Einleitung
Vor allem im englischsprachigen Raum weisen diverse Arbeiten seit
längerem darauf hin, dass ambulante Opiatentzüge in verschiedenen
Settings erfolgreich und sicher durchführbar sind [1 9]. Im deutschsprachigen Raum wird der ambulante
Opiatentzug seit einigen Jahren in verschiedenen Projekten praktiziert, und
auch hier zeigen die veröffentlichten Ergebnisse, dass der ambulante
Opiatentzug - tramadol-, codein-, methadon- oder
buprenorphingestützt - bei unterschiedlich zusammengesetzten
Untersuchungsgruppen, unterschiedlichen Programmen und Erfolgskriterien von
etwa einem Viertel bis zwei Drittel drogenfrei abgeschlossen wird
[10 14].
In den Arbeiten von Bonorden-Kleij et al. [11], Piest [13] und Tsialtsudis
et al. [10] gab es erste Indikationshinweise:
KlientInnen, die zu Entzugsbeginn relativ besser sozial bzw. beruflich
integriert waren oder in einer festen Partnerschaft lebten, beendeten den
ambulanten Entzug häufiger erfolgreich. Sehr starker Heroinkonsum oder
Benzodiazepinbeikonsum vor Entzugsbeginn reduzierten die
Erfolgswahrscheinlichkeit beim ambulanten Entzug.
Zielsetzung der vorliegenden Studie war es zu untersuchen,
-
welcher Personenkreis durch ein ambulantes Entzugsprojekt
erreicht wird und
-
wie die Entzugsverläufe und -ergebnisse sind.
-
Des Weiteren sollte überprüft werden, ob sich die
angeführten Prädiktorvariablen auf Seiten der KlientInnen replizieren
lassen und ob es weitere KlientInnenvariablen bzw. Prozessvariablen gibt, die
im Zusammenhang mit erfolgreichen Entzugsabschlüssen stehen.
Untersuchungsdurchführung
In die Studie wurden alle KlientInnen einbezogen, die im
Entzugsprojekt VIVA des Trägers Jugendhilfe e. V. in Hamburg
innerhalb eines Jahres einen ambulanten Entzug begonnen hatten
(n = 111). KlientInnen mit einem hohen Beigebrauch von
anderen Suchtmitteln sowie mit erkennbaren schweren psychiatrischen und/oder
stationär behandlungsbedürftigen körperlichen Erkrankungen
wurden an entsprechende stationäre Entzugsstationen verwiesen.
Die Entzugseinrichtung war für 10 ambulante Entzugsplätze
konzipiert und personell mit einer halben Arztstelle, zwei
Krankenschwesterstellen sowie einer Sozialpädagogenstelle ausgestattet.
Der Entzug wurde methadongestützt durchgeführt. Die KlientInnen
erschienen täglich in der Entzugsambulanz, erhielten dort im Regelfall
Methadon, ärztliche Betreuung und psychosoziale Begleitgespräche
hinsichtlich der Entzugsbeschwerden und aktuellen Befindlichkeit. Die
Anfangsdosierung beim methadongestützten Entzug betrug meist 4 Milliliter
(MW = 3.9; SD = 1.3), maximal 10
Milliliter. Im Programm verpflichtend war die Teilnahme an einem
Einzelgespräch pro Woche, zusätzlich bestand das Angebot einer
wöchentlichen Gesprächsgruppe. Der direkte Betreuungsaufwand pro
Klient und Woche lag bei 5 Stunden. Die nichtärztliche Betreuung war stark
am Setting der klassischen Sozialarbeit orientiert. Die Gesprächsinhalte
richteten sich nach den Bedürfnissen des Klienten.
Dem Entzugsprogramm lag kein spezifischer Ansatz für die
psychosoziale Begleitung der Klienten zugrunde. Es kamen weder an Theorien
orientierte, noch an psychotherapeutische Schulen angelehnte Interventionen und
Begleitungen zum Einsatz.
