Oxidativer Stress und antioxidatives Netzwerk in der Haut
Oxidativer Stress und antioxidatives Netzwerk in der Haut
Als äußere Barriere des Organismus ist die Haut verschiedensten Umweltfaktoren ausgesetzt,
die für die Hautalterung relevant sind. Viele dieser Faktoren - so Luftschadstoffe,
Ozon, natürliche und künstliche UV-Strahlung, Chemikalien oder Irritanzien - entfalten
ihren schädigenden Einfluss über die Bildung freier Radikale, die dann ihrerseits
makromolekulare Strukturen in der Haut wie DNA, Proteine und Lipide angreifen (Abb.
[1]). Mit zunehmendem Alter steigt die Konzentration freier Radikale in der Haut ebenso
wie in anderen Organsystemen des Körpers deutlich an; umgekehrt verringert sich die
Menge der protektiv wirkenden Antioxidanzien. Eine derartige Auslenkung des natürlichen
Redoxgleichgewichtes zugunsten oxidativer Bedingungen bezeichnet man als oxidativen
Stress. Wird dieser in der Haut durch UV-Strahlung induziert, so wird er präziser
als photooxidativer Stress spezifiziert. Oxidativer Stress kann nicht allein durch
freie Radikale, d. h. Moleküle mit ungepaarten Elektronen wie das Superoxidanion oder
das extrem reaktive Hydroxylradikal, ausgelöst werden. Auch die in der Haut in Gegenwart
eines Photosensitizers durch UVA- oder UVB-Strahlung gebildeten Moleküle Singulett-Sauerstoff
bzw. Wasserstoffperoxid (H2O2) sind äußerst kurzlebig und werden daher mit den freien Radikalen als reaktive Sauerstoffspezies
zusammengefasst.
Abb. 1 Faktoren, die über die Bildung freier Radikale die Haut schädigen können.
In der gesunden Haut werden die unter UV-Strahlung entstandenen freien Radikale zum
Großteil durch die antioxidativen Enzyme Katalase und Superoxiddismutase abgebaut
und damit unschädlich gemacht. Reagieren nicht detoxifizierte Radikale mit mehrfach
ungesättigten Fettsäuren in den Zellmembranen, so bilden sich Lipidperoxidradikale,
die ihrerseits durch Vitamin E entgiftet werden können. Aus diesem Prozess geht das
Vitamin selbst als Radikal hervor. Für seine Regeneration wird anschließend Vitamin
C benötigt. Beide Vitamine werden daher auch als Ko-Antioxidanzien bezeichnet. Vitamin
C wiederum interagiert mit weiteren antioxidativen Systemen, z. B. dem Glutathion-System,
um erneut für antioxidative Reaktionen bereit zu sein. Damit steht in der Haut ein
aus mehreren Komponenten zusammengesetztes antioxidatives Netzwerk zur Verfügung,
mit dessen Hilfe freie Radikale auf unterschiedliche Weise entgiftet werden können
(Abb. [2]) [1].
Abb. 2 Das antioxidative Netzwerk der Haut [1].
Die Rolle von oxidativem Stress und Photoaging
Die Rolle von oxidativem Stress und Photoaging
Aus In-vivo-Studien beim Menschen liegen mittlerweile Hinweise dafür vor, dass der
UV-induzierte oxidative Stress für das so genannte Photoaging der Haut eine wichtige
Rolle spielt. Sie bestätigen damit experimentelle Befunde, denen zufolge UVB-Strahlung
und H2O2 in Keratinozyten dosisabhängig zu einer Oxidation von Proteinen führen [2].
Unsere Arbeitsgruppe konnte in vergleichenden Untersuchungen an Biopsien von jungen
Probanden (< 30 Jahre) und über 60-jährigen Versuchspersonen eine ausgeprägte Abnahme
antioxidativer Enzyme in der gealterten Haut, vor allem im Bereich der Hautbarriere
und in der papillären Dermis, nachweisen [2]. Betroffen ist insbesondere die Katalase, die im Alter wesentlich schwächer exprimiert
wird als bei den jungen Probanden. In Epidermis und Stratum corneum fallen die Unterschiede
in den antioxidativen Enzymen zwischen junger und Altershaut dagegen nicht so deutlich
aus (Abb. [3]).
Abb. 3 Deutliche Abnahme in der Expression antioxidativer Enzyme und gleichzeitige Anhäufung
oxidierter Proteine in der lichtgealterten menschlichen Haut [2].
