Einleitung
Einleitung
Die 1998 veröffentlichte PORT-Meta-Analyse aus neun randomisierten Studien zeigte
keinen positiven Effekt der postoperativen Strahlentherapie auf die Prognose bei radikal
operiertem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC, non-small cell lung cancer)
im Stadium I - IIIA [1 ]. Seitdem ergibt sich eine hohe Priorität, die Ausbreitungsmechanismen von Tumoren
näher zu definieren, die nach dem klinisch-pathologischen Staging die anatomische
Grenze der pleuralen Umschlagsfalte noch nicht überschritten haben. Diesbezüglich
ist die Bedeutung der pulmonalen (N1) Lymphknotenmetastasierung bei lokal fortgeschrittenem
(T3 - 4) NSCLC noch abklärungsbedürftig, ebenso die Effektivität der aktuellen therapeutischen
Konzepte, die sich auf rein lokale Maßnahmen - d. h. Chirurgie und eventuelle Strahlentherapie
- stützen.
Der Befall der pulmonalen Lymphknoten korreliert mit einer ungünstigeren Langzeitprognose
im Vergleich mit der N0-Erkrankung, unabhängig von der pT-Klassifikation: die 5-Jahre-Überlebensrate
sämtlicher N1-Patienten beträgt 40 % versus 60 % bei N0-Patienten [2 ]. Betrachtet nach Subgruppen, haben Patienten im Stadium IIA pT1N1 eine 5-Jahre-Überlebenschance
von 55 %, Patienten im Stadium IIB pT2N1 von 39 %, Patienten im Stadium IIIA pT3N1
von 25 % und Patienten im Stadium IIIB pT4N1 von etwa 8 % [2 ].
Ziel unserer Studie ist die Evaluation des prognostischen Gewichtes der N1-Metastasierung
für Patienten mit lokal fortgeschrittenem (pT3 - 4) nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom,
sowie die kritische Analyse der bisherigen Therapieergebnisse.
Patienten und Methodik
Patienten und Methodik
Im Zeitraum 1990 - 1995 wurden 1954 konsekutive Patienten an der Abteilung für Thoraxchirurgie
und thorakale Endoskopie der Ruhrlandklinik, Essen einem resektiven Eingriff wegen
NSCLC unterzogen. Bei 549 Patienten (28 %) wurde der Befall ipsilateraler pulmonaler
Lymphknoten (pN1) nachgewiesen. In 188 Fällen (33 %) handelte es sich um einen lokal
fortgeschrittenen (pT3 - 4) Tumor. In dieser Gruppe betrug die 30-Tage-Letalität 3,7
% (7 Patienten). Die folgende Analyse betrifft die 181 überlebenden Patienten. Der
Altersmedian war 62,0 Jahre (Range: 34 - 80 Jahre). Das männliche Geschlecht überwog
mit 86 %. 22 % der Karzinome wurde als Zufallsbefund bei röntgenologischen Routineuntersuchungen
festgestellt; in den meisten Fällen (78 %) waren tumorbedingte Symptome wegweisend
(Änderung des Hustens in 29 %, Hämoptysen in 16 %, thorakaler Schmerz in 11 %, andere
Beschwerden wie akuter Bronchialinfekt in 22 %). Der Median der Beschwerdedauer betrug
13 Monate (± 14,8 SD). Zur Bestimmung der prognostischen und funktionellen Operabilität
wurden alle Patienten einem umfangreichen Staging mit Röntgen-Thorax, CT-Thorax, CT-Abdomen
und/oder Abdomen-Sonographie, Knochenszintigraphie, Bronchoskopie und Mediastinoskopie,
sowie kardiopulmonalen Funktionsuntersuchungen unterzogen. Die klinischen Eigenschaften
der 181 Patienten sind in der Tab. [1 ] verzeichnet.
Tab. 1 Klinische Eigenschaften von 181 Patienten mit pT3 - 4 N1 NSCLC
Nr.
