Einleitung
Einleitung
In der Literatur ist eine Reihe von Risikofaktoren für Pneumonien beschrieben worden.
Dazu gehören Alter [1]
[2]
[3]
[4]
[5], männliches Geschlecht [5]
[6], Unterernährung [7]
[8]
[9]
[10], vorausgegangene Pneumonie-Episoden [11]
[12], vorausgegangene Antibiotikatherapie [13], inhalatives Zigarettenrauchen [2]
[11]
[14]
[15], Alkoholabusus [4]
[16]
[17]
[18], pulmonale Erkrankungen [1]
[2]
[4]
[11]
[19], Erkrankungen des ZNS [15]
[20]
[21] und Immunsuppression [4]
[22]. Spezielle Risikofaktoren für nosokomiale Pneumonien sind endotracheale Intubation
[1]
[7] und prolongierte maschinelle Beatmung [6]
[23]
[24]
[25], thorakoabdominelle operative Eingriffe [1]
[26] sowie die Ulkusprophylaxe mit Antazida [7]
[24]. Die Bedeutung von kardiovaskulären Erkrankungen, renalen Erkrankungen, hepatischen
Erkrankungen und Diabetes mellitus als Risikofaktoren für Pneumonien ist bisher weniger
gut evaluiert. Ziel dieser Arbeit war es, die verschiedenen kardiovaskulären Erkrankungen
als potenzielle Risikofaktoren für ambulant erworbene und nosokomiale Pneumonien auf
dem Hintergrund der oben genannten, bereits etablierten Risikofaktoren zu untersuchen.
Wir stellten die Hypothese auf, dass nicht die kardiovaskuläre Erkrankung an sich
den eigentlichen Risikofaktor für Pneumonien darstellt, sondern dass die durch die
kardiovaskuläre Erkrankung verursachte Herzinsuffizienz für ein erhöhtes Pneumonie-Risiko
verantwortlich ist.
In den verschiedenen Studien, die sich mit der Identifikation von Risikofaktoren für
Pneumonien beschäftigten, wurden oft nur Herzinsuffizienz und koronare Herzerkrankung
als potenzielle kardiale Risikofaktoren untersucht. In einigen Fällen konnte die Herzinsuffizienz
als unabhängiger Risikofaktor nachgewiesen werden [2]
[4]
[15]
[24]
[27]. Die Kriterien zur Diagnose kardiovaskulärer Erkrankungen waren jedoch sehr unterschiedlich
und zum Teil wenig zuverlässig. Unsere Studie stellt die erste systematische Untersuchung
dieser Materie dar. Die Diagnose einer kardiovaskulären Erkrankung erfolgte anhand
genauer Kriterien und wurde durch echokardiographische und/oder invasive diagnostische
Verfahren gesichert.
Patienten und Methoden
Patienten und Methoden
Studiendesign und Setting
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine retrospektive Fall-Kontroll-Studie.
Die Studie umfasst 36 Patienten mit kardiovaskulärer Grunderkrankung, bei denen zum
Aufnahmezeitpunkt oder während des stationären Aufenthaltes eine Pneumonie diagnostiziert
wurde. Jedem Patienten mit kardiovaskulärer Grunderkrankung und Pneumonie wurde ein
Patient mit kardiovaskulärer Grunderkrankung als Kontrollpatient zugewiesen, bei dem
während des stationären Aufenthaltes keine Pneumonie diagnostiziert worden war und
bei dem auch anamnestisch keine vorausgegangene Pneumonie-Episode bekannt war. Als
Kontrollpatient wurde der Patient ausgewählt, der als nächster Patient am selben Tag
oder in den darauf folgenden Tagen stationär aufgenommen worden war. Patienten mit
Pneumonie und Aufenthalt auf der Intensivstation bekamen Kontrollpatienten zugewiesen,
die ebenfalls auf die Intensivstation aufgenommen worden waren. Es wurden Daten von
Patienten erhoben, die in einem Zeitraum vom 01. 01. 1997 bis zum 06. 05. 2000 in
der Medizinischen Klinik und Poliklinik II der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn stationär aufgenommen wurden. Ausgeschlossen wurden Patienten mit einem Alter
unter 18 Jahren, immunsupprimierte Patienten (HIV-Infektion, Organtransplantation,
Neutropenie < 1 × 109/l, vorbestehende systemische Therapie mit Kortikosteroiden und anderen Immunsuppressiva)
und Patienten mit stenosierendem Lungenkarzinom.
Datenerhebung
Die Daten wurden durch retrospektive Auswertung der Krankenblätter der Patienten erhoben
und auf einem einheitlichen Erfassungsbogen dokumentiert. Die Diagnose einer Pneumonie
und das Vorhandensein einer Lungenstauung wurde durch erneute Begutachtung der Röntgen-Thoraxaufnahmen
validiert.
Folgende klinische Charakteristika wurden protokolliert:
Alter, Geschlecht, Bodymass-Index (BMI), Dauer des Krankenhausaufenthaltes, primärer
bzw. sekundärer Intensivstationsaufenthalt, vorausgegangene Pneumonie-Episode, vorausgegangene
Antibiotikatherapie, kardiovaskuläre Grunderkrankung, klinisch bzw. radiologisch nachweisbare
Lungenstauung, periphere Ödeme, kardiale Medikation, Begleiterkrankungen, Tabak- und
Alkoholkonsum, stationäre und prästationäre Therapie mit Kortikosteroiden und anderen
Immunsuppressiva, Patientensterblichkeit während des Krankenhausaufenthaltes.