Der Hälfte der KlientInnen wurde von Beginn der zweiten
Jahreshälfte an ein begleitendes Akupunkturprogramm angeboten, an dem
letztlich n = 23 teilnahmen. Die Akupunktur wurde als
Ohrakupunktur nach dem NADA-Protokoll durch eine geschulte Krankenschwester im
Mittel zweimal wöchentlich durchgeführt.
Die Klienten wurden während des Entzuges täglich vor der
Methadonabgabe anhand einer einrichtungsintern entwickelten, 21 Items
umfassenden Entzugssymptomliste zu ihrer physischen und psychischen
Befindlichkeit und Schlafdauer befragt. Ausgewertet wurde die Anzahl an Tagen,
an denen ein Symptom während des Entzugs auftrat, relativiert an der
Entzugslänge in Tagen. Hierdurch wurde eine Wahrscheinlichkeit des
Auftretens eines bestimmten Symptoms pro Tag ermittelt.
Auswertung
Retrospektiv extern ausgewertet und verrechnet wurden die in der
einrichtungsinternen Dokumentation vorliegenden Anamnese- und
Entzugsverlaufsdaten. An statistischen Prüfverfahren wurden je nach
Datenqualität parametrische (t-Test, Varianzanalyse) bzw.
nicht-parametrische Tests (χ2-Test; Fisher-Test, Friedman-Test,
Mann-Whitney-U-Test) und als Zusammenhangsmaße Rangkorrelationen nach
Spearman bzw. Cramer-V verwendet. Es wurde jeweils mit zweiseitiger
Fragestellung geprüft.
Ergebnisse
Deskription der EntzugsteilnehmerInnen
Die EntzugsteilnehmerInnen konnten hinsichtlich wesentlicher
Anamnesemerkmale folgendermaßen näher beschrieben werden:
Drogenkonsum
Vor dem Entzug wurde bei 88 % der Klienten
täglicher Konsum von Heroin dokumentiert, bei 12 %
täglicher Konsum von Methadon, bei 16 % Alkohol, bei
9 % Kokain und bei 7 % Benzodiazepine.
Clusteranalytisch (Brosius [15]) konnten unter
Berücksichtigung der Häufigkeiten des Konsums von Heroin, Kokain,
Benzodiazepinen, Methadon und Alkohol fünf Drogenkonsumtypen beschrieben
werden: HeroinkonsumentInnen mit wenig weiterem Drogenkonsum
(55 % der Gesamtgruppe); Heroin-/AlkoholkonsumentInnen
(14 %), Heroin-/KokainkonsumentInnen (12 %),
Methadonsubstituierte mit häufigerem Heroin-, Alkoholkonsum
(11 %) und HeroinkonsumentInnen mit Benzodiazepinkonsum
(7 %). Im Mittel gaben die EntzugsteilnehmerInnen 6,7 Jahre
Heroinkonsum an.
Soziodemographische Merkmale
79 % der Entzugsteilnehmer waren Männer mit
einem Altersmittelwert von 29,8 Jahren, 21 % waren Frauen mit
einem Altersmittelwert von 27,6 Jahren; 22 % befanden sich in der
Alterskategorie bis 21 Jahre. 85 % der EntzugsteilnehmerInnen
waren deutscher Nationalität. 21 % hatten keinen
Hauptschulabschluss, 44 % Hauptschulabschluss, 24 %
mittlere Reife, 11 % Hochschulreife. 45 % konnten
eine abgeschlossene Berufsausbildung aufweisen. 50 % hatten
Vorstrafen, 38 % Hafterfahrungen.
Soziale Situation
38 % der Entzugsteilnehmer standen in einem
Arbeitsverhältnis. Ihren Lebensunterhalt finanzierten 36 %
über Sozialhilfe. 70 % waren verschuldet. 58 %
lebten in einer eigenen Wohnung allein oder in Partnerschaft,
29 % bei Angehörigen. 75 % waren ledig,
9 % verheiratet. Jede/r Vierte (28 %) hatte Kinder.
59 % lebten in fester Partnerschaft.