%
Alter, Jahre
median
62,0
Range
34 - 80
Geschlecht
männlich/weiblich
156/25
86/14
Symptome
asymptomatisch
40
22
Husten
53
29
Hämoptysen
28
16
thorakaler Schmerz
20
11
andere
40
22
Lappen
OL re
51
28
ML re
5
3
UL re
29
16
OL li
65
36
UL li
31
17
Lage
zentral
148
82
peripher
33
18
Klinisches Stadium (UICC TNM Staging System 1997)
I
69
38
II
60
33
III
43
24
IV
2
1
nicht verfügbare Daten
7
4
Karnofsky Index
100 %
20
11
90 - 80 %
124
69
≤ 70 %
27
15
nicht verfügbare Daten
10
5
FEV1
> 2,0 L
103
57
1,5 - 2,0 L
57
32
< 1,5 L
13
7
nicht verfügbare Daten
8
4
FEV1 % Soll
> 70 %
75
41
50 - 70 %
77
43
< 50 %
21
12
nicht verfügbare Daten
8
4
Der chirurgische Eingriff schloss in allen Fällen die anatomische Resektion des betroffenen
Lappens bzw. der betroffenen Lunge und eine systematische Lymphadenektomie (Interlobium,
Hilus, oberes und unteres mediastinales Kompartiment sowie Bifurkation) ein. Die Indikation
zur primären Pneumonektomie wurde bei zentralem Tumor oder interlobärem/hilärem kapselüberschreitenden
Lymphknotenbefall und/oder peribronchialer lymphangischer Tumorausbreitung in der
Schnellschnittdiagnostik gestellt. Der postoperative histopathologische Befund einer
unvollständigen Resektion nach Lobektomie - d. h. kapselüberschreitende Lymphkotenmetastasen,
endo- bzw. peribronchiales Tumorwachstum am Absetzungsrand - führte, wenn funktionell
zumutbar, zu einer Restpneumonektomie. Unsere Operationsindikationen für eine Restpneumonektomie
wurden bereits publiziert [3 ].
Tab. [2 ] sind die Verteilung der chirurgischen Eingriffe sowie die pathologischen Ergebnisse
zu entnehmen. Die Tab. [3 ] enthält eine Auflistung der postoperativen Komplikationen.
Tab. 2 Chirurgische Ergebnisse nach 181 Lungenresektionen wegen pT3 - 4 N1 NSCLC
Nr.
%
chirurgischer Eingriff
Pneumonektomie
103
56,9
Manschettenpneumonektomie
8
4,4
Bilobektomie
8
4,4
Lobektomie
46
25,4
Manschettenlobektomie
16
8,8
R-Status
R0
100
55,2
R1
60
33,1
R2
21
11,6
Histologie
Plattenepithelkarzinom
120
66,3
Adenokarzinom
42
23,2
großzelliges Karzinom
10
5,5
adenosquamöses Karzinom
7
3,9
anderer Typ
2
1,1
pT-Klassifikation
T3
128
70,7
T4
53
29,3
pN-Klassifikation*
N1h
44
24,3
N1i
17
9,4
N1p
27
14,9
N1d
93
51,4
adjuvante Therapie
keine
61
33,7
Radiotherapie
118
65,2
Chemo-Radiotherapie
2
1,1
* N1h, hiläre Lymphknotenmetastasen (Station #10); N1i, interlobäre Lymphknotenmetastasen
(Station #11); N1p, periphere, intralobäre Lymphknotenmetastasen (Station #12, 13
und 14); N1d, direkte Infiltration der Lymphknoten (jeder Station).
Primärtumor
Der Tumor wurde nach der WHO International Histological Classification of Tumours
[4 ] als Plattenepithelkarzinom in 120 Fällen (66,3 %) klassifiziert, als Adenokarzinom
in 42 (23,2 %; einschließlich ein bronchiolo-alveoläres Karzinom), als großzelliges
Karzinom in 10 (5,5 %), als adenosquamöses Karzinom in 7 (3,9 %), und als Karzinosarkom
in 2 (1,1 %). Bezüglich der T-Klassifikation nach dem neuen UICC International System
for Staging Lung Cancer [2 ], wurden 128 Karzinome (70,7 %) als T3 und 53 (29,3 %) als T4 eingestuft.
Tab. 3 Chirurgische Komplikationen nach 181 Thorakotomien
Nr.
