Das maligne Melanom der Haut gehört zu den Tumoren, deren Inzidenz in den letzten
Jahrzehnten dramatisch zugenommen hat [1]. Die meisten Patienten mit primären Hautmelanomen werden durch eine Totalexzision
mit Sicherheitsabstand adäquat behandelt. Jedoch entwickeln mind. 20 % Metastasen,
die dann zum Tod führen. Leider ist es auch heute noch so, dass der Tumor weitgehend
therapieresistent wird, nachdem die Metastasierung eingesetzt hat. Die durchschnittliche
5-Jahres-Überlebensrate für Patienten mit primären Melanomen liegt bei etwa 80 % [2]. Nach dem Auftreten von Fernmetastasen wird die Prognose dramatisch verschlechtert
und die Patienten haben eine 2-Jahres-Überlebensrate von weniger als 10 %. Nachdem
vermehrt aufwändige adjuvante Therapieverfahren etabliert wurden, müssen jetzt alle
Möglichkeiten genützt werden, die dazu beitragen, Hochrisikopatienten zu identifizieren.
Eine sichere Identifikation dieser Patientenkollektive würde vielen Patienten unnötige
adjuvante Therapien ersparen.
Die Tumordicke und das Stadium der Erkrankung sind die am besten etablierten prognostischen
Faktoren [3]
[4]. Weitere prognostisch relevante Aspekte sind Geschlecht, Lokalisation und Ulzeration
[5]
[6].
Immunhistologische Untersuchungen sind von großer Bedeutung bei der Diagnose des Melanoms.
Die Rolle dieser Methode bei der Abschätzung der individuellen Prognose weist verschiedene
Aspekte auf. Auf der einen Seite sind mehrere immunhistologische Marker mit prognostischer
Bedeutung identifiziert worden. Auf der anderen Seite werden immunhistologische Methoden
auch zum Nachweis von Mikrometastasen eingesetzt, z. B. im Rahmen der Sentinel-Lymphknotenbiopsie.
Daneben ist die Immunhistologie bei der Bestimmung des individuellen Antigen-Profils
von Bedeutung. Hierbei kann die Immunhistologie einen prädiktiven Wert haben für einen
Vakzinationserfolg, z. B. im Rahmen von Vakzinierungsprotokollen mit Peptiden oder
Peptid-gepulsten dendritischen Zellen.
Proliferation und Zellzyklusmarker
Proliferation und Zellzyklusmarker
Der Proliferationsmarker Ki-67, erkannt durch den Anti-Ki-67 Antikörper in Gefrierschnitten
oder mit dem MIB-1-Antikörper in Paraffin eingebetteten Material ist der beste und
auch am genauesten untersuchte Proliferationsmarker. In 4 unabhängigen Studien [7]
[8]
[9]
[10]
[11] wurde in Multivarianzanalysen nachgewiesen, dass er signifikante prognostische Bedeutung
hat. Ähnliche Resultate wurden bei Straume et al. [8] in einer Serie von 202 primär kutanen Melanomen in der vertikalen Wachstumsphase
und bei Niezabitowski et al. [10] auf der Basis von 93 Läsionen und von Ostmeier et al. [11], die 399 primäre Melanoma untersuchten, dokumentiert. Daneben zeigten Boni et al.
[12], dass die Immunreaktivität mit MIB-1 mit dem Metastasierungsverhalten in primären
dicken Melanomen, aber nicht in dünnen Melanomen korreliert. Diese Resultate sind
auch nachvollziehbar im Rahmen einer Studie von Sparrow et al. [13], der 22 dünne Melanome untersuchte - 11 davon mit Metastasen und 11 ohne. Aufgrund
der heute vorliegenden Daten dürfen wir annehmen, dass die Expression von Ki-67 ein
wichtiger und von der Tumordicke unabhängiger Parameter für die Prognose beim primären
Melanom darstellt, insbesondere für Tumoren mit einer Tumordicke > 1,5 mm.
Daneben gibt es auch Studien, die zeigen, dass Patienten mit einem niedrigen Ki-67-Index
in der ersten Metastase eine bessere Prognose aufweisen als Patienten mit einem hohen
Index [14], und dass MIB-1-Positivität wiederum ein unabhängiger prognostischer Faktor sowohl
für das Gesamtüberleben als auch für das Überleben nach Beginn einer Chemoimmuntherapie
für Patienten mit fortgeschrittenem metastasierenden Melanom darstellt [15].
PCNA ist ein anderer Proliferationsmarker, der untersucht wurde. Niezabitowski et
al. [10] fanden, dass PCNA ebenfalls ein unabhängiger Prognoseparameter bezüglich „disease-free
survival” und „overall survival” darstellt.
