Der Klinikarzt 2003; 32(2): 53-61
DOI: 10.1055/s-2003-37791
In diesem Monat

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Systemische Mykosen

Neue Ansätze für Diagnostik und TherapieSystemic Fungal InfectionsNew Approaches for Diagnosis and TreatmentF.-M. Müller1 , M. Weig2
  • 1Pädiatrische Pneumologie und Infektiologie, Universitäts-Kinderklinik III, Universität Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. Dr. A. Kulozik)
  • 2Abteilung für Bakteriologie, Nationales Referenzzentrum für Systemische Mykosen, Universität Göttingen (Direktor: Prof. Dr. U. Groß)
Further Information
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Anschrift für die Verfasser

Dr. Michael Weig

Abteilung Bakteriologie

Universität Göttingen

Kreuzbergring 57

37075 Göttingen

Publication History

Publication Date:
10 March 2003 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Hauptsächlich Candida- und Aspergillus-Spezies sind die Erreger, die in Deutschland systemische Pilzinfektionen verursachen. Beide Infektionen sind mit einer unbefriedigend hohen Morbidität und Mortalität belastet. Eine sensitive und spezifische Diagnostik, die eine frühzeitige, effektive Therapie ermöglicht, könnte den Verlauf der Erkrankungen entscheidend beeinflussen. Hierzu wurden in der jüngsten Vergangenheit zahlreiche neue Ansätze, zum Beispiel in der serologischen und molekularen Diagnostik invasiver Mykosen, etabliert. Heute steht - neben den wirkungsvolleren Triazolen und nebenwirkungsärmeren Polyen-Lipid-Formulierungen - mit den Candinen eine neue Wirkstoffklasse zur Therapie zur Verfügung, deren Zielstruktur die Zellwand der Pilze ist. Damit bieten sich für den klinischen Einsatz deutlich mehr Optionen, die eine differenziertere und effektivere Therapie erlauben. Der Fortschritt in der molekularen pilzlichen Pathogenitätsforschung sowie die Entwicklung neuer zellwandwirksamer Antimykotika und Peptidantibiotika versprechen weitere therapeutische Verbesserungen.

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Summary

In Germany invasive fungal infections are caused predominantly by Candida and Aspergillus spp. The morbidity and mortality rates of these infections are still very high. The outcome of systemic mycoses might be improved using sensitive and specific diagnostic methods that lead to an early and effective therapy. Indeed, useful and promising serological and molecular diagnostic tools have been developed in the recent past. In addition, new drugs are now available that allow a more differentiated and effective therapy. Beside the development of more potent azoles and polyene-lipid-formulations with less side effects, the candins, a novel group of antimycotic drugs targeting the fungal cell wall, are now available for clinical use. New molecular data on fungal pathogenesis as well as the design of new drugs (i.e. peptide antibiotics or cell wall active substances) will improve the therapy of systemic mycoses in the future.

Eine beweisende Diagnostik invasiver Pilzinfektionen basiert auf der kulturellen Anzucht des Erregers aus primär sterilem Gewebe (z.B. Hirnbiopsie) oder auf dem mikroskopischen histo- und zytopatholgoischen Nachweis typischer morphologischer Strukturen (z.B. bekapselte Hefen bei der Kryptokokkose) im geschädigten Gewebe. Die eindeutige Interpretation eines kulturellen Nachweises von Pilzen hingegen - beispielsweise aus respiratorischen Materialien oder von Schleimhäuten - ist wegen des ubiquitären Vorkommens der Erreger in der Umwelt und als Kommensalen schwierig. Häufig jedoch schließt die Schwere der Grunderkrankung eine beweisführende, invasive Diagnostik aus, sodass man indirekte, nicht auf der Kultur basierende Nachweisverfahren einsetzen muss.

