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DOI: 10.1055/s-2003-37792
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Hohes Risiko
Systemmykosen bei hämatologischen PatientenHigh RiskSystemic Mycoses in Haematological PatientsAnschrift für die Verfasser
PD Dr. M. Ruhnke
Med. Klinik und Poliklinik mit Schwerpunkt Onkologie / Hämatologie
Charité Campus Mitte der Humboldt-Universität zu Berlin
Schumannstr. 20/21
10117 Berlin
Publication History
Publication Date:
10 March 2003 (online)
- Zusammenfassung
- Summary
- Risikofaktoren
- Internationaler Konsensus
- Erregerspektrum
- Erkrankungen
- Therapie
- Literatur
Zusammenfassung
Patienten mit Tumorerkrankungen oder Hämoblastosen sind die Patientengruppe, die am stärksten von invasiven Mykosen gefährdet ist. Ursächlich ist daran die therapie- oder erkrankungsbedingte Granulozytopenie beteiligt. Insbesondere wenn diese stark ausgeprägt ist - oder wenn noch andere patientenbezogene bzw. umweltbezogene Risikofaktoren hinzukommen - kann die Mortalität bei einer Pilzinfektion auf Werte bis zu 100 % ansteigen. Die größte Bedeutung als Erreger invasiver Mykosen in der Klinik haben Candida ssp. und Aspergillus ssp. Neben den bereits altbekannten Antimykotika Amphotericin B, liposomales Amphotericin, Flucytosin, Fluconazol und Itraconazol sind in jüngster Zeit mit Voriconazol und Caspofungin zwei neue Substanzen zur Therapie invasiver Mykosen zugelassen worden. Voriconazol ist dem Amphotericin B in der Behandlung der invasiven Aspergillose überlegen und ist derzeit die Substanz der ersten Wahl für diese Indikation. Caspofungin hat eine gute Wirksamkeit in der Salvage-Therapie bei vorbehandelter refraktärer Aspergillose und ist in der Behandlung der Kandidämie wirksamer als Amphotericin B.
#Summary
Patients with cancer or haemoblastoses represent the group at greatest danger from invasive mycoses. The underlying cause is treatment- or disease-related granulocytopenia. In particular when this latter is severe, or when other patient-related or environment-related risk factors are also present, the mortality rate associated with a fungal infection may reach 100 %. Major antigens of invasive mycotic disease in the hospital setting are Candida ssp and Aspergillus ssp. In addition to the well-known antimycotics, amphotericin, liposomal amphotericin B, flucytosine, fluconazole and itraconazole, two new substances for the treatment of invasive mycoses have recently been introduced - voriconazole and caspofungin. Voriconazole is superior to amphotericin B in the treatment of invasive aspergillosis, and is currently the substance of first choice for this indication. Caspofungin has high efficacy for salvage treatment of previously treated refractory aspergillosis, and is more effective than amphotericin B in the treatment of candididaemia.
Key Words
systemic mycoses - haematological patients - granulocytopenia - risk factors - aspergillosis - candidaemia - therapy
Die derzeitigen Daten zur Epidemiologie von invasiven Pilzinfektionen (Mykosen) zeigen einen kontinuierlichen Anstieg dieser schweren, immer noch oft tödlich verlaufenden Erkrankungen über die letzten 20 Jahre in der Klinik. Insbesondere schwer immunsupprimierte Patienten wie Patienten in der Hämatologie bzw. Onkologie mit Erkrankungen wie akuten Leukämien oder malignen Lymphomen, die eine intensive Chemotherapie erhalten oder mit einer Knochenmark- bzw. Stammzelltransplantation behandelt werden und lange Phasen der Granulozytopenie durchmachen müssen, gelten als Hochrisikogruppe.
Zwar treten im Rahmen von nosokomialen Infektionen invasive Pilzinfektionen im Vergleich zu bakteriellen Infektionen seltener auf, die erregerassoziierte Mortalität ist jedoch insbesondere in der Phase der schweren Granulozytopenie deutlich höher und kann fast 100 % betragen (z.B. disseminierte Aspergillose bei neutropenischen Patienten). Insgesamt zeigen die jüngsten Daten des amerikanischen „Center for Disease Control” (CDC) nicht nur eine numerische Zunahme von Pilzinfektionen, sondern auch einen Anstieg der erregerassoziierten Mortalität [22].