Veränderungen in der p53-Funktion, einem äußerst wichtigen Tumorsuppressor-Gen, werden
als Ursachen für einen Verlust der Zellzykluskontrolle in menschlichen Neoplasien
angesehen. Da das gesunde p53-Protein in normalen Zellen sehr schnell abgebaut wird,
weist ein Nachweis des p53-Proteins im Zellkern auf ein abnormal stabiles Protein
hin, das häufig durch Genmutationen entsteht. Mehrere Studien konnten nachweisen,
dass die Überexpression von p53 mit einer ungünstigen Prognose verbunden ist. Yamamoto
et al. [18] konnten in einer Studie an 60 primären Melanomen zeigen, dass eine Korrelation zwischen
der p53-Überexpression und reduziertem 5-Jahres-Überleben besteht, die durch Untersuchungen
von McGregor et al. [19] bestätigt wurde.
Lee et al. [20] untersuchten 21 oberflächlich spreitende und 6 noduläre Melanome und kamen zu dem
Ergebnis, dass eine erhöhte p53-Proteinimmunoreaktivität mit einer schlechten Prognose
assoziiert ist, ähnlich wie bei Karjalainen et al. [21] im Rahmen einer größeren Studie an 369 Melanompatienten. Andere Studien jedoch konnten
diese Ergebnisse nicht nachvollziehen [10]
[22]
[23].
Straume et al. [23] untersuchten 102 Patienten mit primär nodulärem Melanom der Haut. In dieser Serie
war die Expression von p53 ohne prognostische Bedeutung, jedoch berichteten sie, dass
der p16-Verlust signifikant mit deutlich reduziertem rezidivfreien Intervall und Gesamtüberleben
assoziiert war. Allerdings nur in der univariablen Analyse. In der multivariablen
Analyse war der Verlust von p16 ebenfalls mit häufigen Rezidiven assoziiert. p16 ist
ein wichtiges Molekül für die normale Regulation des Zellzyklus. Sporadische und familiär
gehäufte Melanome sind assoziiert mit Mutationen, Verlust von Heterozygotie im p16-Lokus.
Damit ist p16 sicherlich das am deutlichsten belegte biologisch relevante Tumorsuppressor-Gen
beim humanen Melanom.
Marker für melanozytäre Zellen und Bestandteile des Antigenverarbeitungs-Apparates
Marker für melanozytäre Zellen und Bestandteile des Antigenverarbeitungs-Apparates
S100, HMB45 und Vimentin sind immunhistologische Marker, die regelmäßig für die Diagnose
von pigmentierten Hautveränderungen verwendet werden. In vielen Fällen ist ihre diagnostische
Bedeutung zweifelsfrei erwiesen, jedoch bleibt ihre Aussagekraft bezüglich prognostischen
Fragestellungen unklar. Es gibt jedoch einige Untersuchungen, die darauf hinweisen,
dass sie auch prognostische Bedeutung haben [24]
[25]. Eine kürzliche Untersuchung an 93 Fällen stellte diese Frage und kam zu dem Schluss,
dass nur HMB45 ein unabhängiger prognostischer Faktor zur Vorhersage des „disease-free
survival” ist [10].
Besonders interessant sind die Melanommarker MAGE-3, Melan A und Tyrosinase, denn
Peptide dieser Proteine werden von zytotoxischen T-Lymphozyten erkannt und werden
gegenwärtig im Rahmen von Vakzinierungsstudien für Patienten mit metastasierendem
Melanom untersucht. Der monoklonale Antikörper 57B entdeckt besonders das MAGE-3-Protein,
aber wahrscheinlich auch andere Mitglieder der MAGE-Familie. Färbungen mit diesem
Antikörper zeigten eine Spezifität für Melanome von 100 % mit einer Sensitivität von
44 %. Über die verschiedenen Stadien gesehen nahm die Positivität von melanozytären
Läsionen zu. Bei einem Tumorstadium von T1 zeigten nur 13 % Positivität, bei pT2 22
%, pT3a 29 %, 45 %, pT4 100 %, pTxN1 60 %, und bei Metastasen waren 63 % aller untersuchten
Proben positiv [26]. Der monoklonale Antikörper (MAb) A103 weist Melan A/MART-1-Protein nach. Mit diesem
Antikörper wurden 88 % aller Melanome mit einer sehr hohen Spezifität für melanozytäre
Zellen angefärbt. In normaler Haut sind auch normale Melanozyten positiv. Interessanterweise
nahm die Anfärbbarkeit über die klinischen Stadien ab. Während im Stadium I praktisch
alle untersuchten Fälle positiv waren, waren es im Stadium II nur noch 88 %, im Stadium
III 90 % und im Stadium IV 75 % [27]. Der Antikörper T311 färbt das Tyrosinase-Protein im histologischen Schnitt an.
