Aktuelle Dermatologie 2003; 29(6): 240-242
DOI: 10.1055/s-2003-40570
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Morbus Dowling-Degos in genitoperianaler Lokalisation bei Mutter und Tochter

Morbus Dowling-Degos in Genitoperianal Localisation in a Mother and DaughterR.  Jafari1 , M.  Tronnier1 , F.  Vakilzadeh1
  • 1Hautklinik, Städtisches Krankenhaus Hildesheim
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Dr. med. R. Jafari

Hautklinik, Städtisches Krankenhaus Hildesheim

Weinberg 1 · 31134 Hildesheim ·

Email: ranajafari@yahoo.de

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Publication Date:
15 July 2003 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Eine 31-jährige Frau sowie ihre 50-jährige Mutter zeigten retikuläre Hyperpigmentierungen genital und perianal. Die Diagnose eines Morbus Dowling-Degos in ausschließlich genitoperianaler Lokalisation wurde anhand histologischer und immunhistochemischer Untersuchungen gestellt.

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Abstract

A 31-year-old woman and her 50-year-old mother presented genital and perianal reticular pigmented lesions. The diagnosis of Dowling-Degos disease has been established by clinical and histopathologic findings.

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Einleitung

Beim Morbus Dowling-Degos („reticulate pigmented anormaly of the flexures”) handelt es sich um eine seltene Genodermatose mit autosomal-dominantem Erbgang von unterschiedlicher Penetranz, der eine Störung der epidermalen Proliferation zugrunde liegt. Klinisch ist der „klassische” Morbus Dowling-Degos durch eine netzartige Pigmentierung inguinal und axillär, später auch anderer Beugen des Körpers gekennzeichnet. Bei der hier vorgestellten Patientin sowie auch bei ihrer Mutter liegt eine ausschließlich genitoperianale Manifestation vor.

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Kasuistik

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Patientin 1 (Tochter)

Eine 31-jährige Patientin wurde uns von ihrem behandelnden Gynäkologen zur Abklärung von Hyperpigmentierungen genital und perianal überwiesen. Über den Zeitpunkt der Entstehung dieser Hyperpigmentierungen konnte die Patientin keine genaueren Angaben machen. Sie wusste auch nicht, ob ähnliche Hautveränderungen bei weiteren Familienmitgliedern bestehen.

Befund: Im Bereich der großen und kleinen Labien sowie perianal bestehen braune, gering über Hautniveau erhabene Hyperpigmentierungen, die durch Konfluenz ein netzartiges Muster bilden (Abb. [1 a] u. [b]). Am restlichen Integument besteht ein unauffälliger Hautbefund; die internistisch-orientierende Untersuchung zeigt keine Auffälligkeiten.

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Abb. 1a,b Retikuläre Hyperpigmentierungen genital (Patientin1).

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Histopathologie: Biopsie von der großen Labie: Die Epidermis zeigt eine Orthohyperkeratose, Akanthose mit schmalzapfig verlängerten Reteleisten. Die epidermalen Zellen sind basal deutlich hyperpigmentiert. Vereinzelt finden sich Pseudohornzysten (Abb. [2]).

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Abb. 2 Histologie (Patientin1): Akanthose der Epidermis mit ausgezogenen hyperpigmentierten Reteleisten, Hyperkeratose und Pseudohornzyste.

Immunhistochemie: Die Färbung mit Antikörpern gegen Melan-A zeigt keine Vermehrung von Melanozyten (Abb. [3]).

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Abb. 3 Immunhistologie: keine Vermehrungvon Melanozyten (Melan A).

Diagnose: Morbus Dowling-Degos in ausschließlich genitoperianaler Lokalisation.

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Patientin 2 (Mutter)

Die 50-jährige Mutter von Patientin 1 stellte sich zur Kontrolle der bei ihr seit dem 20. Lebensjahr bekannten Neurofibromatosis von Recklinghausen vor.

Befund: Bei der Ganzkörperinspektion zeigen sich neben den Veränderungen im Rahmen der bekannten Neurofibromatose (multiple Neurofibrome am gesamten Integument, Café au lait-Flecken und „axillary freckling”) ähnlich wie bei ihrer Tochter retikuläre Hyperpigmentierungen im Bereich der Labien und perianal (Abb. [4]).

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Abb. 4 Retikuläre Hyperpigmentierungen genital (Patientin 2).

Diagnosen: Morbus Dowling-Degos in ausschließlich genitoperianaler Lokalisation sowie Neurofibromatosis Recklinghausen.