#Risikofaktoren
Ein besonders hohes Risiko haben Patienten mit Tumorerkrankungen bzw. Hämoblastosen - sie sind vor allen anderen Risikogruppen die wichtigste und am stärksten gefährdete Patientengruppe. Vor allem liegt dies an dem Faktor Granulozytopenie - ob therapie- oder erkrankungsbedingt.
Seit den 60er Jahren gelten sowohl der Schweregrad als auch die Dauer der Granulozytopenie als wichtigste Risikofaktoren, an einer Infektion zu erkranken [6]. Nach fünf Tagen einer Neutropenie (< 500 Neutrophile/μl) beträgt die erwartete Fieberinzidenz etwa 20 %, nach drei Wochen dagegen steigt diese auf 80-100 %. Milde Neutropenien (500-1000 Neutrophile/μl) sind mit einem geringeren Fieber- und Infektionsrisiko verbunden. Intensive Chemotherapien mit erheblicher Schleimhauttoxizität erhöhen wiederum das Infektionsrisiko. Als Hochrisikopatienten für invasive Pilzinfektionen gelten neben Patienten mit Tumorerkrankungen auch Personen mit fortgeschrittener HIV-Infektion, Patienten nach komplizierten abdominalchirurgischen Operationen, Patienten mit schweren Verbrennungen, untergewichtige Frühgeborene oder Patienten mit intensivpflichtigen Erkrankungen, welche in diesem Rahmen unter anderem beatmet, dialysiert und/oder hochkalorisch parenteral ernährt werden.
In diversen Untersuchungen zur erregerassoziierten Mortalität haben sich bestimmte Risikofaktoren für alle Patientengruppen (patientenbezogene Risikofaktoren) herauskristallisiert, die mit der Erkrankung an einer invasiven Mykose assoziiert sind. Hierzu zählen:
-
Neutropenie unter 500/μl nach Chemotherapie oder im Rahmen der Grunderkrankung
-
Breitspektrum-Antibiotika über mehr als 14 Tage
-
hochkalorische parenterale Ernährung
-
längerfristige künstliche Beatmung
-
vorangegangene invasive Pilzinfektion
-
bakterielle Sepsis
-
Kortikosteroid-Applikation
-
Kolonisierung mit Candida-Spezies in mindestens zwei Körperregionen
-
zellulärer und humoraler Immundefekt.
Bei den patientenbezogenen Faktoren handelt es sich häufig um ein multifaktorielles Problem. So existieren bei Patienten mit einer akuten Leukämie nach allogener Stammzelltransplantation (allo-PBSCT) neben der Dauer und Schwere einer Granulozytopenie nach Chemotherapie oder der Intensität einer immunsuppressiven Therapie weitere Aspekte, die hinsichtlich des individuellen Risikos, an einer invasiven Mykose zu erkranken, von großer Bedeutung sind:
-
die Einschränkung der zellulären Immunantwort
-
eine früher durchgemachte invasive (Aspergillus-)Pilzinfektion
-
das Ausmaß einer „Graft-versus-Host-Disease” (GvHD)
-
das Ausmaß einer behandlungsbedürftigen Zytomegalie-Infektion (CMV).
Zusätzlich kann man umweltbezogene Risikofaktoren definieren. Zu diesen gehört beispielsweise die Exposition gegenüber Schimmelpilz-Sporen in der Luft (aerogener Übertragungsweg) bei Bautätigkeit oder durch Pflanzenerde, aber auch eine Exposition über Nahrungsmittel (z.B. abgepacktes Brot, Gewürze, Nüsse). Eine Exposition gegenüber Hefepilzen kommt ebenfalls über Nahrungsmittel zustande, allerdings ist auch die direkte nosokomiale Übertragung durch ärztliches und Pflege-Personal möglich (z.B. bei mangelnder Händedesinfektion).