Folgende Charakteristika der Patienten mit Pneumonie wurden protokolliert:
Ambulant erworbene oder nosokomiale Pneumonie, nosokomiale Pneumonie bei vorausgegangener
Intubation und maschineller Beatmung des Patienten, postoperative Pneumonie, Klinik
am Tag der Diagnosestellung, Labor am Tag der Diagnosestellung, Erregerdiagnostik,
Antibiotikatherapie und Komplikationen.
Risikofaktoren
Als kardiovaskuläre Grunderkrankungen und potenzielle kardiale Risikofaktoren wurden
chronische bzw. akut dekompensierte Herzinsuffizienz, koronare Herzerkrankung mit
> 75 % Stenose der RCA, RIVA und/oder RCX, Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern/Vorhofflattern,
Vorhoftachykardie, AV-Knoten-Reentrytachykardie ohne Präexzitationssyndrom, Wolff-Parkinson-White-Syndrom,
AV-Block, Rechts-/Linksschenkelblock, ventrikuläre Extrasystolie, ventrikuläre Tachykardie),
Vitien/Klappenvitien (ab Grad II), Endokarditis, Myokarditis und Kardiomyopathie dokumentiert.
Als weitere Risikofaktoren wurden Alter, Geschlecht, Bodymass-Index (BMI), vorausgegangene
Pneumonie-Episoden, vorausgegangene Antibiotikatherapie, Raucherstatus, Alkoholabusus,
kardiopulmonale Reanimation mit Intubation während des Krankenhausaufenthaltes bzw.
> 4 Wochen vor stationärer Aufnahme, pulmonale Erkrankungen, renale Erkrankungen,
hepatische Erkrankungen und Erkrankungen des ZNS in beiden Patientengruppen erfasst.
Erklärung und Definition einzelner Variablen
Diagnose einer Pneumonie
Bedingungen für die Diagnose einer Pneumonie während des stationären Aufenthaltes
waren 1) ein neu aufgetretenes Infiltrat in der Röntgen-Thoraxaufnahme, plus 2) Symptome,
die auf eine Infektion des unteren Respirationstraktes hindeuten (Fieber oder Hypothermie,
Husten mit produktivem Auswurf oder akute Dyspnoe), plus 3) keine andere alternative
Diagnose im Verlauf des stationären Aufenthaltes. Eine Pneumonie wurde als ambulant
erworben bezeichnet, wenn am Tag der stationären Aufnahme der radiologische Nachweis
eines Infiltrates vorlag oder Symptome auftraten, die auf eine Infektion des unteren
Respirationstraktes hindeuten. Kriterien für die Diagnose einer nosokomialen Pneumonie
waren einerseits der radiologische Nachweis eines Infiltrates, das im Verlauf des
stationären Aufenthaltes neu auftrat und am Aufnahmetag noch nicht vorhanden war,
und andererseits das Auftreten von Symptomen im Verlauf des stationären Aufenthaltes,
die auf eine Infektion des unteren Respirationstraktes hindeuten und am Aufnahmetag
noch nicht vorlagen.
Diagnose einer Herzinsuffizienz
Kriterien zur Diagnose einer Herzinsuffizienz waren das Vorliegen von anamnestischen
Daten, die eine Herzinsuffizienz in der Vorgeschichte belegen, das Vorliegen von klinischen
Daten, die eine Herzinsuffizienz in der aktuellen Episode belegen, eine mittel- bis
hochgradig reduzierte Pumpfunktion in der Echokardiographie, eine mittel- bis hochgradig
reduzierte Pumpfunktion in der Herzkatheteruntersuchung und eine wirkungsvolle medikamentöse
Therapie, die zur Therapie einer Herzinsuffizienz gegeben worden war. Von diesen 5
Kriterien musste für die Diagnose einer Herzinsuffizienz mindestens eines erfüllt
sein. Eine Herzinsuffizienz wurde als chronisch bezeichnet, wenn sie sich im Verlauf
von Wochen bis Monaten entwickelte. Eine Herzinsuffizienz wurde als akut dekompensiert
bezeichnet, wenn die Dekompensation im Verlauf von Stunden auftrat und mit den klinischen
Zeichen eines Lungenödems einherging. Kriterium für die klinische Diagnose einer Lungenstauung
war ein Auskultationsbefund mit feuchten Rasselgeräuschen bei der klinischen Untersuchung
am Aufnahmetag bzw. in einem Zeitraum von einer Woche bis zur Diagnose der Pneumonie.
Begleiterkrankungen
Als Begleiterkrankungen wurden folgende Erkrankungen definiert:
Arterielle Hypertonie, pulmonale Erkrankungen (COPD, Asthma bronchiale), hepatische
Erkrankungen (Leberzirrhose, virale/toxische Hepatitis), renale Erkrankungen (mesangioproliferative
Glomerulonephritis, Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention/dialysepflichtige
Niereninsuffizienz), Diabetes mellitus, Erkrankungen des ZNS (zerebrovaskuläre Insuffizienz,
ischämischer Hirninfarkt, symptomatisches Anfallsleiden, Cluster-Headache, hepatische
Enzephalopathie), Neoplasien.