Kontakt zum Drogenhilfesystem
55 % hatten bisher keinen regelmäßigen
Kontakt zu einer Drogenhilfeeinrichtung. 55 % hatten bereits
mindestens einen stationären Entzug begonnen, 26 %
mindestens eine stationäre Therapie und 8 % mindestens eine
ambulante Therapie. 31 % waren bereits substituiert gewesen.
Gesundheitszustand
Gemäß ärztlicher Eingangsuntersuchung wiesen
70 % einen unauffälligen körperlichen Allgemeinzustand
auf, bei 57 % war der Zahnstatus unauffällig.
38 % kamen mit Hepatitis C, 17 % mit Hepatitis B,
2 % mit HIV-Infektion, 3 % mit Abszessen.
28 % berichteten von Suizidversuchen im Laufe ihres Lebens.
Entzugsverlauf
Unter Berücksichtigung aller ProgrammteilnehmerInnen dauerte
der erste Entzug im Mittel drei Wochen (MW = 21 Tage;
SD = 11). Ein regulärer Abschluss des Entzugs lag
vor, wenn der Klient kein Substitut mehr erhielt und die letzte Urinkontrolle
negativ war. Dieses Entzugsziel erreichten 27 % aller in das
Programm eingetretenen Klienten nach dem ersten Entzug.
35 Klienten (31 %) unterzogen sich einem zweiten
Entzug. Der zweite Entzug begann im Mittel 2,5 Monate nach dem ersten Entzug.
34 % der Klienten konnten diesen regulär abschließen.
Der zweite Entzug dauerte im Durchschnitt ebenfalls etwa drei Wochen
(MW = 22 Tage). Zusammengefasst: Von 111 KlientInnen, die
einen Entzug begonnen hatten, konnten 31 % einmal den Entzug
regulär mit negativer Urinkontrolle und ohne Substitutionsmittel
abschließen.
Im Mittel dauerten die regulär abgeschlossenen Entzüge
27 Tage (SD = 10) und die abgebrochenen Entzüge 19
Tage (SD = 10; p < 0,001). Die
regulär beendeten zweiten Entzüge dauerten im Mittel 29 Tage
(SD = 10) und die abgebrochenen 18 Tage
(SD = 10; p < 0,001). KlientInnen mit
regulär abgeschlossenem ersten Entzug beendeten den zweiten Entzug
häufiger regulär als KlientInnen mit abgebrochenem ersten Entzug
(p < 0,05).
Bis zum Ende der zweiten Woche befanden sich noch
73 %, bis zum Ende der dritten Woche noch 53 %
aller aufgenommenen KlientInnen im Entzugsprogramm. 38 %
derjenigen mit mindestens 14-tägiger Teilnahme am Entzugsprogramm
erreichten letztlich das Entzugsziel völliger Drogenfreiheit. Beim zweiten
Entzug lag dieser Anteil bei 46 %. Diejenigen mit mindestens
dreiwöchiger Entzugsteilnahme schafften beim ersten Entzug zu
51 % und beim zweiten Entzug zu 86 % das
Entzugsziel.
Betrachtet man den ersten Entzugsprozess bei allen KlientInnen
unter Berücksichtigung der Urinkontrollergebnisse, so zeigte sich bis zum
Ende der dritten Entzugswoche der Entzugsfortschritt: In der
Eingangsurinkontrolle wurden im Mittel 2,1 verschiedene Substanzen
festgestellt. Nach einer Woche sank der Mittelwert auf 1,2, nach zwei Wochen
auf im Mittel 0,9 und nach drei Entzugswochen auf 0,6 verschiedene Drogen
(p < 0,0001).
Prädiktion des Entzugsergebnisses
Es wurde überprüft, welche der zu Entzugsbeginn
erhobenen KlientInnenmerkmale bzw. welche Behandlungs- oder Prozessmerkmale im
Zusammenhang mit dem Entzugsergebnis (regulärer Abschluss mit negativer
Urinkontrolle vs. Entzugsabbruch) standen.
