoptotischem
Zelltod zurückzuführen sein. Zusätzlich unterdrückt UV-Strahlung die Expression von
Oberflächenmolekülen, die eine wesentliche Rolle bei der Antigenpräsentation spielen,
z. B. MHC Klasse II und Adhäsionsmoleküle [7]. Darüber hinaus wird die Expression wichtiger kostimulatorischer Moleküle, z. B.
der B7-Familie, unterdrückt [8]. Allerdings dürfte dieser immunsuppressive Effekt von UV-Strahlung bei der Therapie
von entzündlichen Hauterkrankungen nur eine untergeordnete Rolle spielen, zumal die
Antigenpräsentation bei Einsatz der Therapie bereits stattgefunden hat. Ein Abschalten
einer bereits bestehenden Immunreaktion durch UV-Strahlung bei bereits bestehender
Sensibilisierung im Sinne der Induktion von Toleranz ist jedoch bisher nie gelungen.
Aus diesem Grunde dürfte die Inhibition der Antigenpräsentation bei der therapeutischen
Immunmodulation im Rahmen der Phototherapie wahrscheinlich nur eine untergeordnete
Rolle spielen.
UV-Strahlung induziert regulatorische bzw. T-Suppressorzellen
UV-Strahlung induziert regulatorische bzw. T-Suppressorzellen
In dem Modell der Kontaktsensibilisierung konnte auch beobachtet werden, dass nach
Applikation eines Kontaktallergens in UV-bestrahlter Haut nicht nur die Sensibilisierung
ausbleibt, sondern diese auch zu einem späteren Zeitpunkt mit dem gleichen Antigen
nicht mehr möglich ist [3]. Dies entspricht einer lang anhaltenden spezifischen Immunsuppression im Sinne einer
Toleranz. Bereits 1983 konnten Elmets u. Mitarb. zeigen, dass diese Toleranz auf die
Induktion von T-Lymphozyten mit suppressiver Aktivität zurückzuführen ist [9]. Konsequenterweise wurden diese Zellen als T-Suppressorzellen bezeichnet. Die Existenz
dieser Zellen wurde bewiesen, indem die spezifische Toleranz durch Injektion von T-Lymphozyten
aus tolerisierten Tieren in naiven Rezipienten transferiert wurde [9].
Allerdings gelang es in den darauf folgenden Jahren nicht, diese Zellen weiter zu
charakterisieren bzw. zu isolieren. Aus diesem Grunde wurde das gesamte Konzept der
T-Suppressorzellen von der überwiegenden Mehrzahl der Immunologen abgelehnt. Erst
in den letzten Jahren konnte in verschiedenen anderen Modellen die Existenz solcher
Zellen nachgewiesen werden [10]. Um die Akzeptanz dieser wichtigen Zellen in der allgemeinen Immunologie zu erhöhen,
wurde diesen Zellen mit dem Begriff regulatorische T-Zellen ein neuer Name gegeben
[11]. Wir wissen heute aus verschiedenen experimentellen Modellen, dass UV-Strahlung
tatsächlich die Fähigkeit besitzt, regulatorische T-Zellen zu induzieren. Diese T-Zellen
gehören wahrscheinlich in die Gruppe der CD4+CD25+-T-Suppressorzellen. Die Isolierung und die Charakterisierung dieser Zellen sind von
höchster immunologischer Relevanz, zumal mit ihnen Immunreaktionen in spezifischer
Weise, d. h. ohne generelle Immunsuppression, unterdrückt werden könnten. Bisher ging
man davon aus, dass UV-induzierte T-Suppressorzellen nur in der Induktionsphase, also
nach Injektion in naive Individuen, ihre suppressive Aktivität ausüben können, während
die Injektion in bereits sensibilisierte Rezipienten keinen suppressiven Effekt ausübt
[12]. Dies hat zu der Hypothese geführt, dass T-Suppressorzellen die Entstehung von T-Effektorzellen
blockieren können, allerdings bei Existenz von antigenspezifischen T-Effektorzellen
diesen unterlegen sind. Dies würde die therapeutischen Implikationen von T-Suppressorzellen
sehr einschränken, zumal ihre Applikation nur im naiven nicht aber im sensibilisierten
Individuum Sinn machen würde. Allerdings konnten wir zumindest im Mausmodell zeigen,
dass T-Suppressorzellen auch im bereits sensibilisierten Tier spezifische Immunreaktionen
unterdrücken können, vorausgesetzt dass sie nicht wie in allen bisherigen Untersuchungen
intravenös, sondern intrakutan in den Ort der Antigenzweitexposition injiziert werden
[13]. Auch wenn die therapeutische Applikation von regulatorischen T-Zellen in nächster
Zukunft nicht realisiert werden wird, handelt es sich hier um eines der aufregendsten
und sich am rasantesten entwickelnden Gebiete der Immunologie. Obwohl die konkreten
Beweise dafür noch fehlen, ist davon auszugehen, dass die Induktion regulatorischer
T-Zellen durch UV-Strahlung ebenfalls zur Immunmodulation infolge einer Phototherapie
beiträgt.