%
schwergradige Komplikationen
bronchopleurale Fistel/Empyem
6
3,3
Pneumonie
5
2,8
Herzinsuffizienz/-infarkt
5
2,8
Re-Thorakotomie wegen Nachblutung
5
2,8
respiratorische Insuffizienz/ARDS
2
1,1
andere
3
1,7
leichtgradige Komplikationen
Arrhythmia
57
31,5
persistierende pleuroparenchymale Fistel
17
9,4
Pleuraerguss
1
0,6
Wundinfekt
5
2,8
andere
23
12,7
Lymphknotenmetastasen
Wir analysierten die pathologischen Befunde bezüglich der anatomischen Lage der Lymphknotenmetastasen
nach der neuen Regional Lymph Node Classification for Lung Cancer Staging [5 ]. 44 Patienten (24,3 %) hatten Metastasen in den hilären Lymphknoten (N1h, Station
#10) als höchstes Niveau, 17 (9,4 %) in den interlobären Lymphknoten (N1i, Station
#11), 27 (14,9 %) in den lobären Lymphknoten (N1p, Stationen #12, 13 und 14), und
bei 93 Patienten ging der Lymphknotenbefall von einer direkten Infiltration durch
den Primärtumor (N1d) aus. Lymphknotenmetastasen in mehreren Stationen wurden in 49
Fällen (27,1 %) nachgewiesen.
Eine adjuvante Bestrahlung wurde in 118 Fällen (69,4 %) bei pN1h-Erkrankung nach Lobektomie
oder bei R1/2-Resektion veranlasst; der Gesamtdosismedian betrug 55 Gy. Zwei Patienten
(1,2 %) wurden einer adjuvanten Chemo-Strahlentherapie unterzogen. Metastasen in den
interlobären bzw. lobären Lymphknoten sowie die direkte Lymphknoteninfiltration stellten
keine Indikation zu einer adjuvanten Behandlung dar. Eine R0-Pneumonektomie wurde
bei Befall der hilären Station als kurativ betrachtet.
Die mediane Follow-up-Zeit betrug 19 Monate (Range: 1 - 133 Monate). Zwei Patienten
konnten wegen eines Wohnortwechsels nicht nachverfolgt werden.
Statistische Analyse
Das Tumorrezidiv wurde je nach anatomischer Lage als lokoregionäres Rezidiv oder Fernmetastasierung
klassifiziert. Unter lokoregionärem Rezidiv (LRR) versteht man jedes erneute Tumorgeschehen
innerhalb der Grenzen des ipsilateralen Thorax, des Mediastinum oder der ipsilateralen
supraklavikulären Lymphknotenstation. Jedes andere Rezidiv wird als Fernmetastasierung
(M) betrachtet. Die Todesursache wurde als tumorbedingt, nicht tumorbedingt oder unbekannt
registriert. Wir verglichen die prognostischen Gruppen mittels Kreuztabellen mit dem
χ2 -Test nach Pearson. Die Überlebensraten wurden mit der Methode nach Kaplan-Meier kalkuliert
[6 ] und mit dem log-rank-Test verglichen [7 ]
[8 ]. Die statistische Analyse wurde mit einem Software-Paket (Statistical Program for
the Social Sciences, release 10.0.7, 2000; SPSS Inc., Chicago) durchgeführt. Die statistische
Relevanz war durch einen p-Wert unter 0,05 definiert.
Ergebnisse
Ergebnisse
Die Lymphknotenmetastasierungsmuster beeinflussende Faktoren
Folgende klinisch-pathologische Faktoren wurden analysiert, um eine eventuelle Korrelation
mit Niveau und Typ des Lymphknotenbefalles zu identifizieren: Typ des zur Diagnose
führenden Symptoms (Zufallsbefund bei asymptomatischem Patient vs. Husten vs. Thoraxschmerz
vs. Hämoptysen vs. andere), Dauer der Beschwerden (asymptomatisch vs. ≤ 12 Wochen
vs. > 12 Wochen), Lage des Primärtumors (zentral vs. peripher), anatomische Seite
(rechts vs. links) und Lappen (Oberlappen rechts vs. Mittellappen vs. Unterlappen
rechts vs. Oberlappen links vs. Unterlappen links), pT-Klassifikation (pT3 vs. pT4),
Tumorgröße (< 3,0 cm vs. 3,1 - 5,0 cm vs. 5,1 - 7,0 cm vs. > 7,0 cm), histologischer
Typ (Plattenepithelkarzinom vs. Adenokarzinom vs. bronchioloalveoläres Karzinom vs.
großzelliges Karzinom vs. gemischter Typ vs. andere), Grading (G1 vs. G2 vs. G3 vs.