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Serologie

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Antigennachweis

Makromolekulare Antigene von Pilzen können zum Beispiel mithilfe immunologischer Methoden während der Infektion aus Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden. Der Wert des Nachweises von zirkulierendem Galaktomannan (GM), einem immundominaten zellwandassoziierten Polysaccharidantigen bei Aspergillus fumigatus, ist in der Vergangenheit zur Diagnose einer invasiven Aspergillose (IA) ausführlich untersucht worden.

Der monoklonale Antikörper (MAB) AB-A2, welcher die 1,5-beta-D-Galaktofuranosid Seitenkette von Galaktomannan erkennt, wird nun kommerziell in einem Sandwich-ELISA-Kit angeboten (Platelia Aspergillus, BioRad). Dieser Test ist sehr sensitiv [9] und erlaubt den Nachweis von weniger als 1,0 ng Galaktomannan pro ml Serum und ist dadurch dem früher verwendeten Latextest (Pastorex Asperillus) deutlich überlegen. Ein Nachteil des Assays liegt allerdings in der relativ hohen Rate falsch positiver Ergebnisse von mehr als 15 %. Ursachen dafür könnten beispielsweise ein transientes, subklinisches Vorhandensein von zirkulierendem Aspergillus-Galaktomannan ohne klinisches Korrelat oder eine Kreuzreaktivität des Antikörpers mit Antigenen anderer Pilze, von Nahrungsmitteln, Serumkomponenten, Medikamenten oder Metaboliten sein.

Beta-1,3-D-Glukan, ein weiterer Zellwandbestandteil von A. fumigatus, kann während einer Infektion mittels Faktor G, einem Enzym aus dem Pfeilschwanzkrebs, nachgewiesen werden (Sensitivität: 90 %, 12). Allerdings stehen weiterführende Untersuchungen über den Stellenwert des 1,3-beta-Glukan-Assays in der Diagnostik invasiver Aspergillosen noch aus.

Zur Diagnostik invasiver Kandidosen (IC) wurde lange Zeit der kommerziell erhältliche Cand-Tec-Test (Ramco Laboratories, Houston, USA) eingesetzt. Dieses System weist ein nur ungenügend charakterisiertes, so genanntes Neoantigen nach, welches wahrscheinlich in der Auseinandersetzung des menschlichen Immunsystems mit dem Pilz entsteht. Insbesondere bei neutropenischen Patienten besitzt dieser Test nur eine eingeschränkte Aussagekraft und publizierte Werte für seine Sensitivität und Spezifität differieren sehr stark. Falsch positive Ergebnisse können zum Beispiel aufgrund von Rheumafaktoren auftreten.

Der kommerziell erhältliche Fungitec G Test (Seikagaku, Japan) weist zirkulierendes 1,3-beta-D-Glukan aus der Zellwand von Candida-Pilzen nach. Zwar konnte eine enge Korrelation von Antigenämie und Krankheitsverlauf sowohl im Tierversuch als auch bei Patienten mit invasiver Candidiasis gezeigt werden. Allerdings liegen bislang für den Test zu wenige valide klinische Daten vor, sodass seine Qualität nicht hinreichend beurteilt werden kann.

In jüngerer Zeit hat der Nachweis von Mannan bei der invasiven Candidiasis durch die Einführung eines sensitiven kommerziell erhältlichen Testformats großes Interesse erregt. Der monoklonale Antikörper EB-CA1 erkennt Mannanepitope verschiedener humanpathogener Candida-Spezies. Dieser Antikörper wird sowohl für die Latex-Agglutination (Pastorex-Candida, BioRad) als auch für den Sandwich-ELISA (Platelia-Candida, BioRad) kommerziell eingesetzt. Bei einer vergleichbaren Spezifität beider Testsysteme zeichnet sich letzterer durch eine deutlich verbesserte Sensitivität aus. Eine Kombination des Platelia-Candida-Antigentests mit dem Antikörpernachweis (Platelia-Candida Ab) scheint die Sensitivität signifikant zu verbessern [14].