Der fehlende antioxidative Schutz führt in vivo zu vergleichbaren Veränderungen in
der Haut, wie sie sich auch in vitro durch UV-Bestrahlung bzw. H2O2-Exposition induzieren lassen. So findet man bei den älteren Probanden in lichtexponierten
Hautarealen mit deutlicher solarer Elastose eine dramatische Akkumulation photooxidierter
Proteine gleichfalls vor allem in der Dermis. Weniger stark ausgeprägt ist die Proteinoxidation
in der lichtgeschützten Haut, z. B. im Bereich des Unterleibs. Bei den jungen Probanden
ist ein derartiges Photoaging dagegen auch in lichtexponierter Haut noch nicht festzustellen
[2].
In einer weiteren Studie an gesunden jungen Probanden im Alter zwischen 20 und 35
Jahren konnten wir nachweisen, dass eine wiederholte UV-Einwirkung bereits nach einem
relativ kurzen Zeitraum deutliche Proteinschäden auslöst. Die Versuchspersonen wurden
im Glutealbereich mittels Solarsimulator mit UV-Licht in suberythematogener Dosis
bestrahlt. Die initiale Strahlendosis betrug 0,5 MED (minimale Erythemdosis); sie
wurde täglich um 10 - 45 % gesteigert. Nach Beendigung des zehntägigen Protokolls,
das mit den Bedingungen während eines Sommerurlaubs recht gut vergleichbar ist, ließ
sich auf der bestrahlten Seite eine statistisch signifikante Abnahme des Katalase-Spiegels
im Stratum corneum und parallel eine ebenfalls signifikante Zunahme der Proteinoxidation
in Stratum corneum und Dermis im Vergleich zur lichtgeschützten Seite messen [2]. Diese Studie liefert damit einen überzeugenden Hinweis für die Bedeutung von oxidativem
Stress beim Photoaging.
Vitamin E als natürliches antioxidatives Schutzsystem der Haut
Vitamin E als natürliches antioxidatives Schutzsystem der Haut
Dem hauteigenen Vitamin E kommt eine zentrale Rolle als antioxidativem Schutzmechanismus
zu. Insbesondere in der Gesichtshaut ist α-Tocopherol, das hauptsächlich im Organismus
vorkommende Vitamin-E-Isomer, in einer hohen Konzentration vorhanden, die den α-Tocopherol-Spiegel
in der Haut des Oberarms um mehr als das Dreifache übersteigt [3]. Unseren Untersuchungen zufolge wird Vitamin E mit dem Sebum in großer Menge an
die Hautoberfläche transportiert. Von hier kann es anschließend in das Stratum corneum
repenetrieren. Dieser Sebum-vermittelte Vitamin-E-Transport wird - wie alle Talgdrüsenprozesse
- hormonell gesteuert.
Die Hautbarriere ist damit physiologischerweise reich an α-Tocopherol. Allerdings
kann der natürliche Vitamin-E-Vorrat in den Hautoberflächenlipiden bereits durch UVA-Strahlung
in sehr niedriger Dosierung drastisch verringert werden. Schon bei UVA-Dosen zwischen
10 und 40 Joule/cm² ist in vivo ein steiler Abfall des Vitamin-E-Spiegels in den Oberflächenlipiden
von initial 120 pmol/mg Sebum auf rund 10 pmol/mg Sebum messbar [4].
Ermittlung von photooxidativem Stress
Ermittlung von photooxidativem Stress
Steht Vitamin E aufgrund der UV-Strahlung nicht mehr in ausreichender Menge als Radikalfänger
an der Hautoberfläche zur Verfügung, steigt der oxidative Stress an. Dies äußert sich
in einer vermehrten Entstehung toxischer Lipidoxidationsprodukte, die mittels Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie
(HPLC) nachgewiesen werden können. Als Markersubstanz für den oxidativen Stress konnten
wir ein Photooxidationsprodukt identifizieren, das in lichtgeschützter Haut nur in
sehr niedriger Menge vorhanden ist. Bereits bei einer Bestrahlung mit minimalen UVA-Dosierungen
steigt die Konzentration dieser Substanz jedoch rasch und steil an [4]. Diese Substanz wurde von uns vorläufig als „unidentified sebum lipid photooxidation
product” (USLPP) bezeichnet.
In dem von unserer Arbeitsgruppe entwickelten und inzwischen patentierten Sebum-Photooxidationstest
(SPT) kann dieses Oxidationsprodukt jetzt genutzt werden, um Wirkstoffe auf ihre photosensibilisierenden
bzw. protektiven Eigenschaften hin zu untersuchen. Das einfache Testsystem besteht
aus einer Trägersubstanz (Sebutape®), auf die Hautoberflächenlipide aufgetragen werden.