KlientInnenmerkmale
Der Entzug wurde öfter regulär abgeschlossen, wenn die
KlientInnen in einer festen PartnerIn-Beziehung lebten, relativ später mit
dem Benzodiazepinkonsum begonnen hatten, relativ weniger Entzüge -
privat oder institutionell - versucht hatten, zumindest einen
Hauptschulabschluss besaßen, von der Entzugseinrichtung relativ weiter
entfernt wohnten und keine Hepatitis C hatten. Alle Einzelzusammenhänge
waren nicht größer als R = 0,29 (jeweils
p < 0,05). Tendenziell beendeten auch KlientInnen mit Kindern
etwas häufiger den Entzug (p < 0,10). Alle weiteren
KlientInnenvariablen standen in keinem Zusammenhang mit dem
Entzugsergebnis.
Die verschiedenen Drogenkonsumtypen erzielten keine
unterschiedlichen Entzugsergebnisse, jedoch schlossen KlientInnen mit
höherer Heroindosierung seltener den Entzug ab (Abb. [1]).
Abb. 1 Heroindosierung vor
dem Entzug und Entzugserfolg.
Während der erste Entzug von den beiden Teilgruppen mit
niedrigerer Heroindosierung von 32 % bzw. 39 %
regulär abgeschlossen wurde, lag dieser Anteil bei der am stärksten
dosierten Teilgruppe (n = 35) bei 9 %
(p < 0,01).
Behandlungs- und Prozessvariablen
KlientInnen, bei denen am Ende der zweiten Entzugswoche relativ
mehr Drogen festgestellt wurden, beendeten seltener den Entzug regulär
(p < 0,05).
Etwas häufigere psychische Entzugsbeschwerden wie
„Grübeln” (p < 0,05), „innere
Unruhe” (p < 0,10) sowie vor allem
„Drogenverlangen” (p < 0,0001) standen im
Zusammenhang mit dem Entzugsabbruch. Körperliche Entzugsbeschwerden traten
bei Entzugsabbrechern und Entzugsabschließern gleich häufig auf
(Abb. [2]). KlientInnen mit höherer
Heroindosierung (mehr als 1,25 g/Tag) hatten die gleichen
Entzugsbeschwerden wie weniger stark dosierte. Ausnahme: Sie hatten deutlich
häufigeres „Drogenverlangen”
(p < 0,01).
Abb. 2 Entzugsbeschwerden
von regulären Entzugsbeendern und -abbrechern.
Die Schlafdauer der regulären EntzugsbeenderInnen war mit 7
Stunden pro Nacht genauso lang wie bei den Entzugsabbrechern. Im Mittel
beklagten sich die EntzugsteilnehmerInnen nur jeden dritten bis vierten Tag
über Schlaflosigkeit.
Akupunktur
Die TeilnehmerInnen am zusätzlichen Akupunkturprogramm
(n = 23) unterschieden sich von den übrigen
EntzugsteilnehmerInnen nur in einem von 23 Anamnesemerkmalen (u. a.
Alter, Geschlecht, Nationalität, Schul- und Berufsbildung, Wohnsituation,
Partnerbeziehung, Behandlungserfahrungen, Konsumverhalten, Gesundheitszustand),
und zwar gaben sie häufiger sporadischen Kokainkonsum an
(p < 0,01).
Die AkupunkturteilnehmerInnen berichteten insgesamt nicht
über weniger Entzugsbeschwerden (Abb. [3]),
und sie beendeten den Entzug auch nicht häufiger regulär. Allerdings
beendeten KlientInnen mit relativ geringerem Heroinkonsum vor Entzugsbeginn
- bis zu 0,50 g/Tag - tendenziell häufiger den Entzug
erfolgreich, wenn sie am Akupunkturprogramm teilgenommen hatten
(p < 0,10).
Abb. 3 Akupunktur und
Entzugsbeschwerden.