Vorausgegangene Antibiotikatherapie
Als vorausgegangene Antibiotikatherapie wurde jede antibiotische Behandlung über 48
h definiert, die 2 - 14 Tage vor Auftreten einer Pneumonie durchgeführt wurde. In
der Kontrollgruppe, bei der per definitionem keine Pneumonie-Episode bekannt sein
durfte, wurde jede stationäre und prästationäre antibiotische Behandlung als vorausgegangene
Antibiotikatherapie definiert.
Noxen
Aktuell inhalatives Zigarettenrauchen wurde definiert als inhalatives Zigarettenrauchen
innerhalb des letzten Jahres. Wenn zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme schon seit
einem Jahr kein inhalatives Zigarettenrauchen mehr vorlag, wurde bei dem Patient anamnestisch
bekanntes inhalatives Zigarettenrauchen diagnostiziert.
Aktueller Alkoholabusus wurde als ein täglicher Alkoholkonsum > 80 g innerhalb des
letzten Jahres definiert. Ein früherer Alkoholabusus lag vor, wenn ein täglicher Alkoholkonsum
> 80 g in der Vorgeschichte bekannt war und der Patient seit mindestens einem Jahr
keinen Alkohol konsumiert hatte.
Statistik
Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Programm SPSS für Windows. Mit Hilfe
der deskriptiven Statistik für kontinuierliche Variablen wurden der Mittelwert ± Standardabweichung
(SD) und die Spannweite errechnet. Kontinuierliche Variablen wurden mit dem Student-t-Test
für unabhängige Stichproben verglichen. Bei diskontinuierlichen Variablen kam der
χ2-Test bzw. der Fisher-Exact-Test bei kleinen Erwartungswerten zur Anwendung. Zur Berechnung
der unabhängigen Risikofaktoren für Pneumonien wurde eine multivariate logistische
Regressionsanalyse mit schrittweiser Vorwärtsselektion durchgeführt. Das Signifikanzniveau
wurde mit 5 % festgelegt.
Ergebnisse
Ergebnisse
Allgemeine klinische Charakteristika
Das mittlere Alter aller Patienten lag bei 61 ± 14 Jahren (Altersverteilung 20 - 86
Jahre).
Ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen ergab sich in Bezug auf
die mittlere Hospitalisationsdauer. Sie betrug in der Gruppe der Patienten mit Pneumonie
24 ± 18 Tage und in der Kontrollgruppe 12 ± 11 Tage. Bei 16 Patienten mit Pneumonie
bestand ein Intensivstationsaufenthalt. Von diesen 16 Patienten wurden 8 Patienten
(50 %) primär auf die Intensivstation aufgenommen. Dementsprechend waren in der Kontrollgruppe
ebenfalls 16 Patienten mit Intensivstationsaufenthalt, von denen 11 Patienten (69
%) primär auf die Intensivstation aufgenommen wurden. In der Gruppe der Patienten
mit Pneumonie verstarben 4 Patienten (11 %) während des Krankenhausaufenthaltes. In
der Kontrollgruppe verstarb nur 1 Patient (3 %). Der Unterschied war nicht signifikant.
Charakteristika der Patienten mit Pneumonie
Von den 36 Patienten mit Pneumonie hatten 25 Patienten (69 %) eine ambulant erworbene
Pneumonie und 11 Patienten (31 %) eine nosokomiale Pneumonie. Bei 30 Patienten wurde
eine Erregerdiagnostik durchgeführt. Es gelang jedoch nur in 4 Fällen (11 %), einen
Keim zu isolieren. Die ätiologische Rolle dieser Isolate ist fraglich. Bei 6 Patienten
(17 %) entwickelte sich die Pneumonie postoperativ. Es ergaben sich keine signifikanten
Unterschiede in Bezug auf Klinik und Labor am Tag der Diagnosestellung bei Patienten
mit ambulant erworbenen und nosokomialen Pneumonien. Ein Patient mit nosokomialer
Pneumonie war am Tag der Diagnosestellung intubiert und maschinell beatmet. Auch in
Bezug auf Komplikationen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten
mit ambulant erworbener und nosokomialer Pneumonie.
Begleiterkrankungen
Die häufigsten Begleiterkrankungen waren arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus.
Bei beiden Erkrankungen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten
mit Pneumonie und Kontrollpatienten. Signifikant häufiger waren pulmonale und renale
Begleiterkrankungen in der Gruppe der Patienten mit Pneumonie. In Bezug auf hepatische
Begleiterkrankungen und Erkrankungen des ZNS ergaben sich keine signifikanten Unterschiede
zwischen den beiden Gruppen. Tab. [1] gibt einen Überblick über die Häufigkeiten der verschiedenen Begleiterkrankungen.