G4). Kein statistischer Unterschied bezüglich des Lymphknotenmetastasierungsmusters
fand sich für Art und Dauer der Symptome (p = .561 bzw. p = .215), Seite (p = .431),
Lappen (p = .065), pT-Klasse (p = .281), Tumorgröße (p = .658), histologischen Typ
(p = .711) und Grading (p = .289). Dagegen unterschied sich Typ und Niveau des Lymphknotenbefalles
grundsätzlich bei zentral wachsenden Tumoren gegenüber peripheren Karzinomen, mit
einer größeren Neigung der ersten Gruppe sowohl in die hiläre Station zu metastasieren
als auch per continuitatem benachbarte Lymphknoten zu infiltrieren (p = .022) (Abb.
[1 ]).
Abb. 1 Korrelation zwischen Lage des Primärtumors und Typ des Lymphknotenbefalls (p = .022).
Abb. 2 Globale Überlebensraten nach Kaplan-Meier für 181 Patienten mit pT3 - 4 N1 NSCLC (1990
- 1995).
Abb. 3 Aktuariale Überlebenskurven nach pT-Klassifikation: T3 (□), n = 128, vs. T4 (▴), n
= 53 (log rank test, p = .0064).
Abb. 4 Aktuariale Überlebenskurven nach Typ bzw. Station des Lymphknotenbefalles: N1 h(□),
n = 44, vs. N1i (- - -), n = 17, vs. N1p (▵), n = 27, vs. N1d (), n = 93 (log rank
test, p = .0366).
Globale Überlebensraten der T3 - 4 N1-Patienten
Für die 181 Patienten mit T3 - 4 N1 nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom betrugen
die 3-, 5- und 10-Jahre-Überlebensraten 31 %, 23 % bzw. 16 %, mit einem Überlebenszeitmedian
von 20 Monaten (Abb. [2 ]
[3 ]
[4 ]
[5 ]).
Prognostische Faktoren für N1-Patienten
Mit dem Ziel, die die Prognose beeinflussenden Variablen zu identifizieren, wurden
die Überlebenskurven nach Geschlecht, Karnofsky-Index, FEV1 und FEV1 % Soll, Typ und Dauer der Symptome, klinischem Stadium, Tumorlage, Seite und Lappen,
operativem Eingriff, R-Status, pT-Klasse, Tumorgröße, Histologie, Grading, Typ von
N1-Befall, Zahl der befallenen Stationen, Zahl der befallenen Lymphknoten, sowie adjuvanter
Therapie verglichen. Hierbei ergab sich statistische Signifikanz bei der pT-Klassifikation
(p = .0064), Typ des Eingriffes (p = .0077), FEV1 % des Sollwertes (p = .0120), R-Status (p = .011), Typ und Ebene des N1-Lymphknotenbefalles
(p = .0184) sowie Grading (p = .0352) (Tab. [4 ]). In der multivariaten Analyse erhielt nur die pT-Klasse (p = .017) ein bedeutsames
relatives prognostisches Gewicht; Operationstyp (p = .055) und R-Status (p = .058)
zeigten mehr als eine Tendenz, die Prognose als unabhängige Faktoren zu beeinflussen.
Typ und Niveau des pulmonalen Lymphknotenbefalles korrelierten weniger streng mit
der Prognose (p = .140).
Tab. 4 Univariate Analyse der klinisch-pathologischen prognostischen Faktoren
5-Jr. ÜR (%)
p-Wert
pT-Klassifikation
T3
29
.0064
T4
8
Operation
Pneumonektomie
28
.0077
Lobektomie/Bilobektomie
15
FEV1 % Soll
> 70 %
23
.0120
50 - 70 %
25
< 50 %
10
R-Status
R0
27
.0151
R1
21
R2
10
Grading
G1
0
.0352
G2
21
G3
31
pN-Klassifikation
N1d
27
.0366
N1p
37
N1i
6
N1h
13
befallene Stationen
einzelne Station
26
.0556
multiple Stationen
13
adjuvante Therapie
keine
26
.1682
Radiotherapie
21
Chemo-Radiotherapie
0
Dauer der Symptome
keine Symptome
28
.2311
≤ 12 Wochen
17
> 12 Wochen
26
befallene Lymphknoten
1
29
.2409
2-5
19
> 5
26
Histologie
Plattenepithel-Ca.