Die Kolonisierung durch Candida-Spezies in mehr als zwei Körperregionen haben Guiot et al. als bedeutsam hervorgehoben [12]. Im Rahmen einer „Graft-versus-Host-Erkrankung” (GvHD) ist eine Kolonisierung nicht nur mit Candida-Spezies sondern auch mit Aspergillus-Spezies von Bedeutung. Denn eine invasive Aspergillose ist in diesem Fall mit einer hohen Mortalität assoziiert. Haben Patienten im Rahmen einer allogenen Knochenmarktransplantation eine invasive Aspergillose entwickelt, ist neben der GvHD auch die Kortison-Dosis in der Woche vor Erkrankungsbeginn ein wichtiger Risikofaktor, so die Ergebnisse einer Multivarianz-Analyse. Erhielten die Patienten Kortison in einer Dosierung von über 7 mg/kg/Tag und wiesen sie gleichzeitig eine GvHD Grad II oder höher auf, war die Mortalität 100 % [26].
Dass eine Kolonisierung mit Aspergillus-Spezies bei verschiedenen Patientengruppen generell von Bedeutung ist, haben Perfect et al. dokumentiert [24]. Das Erkrankungsrisiko bei mit Aspergillus-Spezies kolonisierten Patienten war in der Gruppe der Patienten mit Granulozytopenie (64 %), allogener Knochenmarktransplantation (64 %) sowie Hämoblastosen (50 %) im Vergleich zu allen anderen Risikogruppen eindeutig am höchsten. Vor allem aber wiesen diese Patienten eine hohe Letalität von 40 % auf. War weder eine Granulozytopenie noch eine Kortisontherapie oder eine maligne Erkrankung zu verzeichnen, lag die Letalitätsrate trotz Kolonisation mit Aspergillus bei unter 5 %.
#Internationaler Konsensus
Erfahrungen in der Therapie und Diagnostik bei Patienten mit hämatologisch-onkologischen Grunderkrankungen waren die Basis für eine internationale Konsensus-Empfehlung zur Definition von invasiven Mykosen bei immunsupprimierten Patienten (4). Diese Definition - gemeinsam entwickelt von der „European Organization for Research and Treatment of Cancer” (EORTC) und der US-amerikanischen „Mycosis Study Group” (MSG) - unterscheidet zwischen einer bewiesenen, wahrscheinlichen und möglichen invasiven Pilzinfektion. Gedacht ist diese Einteilung als Grundlage für die Durchführung von klinischen Studien und nicht unbedingt, wenn auch hilfreich, für die alltägliche klinische Praxis, da die Kriterien teilweise nicht die klinischen Entschätzungen am Krankenbett widerspiegeln. Die drei Kategorien unterscheiden sich vor allem in der Sicherheit der Diagnosesicherung [Tab. 1].
Die Arbeitsgemeinschaft Infektiologie in der Hämatologie und Onkologie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (AGIHO/DGHO) unterscheidet unter Berücksichtigung der Neutropeniedauer und der Spendersituation (autolog versus allogen) bei Stammzell- bzw. Knochenmarktransplantationen zwischen drei Risikograden innerhalb der Patientengruppe mit Tumorerkrankungen [15]:
-
Niedrigrisiko: Patienten mit kurz dauernden Neutropenien (Neutropeniedauer unter fünf Tage)
-
Standardrisiko: Patienten mit einer erwarteten Neutropeniedauer von fünf bis zehn Tagen. Zu dieser Gruppe zählen auch Patienten nach einer Hochdosischemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation
-
Hochrisiko: Patienten, die eine allogene Stammzell- oder Knochenmarktransplantation erhalten, sowie Patienten nach intensiver Chemotherapie, bei denen eine Neutropeniedauer von mehr als zehn Tagen erwartet werden kann (wie z.B. Patienten mit akuten myeloischen Leukämien).
Diese Einteilung wurde gewählt, um insbesondere Empfehlungen zur antimykotischen Prophylaxe geben zu können.