Der Nachweis von Kapsel-Polysaccharid-Antigen bei Cryptococcus neoformans ist ein zuverlässiger Marker für die serologische Diagnostik der Kryptokokkose. Meist wird der Test in Form einer Latexagglutination - dabei sind die Latexpartikel mit Antikörpern gegen Antigene der Kryptokokkenkapsel beladen - durchgeführt. Dieser besitzt eine hohe Sensitivität. Falsch positive Reaktionen können bei Malignomen oder positiven Rheumafaktoren vorkommen. Falsch negative Ergebnisse treten gelegentlich durch prozonenartige Phänomene auf.

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Antikörpernachweis

Wertvolle Informationen zur Diagnostik einer invasiven Pilzinfektion kann der Nachweis spezifischer Antikörperreaktionen beim Wirt liefern. Allerdings sind bislang kommerziell erhältliche Antikörpernachweisverfahren wenig standardisiert. Sie beruhen auf Lipid-, Polysaccharid- und Proteingemischen, gewonnen aus zytoplasmatischen, metabolischen, konidialen oder myzelialen Fraktionen der Pilze. Diese wenig definierten Antigenextrakte verursachen veschiedenste Probleme - wie zum Beispiel unerwünschte Kreuzreaktionen, erhebliche Schwankungen in der Antigenzusammensetzung unterschiedlicher Testchargen und der Nachweis von Antikörpern, die aufgrund der Exposition, nicht aber aufgrund einer Infektion gebildet werden. Derartige Nachteile und das ohnehin reduzierte Antikörperbildungsvermögen hochgradig immunsupprimierter Patienten haben bislang den breiten Einsatz solcher Systeme sowohl bei der invasiven Aspergillose als auch bei der invasiven Candidiasis verhindert.

Eine wesentliche Verbesserung ist der Einsatz immundominanter, exakt definierter, rekombinanter Pilzantigene. Neben der Standardisierbarkeit der Tests liegt ein Vorteil darin, dass die Antigene reproduzierbar in großen Mengen herzustellen sind. Erste Assays, die auf rekombinanten Pilzantigenen basieren, wurden vor kurzem etabliert. So wurden aus einer cDNA-Bank zwei verschiedene Antigene (rAspf6 und rAspf4) identifiziert, welche spezifisch eine IgE-Antikörperbildung bei Mukoviszidose-Patienten mit allergisch bronchopulmonaler Aspergillose (ABPA) induzieren [6].

Mitogillin, eines der immundominanten Proteinantigene bei A. fumigatus, ruft eine frühe und starke Antikörperantwort bei Patienten mit invasiver Aspergillose hervor. Da sich die Substanz kaum in ruhenden Konidien findet, während des invasiven Wachstums des Pilzes aber in großer Menge gebildet wird, ist der Nachweis einer Antikörperbildung gegen das Protein ein guter Marker zur Serodiagnostik der invasiven Aspergillose [16].

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Nachweis von Pilzmetaboliten

Eine weitere Möglichkeit, invasive Pilzinfektionen zu diagnostizieren, ist der Nachweis metabolischer Pilzprodukte aus Körperflüssigkeiten. Seit den 80er Jahren ist das von Candida erzeugte Stoffwechselprodukt D-Arabinitol ein wertvoller Marker zur Diagnostik der invasiven Candidiasis. Doch da bislang einfach durchzuführende, sensitive (und kommerziell erhältliche) Testverfahren fehlen, ist ein breiterer Einsatz der Methode nicht möglich. Die Einführung neuerer Testformate (z.B. Filtermethode zur Bestimmung des Verhältnisses D-Arabinitol/L-Arabinitol oder Assays mit rekombinanten Enzymen) könnte den Stellenwert der Methode in Zukunft entscheidend verbessern.

Obwohl Infektionsversuche am Tier eine Korrelation von Mannitolbildung und Krankheitsentwicklung bei der Aspergillose und der Kryptokokkose zeigen konnten, gibt es bislang keine Daten, welche den diagnostischen Nutzen einer Mannitolbestimmung bei humanen invasiven Pilzinfektionen eindeutig belegen.

