Der Begriff „akutes Abdomen” ist ein sehr unglücklicher, aber insgesamt gängiger Begriff.
Er weist auf einen häufig dramatischen Krankheitsbefund im Bauchraum hin und ist ganz
klar verbunden mit dem Überbegriff „Schmerz”, unter dem der Patient leidet und sich
an den erfahrenen Mediziner wendet.
Was verbirgt sich dahinter? Zum einen kann eine akute Pankreatitis bei einem adipösen
Patienten mit prallem Abdomen vorliegen, zum anderen aber auch Darmsteifungen bei
einem kachektischen Tumorpatienten. Dieses vielschichtige Unbehagen „aus dem Bauch
heraus” entscheidet über Wohl und Wehe des Patienten - Risikominimierung oder lebensgefährliche
Risikoerhöhung. Sie entscheidet aber auch über ökonomische Sparsamkeit bis zu notwendigen
hohen Ausgaben auf der Intensivstation. Für einen Chirurgen, der sich seit Jahrzehnten
mit diesem - zunächst unklaren - Krankheitsbild befasst, ist die Auflösung relativ
einfach. In den meisten Fällen kommt man zu einem Ergebnis. Dabei geht es um die Entscheidungsfrage:
Kann man das weitere Vorgehen konservativ gestalten und den Patienten auf einfache
Weise heilen und ihm eine schädigende, unnötige Operation ersparen? - Oder ist es
dramatisch wichtig, sofort zu handeln und operativ tätig zu werden.
Der Schmerz ist neben dem geblähten Abdomen häufig das bedeutsamste Symptom. Schmerzmittel
zu verabreichen, um dem „leidenden” Menschen zu helfen, kann oft extrem kontraproduktiv
sein! Der Schmerz muss vielmehr als rotes Signal erhalten bleiben, bis die Indikation
zur Operation gestellt ist. Gerade bei Notfallpatienten wird häufig Buscopan verabreicht,
um vielleicht das Krankheitsbild zum Besseren zu wandeln. Der das Abdomen untersuchende
Chirurg ist irritiert und tastet unter mehr oder weniger adipösen Bauchdecken nichts,
was ihm ein Signal gibt. Das ist das Gefährliche. Zeitverzögerung kann risikoerhöhend
sein. Ein übersehener Bridenileus, der als Gastroenteritis drei Tage behandelt wird,
hat unweigerlich aufgrund der Strangulation das erhöhte Risiko einer Durchwanderungsperitonitis
und einer Dünndarmresektion zur Folge. Auf der anderen Seite besteht natürlich auch
die Gefahr, dass ein konservativ denkender Mediziner zu dem klaren Schluss kommt,
nicht jedes „Bauchweh” muss operativ behandelt werden. In diesem Spannungsbogen befindet
sich unsere Vorstellung um den Symptomenkomplex „akutes Abdomen”.
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Anamnese
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klinische Untersuchung eines erfahrenen Arztes
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Abdomenübersicht
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Sonographie
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Labor
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Vielleicht Computertomographie.
Die Entscheidung, ob konservatives Vorgehen oder operatives Vorgehen, sollte immer
jeweils dem vor Ort anwesenden erfahrensten chirurgischen Kollegen überlassen werden.
Er übernimmt die Verantwortung und auch er wird sicher Fehler begehen, wie jeder von
uns. Ein wichtiger Punkt ist, dass gerade beim alten Menschen die Spannbreite der
Toleranz sehr viel geringer ist. Trotz des hohen Alters muss man oft viel früher die
Indikation zur Operation stellen. Dass dies nicht immer zutrifft, mag vielleicht durch
die irreführenden Aussagen verwirrend wirken, dass nicht jede Magenperforation operiert
werden muss oder jede Milz-, Leber- oder Nierenruptur geradewegs in den OP führt.
Medikamentös ein akutes Abdomen zu therapieren ist möglich, aber schwierig, und von
jedem Einzelfall abhängig. Die Therapie sollte in jedem Falle in einer chirurgischen
oder gastroenterologischen Abteilung eines Krankenhauses erfolgen, da der Rattenschwanz
an Komplikationen, Fehlentscheidungen und richtigen Wertungen unglaublich groß ist.
Unter'm Strich: Die Behandlung des Symptomenkomplexes „akutes Abdomen” gehört wegen
der medizinischen Komplexität trotz wenig aufwendiger Diagnostik in die Hand eines
erfahrenen Gastroenterologen oder Chirurgen.