22
.3201
Adeno-Ca.
24
großzelliges Ca.
30
adenosquamöses Ca.
14
andere Type
50
Karnofsky Index
100 %
30
.4250
90 - 80 %
22
≤ 70 %
22
Symptome
keine
25
.4371
Husten
21
thorakaler Schmerz
13
Hämoptyse
21
andere
18
FEV1
> 2,0 L
23
.5343
1,5 - 2,0 L
19
< 1,5 L
31
Tumorlage
peripher
24
.5879
zentral
21
Bluttransfusionen
keine
18
.6227
Eigenblut
28
Fremdblut
22
Seite
recht
24
.6239
links
22
Lappen
Oberlappen re.
29
.9379
Mittellappen
20
Unterlappen re.
17
Oberlappen li.
23
Unterlappen li.
19
Tumorrezidiv
Bei 111 (61,3 %) der 181 Studienpatienten verfügen wir über detaillierte Informationen
des Krankheitsverlaufs. In dieser Gruppe erlebten genau zwei Drittel der Fälle ein
Tumorrezidiv, lokal und/oder metastatisch, während das restliche Drittel bis zum Zeitpunkt
des Todes oder der letzten Nachsorgeuntersuchung tumorfrei blieb. Das Karzinomrezidiv
trat lokoregionär in 20,7 % der Fälle und als Fernmetastase in 45,9 % auf. Die Verteilung
der Tumorrezidive und der Fernmetastasen nach pT- und N1-Typ wird in den Tab. [5 ] u. [6 ] gezeigt.
Tab. 5 Verteilung der Tumorrezidive nach pT-Klassifikation (p = .012) und Typ des Lymphknotenbefalles
(p = .008) unter 111 Patienten mit pT3 - 4 N1 NSCLC
pT-Klassifikation
Erstereignis
pT3
pT4
Nr. = 79 (%)
Nr. = 32 (%)
kein Rezidiv
33 (41,8)
4 (12,5)
lokoregionär
14 (17,7)
9 (28,1)
Metastasen
32 (40,5)
19 (59,4)
N1-Typ
Erstereignis
hilär
interlobär
lobär
direkt
Nr. = 22 (%)
Nr. = 10 (%)
Nr. = 19 (%)
Nr. = 60 (%)
kein Rezidiv
4 (18,2)
-
9 (47,4)
24 (40,0)
lokoregionär
3 (13,6)
5 (50,0)
1 (5,3)
14 (23,3)
Metastasen
15 (68,2)
5 (50,0)
9 (47,4)
22 (36,7)
Laut unserer Analyse beträgt das Risiko eines Karzinomrezidivs für Patienten mit pT3
- 4 N1 NSCLC 30 % nach einem Jahr, 54 % nach 2 Jahren, 61 % nach 3 Jahren und 64 %
nach 5 Jahren.
Tab. 6 Verteilung der Metastasen nach pT-Klassifikation (p = .034) und Typ des Lymphknotenbefalles
(p = .034) unter 111 Patienten mit pT3 - 4 N1 NSCLC
pT-Klassifikation
Betroffenes Organ
pT3
pT4
Nr. = 79 (%)
Nr. = 32 (%)
Hirn
8 (10,1)
3 (9,4)
Leber
4 (5,1)
1 (3,1)
Lunge
3 (3,8)
5 (15,6)
Knochen
6 (7,6)
4 (12,5)
Nebennieren
-
1 (3,1)
andere
8 (10,1)
3 (9,4)
multiple
5 (6,3)
6 (18,8)
N1-Typ
Betroffenes Organ
hilär
interlobär
lobär
direkt
Nr. = 22 (%)
Nr. = 10 (%)
Nr. = 19 (%)
Nr. = 60 (%)
Hirn
3 (13,6)
1 (10,0)
1 (5,3)
6 (10,0)
Leber
1 (4,5)
-
1 (5,3)
3 (5,0)
Lunge
5 (22,7)
-
-
3 (5,0)
Knochen
1 (4,5)
3 (30,0)
3 (15,8)
3 (5,0)
Nebennieren
1 (4,5)
-
-
-
andere
1 (4,5)
-
4 (21,1)
6 (10,0)
multiple
4 (18,2)
2 (10,0)
-
5 (8,3)
Diskussion
Diskussion
Diese Arbeit zeigt, dass die lokal fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome
im Stadium IIIA pT3N1 und IIIB pT4N1 eine Mischung unterschiedlicher Tumormanifestationen
mit verschiedenen Prognosen darstellen, allerdings durch rein lokale Therapiemaßnahmen
mit unbefriedigenden Ergebnissen behandelt.