#Erregerspektrum
Am häufigsten werden invasive Mykosen in der Klinik von Candida- und Aspergillus-Arten verursacht. Eine zentrale Rolle spielen vor allem Infektionen durch Hefepilze wie Candida albicans (> 80 %) und so genannte Nicht-Candida-lbicans-Hefen (z.B. C. tropicalis, C. parapsilosis, C. glabrata, C. krusei) sowie durch Fadenpilze wie Aspergillus fumigatus (> 90 %) und andere Aspergillus-Arten (z.B. A. terreus, A. niger, A. flavus). Andere invasive Pilzinfektionen durch Erreger wie Fusarium ssp., Cryptococcus neoformans, Mucorales-Arten, Scedosporium ssp., Trichosporon ssp. oder Pneumocystis carinii sind in Deutschland eher von untergeordneter Bedeutung, sie werden aber in großen Tumorzentren der USA häufiger beobachtet und daher auch verstärkt publiziert [2] [10] [21] [25].
Eine ausgeprägte Kolonisierung mit Hefepilzen (zumeist Candida albicans) im Oropharynx und Gastrointestinaltrakt - begünstigt durch eine länger dauernde Behandlung mit Breitspektrumantibiotika - sowie der Grad der intestinalen Schleimhautschädigung durch Chemotherapie sind wichtige Risikofaktoren für eine Infektion. Hefen können nosokomial von Patient (oder Personal) zu Patient übertragen werden. Eintrittspforte sind auch intravaskuläre Katheter (insbesondere Candida parapsilosis).
Für das Auftreten invasiver Aspergillosen hat die Exposition gegenüber Aspergillus-Sporen in der Umgebungsluft eine wichtige Bedeutung. Bei jeder Art von Bautätigkeit innerhalb und außerhalb des Krankenhauses werden große Mengen von Konidien in der Luft aufgewirbelt, was zu einem epidemieartigen Auftreten invasiver Aspergillosen führen kann. Neuerdings wird kontaminiertes Leitungswasser als epidemiologischer Faktor in Betracht gezogen, spielt aber bisher eine untergeordnete, vielleicht unterschätze Rolle [3]. Andere Schimmelpilzinfektionen entstehen auch durch die Inhalation von Sporen (z.B. Mucor-Arten), sind aber auch manchmal katheterassoziiert.
#Erkrankungen
#Kandidose
Das Spektrum der durch die verschiedenen Candida-Spezies verursachten Erkrankungen umfasst neben den muko-kutanen Kandidosen (wie orale oder vaginale Kandidose und Soorösophagitis) die akuten und chronisch disseminierten Kandidosen (vor allem die hepatolienale Kandidose) und Fungämien. In einer Autopsiestudie an Tumorpatienten lag der Anteil der Infektionen durch Candida-Spezies bei 58 % (5). Zwar ist von allen Candida-Spezies C. albicans die am häufigsten nachgewiesene Art, doch die Virulenz der einzelnen Arten scheint unterschiedlich und auch therapierelevant zu sein. Eine intestinale Kolonisierung mit Candida tropicalis beispielsweise führt bei entsprechender Prädisposition sehr viel häufiger zur systemischen Infektion als dies bei Candida albicans oder etwa Candida glabrata zu beobachten ist.
Die Letalität durch eine Kandidämie bei Patienten nach einer Knochenmarktransplantation liegt bei 40 % und kann insbesondere bei disseminierter Infektion auf 90 % ansteigen [11]. Bemerkenswert ist, dass Fungämien durch C. albicans vor allem bei Patienten mit soliden Tumoren vorkommen, während die Nicht-C.-albicans-Hefen wie C. glabrata oder C. krusei deutlich häufiger bei Patienten mit hämatologischen Neoplasien zu beobachten sind [29]. Insgesamt ist ein Erregerwechsel zu Nicht-Candida-albicans-Spezies wie C. glabrata zu verzeichnen. Möglicherweise besteht hier ein Zusammenhang mit der weit verbreiteten Praxis einer Azol-Prophylaxe (z.B. Fluconazol) während der Phase der Granulozytopenie.
