Seit etwa 10 Jahren ist die chirurgische Volumenreduktion ein enthusiastisch und zum
Teil auch kontrovers diskutiertes Thema in der Schnittfläche zwischen Thoraxchirurgie
und Pneumologie. Der Beginn dieses neuen Therapieansatzes könnte aus der Retrospektive
betrachtet einem Roman entstammen: Ein Chirurg stellt in (relativ) alter Zeit fest,
dass mit der Entfernung von Lungengewebe die Dyspnoe bei Patienten mit Emphysem gebessert
werden kann [1]. Es fehlte jedoch die physiologische Dokumentation der Ergebnisse. Ein weiterer,
belesener und physiologisch geschulter Chirurg entdeckt die alte Beschreibung, setzt
sie in ein physiologisches Konzept, und bringt diesen chirurgischen Ansatz in die
Routine [2]. Somit besitzen nun Chirurgen einen sehr wirkungsvollen Ansatz für Patienten, bei
denen konservative Therapiemöglichkeiten nur begrenzt helfen können [3]
[4].
Der initiale Enthusiasmus über diese Erfolgsgeschichte einer chirurgischen Behandlung,
die vor 20 Jahren nicht denkbar war, hat bereits begonnen sich zu legen. Bereits in
den ersten Jahren der Erfahrung mit dieser Volumenreduktion wurde offensichtlich,
dass es sich um einen belastenden Eingriff bei schwerkranken Patienten mit eingeschränkten
physiologischen Reserven handelte. Dieser war nicht nur von erheblicher Morbidität,
sondern auch Letalität begleitet [2]
[5]. Bald wurde auch offensichtlich, dass Patienten mit homogenem Emphysem zwar eine
Verbesserung der Atemnot erfahren können, jedoch in Bezug auf objektive Parameter
wenig Nutzen aus der chirurgischen Volumenreduktion ziehen [6]. Es stellte sich weiter heraus, dass Patienten mit einem basal betonten heterogenen
Emphysem zwar eine drastische Verbesserung der Lungenfunktion früh nach dem Eingriff
aufweisen, viele dieser Patienten jedoch bereits nach 12 Monaten funktionell nicht
besser als vor dem Eingriff sind [6]. Bislang ist unklar, ob diese kurze „Halbwertzeit” der Verbesserung der Lungenfunktion
allein durch das spezifische Verteilungsmuster mit basaler Betonung der Bullae bedingt
ist oder ob nicht vielmehr der bei diesen Patienten so häufige α1-Antitrypsinmangel die entscheidende Rolle im Rezidiv des Emphysem spielt.
Die gerade veröffentlichten Daten der National Emphysema Treatment Trials [7] werfen ein nüchternes, aber nicht vollkommen negatives Licht auf den außerordentlichen
Enthusiasmus, mit dem viele Chirurgen weltweit dieses Werkzeug benutzten. Eine signifikante
Verbesserung von objektiven messbaren Parametern und Überleben war bei Patienten nachweisbar,
die eine deutliche Einschränkung von Lungenfunktion und körperlicher Leistungsfähigkeit
aufwiesen und gleichzeitig ein heterogenes Emphysem besaßen mit apikaler Betonung.
Die analysierte Nachuntersuchungszeit betrug 2 Jahre, und der nachweisbare Effekt
erschien im gesamten Nachuntersuchungszeitraum konstant zu bleiben. Hiermit bestätigt
diese große, multizentrisch angelegte Untersuchung die Berichte einzelner Gruppen,
die eine signifikante Verbesserung von subjektiven und objektiven Parametern im Vergleich
zur konservativen Behandlung einschließlich Rehabilitation bei einem Zeitraum von
2 bis 3 Jahren nachweisen konnten [2]
[3]
[4].
Zeigen uns diese Daten somit, dass die Lungenvolumenreduktion doch ein effektives
Behandlungsverfahren ist, das zu subjektiver und objektiver Verbesserung führt und
möglicherweise die Lebenserwartung verbessert? Die vorliegenden Daten können auch
anders interpretiert werden. Bis auf die genannten Patienten mit apikal betontem Emphysem
und schwerer Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit führt die Lungenvolumenreduktion
nicht zu einer messbaren Verbesserung des Patienten. Dagegen ist sie von nennenswerter
Morbidität und einer Letalität begleitet, die in erfahrenen Zentren mit exzellenter
Infrastruktur in der Größenordnung von 5 % liegt. In der positiv selektierten Subgruppe
war die Volumenreduktion geringfügig besser in Bezug auf Kosteneffizienz als die medikamentöse
Behandlung [8], bei allen anderen der - ohnehin im Rahmen der Studie hoch selektierten Patienten
- führte die Volumenreduktion zu einer erheblichen Kostensteigerung ohne objektivierbaren
Nutzen.
