Durch das Varicella-Zoster-Virus werden zwei Krankheitsbilder verursacht: Die Windpocken
(Varizellen) und die Gürtelrose (Herpes zoster). Bei den Windpocken handelt es sich
um eine hochansteckende Infektionskrankheit des Kindesalters. Herpes zoster ist eine
durch Reaktivierung einer latenten Infektion des Spinalganglions entstandene Hauterkrankung
durch das Varizella-Zoster-Virus. Die Inzidenz der Gürtelrose nimmt linear mit dem
Alter zu, wobei in seltenen Fällen der Herpes zoster bereits in den ersten Lebensjahren
auftreten kann. Zum 50. Lebensjahr liegt die Inzidenz des Herpes zoster bei etwa zwei
bis drei Fällen pro 1000 Personen pro Jahr. Ab dann zeigt sich ein deutlicher Anstieg.
Die Hälfte aller Menschen, die das 85. Lebensjahr erreichen, erkranken zu irgend einem
Zeitpunkt ihres Lebens an einer Gürtelrose. Aufgrund der ständig zunehmenden Lebenserwartung
der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland ist die Diagnose „Herpes zoster” zunehmend.
Gehäuft und oftmals ungewöhnlich schwere Zosterverläufe kommen bei Immunsupprimierten,
insbesondere bei HIV-infizierten Patienten, vor. Hier tritt der Zoster meist in früherem
Alter, oftmals in hämorrhagisch-bullöser Form, teils mehrere Dermatome umfassend und
mit längerer Verlaufsdauer und Therapieresistenz, auf. Eine Gürtelrose mit schwerem
Krankheitsverlauf bei jungen Erwachsenen gilt als „Indikatorerkrankung” und kann Ausdruck
einer ersten klinischen Manifestation einer bis dato nicht bekannten HIV-Infektion
sein. Ein interessantes Phänomen ist das Auftreten eines Herpes zoster als „Immunrekonstitutionssyndrom”
im Rahmen einer bestehenden HIV-Erkrankung nach Beginn einer hochaktiven antiretroviralen
Therapie (HAART). Hier kommt es im Rahmen der Rekonstitution des Immunsystems neben
dem Abfall der HIV-RNA im Serum zu einem Anstieg CD8-positiver Zellen. Der Anstieg
der Suppressorzellen scheint mitverantwortlich für das Auftreten eines Herpes zoster
unter antiretroviraler Therapie zu sein. Eine weitere Risikogruppe sind Krebspatienten.
Kinder, die an einer Leukämie erkrankt sind, weisen eine 50-100fach höhere Inzidenz
als gesunde Gleichaltrige auf. Dies sind Hinweise auf die Abhängigkeit der Varizella-Zoster-Virus-Reaktivierung
von der zellvermittelten Immunität.
Klinisches Bild eines Herpes zoster
Klinisches Bild eines Herpes zoster
Vor dem Auftreten erster Hautveränderungen kommt es in der Regel zu prodromalen Schmerzen
und Parästhesien im betroffenen Dermatom. Häufig werden Müdigkeit und Fieber beschrieben.
Nach dem Prodromalstadium kommt es zu - charakteristischerweise gruppiert angeordneten
- erythematösen Makulae, Papeln und Vesikeln. Am häufigsten tritt der Herpes zoster
im Brust- und im Kopfbereich auf. Seltener sind zervikale, lumbale oder sakrale Dermatome
betroffen. Beim Herpes zoster im Kopfgebiet können meningeale Erscheinungen wie Nackensteifigkeit
und Kopfschmerzen auftreten. Beim Zoster ophthalmicus kommt es zu Hautveränderungen
im Bereich des Verlaufes des 1. Trigeminusastes. Die Umgebung des Auges und der Augenlider
können gerötet und ödematös geschwollen sein. In diesen Fällen ist eine ophthalmologische
Konsultation angeraten, da der Zoster auf die Konjunktiven und auf die Cornea übergreifen
kann und hier die Gefahr einer Keratitis mit Hornhautulzera besteht. Der Zoster oticus
ist in der Regel auf das äußere Ohr (Ohrmuschel und Ohrumgebung) beschränkt. Bei Mitbeteiligung
des Innenohrs besteht die Gefahr einer Affektion des Trommelfells sowie Gefahr der
Akusticus- und Fazialislähmung. Auch hier sollte frühzeitig ein HNO-Arzt zur Mitbehandlung
eingeschaltet werden.