Das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom mit Metastasen in den ipsilateralen pulmonalen
Lymphknoten (N1) - d. h. innerhalb der anatomischen Grenze der hilären pleuralen Umschlagsfalte
- wird als eine Erkrankung im Frühstadium angesehen. Dennoch hat diese Patientengruppe,
wie durch mehrere Autoren festgestellt wurde, nach einer „radikalen” chirurgischen
Resektion eine unerfreulich schlechte Prognose [2 ]
[9 ]
[10 ]
[11 ]
[12 ]
[13 ]
[16 ]
[17 ]. Mountain berichtete eine globale 5-Jahre-Überlebensrate von etwa 40 % für sämtliche
pN1-Patienten, im Vergleich mit etwa 60 % für die pN0-Patienten [2 ]. Betrachtet man die Substadiierung, haben Patienten im Stadium IIA pT1N1 eine 5-Jahre-Überlebenschance
von 55 %, Patienten im Stadium IIB pT2N1 von 39 %, Patienten im Stadium IIIA pT3N1
von 25 % und Patienten im Stadium IIIB pT4N1 von etwa 8 % [2 ].
Vorausgegangene Studien suggerieren, dass das N1-Krankengut in Bezug auf anatomisches
Niveau und Mechanismus des Lymphknotenbefalls eine heterogene Gruppe darstellt [2 ]
[9 ]
[10 ]
[11 ]
[12 ]
[13 ]
[16 ]. Metastasen in den hilären und/oder interlobären Lymphknoten (Stationen Nr. 10 und
11, nach der neuen Regional Lymph Node Classification for Lung Cancer Staging) [5 ] korrelieren mit einer ungünstigeren Prognose im Vergleich mit Metastasen in den
intralobären Lymphknoten (Stationen Nr. 12, 13 und 14). Darüber hinaus erschienen
die Langzeitergebnisse der ersten Gruppe mit den Patienten mit mediastinalen Lymphknotenmetastasen
in einer einzelnen Station („limited N2 disease”) vergleichbar [10 ]
[11 ]
[13 ]
[16 ]
[18 ].
Ziel unserer Studie war zu definieren, inwieweit anatomisches Niveau und Mechanismus
des Lymphknotenbefalles die Prognose der Patienten mit N1 NSCLC beeinflussen. Die
Ergebnisse im Bezug auf das gesamte Krankengut (pT1 - 4 N1) wurden an anderer Stelle
publiziert [18 ]. Fokus dieser gesonderten Analyse war die Gruppe mit lokal weit fortgeschrittenem
(pT3 - 4) N1-NSCLC, weil diese Patienten heute im Regelfall rein lokalen therapeutischen
Maßnahmen unterzogen werden.
Die Wichtigkeit eines sorgfältigen Staging zum Vermeiden des „Will Rogers-Phänomens”
wurde bereits durch verschiedene Autoren unterstrichen [9 ]
[13 ]
[15 ]
[16 ]
[20 ]. Wir analysierten ein „bereinigtes” Patientengut, da sämtliche Patienten zum Ausschluss
einer N2-Erkrankung einer Routine-Mediastinoskopie sowie einer intraoperativen systematischen
Lymphadenektomie des oberen und unteren Kompartments sowie der Bifurkation unterzogen
wurden.
Die relativ hohe Pneumonektomiequote in unserem Krankengut (60,2 %) erklärt sich mit
der überwiegenden Zahl zentral gelegener Karzinome (81,8 %); falls technisch machbar
und onkologisch vertretbar, wurden parenchymsparende Resektionen (Manschettenlobektomie
in 8,8 % der Fälle, Bilobektomie in 4,4 %) bevorzugt.
Wir schlossen auch inkomplette Resektionen (R1 - 2, entsprechend 33,1 % bzw. 11,6
% der Fälle) in unserer Analyse ein: wie erwartet, korrelierte in der univariaten
Auswertung eine radikale Chirurgie (R0) mit einer signifikant günstigeren Prognose
im Vergleich mit R1 - 2 Operationen (p = .0151). Allerdings zeigte die multivariate
Analyse für den R-Status nur eine Tendenz, die Prognose zu beeinflussen (p = .058).