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Molekulare Diagnostik

Die Notwendigkeit einer schnellen und akkuraten Diagnostik zur Reduktion der hohen Letalität invasiver Pilzinfektionen hat die Anwendung molekularer Methoden, wie die Nukleinsäureamplifikation oder die Hybridisierung, stimuliert. Eine Vielzahl von Publikationen belegen den erfolgreichen Einsatz von PCR-Methoden (PCR = „polymerase chain reaction”) bei der Diagnostik systemischer Mykosen. Allerdings wurden die meisten der Untersuchungen an einer begrenzten Anzahl von Patienten durchgeführt und große vergleichende prospektiv angelegte Multizenterstudien fehlen. Auch ein laborübergreifendes, standardisiertes Protokoll zum Nachweis von Aspergillus spp. und Candida spp. steht bislang aus.

Bevor molekulare Methoden routinemäßig zum Einsatz kommen können, sind wichtige Fragen zu klären. Dazu zählen:

  • geeignete DNA-Extraktionsmethoden aus unterschiedlichen klinischen Proben (Serum versus Plasma versus Vollblut, Aufschluss der rigiden Pilzzellwand, Inhibitoren in klinischen Materialien)

  • bestes DNA-Nachweisverfahren (PCR, nested-PCT, Multiplex-PCR, Real-time-PCR, PCR-ELISA, Hybridisierung)

  • optimales DNA-Target (z.B. single- versus multicopy-Gene)

  • Standardisierung von Maßnahmen zur Vermeidung von Kontaminationen.

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Therapie systemischer Mykosen

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Azol-Antimykotika

Azole hemmen die CYP450-abhängige Demethylierung von Lanosterol zu Ergosterol - das wichtigste Sterol in der Zellmembran der meisten Pilze [Abb. 1]. Dies führt zu einer veränderten Zellmembranfunktion und damit zur Hemmung von Zellwachstum und Zellteilung. Verglichen mit den Imidazolen (Clotrimazol, Ketoconazol und Miconazol) sind die später entwickelten Triazole (Fluconazol, Itraconazol) selektiver und haben günstigere pharmakokinetische Eigenschaften und teilweise ein breiteres Wirkspektrum [4] [15].

Nicht resorbierbare, oral verabreichte Azole (Clotrimazol, Miconazol) eignen sich ausschließlich zur Prävention von Candida-Infektionen. Eine Reduktion der oropharyngealen Hefekolonisation kann einen protektiven Effekt bezüglich oberflächlicher wie auch invasiver Candida-Infektionen haben.

Fluconazol ist ein wasserlösliches Triazol, das in oraler und parenteraler Formulierung zur Verfügung steht. Sein Wirkspektrum umfasst C. albicans, einige non-albicans Candida spp., Cryptococcus neoformans und die endemischen Pilzerreger [15]. Eingeschränkt aktiv ist die Substanz gegenüber C. glabrata, und gegenüber C. krusei oder opportunistischen Schimmelpilzen einschließlich Aspergillus spp. ist sie inaktiv. Im Allgemeinen ist Fluconazol gut verträglich und hat eine große therapeutische Breite, durch seine Wechselwirkung mit CYP4503A4 sind jedoch klinisch relevante Arzneimittelinteraktionen nicht auszuschließen.

Fluconazol hat sehr günstige pharmakokinetische Eigenschaften: Es wird nach oraler Gabe rasch und nahezu vollständig absorbiert, hat eine niedrige Eiweißbindung im Plasma, eine ausgezeichnete Penetration in Gewebe und in Körperflüssigkeiten und eine minimale hepatische Metabolisierung. Die Substanz wird überwiegend unverändert durch glomeruläre Filtration eliminiert und hat eine Halbwertszeit, die eine tägliche Einmalgabe erlaubt [Tab. 1] [3] [15]. Ein potenzielles Problem der Fluconazol-Prophylaxe ist zum einen die Selektion primär resistenter Candida-Arten, aber zum anderen auch die Entwicklung sekundärer Resistenzen bei an sich suszeptiblen Spezies, wie beispielsweise C. albicans [11].