Diskussion der Ergebnisse
Im ambulanten Entzug wurden Drogenabhängige erreicht, die
- verglichen mit den umfangreichen Daten der Hamburger
Basisdatendokumentation (Simmedinger et al. [16])
- eine um etwa sechs Jahre kürzere Drogenkarriere mit deutlich
weniger stationären Entzugs- und Therapieerfahrungen hinter sich haben und
im Durchschnitt etwa drei Jahre jünger waren. Vor allem wurden in der
Altersgruppe bis 21 Jahre relativ mehr erreicht. Deutlich weniger waren
vorbestraft. Die Entzugsteilnehmer standen häufiger in einem
Arbeitsverhältnis. Sie bezogen seltener Sozialhilfe. Sehr viel mehr lebten
in einer festen Partnerschaft. In der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung
wurde offensichtlich insgesamt ein relativ besserer Gesundheitszustand
festgestellt, als Brandt et al. [17] ihn für zwei
Hamburger stationäre Entzugseinrichtungen berichten. Hingewiesen werden
soll auch auf den Befund, dass etwa jede/r Zweite keinen
regelmäßigen Kontakt zum Drogenhilfesystem hatte. Beim Vergleich mit
der Klientel der Hamburger stationären Entzugseinrichtungen (Brandt et al.
[17]) zeigt sich, dass die KlientInnen im ambulanten
Entzug seltener vorbestraft waren, häufiger in fester Partnerschaft
lebten, seltener substituiert waren und seltener Kontakt zum Drogenhilfesystem
hatten.
Insgesamt kann resümiert werden, dass durch den ambulanten
Entzug ein vergleichsweise jüngerer und noch stärker sozial
integrierter Personenkreis mit weniger Gesundheitsproblemen in einem relativ
frühen Suchtstadium erreicht wurde. Über den ambulanten Entzug
eröffnen sich somit Möglichkeiten, Drogenabhängige erstmals an
Hilfsangebote heranzuführen, gesundheitspräventive Botschaften zu
übermitteln, suchttypische Erkrankungen rechtzeitiger zu behandeln und
lange Suchtkarrieren zu verkürzen. Bereits Tsialtsudis et al.
[10] zeigten auf, dass über das ambulante
Entzugsangebot sehr viele KlientInnen ohne bisherigen Kontakt zum
Drogenhilfesystem erreicht wurden.
Die Haltequote war mit 73 % nach 14 Tagen sehr hoch,
und von denjenigen mit mindestens zweiwöchiger Programmteilnahme erreichte
beim ersten Entzug gut jede/r Dritte (38 %), beim zweiten Entzug
fast jede/r Zweite (46 %) das Entzugsziel. Bei einer mindestens
dreiwöchigen Entzugsteilnahme lagen die Anteile erfolgreich Entgifteter
beim ersten Entzug bei 51 % und beim zweiten Entzug bei
86 %. Die Ergebnisse bewegen sich somit in der bisher bekannten
Größenordnung, wobei die durchschnittliche Entzugsdauer
gegenüber der ersten Studie im Projekt VIVA (Bonorden-Kleij
[11]) deutlich reduziert wurde. Die Ergebnisse
unterstreichen, dass bei einer hohen Haltequote der ambulante Opiatentzug
möglich ist. Die Entzugsverläufe zeigten, dass eher medizinisch
unproblematische Entzugssymptome wie Schwitzen, Frieren, Muskelschmerzen und
verstärkter Tränenfluss dominant sind, also Symptome, die in einem
ambulanten Setting gut zu beherrschen sind.
Die Annahme, dass KlientInnen mit fester Partnerschaft den
ambulanten Entzug häufiger erfolgreich abschließen (Bonorden-Kleij
[11]), konnte in dieser Studie bestätigt werden.
Nicht jedoch ergab sich wie bei Bonorden-Kleij [11]
sowie Piest [13], dass Erwerbstätige
häufiger den Entzug erfolgreich abschlossen.
Während bei Piest [13]
Benzodiazepinkonsum vor Entzugsbeginn ein negativer Prädiktor war, stand
in dieser Arbeit ein früher Einstieg in den Benzodiazepinkonsum im
Zusammenhang mit dem Entzugsabbruch. Gleichermaßen beendeten KlientInnen
mit hoher Heroindosierung seltener den Entzug, obwohl diese mit Ausnahme von
„Drogenverlangen” keine anderen Entzugsbeschwerden berichteten
als niedriger Dosierte.