Vor allem der Einsatz von Fluconazol scheint die Ursache für den Erregerwechsel hin zu azolresistenten Candida-Spezies zu sein - auch wenn die Datenlage kontrovers bleibt [1] [16]. Zusätzlich ist eine Resistenzentwicklung von C. albicans gegen Fluconazol beschrieben worden, obwohl dies im Unterschied zu Patienten mit HIV-Infektion eher seltener vorkommt [20]. Andererseits senkt der prophylaktische Einsatz von Fluconazol speziell in der Gruppe der Patienten mit allogener Knochenmarktransplantation die Rate an oberflächlichen und systemischen Pilzinfektionen und kann sogar zu einem längeren Überleben führen [19]. Daher gilt die Prophylaxe mit Fluconazol während der ersten 100 Tage nach einer Knochenmarktransplantation als indiziert, wohingegen sie in anderen Indikationen wie beispielsweise bei „nur” einer Neutropenie nicht gesichert erscheint.
Eine eigene Entität ist die hepatolienale Kandidose. Ein Hinweis auf diese Erkrankung stellt typischerweise ein antibiotikarefraktäres Fieber dar - während der Phase der Regeneration aus der Granulozytopenie. Typischerweise ist diese bereits beendet, die Blutkulturen fallen negativ aus und neben Schmerzen im rechten Oberbauch sind vor allem die Aktivitäten der Cholestase-Parameter wie g-GT und alkalische Phosphatase erhöht. Wegweisend sind in diesen Fällen die Abdomen-Sonographie und die Diagnostik von Leber und Milz mit Computer- oder Magnetresonanztomogramm [8] [14].
#Aspergillose
Invasive Aspergillosen müssen derzeit als die bedrohlichsten Systemmykosen bei Patienten mit Tumorerkrankungen angesehen werden. Die Inzidenz schwankt je nach lokaler epidemiologischer Situation von Klinik zu Klinik und kann bei bis zu 25 % liegen. Eine Kolonisation macht zwar noch keine Infektion, aber bei den Hochrisikopatienten mit Knochenmarktransplantation oder protrahierter Granulozytopenie im Rahmen der Behandlung einer akuten Leukämie liegt die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei über 50 % [5]. Auch Patienten, die bereits eine invasive Aspergillose durchgemacht haben, haben mit bis zu 50 % ein hohes Rezidivrisiko im Rahmen einer neuen Episode einer Granulozytopenie. Die erregerassoziierte Letalität ist mit 50 % sehr hoch und kann bei disseminierten Erkrankungen mit Befall des zentralen Nervensystems bis zu 100 % gehen [7] [18].
Typischerweise gelangen die Aspergillussporen bei der Atmung aus der Luft in den Respirationstrakt und führen hier zu einer invasiven pulmonalen Aspergillose (IPA). Damit ist diese auch die häufigste Erkrankungsform (über 80 %) einer invasiven Aspergillose, sodass sich das größte Augenmerk auf die Früherkennung und insbesondere die Prophylaxe der IPA richtet. Die Elimination von Aspergillus-Sporen aus der Atemluft durch spezielle Filter (HEPA-Filter, Laminar-Airflow-Systeme) und die Unterbringung von Hochrisikopatienten (Knochenmarktransplantation) in geschlossenen Räumen mit Hochleistungsluftfiltration und Überdruckbelüftung kann die Inzidenz invasiver Aspergillosen reduzieren [30].
Zu einer Disseminierung der Infektion mit einer Beteiligung des zentralen Nervensystems und den inneren Organen kommt es in etwa 20 % der Patienten. Eine intrazerebrale Raumforderung bzw. ein Abszess bei einem Patienten nach einer Knochenmarktransplantation ist zuallererst verdächtig auf eine ZNS-Aspergillose und sollte so behandelt werden. Die klinischen Symptome einer invasiven pulmonalen Aspergillose sind relativ unspezifisch (Husten, Luftnot, Pleuraschmerzen, Fieber, eventuell auch Hämoptysen), sodass die radiologische Untersuchung mittels Computertomographie (hochauflösendes CT oder Spiral-CT) inzwischen bei ersten Anzeichen als Diagnostik der Wahl angesehen wird. Hier gelten Befunde wie das „Halo”-Zeichen (frühe Neutropenie-Phase) oder „air-crescent”-Zeichen (Spätphase) als sehr charakteristisch für eine Schimmelpilzinfektion [9]. Eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Schimmelpilzinfektionen ist hierdurch allerdings nicht möglich.