Eine Färbung mit diesem Antikörper war positiv bei 94 % aller Melanome mit einer sehr
hohen Spezifität für melanozytäre Zellelemente. Wiederum fand sich eine negative Korrelation
zwischen Immunpositivität und klinischem Stadium. Frühstadien (Stadium I und II) waren
immer positiv, im Stadium III und IV waren noch 86 % der Fälle positiv [28]. Diese Färbungen sind von besonderer Bedeutung für Patienten, die im Rahmen von
spezifischen Immuntherapien wie Vakzinierung behandelt werden sollen, da die Expression
dieser Tumorantigene dazu beitragen könnte, die Chancen für eine erfolgreiche Therapie
abzuschätzen. Es ist auch gezeigt worden, dass die gleichzeitige Downregulation von
Melan-A und HLA A2 bei Melanomzellen mit einer negativen Prognose verbunden ist [29]. Eine andere Studie hat darauf hingewiesen, dass die Expression von MAGE-3 positive
prognostische Bedeutung haben könnte [30]. Allerdings müssen diese Untersuchungsergebnisse im Rahmen größerer Studien, die
sich speziell mit der prognostischen Bedeutung dieser Marker beschäftigen, untersucht
werden.
Wir wissen heute, dass das Melanom ein antigener Tumor ist, der Immunantworten erzeugen
kann. Eine effektive Präsentation von melanozytären oder tumorassoziierten Antigenen
ist wichtig für die Induktion dieser Immunantwort. Defekte im Antigenverarbeitungsapparat
können somit in Immune Escape-Phänomene münden und zum Fortschreiten der Erkrankung
beitragen. Wir haben die Expression verschiedener Komponenten des Antigenverarbeitungsapparates
in primären Melanomen untersucht und diese Ergebnisse mit der Tumordicke und dem Verlauf
korreliert. Dabei wurden 17 primäre Melanome mit einer Tumordicke unter 0,7 mm und
21 mit einer Tumordicke über 1,5 mm mit verschiedenen Antikörpern gefärbt (anti-LMP2,
-LMP7, -TAP1, -TAP2, -HLA Klasse I und II). 20 Patienten entwickelten keine Metastasen
in der Nachbeobachtungszeit, die durchschnittlich 10,5 Jahre betrug. 18 Patienten
rezidivierten innerhalb durchschnittlich 15 Monaten nach der Exzision. Sehr häufig
fanden wir vermindert exprimierte Marker. Häufig waren die LMP- und TAP-Untereinheiten
vermindert exprimiert (40 %) und fast immer HLA-Klasse-I-Moleküle (ca. 70 %). Die
Expression dieser Marker war nicht mit der Tumordicke korreliert. Nur die Expression
TAP1 und TAP2 war signifikant korreliert mit dem Risiko, Metastasen zu entwickeln.
Diese Korrelation war unabhängig von der Tumordicke für TAP1. Aufgrund dieser Daten
gehen wir davon aus, dass TAP1- und möglicherweise auch TAP2-Expression in primären
Melanomen einen unabhängigen prognostischen Marker darstellt. Abnormalitäten in der
Antigenpräsentation können erklären, warum keine absolute Korrelation zwischen Tumordicke
und Prognose besteht [31].
In früheren Arbeiten war auch die HLA-Klasse-II-Expression als prognostischer Parameter
beschrieben worden. Ostmeier et al. [32] berichteten, dass die HLA-DR-Expression ein ungünstiger prognostischer Marker ist.
In einer neueren Studie wurde diese bestätigt. Diese negative prognostische Bedeutung
erscheint paradox, da diese Moleküle durch Interferon γ hochreguliert werden können
und dann eine verbesserte Antigenpräsentation erfolgen könnte. Jedoch ist eine erhöhte
HLA-Klasse-II-Expression nicht mit einer verbesserten T-Zellstimulation assoziiert,
was erklärbar wird durch das Fehlen von kostimulatorischen Molekülen [33].
Adhäsionsmoleküle und Zellmatrix-Interaktionen
Adhäsionsmoleküle und Zellmatrix-Interaktionen
Tumorwachstum und Metastasierung beinhalten eine komplexe Kaskade koordinierter Zellfunktionen.
Wichtige beteiligte Untereinheiten sind in diesem Zusammenhang Zelladhäsionsmoleküle.