Tab. 1 Häufigkeiten der Begleiterkrankungen
Begleiterkrankungen |
Pneumonie-Gruppe n (%) |
Kontroll-Gruppe n (%) |
p |
arterielle Hypertonie
|
18 (50) |
23 (64) |
0,234 |
Diabetes mellitus
|
6 (17) |
7 (19) |
0,759 |
pulmonale Erkrankungen
|
9 (25) |
2 (6) |
0,022* |
hepatische Erkrankungen
|
4 (11) |
0 |
0,115 |
renale Erkrankungen
|
12 (33) |
2 (6) |
0,003* |
Erkrankungen des ZNS
|
8 (22) |
3 (8) |
0,101 |
Neoplasien
|
2 (6) |
1 (3) |
1,000 |
* signifikant |
Kardiovaskuläre Grunderkrankungen als Risikofaktoren für Pneumonien
Sowohl die chronische Herzinsuffizienz, als auch die akut dekompensierte Herzinsuffizienz
waren in der univariaten Analyse mit einem erhöhten Pneumonie-Risiko assoziiert. Der
größte Anteil der Patienten mit Pneumonie (39 %) hatte eine hochgradige Reduktion
der linksventrikulären Pumpfunktion in der Echokardiographie, wohingegen der größte
Teil der Kontrollpatienten (51 %) eine normale Pumpfunktion aufwies. Dieser Zusammenhang
zwischen Pumpfunktion und Pneumonie ist in Abb. [1] dargestellt. Je ausgeprägter die Reduktion der linksventrikulären Pumpfunktion war,
umso höher war das Risiko, an einer Pneumonie zu erkranken. Als zusätzlicher Parameter
im Zusammenhang mit einer Herzinsuffizienz wurde das Vorhandensein einer Lungenstauung
untersucht. Bei den Patienten mit Pneumonie wurde dabei ein Zeitrahmen von einer Woche
bis zur Diagnose der Pneumonie berücksichtigt. Auch hier zeigte sich eine signifikante
Häufung der Lungenstauung in der Gruppe der Patienten mit Pneumonie. Ein weiterer
Parameter, der im Zusammenhang mit einer Herzinsuffizienz untersucht wurde, war das
Vorhandensein von peripheren Ödemen. Hier konnte kein signifikanter Unterschied zwischen
den beiden Gruppen festgestellt werden.
Abb. 1 Linksventrikuläre Pumpfunktion (Echokardiographie). Ein Vergleich zwischen Patienten
mit Pneumonie und Kontrollgruppe.
Andere kardiovaskuläre Erkrankungen waren nicht mit einem erhöhten Risiko für Pneumonien
assoziiert. Die koronare Herzerkrankung war bei Patienten mit Pneumonie und Kontrollpatienten
etwa gleich häufig. Auch bei der Differenzierung zwischen einer Ein-/Zwei- und Dreigefäßerkrankung
ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. Im Zusammenhang mit der koronaren Herzerkrankung
wurde das Vorhandensein einer instabilen Angina pectoris bzw. eines Myokardinfarktes
während des Krankenhausaufenthaltes oder > 4 Wochen vor stationärer Aufnahme untersucht.
Es ergab sich ein Trend für ein häufigeres Auftreten der instabilen Angina pectoris
in der Kontrollgruppe. Eine umgekehrte Tendenz zeigte sich für die Häufigkeit eines
Myokardinfarktes, der bei den Patienten mit Pneumonie häufiger war. Der Unterschied
zwischen den beiden Gruppen war jedoch nicht signifikant. Darüber hinaus wurden die
Häufigkeiten der verschiedenen invasiven und nicht invasiven Therapieverfahren der
koronaren Herzerkrankung in den beiden Gruppen untersucht. Es ergaben sich keine signifikanten
Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Auch in Bezug auf Herzrhythmusstörungen
ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten mit Pneumonie und
Kontrollpatienten. Vitien waren als kardiovaskuläre Grunderkrankung in den beiden
Gruppen etwa gleich häufig. Bei einer Differenzierung der Herzklappenfehler in Aortenstenose/Aorteninsuffizienz
bzw. Mitralstenose/Mitralinsuffizienz und einer Berücksichtigung der Schweregrade
ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Auch für
das Vorhandensein einer pulmonalen Hypertonie bei Herzklappenfehler ließ sich kein
signifikanter Unterschied feststellen. Im Zusammenhang mit Herzklappenfehlern wurden
die Häufigkeiten der verschiedenen operativen Therapieverfahren in den beiden Gruppen
untersucht. Die Implantation einer Kunstklappe war bei den Patienten mit Pneumonie
signifikant häufiger als in der Kontrollgruppe. Die Implantation einer Bioklappe war
in beiden Gruppen gleich häufig und auch für die Durchführung einer klappenerhaltenden
Operation ergab sich kein signifikanter Unterschied. Endokarditis und Kardiomyopathie
waren sowohl bei Patienten mit Pneumonie als auch bei Kontrollpatienten selten. Kein
einziger Patient hatte eine Myokarditis. Die Häufigkeiten der verschiedenen kardiovaskulären
Grunderkrankungen sind in Tab. [2] dargestellt.
