Rehabilitation (Stuttg) 2003; 42(3): 175-176
DOI: 10.1055/s-2003-40100
Bericht
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

„Ziele, Rahmenbedingungen, differenzielle Aspekte und Evaluation von Patientenschulungen”

Arbeitstagung des Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbundes Bayern in Kooperation mit der Arbeitsgruppe „Patientenschulung” im Rehabilitationswissenschaftlichen Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Deutschen Rentenversicherung vom 13. - 14.1.2003 in Würzburg“Objectives, Setting Conditions, Differential Aspects and Evaluation of Patient Education Programmes”- Working Conference of the Bavarian Rehab Research Network, RFB, in Cooperation with the “Patient Education” Working Group, January 13 - 14, 2003 in WürzburgA.  Reusch1 , M.  Worbach1 , H.  Vogel1 , H.  Faller1
  • 1Rehabilitationswissenschaftlicher Forschungsverbund Bayern (RFB) und Arbeitsgruppe „Patientenschulung”, Würzburg
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Publication Date:
18 June 2003 (online)

Zum dritten Mal in Folge konnte im Rahmen des Förderschwerpunktes „Rehabilitationswissenschaften” eine Tagung zum Thema Patientenschulung in Würzburg durchgeführt werden. Die jeweils 2-tägige Veranstaltung wird seit 1999 regelmäßig vom Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbund Bayern (RFB) und der Arbeitsgruppe „Patientenschulung” ausgerichtet. Die Tagungen verfolgen das Ziel, neue Entwicklungen in der rehabilitativen Patientenschulung zeitnah zu publizieren und aktuelle Ansätze aus Forschung und Praxis zu vernetzen (siehe auch Tagungsberichte unter: www.uni-wuerzburg.de/rehabilitation/patientenschulung; Themenschwerpunkthefte siehe [1] [2]). Bei der diesjährigen Tagung wurden in vier Themenblöcken die Ziele von Patientenschulung, Rahmenbedingungen und differenzielle Aspekte sowie Methoden der Evaluation vorgestellt und mit knapp 100 Teilnehmern diskutiert. Bewährte Tagungsstätte war auch in diesem Jahr das Bildungszentrum des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger in Würzburg.

Der erste Themenblock umfasste 4 Vorträge zu den derzeit diskutierten Zielen der Patientenschulung: Petra Warschburger, Bremen, gab einen einleitenden Überblick zu Zielen und Konzepten der Patientenschulung. Stephan Mühlig, Dresden, erläuterte in seinem Vortrag Formen und messmethodische Fragen zum Ziel Compliance und Michael Wittmann, Bad Reichenhall, referierte im Anschluss gesundheitsökonomische Ziele der Patientenschulung. Abschließend gab Hermann Faller, Würzburg, einen Überblick zu Empowerment als übergeordneter Zielsetzung der Patientenschulung.

Der zweite Themenblock der Tagung beschäftigte sich mit den Strategien und Rahmenbedingungen einer Patientenschulung in der medizinischen bzw. psychosomatischen Rehabilitation: Norbert Hermanns, Bad Mergentheim, zeigte den empirischen Kenntnisstand zu den Erfolgen von Patientenschulungen mit reiner Wissensvermittlung im Unterschied zu verhaltensmedizinischen Ansätzen. Anhand einer längsschnittlichen Multicenterstudie konnte Wolfgang Bürger, Hamburg, zeigen, dass sich stationäres und ambulantes Setting als Rahmenbedingungen der Patientenschulung hinsichtlich wichtiger Patienten- und Behandlungsvariablen nicht unterscheiden. Claus Bischoff, Bad Dürkheim, belegte im Anschluss, dass in einem Modellprojekt die motivierenden Maßnahmen zur Vor- und Nachbereitung stationärer Rehabilitation bessere Effekte erzielten als die übliche stationäre Rehabilitation. Ähnliche Ansätze erläuterte Rudolph Schulte, Bad Rothenfelde, hinsichtlich des Einsatzes von Booster-Schulungen zur Auffrischung von Patientenschulungen.