Nach Applikation der Testsubstanz wird das System mit UVA, UVB oder solarsimulierter
UV-Strahlung in definierter Dosis bestrahlt und anschließend die Bildung von USLPP
in der HPLC ermittelt. In ersten Untersuchungen konnte unsere Arbeitsgruppe zeigen,
dass die Entstehung dieses Oxidationsproduktes durch Auftragen eines Lichtschutzfaktors
fast vollständig verhindert werden kann. Die antioxidativ wirkenden Vitamine C und
E inhibieren die Lipidoxidation einzeln nur partiell. Bei kombinierter Applikation
wirken die beiden Ko-Antioxidanzien jedoch synergistisch und unterbinden die Bildung
von USLPP unter UV-Strahlung ebenso effektiv wie ein Lichtschutzfaktor [5].
Protektive Wirkmechanismen von Vitamin C in der Haut
Protektive Wirkmechanismen von Vitamin C in der Haut
Mittlerweile konnten in neueren Untersuchungen mehrere Mechanismen identifiziert werden,
über die Vitamin C als Radikalfänger wirkt. Grundsätzlich spielt das Vitamin eine
wichtige Rolle beim Erhalt des Kollagennetzwerkes in der Haut. In In-vitro-Systemen
verhindert Vitamin C die Autoinaktivierung von Prolyl-Hydroxylase und Lysyl-Hydroxylase,
zweier Schlüsselenzyme der Kollagen-Biosynthese, da es die Oxidation der Eisenatome
im katalytischen Zentrum der Enzyme unterbindet [6]. In vivo ließen sich durch Applikation eines 5 %-igen Vitamin-C-Präparates eine
Verminderung des Hautfaltenreliefs und eine vermehrte Bildung elastischer Fasern erreichen.
Die positive Beeinflussung der Hautstruktur durch Vitamin C kann bei gleichzeitiger
Applikation von Vitamin A (Retinol), das epitheliale Differenzierung und Zellproliferation
moduliert bzw. stimuliert, noch verbessert werden. Beide Vitamine haben einen günstigen
Effekt auf die Expression von Molekülen der extrazellulären Matrix und wirken so der
Faltenbildung entgegen. Hierfür spricht eine dreimonatige Studie an 8 postmenopausalen
Frauen, die zweimal täglich ein Kombinationspräparat mit Retinol und Vitamin C (Reti
C™) auf die Innenseite eines Oberarms auftrugen [7]. Als Kontrolle wurde auf dem kontralateralen Arm der Trägerstoff appliziert. Die
topische Anwendung des Kombinationspräparates führte zu einer signifikant verringerten
Expression der Keratin-mRNA, während Amino- und Carboxyprokollagen-Peptidasen, d.
h. die posttranslationellen Reifungsenzyme von Prokollagenen, sowie die Metalloprotease
2 (MMP2) und der MMP-Inhibitor TIMP2 signifikant stärker exprimiert wurden. Auch der
Spiegel von Fibrillin-1-mRNA wurde durch das Verumpräparat signifikant erhöht. Wie
die Autoren ausführen, ist die positive Beeinflussung der biosynthetischen Aktivität
von Fibroblasten mit vermehrter Enzymsynthese auf Vitamin C zurückzuführen. Dagegen
wirkt Retinol günstig auf Keratinozyten, indem es deren Reifung verzögert und die
Fibrillin-Synthese steigert. Diese doppelblinde Studie entkräftet überzeugend die
Argumente von Kritikern der topischen Applikation, denen zufolge extern aufgetragene
Substanzen nicht in tiefere Hautschichten penetrieren und somit wirkungslos seien.
Eine derart differenzierte Modulation der Genexpression in Fibroblasten wie in der
vorgestellten Untersuchung ist jedoch nur möglich, wenn Vitamin A und C bis in die
Dermis gelangen.
Weitere antioxidative Systeme
Weitere antioxidative Systeme
Bei Versagen der beschriebenen Radikalfänger und bereits erfolgter Oxidation von Makromolekülen
werden weitere, mittlerweile identifizierte Schutzsysteme aktiv. Vorläufigen Resultaten
unserer Arbeitsgruppe zufolge, ist von einer starken Induktion dieser Enzymsysteme
durch UV-Strahlung auszugehen. Zukünftige Untersuchungen müssen zeigen, inwieweit
dieses Enzymsystem zum Schutz gegen photooxidativen Stress genutzt und für Antiaging-Strategien
eingesetzt werden kann.