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Besprechung

Wilson-Jones und Grice prägten 1978 den Namen „Morbus Dowling-Degos („reticulate pigmented anormaly of the flexures”), der auf Dowling und Freudenthal zurückgeht, die die Erkrankung 1938 erstmals als klinische Entität abgrenzten und auf Degos und Ossipowski, die sie 1954 unter der Bezeichnung „Dermatose pigmentaire reticulée des plis” erneut beschrieben [1] [2]. Die Erkrankung stellt eine seltene Genodermatose mit autosomal-dominantem Erbgang von unterschiedlicher Penetranz dar [3] [4]. Die typische Klinik besteht aus gesprenkelten bis netzförmigen Hyperpigmentierungen der Haut vor allem in den großen Gelenkbeugen und den Intertrigines. Dowling beschreibt in dem 1938 von ihm veröffentlichten Fall, dass die Pigmentierungen genital dunkler und nahezu konfluierend, axillär jedoch schwächer ausgeprägt waren. Unsere Patientinnen weisen ausschließlich Pigmentierungen im Vulva- und Perianalbereich auf. Ähnliche Fälle sind vereinzelt in der Literatur beschrieben [5].

Histopathologisch typisch für den Morbus Dowling-Degos sind eine Akanthose der Epidermis mit ausgezogenen hyperpigmentierten Reteleisten, Hyperkeratose und pseudozystische Horneinschlüsse.

Einige Autoren ordnen den Morbus Dowling-Degos in den Formenkreis der „umschriebenen retikulären Hyperpigmentierungen” ein, zu denen sie noch weitere in der Literatur ursprünglich eigenständig beschriebene Erkrankungen zählen. Neben der allen Erkrankungen gemeinsamen netzartigen Hyperpigmentierung zeigen sich weitere epitheliale Veränderungen unterschiedlicher Ausprägung. Dabei findet sich am einen Ende des Spektrums dieser Erkrankungen der Morbus Kitamura, der klinisch lediglich retikuläre Hyperpigmentierungen aufweist. Das andere Ende des Spektrums bilden die Pigmentatio reticularis faciei et colli mit epithelialer Zystomatose und die familiär auftretenden multiplen follikulären Hamartome. Zwischen diesen beiden Endpunkten werden das Haber-Syndrom, der Morbus Dowling-Degos und der Morbus Galli-Galli - eine akantholytische Variante des Morbus Dowling-Degos - gezählt (Tab. [1]) [6] [7].

Tab. 1 Umschriebene retikuläre Hyperpigmentierungen nach [6]
- Morbus Kitamura
- Morbus Dowling-Degos
- Morbus Galli-Galli
- Haber-Syndrom
- Pigmentatio reticularis faciei et colli mit epithelialer Zystomatose
- familiär auftretende multiple follikuläre Hamartome

Differenzialdiagnostisch muss beim „klassischen” Morbus Dowling-Degos die Acanthosis nigricans, aufgrund des familiären Vorkommens insbesondere die Acanthosis nigricans benigna familiaris, in Erwägung gezogen werden; wobei die Acanthosis nigricans klinisch meist aufgrund des kopfsteinpflasterartigen Oberflächenreliefs sowie des fehlenden retikulären Musters unterschieden werden kann. Des Weiteren sind die Papillomatosis confluens et reticularis (Gougerot und Carteau) [8] und die sommersprossenartigen Hyperpigmentierungen („axillary freckling”) bei Neurofibromatosis von Recklinghausen (die bei Patientin 2 im Rahmen des bei ihr bekannten Morbus Recklinghausen zusätzlich bestand) in die differenzialdiagnostischen Überlegungen miteinzubeziehen. Bei Befall des Genitoanalbereiches sollte differenzialdiagnostisch insbesondere an die Melanosis der Vulva [9] und die Lentiginosis profusa perigenitoaxillaris [10] gedacht werden. Histopathologisch kann insbesondere die Abgrenzung zur flachen bzw. adenoiden seborrhoischen Keratose schwierig sein.

Bisher besteht kein erfolgreiches therapeutisches Konzept in der Behandlung des asymptomatischen, lediglich kosmetisch störenden Morbus Dowling-Degos. Die lokale und systemische Anwendung von Retinoiden führte nicht zu einer verifizierbaren Besserung der Dermatose [11]. Es wurde vereinzelt über gute kosmetische Ergebnisse nach einer Laserbehandlung berichtet. Bei den beiden hier vorgestellten Patientinnen bestand kein Leidensdruck und folglich auch kein Therapiewunsch.

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Literatur

Dr. med. R. Jafari

Hautklinik, Städtisches Krankenhaus Hildesheim

Weinberg 1 · 31134 Hildesheim ·

Email: ranajafari@yahoo.de

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Literatur

Dr. med. R. Jafari

Hautklinik, Städtisches Krankenhaus Hildesheim

Weinberg 1 · 31134 Hildesheim ·

Email: ranajafari@yahoo.de

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Abb. 1a,b Retikuläre Hyperpigmentierungen genital (Patientin1).

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Abb. 2 Histologie (Patientin1): Akanthose der Epidermis mit ausgezogenen hyperpigmentierten Reteleisten, Hyperkeratose und Pseudohornzyste.

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Abb. 3 Immunhistologie: keine Vermehrungvon Melanozyten (Melan A).

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Abb. 4 Retikuläre Hyperpigmentierungen genital (Patientin 2).