Grundsätzlich ist das Erscheinungsbild im Computertomogramm bei einer Mucormykose und einer Aspergillose gleich, sodass eine erregerspezifische Diagnostik wie zum Beispiel die Kultur aus einer bronchoalveolären Lavage (BAL) oder besser zusätzlich die Gewebegewinnung mittels Punktion zur histopathologischen Untersuchung notwendig sind. Da der mykologische Erregernachweis aus der bronchoalveolären Lavage auch bei einer histologisch nachgewiesenen, invasiven pulmonalen Aspergillose nach wie vor unsicher ist, besteht hier derzeit noch kein allgemein anerkanntes Vorgehen [27]. Der Stellenwert der BAL zur Diagnosesicherung wird derzeit in einer multizentrischen Studie in Deutschland (Studienleiter PD Dr. Maschmeyer, Berlin) geprüft.
Einen weiteren diagnostischen Fortschritt gab es in der serologischen Diagnostik mit der Einführung des Aspergillus-Platelia-Tests. Der bisher nur in Europa erhältliche Platelia® Aspergillus Elisa (Fa. Bio-Rad) zeigte in mehreren Studien eine Sensitivität von 80-100 % bei einer Spezifität von 80-90 % und verbessert die Möglichkeiten der nichtkulturellen Diagnostik invasiver Aspergillosen deutlich [17] [28].
Das Krankheitspektrum zugeordnet zu den Erregern fasst die [Tabelle 2] zusammen.
#Therapie
Zur Therapie invasiver Kandidosen bzw. Fungämien und Aspergillosen in der Hämatologie und Onkologie sei auf die Leitlinien der AGIHO/DGHO verwiesen ([Tab. 3] und [4]). Vielfach leiten sich die Therapieempfehlungen ab von Studien bei gemischten Patientengruppen von nichtneutropenischen und neutropenischen Patienten, da Therapiestudienergebnissen ausschließlich von neutropenischen Patienten nicht vorliegen.
Generell sprechen neutropenische Patienten schlechter als nichtneutropenische Patienten auf die Therapie mit Antimykotika an. Dies weist darauf hin, wie wichtig die Regeneration der neutrophilen Granulozyten für die Überwindung der invasiven Mykose ist. Neben den bekannten Antimykotika Amphotericin B, liposomales Amphotericin, Flucytosin, Fluconazol und Itraconazol sind 2001/2002 mit Voriconazol und Caspofungin zwei neue Antimykotika zugelassen worden.
Voriconazol ist dem Amphotericin B in der Behandlung der invasiven Aspergillose überlegen und stellt die Substanz der ersten Wahl für diese Indikation derzeit dar. Caspofungin hat eine gute Wirksamkeit in der Salvage-Therapie bei vorbehandelter refraktärer Aspergillose und ist in der Behandlung der Candidämie wirksamer als Amphotericin B [13] [23].
bewiesene invasive Mykose
|
wahrscheinliche invasive Mykose
|
mögliche invasive Mykose
|
Erreger |
Krankheitsspektrum |
Aspergillus spp. |
Tracheobronchitis, invasive pulmonale Aspergillose (IPA), disseminierte Infektion mit ZNS und/oder Leber-/Milzbeteiligung, Hautläsionen, sino-nasale Infektion (selten) |
Candida spp. |
orale, ösophageale und/oder vaginale Kandidose, Fungämie mit Leber-/Milzbeteiligung, meist C. albicans Sepsis, pulmonale Kandidose, Hautkandidose, Endophthalmitis |
Fusarium spp. |
Hautläsionen, Fungämie, Sinusitis, Pneumonie |
Mucorales spp. |
Sinusitis, Pneumonie, ZNS-Abszess, disseminierte Infektion, Hautläsionen (selten) |
Scedosporium spp. |
ZNS-Abszess, Hautläsionen, Knochen- und/oder Weichteilinfektion (selten) (z.B. Pseudallescheria boydii) |
Trichosporon spp. |
Fungämie, Pneumonie, Endokarditis, chronisch disseminierte Erkrankung (selten) (z.B. T. beigelii) |
|
invasive pulmonale Aspergillose
|
HNO-Trakt
|
ZNS
|
Haut/Weichteile
|
Literatur
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