Zentralbl Gynakol 2002; 124(5): 280-283
DOI: 10.1055/s-2002-34103
Übersichten

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Neue Trends in der konservativen und operativen Therapie der Endometriose

New Trends in the Conservative and Surgical Treatment of EndometriosisR. Gätje
  • Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt
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Publication Date:
16 September 2002 (online)

Medikamentöse Therapie

Die Endometriose gehört zu den häufigsten gutartigen gynäkologischen Erkrankungen. Schätzungen gehen davon aus, dass 10 % bis 50 % der Frauen im reproduktionsfähigen Alter eine Endometriose haben [1] [2]. In selektionierten Kollektiven, wie z. B. Frauen mit Fertilitätsproblemen oder Unterbauchschmerzen, werden in bis 87 % der Fälle Endometrioseläsionen gefunden [3] [4] [5].

Da die Pathogenese der Endometriose noch nicht geklärt ist, stehen zur Behandlung nur symptomatische, aber keine kausalen Therapieansätze zur Verfügung. Das zyklische, hormonabhängige Wachstum der Endometrioseläsionen bildet den konservativen Therapieansatz. Dabei kommen sowohl additive als auch ablative Hormontherapien zum Einsatz. Durch kontinuierliche Gestagengaben kann in bis zu 90 % der Fälle eine Besserung der Beschwerden und Rückbildung der Endometrioseläsionen durch eine Atrophie des ektopen Endometriums erreicht werden. Für die Gestagentherapie werden sowohl Hydroxyprogesteronderivate als auch Nortestosteronderivate verwendet. Zwischenblutungen stellen bei dieser Therapie die häufigste Nebenwirkung dar. Daneben können auch eine Wasserretention, depressive Verstimmungen und bei Verwendung von Nortestosteronderivaten androgene Nebenwirkungen auftreten. Auch Gestagen-Östrogenkombinationen/orale Kontrazeptiva können zur Besserung einer Endometriose und der entsprechenden Symptomatik führen. Insbesondere kann Dysmenorrhö durch die Verhinderung von Menstruationsblutungen über eine kontinuierliche Einnahme eines Gestagen-Östrogenkombinationspräparates beeinflusst werden. Durch Danazol, einem Äthinyltestosteronabkömmling mit antigonadotroper, progestagener, androgener Rest- und mineralokortikoider Wirkung, kann ebenfalls bei etwa 90 % der Patientinnen eine Besserung der Endometriose erreicht werden. Neben den Begleiterscheinungen, die durch die Hypoöstrogenämie verursacht werden, wie z. B. Hitzewallungen und trockene Scheidenhaut, stehen insbesondere androgene Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme und Stimmveränderungen sowie psychische Alterationen im Vordergrund.

Der nahezu vollständige Entzug der Sexualhormone durch GnRH-Analoga als eine weitere Behandlungsmöglichkeit kann typische menopausale Beschwerden, wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Libidoverlust, trockene Scheidenhaut etc. als Nebenwirkungen haben. Wie auch in der Menopause kann bei den Patientinnen unter Therapie mit GnRH-Analoga ein Verlust an Knochenmasse beobachtet werden. Mit der so genannten add-back-Hormontherapie werden durch niedrigdosierte Hormonsubstitution parallel zur GnRH-Analogagabe diese schwerwiegenden Nebenwirkungen der GnRH-Analogatherapie reduziert, ohne die Wirksamkeit zu vermindern.

Die verschiedenen etablierten Therapiekonzepte (Gestagene, Östrogen-/Gestagenkombinationen, Danazol, GnRHa und GnRHa mit „add back-Therapie”) zur medikamentösen Behandlung der Endometriose zeigen in ihrer Wirksamkeit mit jeweils etwa 90 % Ansprechraten kaum Unterschiede [6] [7] [10]. Dagegen weisen die Nebenwirkungsprofile und die Therapiekosten erhebliche Differenzen auf, dies sollte bei der Wahl der Therapie berücksichtigt werden.

Seit der Einführung der Kombination von GnRH-Analoga und einer niedrig dosierten Östrogen-/Gestagentherapie Anfang der 90er Jahre hat sich keine neue medikamentöse Therapieform etablieren können. Trotz der guten Wirksamkeit der eingeführten medikamentösen Therapien ist die Suche nach Alternativen sinnvoll, da selbst von ärztlicher Seite häufig als geringfügig eingestufte Nebenwirkungen, wie leichte Ödemneigung, die Lebensqualität der Patientinnen erheblich beeinträchtigen können. Seit einigen Jahren wird über einen möglichen Einsatz von Antiöstrogenen und Aromatasehemmern in der Behandlung der Endometriose diskutiert. Das Prinzip der medikamentösen Endometriosebehandlungen ist der Entzug der wachstumsfördenden zyklischen Östrogenwirkung. Durch Modulation auf Ebene der Östrogenrezeptoren könnte dies ebenso wie durch die bisherige Beeinflussung der Östrogenproduktion erreicht werden. Die neueren Antiöstrogene wie z. B. Raloxifen oder Faslodex, die keine agonistische Wirkung am Endometrium - wie das Tamixofen - besitzen, könnten durch Blockierung der Östrogenwirkung eine Regression von Endometrioseläsionen bewirken. Klinische Daten über diese Antiöstrogene in der Behandlung der Endometriose liegen trotz der mehrjährigen Diskussion über die potenzielle Wirkung der SERMs auf die Endometriose aber bisher nicht vor.

