Einleitung
Einleitung
Das Asthma bronchiale stellt eine der häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter
dar. Nach den Ergebnissen der ISAAC-Studie, einer internationalen Studie zur Prävalenz
von Asthma und Allergien im Kindesalter, - besteht in Deutschland im Alter von 13
bis 14 Jahren eine 12-Monatsprävalenz von 14 % für Asthma bronchiale [8 ].
Die Behandlung der Kinder mit Asthma bronchiale erfolgt in Deutschland primär beim
Kinderarzt bzw. Hausarzt. Zusätzlich werden Kinder mit Asthma bronchiale vor allem
bei schwereren Verläufen in Schwerpunktpraxen bzw. Spezialambulanzen betreut; bei
akuter Verschlechterung erfolgt eine stationäre Therapie in der Klinik. Ergänzend
dazu bestehen ambulante Angebote wie Asthmaschulung und Asthmasport, die allerdings
bis heute nicht flächendeckend sind.
Falls mit dieser Versorgungskette ein zufriedenstellendes Behandlungsergebnis nicht
zu erzielen ist, besteht die Möglichkeit einer stationären Rehabilitationsbehandlung.
Die ambulante Behandlung sowie die akut stationäre Therapie ist eine Aufgabe der Krankenversicherung.
Für die stationäre Rehabilitation dagegen ist primär der Rentenversicherer (LVA, BfA)
zuständig [21 ].
Die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen wird als Aufgabe der Rentenversicherung
gesehen, um u. a. chronisch kranken Kindern und Jugendlichen gute - möglichst mit
Gesunden vergleichbare - Berufschancen zu ermöglichen.
Neben der Rentenversicherung können auch die Krankenkassen die Kosten für eine Rehabilitation
übernehmen, sie sind jedoch nicht dazu verpflichtet.
Bei der stationären Rehabilitation steht die interdisziplinäre Betreuung durch Arzt,
Schwester, Psychologe, Pädagoge und Physiotherapeut im Vordergrund. Bei Bedarf werden
auch andere Berufsgruppen eingebunden.
Therapeutisch stehen neben der Optimierung der medikamentösen Behandlung vor allem
die Anleitung zu einem besseren Umgang mit der chronischen Erkrankung im Vordergrund.
Dazu stellen Patientenschulungen sowie Physio- und Sporttherapie unter Ausnutzung
klimatischer Faktoren weitere Schwerpunkte dar. Hilfen zur Krankheitsbewältigung beziehen
auch eine Berufsberatung bei Jugendlichen des entsprechenden Alters ein.
Im Rahmen einer Multicenter-Studie wurde deutschlandweit die Kurz- und Langzeit-Effektivität
stationärer Rehabilitationsmaßnahmen bei Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter
anhand medizinischer und psychosozialer Parameter evaluiert.
Die Kurzzeiteffektivität der Rehabilitation, die durch Untersuchungen bei Aufnahme
und bei Entlassung aus der Rehaklinik erfasst wurde und signifikante Verbesserungen
in Bezug auf körperliche Leistungsfähigkeit, Lungenfunktion und Asthma-Management
ergab, wurde bereits veröffentlicht [3 ].
Um darüber hinaus den Langzeiteffekt zu erfassen, wurde mittels Hausbesuch 2 Wochen
vor und 12 Monate nach der Rehabilitation eine Lungenfunktionsdiagnostik durchgeführt
und mittels standardisierter Fragebogen asthmabedingte Schulfehlzeiten, Teilnahme
am Schulsport, Asthma-Management und Lebensqualität erfasst. Die dabei erhobenen Daten
wurden den Ergebnissen einer ambulanten Vergleichsgruppe von Asthmatikern gleichen
Schweregrades gegenübergestellt, die analog zur Rehagruppe untersucht wurde.
Patienten und Methodik
Patienten und Methodik
Patienten
Von insgesamt 318 erfassten Kindern und Jugendlichen mit Asthma bronchiale im Alter
von 8 bis 16 Jahren konnten zwischen April 1997 und April 1998 195 Kinder und Jugendliche
mit einem Asthma bronchiale der Stufe 3 und 4 in die Studie eingeschlossen werden.
Diese teilten sich in eine Gruppe, die eine stationäre Rehabilitation erhielten (Rehagruppe
n = 149) mit einem durchschnittlichen Alter von 12,1 Jahren und eine ambulant betreute
Gruppe (Vergleichsgruppe n = 46) mit einem Altersdurchschnitt von 11,3 Jahren.