Im dritten Block wurden differenzielle Aspekte der Patientenschulung thematisiert, wie die unterschiedlichen Indikationen der Rehabilitanden, Alter, geschlechtsspezifische Aspekte und differenzielle Motivationslagen: Ulrike Worringen, Berlin, berichtete über das derzeit im Druck befindliche aktualisierte Gesundheitstraining der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und stellte dabei insbesondere die neuen störungsspezifischen Schulungsprogramme des Programms vor. Mit einer Zusammenfassung derzeitiger Erkenntnisse zu geschlechtsspezifischen Differenzen bei PatientInnen mit koronaren Herzerkrankungen konnte Ursula Härtel, München, zeigen, dass wesentliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Erkrankungsverlauf eine geschlechtsspezifische Patientenschulung für Herzpatientinnen nahe legen. Veronika Ströbl, Würzburg, stellte erste Ergebnisse einer Multicenterstudie zur Motivation zur Durchführung von Entspannungsübungen vor, die ebenfalls Hinweise für differenzielle Angebote lieferten.

Im vierten Themenblock konnten forschungsmethodische Aspekte zur Evaluation von Patientenschulungen diskutiert werden: Hermann Faller, Würzburg, gab einen umfassenden Überblick zu Fragestellungen und Designs. Der Vortrag machte deutlich, dass zu unterschiedlichen Forschungsfragestellungen jeweils unterschiedliche methodische Designs anzuwenden sind. Im Anschluss stellte Heiner Vogel, Würzburg, verschiedene quasiexperimentelle Designs, deren Voraussetzungen, Umsetzungsformen und spezifische Anforderungen vor. Rüdiger Nübling, Karlsruhe, erläuterte Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Strategien der Ergebnismessung und Marc Worbach, Würzburg, leistete am Ende der Tagung einen Beitrag mit Überlegungen zur statistischen und klinischen Bedeutsamkeit.

Die von allen Teilnehmern als erfolgreich bewertete Tagung hatte das Ziel, die aktuell diskutierten Ansätze in Patientenschulungen aus verschiedenen Blickrichtungen zu präsentieren und zur Entwicklung, Modifikation und Evaluation von Schulungen anzuregen. Dabei sollte die Definition neuer Zielsetzungen der Patientenschulung (Empowerment und damit Erhöhung von Compliance, Selbstwirksamkeitserwartung und Ökonomie) richtungsweisend für Neuentwicklungen von Patientenschulungen sein. Bestehende Maßnahmen sollten hinsichtlich differenzieller Aspekte auf Seiten der Patienten (Indikation, Alter, Geschlecht, Motivation) angepasst und modifiziert werden. Neue Strategien und alternative Rahmenbedingungen (verhaltensmedizinische Inhalte, ambulante Settings, Vor- und Nachbetreuung stationärer Rehabilitationen und Booster-Schulungen) sollten die klassischen stationären Schulungen ergänzen. Schlussendlich wird empfohlen, alle Entwicklungen und Modifikationen mittels angemessener Forschungsmethoden zu evaluieren.

Literatur

  • 1 Reusch A, Ellgring H (Hrsg). Patientenschulung: Brücke zwischen Forschung und Praxis.  Prax Klin Verhaltensmed Rehab. 2001;  2 14
  • 2 Vogel H, Reusch A (Hrsg). Patientenschulung in der Rehabilitation. Erfahrungen und Entwicklungen.  Prax Klin Verhaltensmed Rehab. 2000;  3 13

Dipl.-Psych. Andrea Reusch

Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie der Universität Würzburg, Arbeitsbereich „Rehabilitationswissenschaften”

Marcusstraße 9 - 11

97070 Würzburg

Email: a.reusch@mail.uni-wuerzburg.de

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