Die 5-Jahre-Überlebensraten der N1-Patienten schwankt in der Literatur dem Tumorstadium
entsprechend zwischen 27,2 % und 67 % (Tab. [7 ]).
Tab. 7 Überlebenszeiten von Patienten mit N1-NSCLC
Autor
Jahr
Patienten
pT
5-Jr. Überlebensrate (%)
(n)
global
N1h
N1i
N1p
N1d
Maggi [14 ]
1990
157
T1 - 4
46,1
-
-
-
-
Yano [9 ]
1994
78
T1 - 3
49,2
39,7*
64,5
-
van Velzen [12 ]
1999
111
T3 - 4
27,2
-
-
-
-
Sawyer [22 ]
1999
107
T1 - 4
32
-
-
-
-
Riquet [16 ]
1999
256
T1 - 4
47,5
38,5*
53,6
53,7 (p) 27,3 (h)
Asamura [13 ]
2000
180
T1 - 4
67
54
70§
-
Marra [19 ]
2002
535
T1 - 4
40
30
39
41
45
Marra
2002
181
T3 - 4
23
13
6
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* N1h und N1i wurden als einzelne Gruppe analysiert. §N1i und N1p wurden als einzelne
Gruppe analysiert. (p) Pulmonale, intralobäre Lymphknoten. (h) Hiläre, extralobäre
Lymphknoten.
Die prognostische Bedeutung eines pulmonalen Lymphknotenbefalls wurde bereits von
verschiedenen Autoren nachgewiesen. Yano u. Mitarb. fanden in einer Analyse von 78
Patienten mit pN1-NSCLC, dass die mit lobärer N1-Erkrankung assoziierte Überlebenszeit
signifikant besser war als die mit hilärer/interlobärer N1-Erkrankung (5-Jahre-ÜZ:
64,5 % vs. 39,7 %, p = .014) [9 ]. Van Velzen u. Mitarb. analysierten gesondert die verschiedenen Untergruppen des
N1-Patientenguts nach Stadieneinteilung. Im ersten Bericht über 58 Patienten mit Stadium
IIA pT1N1 NSCLC war die 5-Jahre-Überlebensrate bei N1 wegen direkter Lymphknoteninfiltration
höher als die bei N1 wegen einer Lymphknotenmetastase (68,6 % vs. 31,2 %, p = .0038).
Darüber hinaus hatten die Patienten mit N1 wegen direkter Infiltration eine bessere
Prognose als die mit N1 bei hilären Metastasen (p = .0006), aber vergleichbar mit
den Patienten mit N1 bei lobären Metastasen [10 ]. Bei 369 Patienten mit Stadium IIB pT2N1 NSCLC betrug die 5-Jahre-Überlebensrate
bei N1 wegen lobären Metastasen 57,3 % versus 30,3 % der Patienten mit N1 wegen hilären
Metastasen (p = .0028) und 39,1 % der Patienten mit N1 wegen Lymphknoteninfiltration
(p = .03) [11 ]. Keine prognostische Bedeutung wurde im Patientengut mit pT3 - 4 N1 NSCLC für Niveau
und Typ des Lymphknotenbefalles nachgewiesen, wobei die Überlebenszeit mit der Vollständigkeit
der Resektion eng korreliert (p = .0001) [12 ].
Dagegen stellten wir in unserer Analyse bei pT3 - 4-Tumoren die statistische Signifikanz
von Niveau und Typ des N1-Befalles (p = .0184) fest. Laut Riquet u. Mitarb. war die
Langzeitprognose bedeutsam besser, wenn intralobäre Lymphknoten tumorpositiv waren,
im Vergleich mit der „extralobären” N1-Erkrankung, unabhängig von dem Mechanismus
des Lymphknotenbefalls (p = .02) [16 ].
Kein prognostisches Gewicht für diese Variable wurde in den Studien von Maggi u. Mitarb.,
Martini u. Mitarb. und Asamura u. Mitarb. gefunden [13 ]
[14 ]
[15 ].