Die Erkrankungsdauer betrug in der Rehagruppe 7,39 Jahre, in der Vergleichsgruppe
7,46 Jahre.
In der Rehagruppe entfielen auf den Schweregrad 3 insgesamt 98 Patienten und auf den
Schweregrad 4 insgesamt 51 Patienten. In der Vergleichsgruppe hatten 32 Patienten
den Schweregrad 3 und 14 Patienten den Schweregrad 4.
56 % der Patienten der Rehagruppe und 72 % der Vergleichsgruppe waren männlich.
Die Schweregradeinteilung erfolgte nach den Richtlinien der Gesellschaft für Pädiatrische
Pneumologie [4 ].
Ausschlusskriterien waren mangelhafte Kenntnisse der deutschen Sprache, Sonderschulbesuch
der Patienten sowie Hör- und Sprachschwierigkeiten und schwerwiegende andere Erkrankungen.
Eine Randomisierung zwischen Rehagruppe und ambulanter Vergleichsgruppe war nicht
möglich, da Patienten mit einem bewilligten Rehabescheid einen Rechtsanspruch auf
eine möglichst zeitnahe stationäre Rehabilitation haben. Sie konnten somit einer ambulanten
Kontrollgruppe nicht zugeordnet werden. Es wurde deshalb eine ambulante Vergleichsgruppe
aus den Patienten gebildet, die nach Einschätzung des Hausarztes ein Rehaverfahren
benötigten, dafür aber bisher keinen Antrag gestellt hatten. Der häufigste Grund für
den bisher nicht gestellten Antrag war die Sorge vor Schulversäumnis, obwohl auch
während der Rehamaßnahme ein Schulunterricht in der Klinik stattfindet.
Die Patienten der Rehagruppe hatten in Absprache mit ihrem Hausarzt unabhängig von
der Studie bereits einen Antrag beim Rentenversicherungsträger gestellt. Nach Prüfung
und Bewilligung wurde der Bescheid den jeweiligen Kliniken zugeleitet. Von den Kliniken
wurden die Patienten vor Beginn der Rehabilitation zur Studie schriftlich eingeladen
und wenn die Einverständniserklärung zur Teilnahme vorlag, wurden die Familien von
speziell für die Studie geschulten Feldforschern zu Hause untersucht. Die gleiche
Untersuchung fand 12 Monate später nochmals statt.
Die Patienten der ambulanten Vergleichsgruppe wurden von 116 Kinder- und Hausärzten
in Nord- und Süddeutschland rekrutiert, die über die Studie im Vorfeld informiert
waren und über entsprechende Studienunterlagen verfügten.
Patienten, die nach oben beschriebener Einschätzung infrage kamen, wurden vom Hausarzt
zur Teilnahme an der ambulanten Vergleichsgruppe eingeladen. Nach Vorliegen des schriftlichen
Einverständnisses wurden sie unmittelbar danach ebenfalls von den Feldforschern und
nach weiteren 12 Monaten analog zu den Patienten der Rehagruppe im Rahmen eines Hausbesuches
untersucht.
Therapiekonzept
Das Rehabilitationsprogramm wurde entsprechend dem Rahmenkonzept des Verbandes Deutscher
Rentenversicherer (VDR) zur stationären Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen
bei der Indikation Asthma bronchiale durchgeführt [2 ]
[20 ].
Die Rehabilitation erfolgte in der Fachklinik Gaißach der LVA Oberbayern, der Kinderfachklinik
Satteldüne der LVA Schleswig-Holstein und der Fachklinik Sylt der LVA Hamburg.
Die ambulante Vergleichsgruppe wurde vom Hausarzt weiterbetreut und erhielt neben
der bereits bestehenden Therapie kein studienspezifisches Interventionsprogramm.
Studienparameter
Zur Objektivierung des klinischen Verlaufes erfassten die Feldforscher im Rahmen des
Hausbesuches folgende Parameter: FEV1 , FVC, Peakflow und MEF50. Die Daten wurden mit einem Lungenfunktionsgerät der Firma
Jäger (Flowscreen) erhoben und als Normwerte dienten die Werte von Zapletal [27 ]. Es wurden mindestens drei und maximal acht Messungen vorgenommen. Kriterium für
die Genauigkeit der Messungen war, dass die Differenz zwischen dem höchsten und zweithöchsten
gemessenen FVC- und FEV1 -Wert nicht mehr als 5 % und bei dem PEF-Wert nicht mehr als 10 % betrug [1 ]
[19 ].