Itraconazol dagegen ist ein lipophiles Triazol. Sein Wirkspektrum umfasst neben C. albicans auch nonalbicans Candida spp. mit Ausnahme von C. krusei, Cryptococcus neoformans und endemische Pilzerreger. Im Gegensatz zu Fluconazol besitzt Itraconazol darüber hinaus klinisch nützliche Aktivität gegenüber Aspergillus spp., Pseudallescheria boydii und einigen pigmentierten Schimmelpilzen, nicht jedoch gegenüber Fusarium spp. und den Zygomyzeten. In Bezug auf die opportunistischen Pilzinfektionen ist Itraconazol klinisch wirksam bei der Behandlung oberflächlicher Candida-Infektionen und bei der Therapie invasiver Aspergillus-Infektionen nichtneutropener und auch neutropener Patienten [15].

Itraconazol ist im Allgemeinen gut verträglich, hat jedoch eine geringere therapeutische Breite als Fluconazol und ein vergleichsweise größeres Potenzial für Arzneimittel-Interaktionen. Die (reversible) Hemmung CYP3A4-abhängiger oxidativer Reaktionen bzw. von P-Glykoprotein kann zu erhöhten und potenziell toxischen Konzentrationen zahlreicher gleichzeitig verabreichter Substanzen führen. Klassische „Enzyminduktoren” können einen beschleunigten Abbau von Itraconazol verursachen, woraus subtherapeutische Konzentrationen resultieren können. Die Substanz steht in einer intravenösen und zwei oralen Formulierungen zur Verfügung.

Im Unterschied zu Fluconazol ist Itraconazol in Plasma nahezu vollständig an Protein gebunden, unterliegt einer ausgeprägten hepatischen Metabolisierung und wird überwiegend in inaktiver Form über Galle und Urin ausgeschieden. Die orale Bioverfügbarkeit von Itraconazol nach Gabe der Kapselformulierung ist abhängig vom Füllungszustand und pH-Wert des Magens und gerade bei neutropenen Patienten mit Mukositis nicht vorherzusehen. Die neue Formulierung von Itraconazol in Cyclodextrin (Cyclodextrin-Itraconazol Suspension) weist bei Gabe im Nüchternzustand eine um mehr als 50 % verbesserte gastrointestinale Absorption auf. Seit kurzem liegt auch eine intravenöse Formulierung von Itraconazol in Cyclodextrin vor [Tab. 1] [3] [15].

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Polyen-Antimykotika

Die antimykotischen Polyene Amphotericin B und Nystatin sind natürlich vorkommende mikrobielle Fermentationsprodukte. Sie binden an Ergosterol, was die Bildung von transmembranösen Kanälen, den Verlust von monovalenten Kationen bzw. Protonen und den Zelluntergang zur Folge hat [Abb. 1] [4]. Generell ist Nystatin in equimolaren Konzentrationen weniger aktiv als Amphotericin B, in ihrem Wirkspektrum unterscheiden sich beide Substanzen jedoch nicht wesentlich. Dieses ist breit und umfasst die meisten opportunistischen und endemischen Pilze. Ausnahmen sind Candida lusitaniae, Aspergillus terreus, Trichosporon beigelii, Fusarium spp., Pseudallescheria boydii und Scedosporium prolificans, die eine eingeschränkte Empfindlichkeit gegenüber den antimykotischen Polyenen aufweisen [4].

Amphotericin B und Nystatin werden praktisch nicht resorbiert und sind daher nach oraler Applikation ausschließlich zur Prävention von Candida-Infektionen geeignet.

