Der Klinikarzt 2003; 32(6): 183
DOI: 10.1055/s-2003-40294
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Reisen?

B. Stegemann1
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Prof. Dr. B. Stegemann

Hagen

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Publication Date:
30 June 2003 (online)

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    Beim Thema Reisen gibt es für fast alles ein gutes Argument für und wider. Das gilt sowohl für die Intention zur Reise überhaupt als auch für die Distanz zum Ziel. Während sich die einen in heimischen Gefielden am wohlsten fühlen, kann anderen das Reiseziel nicht weit genug entfernt und exotisch genug sein.

    Reisen bildet, fördert die Völkerverständigung - und es ist ein tolles Gefühl, nach einem vielstündigen, beengten Flug in einem bis dahin unbekannten und traumhaft schönen Land zu sein. Eine solche Erwartung lässt uns leicht über Gefahren und Risiken, auch für die Gesundheit, hinwegsehen. Sich bei Fernreisen vorher genau zu informieren und beraten zu lassen, ist in allen Altersklassen unerlässlich. Die Entwicklung des Tourismus und der medizinische Fortschritt erlauben, dass auch ältere Menschen und chronisch Kranke fast problemlos weit entfernte Reiseziele erreichen können. Um unkalkulierbare Risiken zu vermeiden, sollte man sich vor Reisebeginn informieren. Einschlägige Literatur, Reiseberichte und Internetdienste - und natürlich insbesondere der Arzt - können dem Reisenden raten, mit welchen Gefahren oder Risiken zu rechnen ist. Denn ein kalkulierbares Risiko und bekannte Gefahren sind weitaus bessere Reisevoraussetzungen als einfach drauflos zu reisen. Vorinformationen lohnen und tragen dazu bei, dass auch aus der „Billigfernreise” nicht eine allzu teure Reue wird.

    Immer mehr Menschen verreisen mit einer „Last-Minute-Reise” sozusagen „auf den letzten Drücker”, und viele glauben fälschlicherweise, man könne wenige Tage vor einer Fernreise keine gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen, insbesondere keine Impfungen mehr durchführen lassen. Doch notfalls können wichtige Impfungen sogar bis zum Tag der Abreise erfolgen. Insbesondere gilt dies natürlich für Wiederholungsimpfungen. Sinnvoller jedoch ist es allemal, diese nicht unter Zeitdruck vorzunehmen, um „Reisestress” zu vermeiden und in Ruhe fachkundigen Rat einholen zu können.

    Seit Jahren reisen immer mehr Touristen auch in die Tropen. Die dort herrschenden, für uns ungewohnten Klimabedingungen, unbekannte Krankheitserreger und veränderte Hygieneverhältnisse erfordern eine besonders gut überlegte reisemedizinische Vorbereitung. Dabei helfen auch Behörden - wie Gesundheitsämter, Tropeninstitute, Hygieneinstitute (z.B. das Robert-Koch-Institut in Berlin) oder auch direkt die WHO. Aber nicht nur bei Reisen in die Tropen sondern auch in Europa drohen gesundheitliche Gefahren.

    Besonderen Risiken ausgesetzt sind vielfach ältere Menschen, Kleinkinder und Schwangere - abhängig von Art, Zeit und Dauer der Reise. Denken Sie daran: Eine reisemedizinische Beratung kann in manchen Fällen auch darin bestehen, von der Reise abzuraten. Auf jeden Fall sollte, vor allem bei kurzfristigen Planungen, ein Schutz vor Infektionskrankheiten im Reiseland bedacht werden. Es sollte dafür gesorgt sein, dass der Körper mit den Reise- und Urlaubseskapaden, die uns heute angeboten werden, mithalten kann. Oft genug aber kommt die „Seele” erst dann am Reiseziel an, wenn schon wieder zur Rückreise geblasen wird. Das zeigt sich auch daran, dass man dann noch ein paar Tage bleiben möchte. Mit Erholung hat der Urlaub in diesem Fall nicht unbedingt viel zu tun, er wird nur zum Reisen benutzt.

    Wie sagte schon Johann Wolfgang von Goethe so treffend: „Unvorbereitetes Wegeilen bringt unglückliche Wiederkehr.”

    Gute Reise!

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