Die Messungen erfolgten jeweils zur selben Tageszeit und am Untersuchungstag hatte
der Patient mindestens 12 Stunden zuvor keine atemwegserweiternden Medikamente eingenommen.
Mittels schriftlicher Interviews wurden die asthmabedingten Schulfehlzeiten, die Teilnahme
am Schulsport, das Asthma-Management (Wissen, Verhalten, Selbstwirksamkeit) und die
gesundheitsbezogene Lebensqualität erfasst.
Das asthmaspezifische Wissen und das Selbstwirksamkeitserleben konnte durch neuentwickelte
Fragebogen erfasst werden. Im Bereich asthmaspezifisches Wissen (Sport, Dauermedikation,
Notfall- und Auslöserwissen) erhielten die Kinder und Jugendlichen für jede richtige
Antwort einen Punkt. Die Patienten konnten hier maximal 26 Punkte erreichen. Zur Erfassung
des Selbstwirksamkeitserlebens schätzten sie anhand einer 5-stufigen Antwortskala
ihre Fertigkeiten ein, das Asthma zu kontrollieren. Der Mittelwert wurde an der Anzahl
der beantworteten Items relativiert und variierte zwischen 1 und 5.
Die Verhaltenskompetenzen (korrekte Anwendung eines Notfallpräparates, atemerleichternde
Stellungen und Lippenbremse) mussten die Patienten den Feldforschern demonstrieren.
Jeder korrekte Schritt in der Durchführung der einzelnen Verhaltensweisen wurde mit
einem Punkt bewertet. Der Summenwert wurde dann wieder durch die Anzahl der Items
geteilt, so dass sich der relativierte Mittelwert zwischen 0 und 1 bewegte.
Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde mit einer deutschen Übersetzung des „Pediatric
Asthma Quality of Life Questionnaire” von Juniper erfasst [9 ]. Der Multidimensionalität der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurde dabei zunächst
mit folgenden 3 Unterteilungen Rechnung getragen: Beeinträchtigung der Aktivitäten,
Emotionen und Beeinträchtigung aufgrund der Symptomatik. Im Bereich Aktivitäten wurden
individuelle Einschränkungen gemessen, wobei die Kinder und Jugendlichen 5 Tätigkeiten
nennen konnten, in denen sie sich besonders durch ihr Asthma beeinträchtigt fühlten.
Statistik
Um die Vergleichbarkeit der Untersuchungsgruppen hinsichtlich soziodemografischer
und ausgewählter krankheitsspezifischer Variablen zu prüfen, wurden Chi2 - bzw. t-Tests für unabhängige Stichproben berechnet. Die Verlaufsdaten wurden varianzanalytisch
ausgewertet, wobei das Signifikanzniveau entsprechend den Konventionen in der psychologischen
Forschung auf 5 % festgelegt war. Da die meisten Parameter multidimensional vorliegen
(z. B. Krankheitsmanagement und Lebensqualität), wurde eine multivariate Varianzanalyse
(MANOVA) mit anschließenden univariaten Tests als Methode der Wahl eingesetzt, um
den Alphafehler möglichst gering zu halten [10 ]. Einer Testung auf Unterschiede im Gesamtkonstrukt folgte dann die Prüfung, ob sich
auch in den einzelnen Bereichen dieses Parameters Veränderungen über die Zeit, Gruppenunterschiede
bzw. wechselseitige Abhängigkeiten zeigten. Weiterhin wurden sowohl für die einzelnen
Messzeitpunkte als auch für die Gruppen Bonforoni korrigierte paarweise Vergleiche
angeschlossen.
Ergebnisse
Ergebnisse
Basisdaten
Von den ursprünglich in die Rehagruppe eingeschlossenen 149 Patienten des Schweregrades
3 und 4 beendeten 140 Patienten die Studie.
In die Vergleichsgruppe waren 46 Patienten des Schweregrades 3 und 4 eingeschlossen
und 42 beendeten die Studie. Es handelte sich dabei nicht um selektive Dropouts. 123
von 149 Patienten der Rehagruppe und 44 von 45 Patienten der Vergleichsgruppe erhielten
bereits vor Beginn der Studie eine Dauermediaktion. Diese Medikation wurde an den
Untersuchungstagen (Lungenfunktion) selbst abgesetzt.
Die Verteilung der soziodemographischen Parameter (Schultyp der Patienten, Familienstand,
Schulbildung und Beschäftigung der Eltern) ist in Tab. [1 ] dargestellt. Es zeigte sich lediglich, dass in der Rehagruppe prozentual mehr Hauptschüler
und Realschüler, dagegen in der Vergleichsgruppe mehr Gymnasiasten vertreten waren
(p = 0,14). Bezüglich Familienstand, Schulbildung und Beschäftigung der Eltern gab
es keine Unterschiede zwischen den Gruppen.