In Anbetracht der bei selektierten Patienten erzielten Verbesserung der Lungenfunktion
nach Volumenreduktion erscheint es als durchaus akzeptabel, über den Einsatz eines
solchen Prinzips im Zusammenhang anderer chirurgischer Verfahren nachzudenken. Die
chirurgische Behandlung von Erkrankungen der Thoraxorgane hat sich ja in den letzten
50 Jahren zur Routine mit hohem Qualitätsniveau entwickelt, stößt jedoch immer wieder
bei schwer fortgeschrittenen Erkrankungen der Lungen an physiologische Grenzen. Immer
wieder werden Patienten, bei denen ein chirurgischer Eingriff - wie zum Beispiel die
Resektion eines Bronchialkarzinoms - als potenziell lebensrettend gesehen werden muss,
als funktionell „inoperabel” eingestuft. Gerade bei diesen Patienten ergeben sich
dann wenig Alternativen, da auch die Strahlentherapie zu erheblichen funktionellen
Konsequenzen durch die Begleitpneumonitis führen können. Die von Herrn Teschner verfasste
Arbeit [9] stellt die interessante Hypothese auf, dass in bestimmten Konstellationen die Kombination
aus onkologischer Lungenresektion und Lungenvolumenreduktion möglich ist und sogar
zu sehr akzeptablen funktionellen Ergebnissen führt mit einer ausreichenden postoperativen
Lebensqualität der betroffenen Patienten. Ist dieses ein Konzept, das so klar und
erfolgreich ist, dass es in größerem Rahmen verfolgt werden sollte? - Letztendlich
wirft die Arbeit mehr Fragen auf als sie beantwortet.
Die Volumenreduktion als alleiniger Eingriff an der Lunge ist in erfahrenen Zentren
mit hervorragender Infrastruktur mit einer Letalität von 5 % und einer ernst zu nehmenden
Morbidität assoziiert. Die Zusammenfassung der 5 Kasuistiken lässt sicher keine Abschätzung
zu, wie das Morbiditäts- und Letalitätsrisiko eines kombinierten Vorgehens zu bewerten
ist, und ob möglicherweise das Letalitätsrisiko der Volumenreduktion den prognostischen
Vorteil der onkologischen Resektion neutralisieren könnte.
Die Lungenvolumenreduktion ist bisher ein Eingriff, der nur einem kleinen, hochselektierten
Anteil der Patienten mit Emphysem vorbehalten war. Trotz der bereits ausgeprägten
Selektion zeigen die Daten des National Emphysema Treatment Trials, dass ein objektiver
Vorteil durch die Behandlung nur bei einer Subgruppe dieser Patienten zu erzielen
ist. Diese Beobachtungen legen den Schluss nahe, dass die Kombination aus Volumenreduktion
und onkologischer Resektion bei nur einem verschwindend geringen Teil der betroffenen
Patienten überhaupt mit Aussicht auf Erfolg infrage käme. Andererseits könnte der
bei apikalem Emphysem nachgewiesene Überlebensvorteil auch in Kombination mit onkologischer
Resektion die Langzeitergebnisse verbessern.
Welche chirurgischen Strategien sollten für diese Patienten entwickelt werden? - Die
Antwort ist einfach, wenn ein superior betontes Raucheremphysem vorliegt, und der
Oberlappen der Sitz des Bronchialkarzinoms ist. Liegt der Primärtumor dagegen in noch
adäquat erhaltenem, basalem Lungengewebe, wird eine Resektion mit ausreichender onkologischer
Konsequenz, d. h. Lobektomie, in der Regel funktionell nicht möglich sein. Der Sitz
eines Tumors im emphysematösen Oberlappen wirft allerdings auch die Frage auf, ob
unter diesen Bedingungen nicht allein schon die onkologisch orientierte Lobektomie
einen eigenen volumenreduzierenden Effekt haben würde, ohne dass zusätzliche Maßnahmen
an der Lunge erforderlich wären.
Es ist zunehmend wichtiger, dass sich der Thoraxchirurg mit der Physiologie der Lunge
intensiv auseinandersetzt und versucht, diese in seinen therapeutischen Strategien
zu berücksichtigen. Genauso wichtig ist es jedoch, standardisierbare Konzepte zu entwickeln
und diese auf den Prüfstand kontrollierter und prospektiver Studien zu stellen.