Das Enzym Aromatase wandelt die im Ovar und der Nebenniere gebildeten Androgene in Östrogene um. In der Literatur gibt es Hinweise, dass im Endometriosegewebe die Aromataseaktivität erhöht ist und damit auch die lokale Östradiolwirkung [8] (Abb. [1]). Durch Aromataseinhibitoren ließe sich dies beeinflussen. Daten aus klinischen Untersuchungen bei prämenopausalen Patientinnen liegen allerdings bisher nicht vor. Eine Pilotstudie mit Exemestan wurde gerade abgeschlossen und weitere Studien sind in Vorbereitung, so dass bald mit der Publikation von klinischen Daten über die Behandlung von Endometriosepatientinnen mit Aromataseinhibitoren gerechnet werden kann.

Abb. 1 Die erhöhte Aromataseaktivität im Endometriosegewebe führt über einen pathophysiologischen Kreislauf zu einer erhöhten lokalen Östrogeneinwirkung. Standard: nicht veränderte Parameter; fett: im Endometriosegewebe erhöhte Parameter.

Die reinen GnRH-Antagonisten weisen gegenüber den Agonisten den Vorteil auf, dass der flare-up-Effekt entfällt. Ob bei der mehrmonatigen GnRH-Behandlung im Falle der Endometriose dieser Effekt der ersten Therapietage aber relevante Bedeutung hat ist fraglich, da publizierte klinische Daten über eine Endometriosebehandlung mit GnRH-Antagonisten nicht vorliegen. In einer Untersuchung konnte Miller [9] zeigen, dass Endometriosepatientinnen unter der Behandlung mit GnRH-Analoga in den ersten Therapietagen im Vergleich zu der Plazebogruppe einen Anstieg des Schmerzscores haben. Daher erscheinen aber Untersuchungen zur Rolle der GnRH-Antagonisten in der Behandlung der Endometriose sinnvoll.

Durch die Gabe von GnRH-Agonisten, kombiniert mit der „add-back-Therapie”, werden bei gleicher Wirkung auf die Endometriose die Nebenwirkungen reduziert. In Anlehnung an die Formulierung „add-back” haben Tahara et al. [11] ihre Untersuchung mit reduzierter GnRH-Dosis „draw back” genannt. Nach initial üblicher Dosierung von 0,4 mg wurde Nafarelin nach 4 Wochen auf 0,2 mg reduziert. Bei kleiner Fallzahl zeigte die „low-dose”-GnRH-Analogatherapie die gleiche Besserung der Symptomatik bei reduzierten Nebenwirkungen. Die reduzierten Nebenwirkungen gehen mit einem höheren Östradiolserumspiegel einher. Damit wäre die „draw-back”-Therapie vergleichbar mit der „add-back”-Therapie. Auch hier sind Studien an größeren Kollektiven zu fordern, die die Wirksamkeit einer solchen „draw-back”-Therapie in der Endometriosebehandlung belegen.

Die lokale medikamentöse Behandlung stellt einen völlig neuen und viel versprechenden Ansatz dar. Mit Hilfe von gestagenhaltigen Spiralen kann in einem hohen Prozentsatz der Fälle eine Amenorrhö erreicht werden. Über diesen Weg kann auch bei Endometriosepatientinnen eine Besserung der Dysmenorrhö erreicht werden. So konnten Vercellini et al. [12] 15 von 20 Patientinnen mit einer gestagenhaltigen Spirale erfolgreich behandeln. Auch eine rekto-vaginale Endometriose kann mit gestagenhaltigen Spiralen nach den Untersuchungen von Fedele et al. [13] günstig beeinflusst werden. Bei 11 Patientinnen bildeten sich sowohl die Beschwerden als auch die Endometrioseläsionen zurück. Durch lokale Danazol-Applikation sollen sich bei 13 von 14 behandelten Patientinnen die Beschwerden durch eine Adenomyosis uteri wie Hypermenorrhö und Dysmenorrhö gebessert haben [14]. Die lokale medikamentöse Therapie erscheint als interessante Therapiemöglichkeit, aber auch hier sind größere Zahlen vor dem routinemäßigen Einsatz zu fordern.

Literatur

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R. Gätje

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