Tab. 2 Häufigkeiten kardiovaskulärer Grunderkrankungen
kardiovaskuläre Grunderkrankungen |
Pneumonie-Gruppe n (%) |
Kontroll-Gruppe n (%) |
p |
Herzinsuffizienz+
- akut dekompensiert - chronisch
|
27 (75) 8 (22) 25 (69) |
15 (42) 1 (3) 14 (39) |
0,004* 0,028* 0,009* |
koronare Herzerkrankung - Eingefäßerkrankung - Zweigefäßerkrankung - Dreigefäßerkrankung
|
24 (67) 6 (17) 3 (8) 12 (33) |
25 (69) 6 (17) 3 (8) 14 (39) |
0,800 0,911 1,000 0,758 |
Herzrhythmusstörungen - Vorhofflimmern/Vorhofflattern - Vorhoftachykardien - AV-Knoten-Reentrytachykardie ohne Präexzitationssyndrom - Wolff-Parkinson-White-Syndrom - AV-Block - Rechts-/Linksschenkelblock (RSB/LSB) - ventrikuläre Extrasystolie - ventrikuläre Tachykardie
|
20 (56) 17 (47) 0 0 0 4 (11) 0 2 (6) 6 (17) |
17 (47) 11 (31) 1 (3) 3 (8) 4 (11) 0 2 (6) 2 (6) 1 (3) |
0,479 0,147 1,000 0,239 0,115 0,115 0,493 1,000 0,107 |
Vitien - Aortenstenose - Aorteninsuffizienz - Mitralstenose - Mitralinsuffizienz
|
10 (28) 2 (6) 2 (6) 0 6 (17) |
9 (25) 3 (8) 4 (11) 2 (6) 5 (14) |
0,789 1,000 0,674 0,493 0,743 |
Endokarditis
|
2 (6) |
2 (6) |
1,000 |
Myokarditis
|
0 |
0 |
|
Kardiomyopathie
|
3 (8) |
1 (3) |
0,614 |
Lungenstauung - klinisch - radiologisch
|
14 (39) 16 (44) |
1 (3) 5 (14) |
< 0,0001 0,038 |
Digitalismedikation
|
17 (47) |
6 (17) |
0,005 |
* signifikant, + definiert entsprechend oben genannter Kriterien |
Kardiale Medikation
Signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen ergaben sich prästationär und
stationär für die Medikation mit Digitalis-Präparaten und mit Cumarinderivaten. Diese
Medikamente wurden in der Gruppe der Patienten mit Pneumonie bei weitem häufiger eingesetzt
als in der Kontrollgruppe. Ein Trend ergab sich auch für einen häufigeren Einsatz
von Diuretika und Katecholaminen stationär in der Gruppe der Patienten mit Pneumonie.
Weitere Risikofaktoren
Tab. [3] gibt einen Überblick über alle Variablen, die als weitere Risikofaktoren für Pneumonien
in unserer Studie untersucht wurden. Von allen untersuchten Variablen waren in der
univariaten Analyse nur anamnestisch bekanntes inhalatives Zigarettenrauchen, pulmonale
Erkrankungen (insbesondere die chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und renale
Erkrankungen mit einem erhöhten Pneumonie-Risiko assoziiert. Alter, männliches Geschlecht,
Unterernährung, vorausgegangene Antibiotikatherapie, Alkoholabusus, Intubation und
maschinelle Beatmung, hepatische Erkrankungen und Erkrankungen des ZNS konnten nicht
als Risikofaktoren bestätigt werden.
Tab. 3 Häufigkeiten weiterer Risikofaktoren
weitere Risikofaktoren |
Pneumonie-Gruppe n (%) |
Kontrollgruppe n (%) |
p |
mittleres Alter ± Standardabweichung in Jahren
|
60 ± 13 |
63 ± 15 |
0,403 |
Geschlecht - weiblich - männlich
|
9 (25) 27 (75) |
13 (36) 23 (64) |
0,306 |
Bodymass-Index (BMI)
|
25,04 |
25,61 |
0,540 |
vorausgegangene Pneumonie-Episoden
|
7 (19) |
|
|
vorausgegangene Antibiotikatherapie
|
5 (14) |
13 (36) |
0,029* |
inhalatives Zigarettenrauchen - aktuell inhalatives Zigarettenrauchen - anamnestisch bekanntes inhalatives Zigarettenrauchen
|
4 (11) 23 (64 %) |
6 (17 %) 15 (42 %) |
0,560 0,023* |
Alkoholabusus - aktueller Alkoholabusus - anamnestisch bekannter Alkoholabusus
|
0 0 |
1 (3) 1 (3) |
1,000 1,000 |
kardiopulmonale Reanimation mit Intubation während des Krankenhausaufenthaltes
|
2 (6) |
2 (6) |
1,000 |
pulmonale Erkrankungen - chronisch obstruktive Lungenerkrankung - Asthma bronchiale
|
9 (25) 8 (22) 1 (3) |
2 (6) 2 (6) 0 |
0,022* 0,041* 1,000 |
renale Erkrankungen - mesangioproliferative Glomerulonephritis - Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention - dialysepflichtige Niereninsuffizienz
|
12 (33) 1 (3) 7 (19) 4 (11) |
2 (6) 0 2 (6) 0 |
0,003* 1,000 0,151 0,115 |
hepatische Erkrankungen - Leberzirrhose - Hepatitis B/C - toxische Hepatitis
|
4 (11) 2 (6) 1 (3) 1 (3) |
0 0 0 0 |
0,115 0,493 1,000 1,000 |
Erkrankungen des ZNS - ischämischer Hirninfarkt
|
8 (22) 4 (11) |
3 (8) 1 (3) |
0,101 0,357 |
* signifikant |
Multivariate Analyse
Folgende Faktoren waren in der univariaten Analyse mit einem erhöhten Risiko für Pneumonien
assoziiert: Herzinsuffizienz (p = 0,004), pulmonale Erkrankungen (p = 0,022), renale
Erkrankungen (p = 0,003) und anamnestisch bekanntes inhalatives Zigarettenrauchen
(p = 0,023). Diese Faktoren wurden in der multivariaten Analyse auf ihre Bedeutung
als unabhängige Risikofaktoren untersucht (Modell A). Herzinsuffizienz und pulmonale
Erkrankungen waren unabhängige Risikofaktoren für Pneumonien.