Die Rationale für den Einsatz von aerosolisiertem Amphotericin B beruht auf tierexperimentellen Untersuchungen, welche die grundsätzliche Eignung dieser Modalität für die Prophylaxe der invasiven pulmonalen Aspergillose dokumentieren. Bei zu vernachlässigender systemischer Resorption zeigten neuere Untersuchungen dabei eine längere intrapulmonale Retention und eine verbesserte Wirksamkeit der Amphotericin-B-Lipid-Formulierungen im Vergleich zu konventionellem Amphotericin-B-Deoxycholat [4].

Nach intravenöser Infusion der konventionellen Deoxycholat-Formulierung (D-AmB) trennt sich Amphotericin B rasch von seinem Trägermolekül, wird in der Lipoprotein-Fraktion transportiert und überwiegend von Organen des mononuklearen Phagozytosesystems (MPS) aufgenommen. Die Substanz zeigt eine biphasische Elimination aus dem Plasmapool mit einer initialen Halbwertszeit von 24-48 Stunden und einer terminalen Halbwertszeit von bis zu 15 Tagen. Da Amphotericin B nur sehr langsam in offensichtlich unveränderter Form über Urin und Gallenflüssigkeit ausgeschieden wird, ist seine Disposition im Wesentlichen durch eine Gewebsakkumulation und eine protrahierte Redistribution in den Plasmapool charakterisiert. Der klinische Nutzen von D-AmB ist beträchtlich eingeschränkt durch eine dosisabhängige Nephrotoxizität sowie in der Regel harmlose, für den Patienten jedoch sehr unangenehme infusionsassoziierte Reaktionen (Tab. 1) [3].

Die so genannten Lipid-Formulierungen (Amphotericin B Colloidal Dispersion, Amphotericin B Lipid Complex und liposomales Amphoterin B) sind signifikant weniger nephrotoxisch und zum Teil besser verträglich. Ihre pharmakokinetischen Eigenschaften unterscheiden sich von der konventionellen Formulierung und erlauben so die Gabe höherer Tagesdosen. Zwar ist die Dosisfindung bei Patienten noch nicht abgeschlossen, die meisten Tiermodelle unterstellen jedoch, dass höhere Tagesdosen erforderlich sind, um eine mit üblichen Dosen von D-AmB äquivalente antimykotische Wirksamkeit zu erzielen [Tab. 1] [4].

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Antimetaboliten

Zu den fluorierten Pyrimidinen gehört der Antimetabolit Flucytosin (5-Fluorocytosin). Seine Wirksamkeit erstreckt sich auf die meisten Candida-Arten - einschließlich C. glabrata, Cryptococcus neoformans, Geotrichum candidum, Cladosporum und Phialophora [3]. Bei einer Flucytosin-Monotherapie werden nicht selten sekundäre Resistenzentwicklungen gegen Candida beobachtet. Deshalb sollte die Substanz nur in Kombination mit anderen Antimykotika, vorzugsweise mit Amphotericin B und Fluconazol, verordnet werden.

Nach der Anwendung von Flucytosin sind Leber- und Knochenmarkschäden beschrieben. Es besteht eine gute Diffusion in den Liquor und ins Augenkammerwasser. Ein Drug-Monitoring ist grundsätzlich zu empfehlen (therapeutische Serumspiegel < 100 μg/ml, 40-80 μg/ml), insbesondere aber bei Patienten mit Niereninsuffizienz sowie im Frühgeborenenalter und in der ersten Lebenswoche sind sie unerlässlich (Tab. 2).

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Neue Antimykotika

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Triazole der nächsten Generation

Voriconazol ist eine Weiterentwicklung des Fluconazols und hat ein erweitertes Wirkungsspektrum, das unter anderem Aspergillus spp., die intrinsisch resistenteren Candida spp. wie C. krusei und C. glabrata, Fusarium spp., Pseudallescheria boydii einschließt [3]. Die Plasmaproteinbindung beträgt 58 % und das Verteilungsvolumen liegt bei 4,6 l/kg. Wie auch bei anderen Azolen ist die Pharmakokinetik von Voriconazol nicht linear und die Variabilität der Plasmakonzentrationen ist interindividuell hoch [15]. Voriconazol ist oral und parenteral für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr zugelassen.