Integrine, Katherine und Adhäsionsmoleküle der Immunglobulin-Superfamilien sind in
der Tumorprogression und Metastasierung des kutanen Melanoms beteiligt. Die Expression
des α- vs. β-3-Integrins ist ein früher Schritt beim Wechsel des Wachstumsverhaltens
von der radialen zur vertikalen Wachstumsphase. Ist dieses Molekül in primären Hautläsionen
vorhanden, besteht ein erhöhtes Rezidivrisiko [34]. Die Expression von VLA-4 ist charakteristisch für fortgeschrittene primäre Melanome
und könnte in der Interaktion von Tumorzellen mit VCAM-1 auf Endothelien beteiligt
sein. Auch für die Expression von VLA-4 in Primärläsionen gilt, dass es negative prognostische
Bedeutung aufweist [35]. In dieser Studie wurde auch für die Expression von ELAM-1 (E-Selektin) und CD62
(P-Selektin) auf intratumoralen Gefäßen eine prognostische Bedeutung nachgewiesen.
Das Adhäsionsmolekül ICAM-1 gehört zur Familie der Immunglobulin-Superfamilie. ICAM-1-Expression
auf primären Melanomen korreliert signifikant mit der Tumordicke und einem ungünstigen
Verlauf [36]. Möglicherweise sind in diesem Zusammenhang lösliche ICAM-1-Moleküle für diesen
negativen Effekt verantwortlich [37]. In einer anderen Arbeit wurde darauf hingewiesen, dass die gleichzeitige Expression
von ICAM-1 und GM-GSF beim metastasierenden Melanom signifikant mit einem kürzeren
rezidivfreien Intervall verknüpft ist [38].
Proteasen sind wichtige Moleküle für die Invasion, die Ausbreitung und die Metastasierung
verschiedener Tumoren. Auch hier ist eine ganze Reihe von Molekülen wie Kollagenase,
Plasminogen-Aktivatoren, Stromelysin und andere beteiligt. So wurde z. B. CatB als
wichtiger Faktor für die Metastasierung nachgewiesen. CatD könnte in der frühen Phase
(Entwicklung von dysplastischen Naevi zum Melanom) eine Rolle spielen [39]. Dickere primäre Tumoren zeigen häufig erhöhte Expression von CatD und CatB und
auch Kollagenase IV, falls ein hohes Metastasierungsrisiko besteht [40].
Die Überexpression der 72-kD-Typ-IV-Kollagenase in primären Melanomen ist ein unabhängiger
prognostischer Faktor für das gesamte Überleben von Melanompatienten [41].
Osteonektin ist ein weiteres Glykoprotein, das in verschiedenen Zellmatrix-Interaktionen
und in der Angiogenese beteiligt ist. Die Expression von Osteonektin in dünnen Primärmelanomen
ist signifikant korreliert mit einem Progressions- (p = 0,01) und Metastasierungsrisiko
(p = 0,005) und im Gesamtüberleben (p = 0,03) [42].
Schlussfolgerung
Schlussfolgerung
Mit der Zunahme der Melanomfälle gewinnt das Problem der prognostischen Zuordnung
und daran angepasst die Auswahl der Therapie für den einzelnen Patienten immer größere
Bedeutung. Dieses Problem wurde von verschiedenen Arbeitsgruppen angegangen. Die Analyse
neuer immunhistologischer Marker ist sicherlich ein wichtiger Beitrag in diesem Zusammenhang.
Die oben dargestellten Fortschritte können jedoch eine rationale Basis für die Identifizierung
von Hochrisikopatienten in der Zukunft bieten. Jedoch müssen die jetzt vorhandenen
prognostischen Marker in größeren Multizenterstudien in ihrer prognostischen Bedeutung
überprüft werden, so dass langfristig nur wenige immunhistologische Färbungen für
diese Fragestellung eingesetzt werden müssen (Tab. [1]).
Tab. 1 Prognostische Marker und ihre biologische Relevanz
prognostische Marker |
biologische Bedeutung |
Ki-67 |
Proliferationsmarker (exprimiert in späten G1-, S-, M-, G2-Phasen des Zellzyklus, aber nicht in G0) |
PCNA |
Proliferationsmarker (exprimiert in der S-Phase des Zellzyklus) |
p53 |
Tumorsuppressorgen |
p16 |
Zellzyklusregulator |
HMB45 |
melanozytärer Differenzierungsmarker (gp 100) |
MAGE3 |
Cancer-Testis-Antigen |
Melan A/MART-1 |
melanozytärer Differenzierungsmarker |
TAP1 |
Antigenverarbeitung (Transportermolekül) |
TAP2 |
Antigenverarbeitung (Transportermolekül) |
LMP |
Antigenverarbeitung |
HLA Klasse I und II |
Antigenpräsentation |
α- vs. β-3-Integrin |
Zelladhäsion |
VLA-4 |
Adhäsion des vaskulären Endotheliums |
ICAM-1 |
Zelladhäsion |
Cathepsine |
extrazelluläre Matrix-Interaktionen |
Collagenase IV |
Protease |