In einem zweiten Modell (Modell B) wurden nur die Begleiterkrankungen (Herzinsuffizienz,
pulmonale und renale Erkrankungen) in der multivariaten Analyse untersucht. Hier erwiesen
sich nicht nur Herzinsuffizienz und pulmonale Erkrankungen als unabhängige Risikofaktoren
für Pneumonien, sondern auch renale Erkrankungen. Die Ergebnisse sind in Tab. [4] dargestellt.
Tab. 4 Ergebnisse der multivariaten Analyse
unabhängige Risikofaktoren |
OR |
95 % KI |
p |
Modell A - Herzinsuffizienz - pulmonale Erkrankungen
|
8,31 10,05 |
2,37 - 29,1 1,51 - 66,7 |
0,0009 0,0159 |
Modell B - Herzinsuffizienz - pulmonale Erkrankungen - renale Erkrankungen
|
5,69 9,24 7,49 |
1,69 - 19,04 1,48 - 57,74 1,38 - 40,76 |
0,0048 0,0174 0,0197 |
Diskussion
Diskussion
Bei der Untersuchung von kardiovaskulären Grunderkrankungen als Risikofaktoren für
Pneumonien bestätigte sich unsere Hypothese, dass nicht die kardiovaskuläre Erkrankung
an sich, sondern das Vorliegen einer reduzierten Pumpfunktion des Herzens den entscheidenden
Risikofaktor darstellt. Herzerkrankungen wie die koronare Herzerkrankung, Herzrhythmusstörungen,
Vitien, Endokarditis, Myokarditis und Kardiomyopathie waren nur dann mit einem erhöhten
Risiko für Pneumonien assoziiert, wenn sie zu einer Herzinsuffizienz führten. Je hochgradiger
die Reduktion der linksventrikulären Pumpfunktion war, desto größer war das Pneumonie-Risiko.
Bei einem Vergleich der kardialen Medikation wurde deutlich, dass eine Therapie mit
Digitalis-Präparaten in der Gruppe der Patienten mit Pneumonie signifikant häufiger
war. Digitalis-Präparate werden unter anderem typischerweise zur Therapie einer Herzinsuffizienz
eingesetzt. Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Medikamente,
die zur Therapie spezieller kardiovaskulärer Erkrankungen eingesetzt werden.
Unsere Studie bestätigt die Ergebnisse vorausgegangener Studien, die sich mit Risikofaktoren
für Pneumonien beschäftigten und unter anderem auch kardiovaskuläre Erkrankungen als
Risikofaktoren identifizierten. In einer Fall-Kontroll-Studie von Farr u. Mitarb.
[2] wurde Herzinsuffizienz als unabhängiger Risikofaktor identifiziert. Zusätzlich wurde
ein Vergleich der Medikation von Patienten mit und ohne Pneumonie durchgeführt. Unterschiede
ergaben sich unter anderem für eine Digitalis-Medikation, die bei Patienten mit Pneumonie
signifikant häufiger war. Andere kardiovaskuläre Erkrankungen wurden in dieser Studie
nicht berücksichtigt. Lipsky u. Mitarb. [15] untersuchten die Bedeutung der dekompensierten Herzinsuffizienz und koronaren Herzerkrankung
als Risikofaktoren für Pneumokokken-Infektionen (92 % aller Pneumokokken-Infektionen
waren Pneumonien). Die dekompensierte Herzinsuffizienz stellte einen unabhängigen
Risikofaktor für Pneumokokken-Infektionen dar, wohingegen die koronare Herzerkrankung
als Risikofaktor keine Rolle spielte. In einer Studie von Koivula u. Mitarb. [4] wurden unter anderem kardiovaskuläre Erkrankungen als Risikofaktoren für Pneumonien
untersucht, wobei zwischen kardialen und kardiovaskulären Erkrankungen unterschieden
wurde. Die Ergebnisse der Studie bestätigten die hier unter dem Begriff kardiale Erkrankungen
zusammengefassten Krankheitsbilder als unabhängige Risikofaktoren für Pneumonien.
Da in 96,3 % dieser kardialen Erkrankungen eine chronische Herzinsuffizienz vorlag,
bestätigt diese Studie unsere eigenen Ergebnisse in Bezug auf Herzinsuffizienz als
zugrundeliegendem Risikofaktor. Die als kardiovaskulär bezeichneten Erkrankungen waren
nicht mit einem erhöhten Pneumonie-Risiko assoziiert. Eine Studie von Lacroix u. Mitarb.
[27] untersuchte die Bedeutung von chronischen Begleiterkrankungen als Risikofaktoren
für Pneumonien, die einen stationären Aufenthalt und das Versterben des Patienten
zur Folge hatten. Sowohl Männer als auch Frauen, die wegen einer dekompensierten Herzinsuffizienz
stationär aufgenommen wurden, hatten ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko, während
des Krankenhausaufenthaltes an einer Pneumonie zu versterben. Ein weiteres Ergebnis
der Studie von Lacroix u. Mitarb. war, dass Patienten mit anamnestisch bekanntem Myokardinfarkt
ein erhöhtes Risiko für eine stationär behandlungsbedürftige Pneumonie hatten. Es
ist fraglich, ob hier der Myokardinfarkt an sich oder die durch den Myokardinfarkt
verursachte Herzinsuffizienz den wesentlichen Risikofaktor darstellt. Ibrahim u. Mitarb.