UV-Strahlung beeinflusst die Freisetzung von Zytokinen
UV-Strahlung beeinflusst die Freisetzung von Zytokinen
Bereits Anfang der 80er-Jahre erkannte man, dass UV-Strahlung auch eine systemische
Form der Immunsuppression hervorrufen muss. Nach Applikation höherer UV-Dosen wird
nämlich die Induktion einer Kontaktsensibilisierung unterdrückt, auch wenn das Kontaktallergen
in ein vor UV-Strahlung geschütztes Hautareal aufgetragen wird [14]
[15]. Keratinozyten, die Hauptzielzellen für UV-Strahlung, sind in der Lage, eine Vielzahl
von löslichen Mediatoren, u. a. auch immunstimulierende und inflammatorische Zytokine
freizusetzen [16]. Die Sekretion dieser Mediatoren wird durch UV-Strahlung induziert. Das Phänomen
der systemischen Immunsuppression wurde durch die Beobachtung aufgeklärt, dass Keratinozyten
nach UV-Bestrahlung auch immunsuppressiv wirkende Mediatoren sezernieren [17]. Diese gelangen in die Zirkulation und unterdrücken das Immunsystem in systemischer
Weise. Somit ist erklärbar, dass nach UV-Exposition Immunreaktionen auch an nicht
direkt UV-Strahlung ausgesetzten Hautarealen unterdrückt sein können.
Mehrere Mediatoren scheinen an der UV-induzierten Immunsuppression beteiligt zu sein.
Der wichtigste Vertreter ist Interleukin (IL) 10. IL-10, dessen Freisetzung aus Keratinozyten
durch UV-Strahlung induziert wird, inhibiert die Fähigkeit von Langerhanszellen, Antigene
zu präsentieren [18]. Ähnliche immunsuppressive Effekte, wie sie durch UV-Strahlung hervorgerufen werden,
können auch durch die Injektion von IL-10 induziert werden [19]. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass die Injektion von IL-10 zu einer
Besserung einer Psoriasis vulgaris führt [20]. Diese Beobachtung gibt zur Spekulation Anlass, dass zumindest ein Teil des therapeutischen
Effektes von UV-Strahlung auf die Psoriasis vulgaris auf die vermehrte Freisetzung
von IL-10 zurückzuführen ist. Ein weiterer Mediator, der immunsuppressiv wirken kann
und durch UV-Strahlung induziert wird, ist Tumornekrosefaktor-α.
UV-Strahlung beeinflusst aber nicht nur die Freisetzung von Zytokinen, sondern ist
auch in der Lage, einzelne Zytokine in der Ausübung ihrer biologischen Effekte zu
beeinflussen. So konnten wir zeigen, dass UV-Strahlung bestimmte biologische Effekte
der immunstimulatorischen Zytokine Interferon-γ und IL-2 blockiert. Dieser Effekt
ist auf eine Unterdrückung der Signaltransduktion beider Zytokine zurückzuführen [21]
[22]. IL-2 ist ein essenzieller Faktor bei der Entstehung von Immunreaktionen. Aus diesem
Grunde sind Therapeutika, die die Transkription von IL-2 blockieren, wie z. B. Cyclosporin
A und die Calcineurininhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus, so effiziente Immunsuppressoren
[23]. Die Beobachtung, dass UV-Strahlung zwar nicht die Freisetzung aber die Signaltransduktion
von IL-2 unterdrückt, könnte erklären, warum die meisten Dermatosen, die hervorragend
auf Cyclosporin A ansprechen, auch mit einer Phototherapie gebessert werden können.