Der Befund von Tsialtsudis et al. [10],
dass KlientInnen mit starkem Heroinkonsum schlechtere Ergebnisse im ambulanten
Entzug haben, konnte in dieser Studie repliziert werden.
Der Entzug wurde häufiger abgeschlossen, wenn KlientInnen
Kinder hatten, bisher weniger Entzüge versucht bzw. zumindest einen
Hauptschulabschluss besaßen bzw. aus von der Entzugseinrichtung
entfernteren Stadtteilen kamen. Vermutlich stellte der letztere Personenkreis
eine stärkere Auslese hinsichtlich der Entzugsmotivation dar, da
größere Anstrengungen zur Teilnahme am Entzugsprogramm unternommen
werden mussten. Schließlich schlossen auch KlientInnen mit weniger
Gesundheitsproblemen (keine Hepatitis C) den Entzug häufiger ab. Alle
bivariaten Zusammenhänge waren schwach. Inwieweit sich diese
KlientInnen-Merkmale als bedeutsam für den Entzugserfolg replizieren
lassen, bedarf weiterer Studien.
Wie in der Arbeit von Schmidt et al. [14]
deutete sich hier an, dass Entzugsabbrecher während des Entzugs ein
deutlich stärkeres Drogenverlangen hatten. Zusätzlich wurden in der
vorliegenden Untersuchung „innere Unruhe” und
„Grübeln” als schwache Prädiktorvariablen für
häufigere Entzugsabbrüche festgestellt. In der begleitenden
psychosozialen Betreuung erlangt offensichtlich die Hilfe zur Bewältigung
dieser psychischen Entzugsbeschwerden hohe Bedeutung. Es sollte in folgenden
empirischen Untersuchungen der Hypothese nachgegangen werden, ob eine
stärker standardisierte, theoriegeleitete und zeitlich intensivere
psychosoziale Begleitung die psychischen Entzugssymptome deutlich reduzieren
kann und den relativen Anteil an regulären Beendern signifikant
erhöht.
Die nach 14 Entzugstagen festgestellte unterschiedliche Anzahl von
Drogen bei Abbrechern und regulären Beendern lässt vermuten, dass
spätere reguläre EntzugsbeenderInnen offensichtlich schon zu einem
früheren Zeitpunkt zielstrebiger entgiften.
Während es neben positiven klinischen Erfahrungen (vgl.
Strauß et al. [18], [19]) einige Studien mit Hinweisen auf die Wirksamkeit von
Akupunktur beim Opiatentzug gibt (z. B. Brewington et al.
[20]; Shwartz et al. [21]),
konnte in dieser Arbeit ähnlich wie bei Piest [13] keine Auswirkung auf Entzugsbeschwerden und
Entzugsverlauf festgestellt werden. Auch Verthein et al. [22] stellten fest, dass die Akupunktur keinen Einfluss
auf eine Verringerung des Heroinkonsums hatte und offensichtlich nicht
substanzunspezifisch wirkt. Es ließ sich eher eine gewisse Wirksamkeit
bei Kokain- oder Alkoholabhängigen erkennen (Avants et al.
[23]). Es bedarf weiterer Überprüfungen, ob
zum Erreichen nachweisbarer Effekte z. B. eine tägliche
Akupunkturfrequenz erforderlich ist (Strauß et al. [19], Stiller et al. [24]).
Margolin et al. [25] konnten zeigen, dass Akupunktur
als „stand-alone”-Behandlung für Kokainabhängige nicht
ausreichend ist, und forderten die Überprüfung von Akupunktur als
unterstützende Behandlungsmaßnahme. Die in der vorliegenden Studie
aufgezeigte Tendenz, dass KlientInnen mit Akupunkturunterstützung
häufiger den Entzug erfolgreich abschlossen, wenn sie vor Entzugsbeginn
nur geringeren Heroinkonsum hatten, deutet die Komplexität möglicher
Wirkungszusammenhänge an.