Z Orthop Ihre Grenzgeb 2002; 140(4): 423-427
DOI: 10.1055/s-2002-33389
Kinderorthopädie
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zusammenhang der vermehrten Innenrotation im Hüftgelenk mit einer verminderten Beckenaufrichtbarkeit, der Rückenform und Haltung bei Kindern - Gibt es das so genannte Antetorsionssyndrom?

Relationship of an increased internal rotation of the hip with pelvic tilt, spinal alignment and posture - does the so-called antetorsion syndrome exist?N.  Ihme1 , B.  Olszynska2 , A.  Lorani3 , C.  Weiß4 , A.  Kochs1
  • 1Orthopädie der Universitätsklinik RWTH Aachen
  • 2Elisabeth-Kinderklinik, Oldenburg
  • 3Konstanz
  • 4Statistik u. Biometrie der Universitätsklinik RWTH Aachen
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Publication Date:
19 August 2002 (online)

Zusammenfassung

Fragestellung: Anhand einer Querschnittuntersuchung von Schülern soll überprüft werden, ob ein Zusammenhang zwischen Hüftbeweglichkeit, Haltung und Rückenform bei Kindern besteht. Methodik: Bei 143 Kindern und Jugendlichen im Alter 6 - 17 Jahre wurden Innenrotations- und Streckfähigkeit des Hüftgelenkes, Rückenform sowie Halteleistung nach Matthiass beurteilt, um festzustellen, ob das Antetorsionssyndrom als Relikt der Aufrichtung bei Kindern nachweisbar ist. Ergebnisse: Die Innenrotationsfähigkeit der Hüfte nahm mit dem Alter ab, wobei die Altersverteilung bei Kindern mit und ohne Hüftbeugekontraktur keine statistischen Unterschiede ergab. Kinder mit einer Hüftbeugekontraktur hatten eine statistisch signifikant erhöhte Innenrotationsfähigkeit im Hüftgelenk (p = 0,0471). Das Vorliegen einer Hüftbeugekontraktur oder vermehrten Innenrotationsfähigkeit war nicht von der Rückenform abhängig (p = 0,5585 bzw. 0,5612). Die verschiedenen Rückenformen selbst waren in den einzelnen Altersklassen gleich verteilt. 30 % der haltungsgesunden und 38 % der haltungsschwachen Kinder wiesen eine Hüftbeugekontraktur auf. Letztere zeigten im Vergleich eine um 12 ° vermehrte Innenrotationsfähigkeit der Hüfte (p = 0,0079). Die Fähigkeit zu einer guten Halteleistung nimmt mit dem Alter zu (p = 0,0004). Schlussfolgerung: Aus diesen Ergebnissen ist ein Zusammenhang zwischen muskulärer Leistungsfähigkeit/Haltung, neuromotorischer Reife, verminderter Beckenaufrichtbarkeit und Innenrotationsfähigkeit zu sehen, jedoch ist dieses sog. Antetorsionssyndrom nur bei 20 % der untersuchten Kinder zu unterschiedlichen Zeitpunkten existent. Ein direkter Zusammenhang mit der Rückenform insbesondere dem Hohlrundrücken besteht nicht.

Abstract

Aim: A cross-sectional study of pupils should show a possible relation between hip movement, posture and spinal alignment. Methods: 143 children aged 6 to 17 years were clinically examined with particular respect to internal rotation and extension of the hip, spinal alignment and posture to determine if the so-called antetorsion syndrome exists in children as a remnant of the uprising of man. Results: Internal hip rotation decreased with age without any difference regarding the age between children with and without hip contracture. Children with hip flexion deformity had a significantly higher ability for internal hip rotation (p = 0.0471), but both hip extension and internal rotation were not related to spinal alignment (p = 0.5585/0.5612). On the other hand a normal posture is related with a “normal” back and age (p = 0.0004). The spinal alignment itself did not differ in the age groups. 30 % of the children with sufficient posture and 38 % of the ones with insufficient posture had a hip contracture. The latter showed an increased internal hip rotation by 12 ° (p = 0.0079). Conclusion: On the basis of these results, a relationship between muscular performance, neuromuscular maturity, decreased hip extension and increased internal hip rotation can be assumed. This so-called antetorsion syndrome exists in 20 % of the examined children. A relation to the spinal alignment especially the hollow-round back, cannot be found.




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Dr. med. Nicola Ihme

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