UV-Strahlung induziert apoptotischen Zelltod
UV-Strahlung induziert apoptotischen Zelltod
UV-Strahlung ist in der Lage, apoptotischen Zelltod zu induzieren. Das bekannteste
Beispiel dafür sind apoptotische Keratinozyten, auch Sonnenbrandzellen genannt. Es
handelt sich hierbei um Keratinozyten, deren DNA so stark durch UV-Strahlung geschädigt
wurde, dass sie in den apoptotischen Zelltod gehen. Dementsprechend konnte gezeigt
werden, dass UV-induzierter DNA-Schaden ganz wesentlich an der Induktion apoptotischen
Zelltodes beteiligt ist [24]. Darüber hinaus ist UV-Strahlung aber auch in der Lage, Todesrezeptoren, die an
der Oberfläche jeder Zellen exprimiert werden, wie z. B. den CD95-Rezeptor, auch Fas
genannt, direkt zu aktivieren [25]. Darüber hinaus besitzt UV-Strahlung die Fähigkeit, s. g. Todesliganden zu induzieren
[26]. Diese Liganden aktivieren das Apoptoseprogramm, indem sie mit den jeweiligen Todesrezeptoren
auf der Zelloberfläche interagieren. Obwohl die primäre Zielzelle für UVB-Strahlung
aufgrund der geringeren Eindringtiefe Keratinozyten sind, wurde gezeigt, dass auch
T-Lymphozyten von UVB-Strahlung in den apoptotischen Zelltod getrieben werden können.
Der therapeutische Effekt einer 311-nm-UVB-Bestrahlung ist mit einer deutlichen Apoptose
im T-Zellinfiltrat assoziiert [27]. Ein ähnlicher Effekt konnte für UVA1-Strahlung beobachtet werden, was u. U. für
das therapeutische Ansprechen der atopischen Dermatitis auf UVA1 Bedeutung haben könnte
[28]. Allerdings dürften unterschiedliche Mechanismen bei der Induktion des UVB- bzw.
UVA1-vermittelten apoptotischen Zelltodes involviert sein. Während der UVB-induzierte
Zelltod vorwiegend auf die Induktion von DNA-Schaden zurückzuführen ist [24], dürfte die Expression von Todesliganden durch die Freisetzung von Sauerstoffradikalen
bei der UVA1-Bestrahlung für die Induktion von apoptotischem Zelltod primär verantwortlich
sein [28].
Schlussfolgerung
Schlussfolgerung
Der Einsatz von Phototherapie in der Dermatologie ist empirischen Ursprungs, zumal
man bereits sehr früh erkannte, dass sich zahlreiche entzündliche Hauterkrankungen
auf natürliche Sonnenbestrahlung bessern. Auch wenn diese Therapie seit Jahrzehnten
mit Erfolg eingesetzt wird, sind die Mechanismen, die diesem therapeutischen Effekt
zugrunde liegen, noch weitgehend ungeklärt. Unbestritten ist jedoch, dass die immunsuppressive
Komponente von UV-Strahlung einen wesentlichen Beitrag dazu leistet. In diesem Zusammenhang
ist allerdings zu berücksichtigen, dass UV-Strahlung offensichtlich keine generelle
Immunsuppression hervorruft. Aus diesem Grunde sind Exazerbationen von Infektionskrankheiten
mit Ausnahme eines Herpes simplex unter UV-Therapien im Gegensatz zu tierexperimentellen
Untersuchungen [29] nur sehr selten bzw. gar nicht zu beobachten. Sie stellen daher auch keine strengen
Kontraindikationen für eine Phototherapie dar. Aufgrund der klinischen Datenlage erscheinen
daher die praktischen Implikationen der UV-induzierten therapeutischen Immunsuppression
für die Exazerbation infektiöser Erkrankungen eher limitiert [30].
Das Immunsystem schützt allerdings nicht nur vor infektiösen Erregern, sondern ist
auch in der Lage, maligne Zellen vor allem im Frühstadium zu attackieren [31]. Tumorimmunologische Vorgänge dürften sowohl für das maligne Melanom als auch für
nicht-melanozytären Hautkrebs von Bedeutung sein. Dadurch erklärt sich auch die Korrelation
zwischen Hautkrebsrisiko und Immunsuppression [32]. Die immunsuppressiven Effekte von UV-Strahlung scheinen daher aus praktischer Sicht
wesentlich relevanter für die Entstehung von Hauttumoren als für die Exazerbation
infektiöser Erkrankungen zu sein. Dieses Langzeitrisiko muss beim Einsatz der Phototherapie
stets abgewogen werden, was vor allem für Langzeitbestrahlungspatienten zutrifft.
Bei Vorhandensein entsprechender Indikationen ist dieses Risiko sicher vertretbar.
Dies gilt jedoch nicht für Bestrahlungen aus kosmetischen Indikationen. Diese sind
daher abzulehnen.