Verlauf des Herpes zoster
Verlauf des Herpes zoster
Das Aufschießen der charakteristischen gruppiert stehenden Bläschen dauert in der
Regel zwei bis drei Tage. Nach etwa einer Woche trübt der Bläscheninhalt gelblich
ein und die Austrocknung der Bläschen beginnt. 14 Tage später findet sich meist nur
noch eine festhaftende Kruste, zur Narbenbildung kommt es jedoch nur bei schweren
hämorrhagisch-nekrotisierenden Verläufen (Zoster hämorrhagicus) oder wenn es zu bakteriellen
Sekundärinfektionen gekommen ist. Komplikationen können sowohl im Verlauf eines akuten
Zosters als auch als chronische Folgekrankheit in Erscheinung treten. Komplikationen
betreffen Haut, Auge und zentrales Nervensystem. Die häufigste und besonders beeinträchtigende
Komplikation ist der chronische Zosterschmerz (postherpetische Neuralgie). Oft überdauert
er die eigentliche Zostererkrankung langfristig. Der Zoster generalisatus ist selten.
Hierbei entwickelt sich ein exanthematisches, über das primär befallene Segment hinausgehendes,
varizellenähnliches Bild. Bei immundefizienten Patienten wird der Zoster generalisatus
wesentlich häufiger beobachtet. Eine Abklärung einer möglichen zugrundeliegenden Erkrankung,
die mit einem Immundefekt einhergeht, muss bei dieser Verlaufsform der Zostererkrankung
erfolgen. Es kann zum Befall innerer Organe (Pneumonie, Ösophagitis, Myokarditis,
Enterokolitis, Pankreatitis, Arthritis) kommen.
Therapie des Herpes zoster
Therapie des Herpes zoster
Die Therapie des Herpes zoster beinhaltet Hemmung der Virusreplikation, Schmerztherapie
in der Akutphase, Verhinderung von Sekundärinfektionen und Hautschäden sowie Verhinderung
der Zosterneuralgie. Die äußerliche Therapie richtet sich nach der Akuität der Erkrankung.
Bei frischen Bläschen kann eine 2 %ige Clioquinol Lotio dünn auf die befallenen Areale
aufgetragen werden. Nach Eintrocknen der Bläschen können antiseptische oder antibiotische
Salben beziehungsweise Cremes sinnvoll sein. In der aktuellen antiviralen Therapie
des Herpes zoster ist Aciclovir (Zovirax®) bei schweren Zosterverläufen das Medikament
der ersten Wahl. Es erfolgen 3mal täglich Einzelinfusionen mit 5 mg/kg KG im Abstand
von acht Stunden. Bei Patienten mit Immundefekt kann die Dosierung auf 10 mg/kg KG
erhöht werden. Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel 5-7 Tage bis zur deutlichen
Besserung des Hautbefundes. Gegebenenfalls kann die Aciclovir-Therapie auch oral für
einige Tage fortgesetzt werden. Bei Patienten, bei denen eine intravenöse Aciclovir-Behandlung
nicht möglich ist, beträgt die Dosierung oral 800 mg 5mal täglich alle vier Stunden.
Die analgetische Therapie richtet sich nach dem Grad des Schmerzzustandes entsprechend
der WHO-Richtlinien. Bei leichten Schmerzen kann Acetylsalicylsäure oder Paracetamol,
bei schwereren Schmerzen Metamizol oder Tramadol verabreicht werden. Generell gilt
das Bestreben, bereits im Akutstadium eines Herpes zoster Schmerzfreiheit durch eine
konsequente Schmerztherapie zu erzielen. Eine frühestmögliche systemische antivirale
Therapie in Kombination mit einer konsequenten Schmerztherapie ist der entscheidende
Ansatz, um das Auftreten von postzosterischen Neuralgien zu verhindern.
Abb. 1
Abb. 2