Posaconazol ist ein hydroxyliertes Analog zu Itraconazol, sein Spektrum umfasst Candida und Aspergillus spp., Cryptococcus neoformans und Fusarium spp.. Posaconazol ist derzeit nur in einer oralen Formulierung in klinischer Erprobung [15].

Das synthetische Triazol Ravuconazol ähnelt in seiner Struktur Fluconazol und Voriconazol. Sein Spektrum umfasst Candida und Aspergillus spp., Cryptococcus neoformans und einige dimorphe Pilze [15].

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„Candine”

Eine gänzlich neue Substanzklasse der Antimykotika bilden die so genannten Candine: Sie hemmen die 1,3-beta-Glukan-Synthetase, ein lebenswichtiges Enzym der Zellwandsynthese. So wird die Integrität der Zellwand zerstört, was das Absterben der Pilzzelle zur Folge hat. Damit greifen die Candine eine Struktur der Pilzzelle an, zu der es keine Analogie in der menschlichen Zelle gibt. Die Substanzen sind demnach gut verträglich und zeigen eine gute Wirksamkeit gegenüber ansonsten schwer therapierbaren Pilzinfektionen, wie zum Beispiel den Schimmelpilzinfektionen [3]

Caspofungin zum Beispiel ist ein Pneumocandin mit breitem Spektrum: Es wirkt gut gegen Aspergillus- und Candida-Spezies, einschließlich azolresistenter Candida-Stämme, sowie gegen Pneumocystis carinii. Gegen Cryptococcus neoformans zeigt die Substanz keine Wirkung. Caspofungin muss injiziert werden, seine Halbwertzeit beträgt neun bis zehn Stunden, die Ausscheidung erfolgt über die Leber. Die Dosierung bei Erwachsenen erfolgt unabhängig vom Körpergewicht einmal täglich (am ersten Tag 70 mg, danach 50 mg/Tag). Für Kinder ist der Wirkstoff bislang nicht zugelassen [2].

In klinischer Prüfung befindet sich derzeit Micafungin, ein Echinocandin mit fungizider Wirksamkeit gegen alle Candida-Spezies, guter Wirksamkeit gegen Aspergillus spp. und fehlender Wirksamkeit gegen Cryptococcus neoformans [3].

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Entwicklung neuer Antimykotika

Obwohl inzwischen neue Antimykotika mit teilweise breiterem Wirkspektrum (nächste Generation Triazole, Candine) und besserer Verträglichkeit (liposomales Amphothericin B) zur Verfügung stehen, ist die Morbidität und Mortalität systemischer Pilzinfektionen immer noch unbefriedigend hoch. Daher bleibt die Suche nach weiteren Zielstrukturen für mögliche Therapeutika, wie zum Beispiel in der Zellwand der Pilze, zwingend erforderlich [5] [7] [10] [13]. So könnte die Identifizierung essenzieller Enzyme, die für die Quervernetzung des Glukans sowie für den Aufbau der Zellwand während des Wachstums verantwortlich sind, die Entwicklung entsprechender Inhibitoren möglich machen [Abb. 1] [7]. Auch Mannoproteine, die sich in hoher Konzentration in der Peripherie der Zellwand finden und dort große Antigen-Komponenten der Zelle darstellen, könnten sich als Zielstruktur - als so genanntes Target - eignen [7].