Unsere Daten stützen die Hypothese, dass die N1-Erkrankung eine Mischung zweier unterschiedlicher
Untergruppen darstellt: eine metastasiert außerhalb des Lappens - sie ist prognostisch
vergleichbar mit einer initialen N2-Erkrankung; - die andere Gruppe beschränkt sich
auf einen Lymphknotenbefall innerhalb des Lappens und geht mit einer günstigeren Prognose
einher (5-Jahre-ÜR für N1h, N1i, N1p und N1d: 13 %, 6 %, 37 % bzw. 27 %; p = .0184).
Auch das Tumorrezidiv erscheint, vom Typ und Niveau des N1-Befalles beeinflusst zu
werden. Im Bericht von Yano u. Mitarb. war das Hirn das bei N1 lobär am häufigsten
betroffene Organ, dagegen die kontralaterale Lunge bei N1 hilär [9 ]. Wir beobachteten unterschiedliche Rezidivmuster nach N1 Typ bzw. Niveau: N1h-Tumoren
führten deutlich häufiger zu Fernmetastasen als zu einem lokoregionären Rediziv; die
Verteilung der Tumorrezidive bei N1d-Tumoren wirkte homogener (Tab. [5 ], p = .008). Dieser Befund wurde in der Studie von Riquet u. Mitarb. nicht bestätigt
[16 ].
Unsere Ergebnisse betonen die zentrale Rolle der Chirurgie in der Behandlung der lokal
fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Karzinome mit pulmonaler Lymphknotenmetastasierung:
die höchsten 5-Jahre-Überlebensraten ergaben sich bei pneumonektomierten, radikal
resezierten (R0) Patienten (p = .0077 und p = .0151). Eine Aussage über die beste
adjuvante Therapie zu treffen ist weiterhin nicht möglich.
Die PORT Meta-Analyse betraf 2128 Patienten mit Stadium I - III-Erkrankung und radikal
reseziertem Tumor aus neun randomisierten Trials, die die postoperative Radiotherapie
versus Chirurgie allein verglichen. Die Ergebnisse zeigten eine eindeutige Effektivität
der Strahlentherapie betreffend der Senkung der Lokalrezidive nur im Stadium IIIA,
während in den Frühstadien die Toxizität die positive Wirkung auf die lokale Kontrolle
aufhob [1 ]
[21 ].
Da aber das Risiko einer okkulten Fernmetastasierung in allen Stadien überwiegend
ist, dürfte die systemische Therapie die optimale adjuvante Komplettierung einer radikalen
Chirurgie darstellen. Leider entsprachen die bisherigen Chemotherapie-Protokolle den
großen Erwartungen nicht: randomisierte Trials und Meta-Analysen von diesen Trials
konnten nach radikaler Resektion und kombinierter Chemo-Strahlentherapie keinen klar
definierten prognostischen Gewinn beobachten [23 ]
[24 ]
[25 ]
[26 ]. Neoadjuvante Chemotherapie und Chemo-Strahlentherapie versprechen eine effektivere
Kontrolle der Erkrankung [27 ]
[28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ], aber randomisierte Trials und Langzeit-Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Schlussfolgerungen
Schlussfolgerungen
Das lokal fortgeschrittene (T3 - 4) nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom mit pulmonalen
Lymphknotenmetastasen (N1) beinhaltet unterschiedliche Tumormanifestationen, die verschiedenen
lymphatischen Metastasierungsmustern und Prognosen entsprechen. Die metastatische
Absiedlung in hilären Lymphknoten kann prognostisch als initiale N2-Erkrankung betrachtet
werden und erfordert eine multimodale Behandlung. Die direkte Infiltration der pulmonalen
Lymphknoten erscheint prognostisch weniger gravierend für die betroffenen Patienten.
Die radikale chirurgische Resektion gefolgt von der thorakalen Strahlentherapie bleibt
der Grundstein der Therapie für eine optimale lokale Kontrolle. Da aber das Risiko
einer okkulten Fernmetastasierung in allen Stadien überwiegend ist, stellt sich die
Indikation zur systemischen Chemotherapie, deren Timing und Protokolle im Rahmen von
randomisierten Studien bestimmt werden müssen.
Abb. 5 Aktuariale Überlebenskurven nach R-Status: R0 (□), n = 100, vs. R1 (▵), n = 60, vs.
R2 (), n = 21 (log rank test, p = .0151).