[24] identifizierten unterschiedliche Risikofaktoren für früh (innerhalb von 96 h nach
Aufnahme auf die Intensivstation) bzw. spät (> 96 h nach Aufnahme auf die Intensivstation)
erworbene nosokomiale Pneumonien. Die dekompensierte Herzinsuffizienz spielte als
unabhängiger Risikofaktor nur bei spät erworbenen nosokomialen Pneumonien eine Rolle.
Andere Studien, die sich mit der Identifikation von Risikofaktoren für Pneumonien
beschäftigten, konnten kein erhöhtes Pneumonie-Risiko bei Patienten mit kardiovaskulären
Erkrankungen nachweisen [8]
[11]
[19]. Die Inhomogenität der Ergebnisse mag sich zumindest zu einem Teil durch die unterschiedlichen
Definitionen der kardiovaskulären Erkrankungen in den verschiedenen Studien erklären.
Insgesamt wird deutlich, dass bisher nur Teilaspekte kardiovaskulärer Erkrankungen
als potenzielle Risikofaktoren für Pneumonien untersucht wurden (siehe Tab. [5]).
Tab. 5 Datenerhebung und Definition der Herzinsuffizienz im Vergleich
Studie |
Datenerhebung/Definition der Herzinsuffizienz |
OR/RR (95 % KI) |
unsere Studie
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Ergebnisse einer retrospektiven Auswertung der Krankenblätter der Patienten Kriterien zur Diagnosestellung einer Herzinsuffizienz: - anamnestische Daten, die eine Linksherz-insuffizienz in der Vorgeschichte belegen und/oder - klinische Daten, die eine Linksherzinsuffi-zienz in der aktuellen Episode belegen und/oder - eine mittel- bis hochgradig reduzierte Pumpfunktion in der Echokardiographie und/oder - eine mittel- bis hochgradig reduzierte Pumpfunktion in der Linksherzkatheter-untersuchung und/oder - eine medikamentöse Therapie, die eine Linksherzinsuffizienz belegt |
OR: 8,31 (2,37 - 29,1) |
Farr u. Mitarb. (2000a)
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Ergebnisse einer Patientenbefragung Kriterien zur Diagnosestellung einer Herzinsuffizienz: - anamnestisch bekannte dekompensierte Herzinsuffizienz und/oder - Digitalis-Medikation |
OR: 1,47 (1,25 - 1,95) |
Ibrahim u. Mitarb. (2000)
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Ergebnisse einer ärztlichen Untersuchung Kriterien zur Diagnosestellung einer Herzinsuffizienz unbekannt |
OR: 2,03 (1,54 - 2,67) |
Koivula u. Mitarb. (1994)
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Ergebnisse einer ärztlichen Untersuchung Kriterien zur Diagnosestellung einer Herzinsuffizienz unbekannt |
RR: 1,9 (1,7 - 2,3) |
LaCroix u. Mitarb. (1989)
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Ergebnisse einer Patientenbefragung Kriterien zur Diagnosestellung einer Herzinsuffizienz: - anamnestisch bekannte dekompensierte Herzinsuffizienz retrospektive Auswertung der Entlassungsdiagnosen nach stationärem Aufenthalt wegen
Pneumonie |
RR: 2,0 (1,0 - 4,3) |
Lipsky u. Mitarb. (1986)
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Ergebnisse einer retrospektiven Auswertung der Krankenblätter der Patienten Definition der dekompensierten Herzinsuffizienz: - jede Art der dekompensierten Herzinsuffi-zienz unabhängig von ihrer Ursache mit
Ausnahme des Cor pulmonale |
RR: 3,83 (1,68 - 8,71) |
Der genaue pathogenetische Mechanismus, über den eine reduzierte Pumpfunktion zu einem
erhöhten Risiko für Pneumonien führt, ist bisher noch unklar. Es wird vermutet, dass
die bakterielle Clearance der Lunge durch die Ausbildung einer Lungenstauung beeinträchtigt
wird und es bei längerem Bestehen der Lungenstauung zu einer bakteriellen Kolonisation
des unteren Respirationstraktes kommt. Eine Ansammlung von alveolärer Flüssigkeit
fördert die Vermehrung der Bakterien und ein Surfactant-Verlust könnte zu einer Störung
der Makrophagen-Funktion führen [15]
[28].