Ein alternativer Ansatz sind natürlich vorkommende Peptid-Antibiotika - kleine, kationische, amphipathische Moleküle aus 12-50 Aminosäuren mit breitem Wirkungsspektrum. Peptid-Antibiotika töten Mikroorganismen nach einem gemeinsamen Mechanismus ab: Zunächst heften sie sich an die bimolekulare Schicht biologischer Membranen, bilden dort Poren und führen so zur ultimativen Zellauflösung. Zusätzlich zu ihrer antimikrobiellen Aktivität interagieren antimikrobielle Peptide mit verschiedenen Wirtszellen und können die Aktivität der körpereigenen zellulären Abwehrmechanismen steigern.

Einer der Vorteile, welche diese antimikrobiellen Peptide bezüglich der Behandlung von Pilzinfektionen besitzen, ist das schnelle Abtöten pathogener Pilze. Aber auch das Risiko einer Resistenzentwicklung ist gering. Ihre ungerichtete Toxizität, ihre geringe Stabilität und Immunogenität sowie die bislang hohen Produktionskosten schränken die klinische Anwendung dieser Peptide jedoch drastisch ein [1] [10].

Einen weiteren erfolgversprechenden Ansatz bezüglich der Entwicklung neuer antifungaler Medikamente bieten die Erkenntnisse aus der Pathogenitätsforschung humanpathogener Pilze [7] [13]. Dabei beinhalten die Strategien die Identifizierung spezifischer Gene, die für geeignete, neuartige Drug-Targets kodieren, die Charakterisierung von Zielgenen in essenziellen Stoffwechselwegen der Pilze sowie die Weiterentwicklung im Verständnis von Zielstrukturen bekannter Antimykotika, bei denen der Wirkmechanismus bislang nicht vollständig aufgeklärt ist. Dabei sollten die gesuchten, für den Pilz möglichst lebensnotwendigen Zielstrukturen zum einen bei einer Vielzahl pilzlicher Pathogene vorkommen, im Menschen dagegen sollten sie nicht vorhanden sein. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Inhibitoren der ausgewählten Strukturen leicht identifiziert und charakterisiert werden können [13].

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Abb 1.

Tab 1. Antimykotika-Dosierungen

Amphotericin B

i.v.

Kinder, Jugendliche, Erwachsene

0,5-1,5 mg/kgKG

liposomales Amphotericin B

i.v.

Kinder, Jugendliche, Erwachsene

3-7,5 mg/kgKG

Amphotericin-Lipidkomplex

i.v.

Kinder, Jugendliche, Erwachsene

5-7,5 mg/kgKG

Amphotericin-B-Kolloidkomplex

i.v.

Kinder, Jugendliche, Erwachsene

5-7,5 mg/kgKG

Flucytosin

i.v., p.o.

Kinder, Jugendliche

100 - 150 mg/kgKG

Erwachsene

150 mg/kgKG

Nystatin

p.o.

Kinder

100000 E/kgKG

p.o.

Jugendliche, Erwachsene

1,5-3 Mio E

Fluconazol

p.o., i.v.

Frühgeborene < 1500 g

5 mg/kgKG jeden dritten Tag für zwei Wochen, danach einmal 4-6 mg/kgKG

p.o., i.v.

Säuglinge, Kinder

4-6(-12) mg/kgKG

p.o., i.v.

Jugendliche, Erwachsene

400-800-1600 mg

Itraconazol

p.o.

Kinder 1-12 Jahre

5-12 mg/kgKG

p.o.

Jugendliche, Erwachsene

200-600 mg

Voriconazol

p.o., i.v.

Erwachsene (> 40 kgKG)

initial 400 mg alle zwölf Stunden Erhalt 200 mg zweimal täglich

Kinder 2-12 Jahre

6 mg/kgKG alle zwölf Stunden Erhalt 4 mg/kgKG zweimal täglich

Caspofungin

i.v.

Erwachsene

initial 70 mg Erhalt 50 mg

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Literatur

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Anschrift für die Verfasser

Dr. Michael Weig

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Anschrift für die Verfasser

Dr. Michael Weig

Abteilung Bakteriologie

Universität Göttingen

Kreuzbergring 57

37075 Göttingen

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Abb 1.