Es wurde eine Reihe weiterer, nicht kardialer Risikofaktoren für ambulant erworbene
und nosokomiale Pneumonien definiert. Zahlreiche Studien identifizierten ein fortgeschrittenes
Lebensalter als unabhängigen Risikofaktor [1]
[2]
[3]
[4]
[5]. Alter wurde durch unsere Studie nicht als Risikofaktor bestätigt. Dies erklärt
sich wahrscheinlich aus der Tatsache, dass das Vorhandensein einer kardiovaskulären
Grunderkrankung bei den Patienten ein Einschlusskriterium für unsere Studie war. Viele
kardiovaskuläre Erkrankungen treten erst in fortgeschrittenem Alter auf und könnten
als Einschlusskriterium zu einer Angleichung eventueller Altersunterschiede bei Patienten
mit und ohne Pneumonie führen. In den meisten Studien war der Anteil der Männer mit
Pneumonie größer als der Anteil der Frauen mit Pneumonie. Vereinzelt konnte männliches
Geschlecht sogar als unabhängiger Risikofaktor nachgewiesen werden [5]. In unserer Studie ließ sich kein erhöhtes Pneumonie-Risiko bei männlichen Patienten
feststellen. Unterernährung wurde als weiterer Risikofaktor für Pneumonien identifiziert
[7]
[8]
[9]
[10]. Zur Beurteilung des Ernährungszustandes der Patienten wurde in unserer Studie der
Bodymass-Index (BMI) herangezogen. Es konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede
zwischen Patienten mit Pneumonie und Kontrollpatienten festgestellt werden. Patienten,
die wegen einer Pneumonie stationär behandelt worden waren, hatten nach einer Studie
von Hedlund u. Mitarb. [12] ein fünffach erhöhtes Risiko für weitere Pneumonien und ein erhöhtes Risiko an einer
Pneumonie zu versterben. Diese Ergebnisse können insofern durch unsere Studie bestätigt
werden, als dass bei 19 % der Patienten mit Pneumonie vorausgegangene Pneumonie-Episoden
bekannt waren. Ein direkter Vergleich zwischen Patienten mit und ohne Pneumonie war
nicht möglich, da eine vorausgegangene Pneumonie-Episode in der Kontrollgruppe ein
Ausschlusskriterium darstellte. Eine vorausgegangene Antibiotikatherapie konnte in
unserer Studie nicht als Risikofaktor bestätigt werden. Es ist jedoch zu beachten,
dass sowohl Patienten mit Pneumonie als auch Kontrollpatienten stationär im Zusammenhang
mit diagnostischen und therapeutischen Eingriffen eine Antibiotikatherapie erhielten,
die eventuelle Unterschiede zwischen den beiden Gruppen beeinflussen könnte.
In unserer Studie konnten wir pulmonale und renale Erkrankungen als weitere unabhängige
Risikofaktoren für Pneumonien nachweisen. Zahlreiche Studien bestätigen die Bedeutung
von pulmonalen Erkrankungen als unabhängige Risikofaktoren für Pneumonien [1]
[2]
[4]
[6]
[11]
[19]. Pathogenetische Faktoren sind eine herabgesetzte bakterielle Clearance, eine Kolonisation
des unteren Respirationstraktes mit potenziell pathogenen Keimen und eine Störung
der Makrophagen-Funktion bei Patienten mit akuter Hypoxie [22]
[29]
[30]
[31]. Viele Studien identifizierten eine positive Raucheranamnese als Risikofaktor für
Pneumonien [2]
[11]
[14]
[15]. Anamnestisch inhalatives Zigarettenrauchen wird durch unsere Studie in der univariaten
Analyse als Risikofaktor bestätigt. Anamnestisch bekanntes inhalatives Zigarettenrauchen
erwies sich jedoch nicht als unabhängiger Risikofaktor, wenn es in der multivariaten
Analyse zusammen mit pulmonalen Erkrankungen bewertet wurde. Die Rolle von renalen
Erkrankungen als Risikofaktoren für Pneumonien ist unklar. In vielen Studien war die
Anzahl der renalen Begleiterkrankungen zu gering für eine abschließende Bewertung.
Einige Studien konnten renale Erkrankungen bzw. Niereninsuffizienz zumindest in der
univariaten Analyse als Risikofaktoren für nosokomiale Pneumonien und Infektionen
nachweisen [32]
[33]. In einer Studie von Sarnak und Jaber [34] war die Zahl der durch pulmonale Infektionen verursachten Todesfälle bei Patienten
mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz bis zu zehnfach höher als bei der Normalbevölkerung
gleichen Alters. Pulmonale Veränderungen könnten zusammen mit einem geschwächten humoralen
und zellulären Immunsystem und einer beeinträchtigten Phagozytenfunktion für die höhere
Inzidenz von pulmonalen Infektionen bei Patienten mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz
verantwortlich sein. Zahlreiche Studien identifizierten endotracheale Intubation [1]
[7] und prolongierte maschinelle Beatmung [6]
[23]
[24]
[25], Alkoholabusus [4]
[16]
[17]
[18], hepatische Erkrankungen [11]
[16] und Erkrankungen des ZNS [15]
[20]
[21] als weitere Risikofaktoren für Pneumonien. Aufgrund der limitierten Fallzahl war
eine abschließende Bewertung dieser Risikofaktoren in unserer Studie nicht möglich.
Unsere Studie leistet einen Beitrag zur Bewertung kardiovaskulärer Erkrankungen als
Risikofaktoren für Pneumonien. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Influenza-
und Pneumokokken-Schutzimpfung für Risikogruppen, zu denen auch Patienten mit chronischen
Herzerkrankungen zählen [35]. Die Ergebnisse unserer Studie bestätigen diese Impf-Empfehlungen im Allgemeinen
und unterstützen die Impfung besonders bei Patienten mit Herzinsuffizienz. Darüber
hinaus wurden die Impf-Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Patienten
mit chronischen pulmonalen und renalen Erkrankungen validiert.