Tab. 1 Soziodemograpische Parameter in der Rehabilitations- und Vergleichsgruppe bei T0
Merkmal
Rehagruppe (n = 149)
Vergleichsgruppe (n = 46)
Sign
Schule der Patienten n (%)
p = ,014*a
Grundschule
33 (22,4 %)
17 (37 %)
Gesamtschule
12 (8,2 %)
6 (13 %)
Hauptschule
46 (31,3 %)
8 (17,4 %)
Realschule
34 (23,1 %)
4 (8,7 %)
Gymnasium
18 (12,2 %)
11 (23,9 %)
Orientierungsstufe/Waldorfschule
4 (2,7 %)
Familienstand der Eltern n (%)
p = ,494a
verheiratet
127 (85,9 %)
39 (84,7 %)
geschieden
15 (10,1 %)
5 (10,9 %)
unverheiratet
4 (2,7 %)
2 (4,3 %)
verwitwet
2 (1,4 %)
1 (2,2 %)
Schulbildung der Eltern n (%)
Vater
Mutter
Vater
Mutter
pv = ,081*a
Hauptschulabschluss
76 (56,7 %)
72 (48,6 %)
17 (37 %)
15 (32,6 %)
pM = ,248a
Mittlere Reife
35 (26,1 %)
53 (35,8 %)
14 (30,4 %)
22 (47,8 %)
Abitur
19 (14,2 %)
20 (13,5 %)
12 (26,1 %)
7 (15,2 %)
kein Abschluss
4 (3 %)
3 (2 %)
3 (6,5 %)
2 (4,3 %)
Beschäftigung der Eltern n (%)
Vater
Mutter
Vater
Mutter
pv = ,734a
vollzeitbeschäftigt
113 (83,7 %)
31 (20,9 %)
37 (82,2 %)
5 (10,9 %)
pM = ,456*a
teilzeitbeschäftigt
2 (1,5 %)
63 (42,6 %)
0,0
23 (50,0 %)
arbeitslos
6 (4,4 %)
2 (1,4 %)
1 (2,2 %)
0,0
nicht berufstätig
5 (3,7 %)
48 (32,4 %)
2 (4,4 %)
18 (39,1 %)
sonstige
9 (6,7 %)
4 (2,8 %)
5 (11,1 %)
0,0
a Analyse mit χ-Quadrat-Test
Lungenfunktionsdaten
Die Bestimmung des FEV1 in der Rehagruppe ergab zu Beginn der Studie (T0) einen Mittelwert von 86,4 % vom
Soll (SEM = 1,4) und in der Vergleichsgruppe von 84,8 % (SEM = 3,6). 12 Monate später
lag der Mittelwert für die Rehagruppe bei 92,8 % (SEM = 1,4) und für die Vergleichsgruppe
bei 87,3 % (SEM = 2,5).
Statistisch ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen für
diesen Parameter. Auch für die FVC und die Peakflow-Werte bestand weder zu Beginn
der Studie noch 12 Monate später ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen
(Tab. [2 ]).
Bei der Ermittlung des MEF50 ergab sich für die Rehagruppe zu Beginn der Studie ein
Mittelwert von 70,0 % (SEM = 2,2) und für die Vergleichsgruppe ein Mittelwert von
70,1 % (SEM = 5,8).
12 Monate später stieg der MEF50-Wert in der Rehagruppe signifikant auf 77,6 % (SEM
= 2,2) an (p < 0,001). Der MEF50-Wert der Vergleichsgruppe nahm im Mittel auf 65,4
% (SEM = 3,3) ab.
Die MEF50-Werte der Rehagruppe unterschieden sich nach 12 Monaten signifikant von
den MEF50-Werten der Vergleichsgruppe (p = 0,007).
Es war somit in der Rehagruppe nach 12 Monaten zu signifikant besseren MEF50-Werten
im Vergleich zur Vergleichsgruppe gekommen (Abb. [1 ]).
Tab. 2 Mittelwerte der Lungenfunktionsparameter FCV, FVC und PEF
Lungenfunktionsparameter
Gruppe
Mittelwert
SEM
T0
T4
T0
T4
FEV1
% Soll
Rehagruppe
86,4
92,8
1,4
1,4
Vergleichsgruppe
84,8
87,4
3,6
2,5
FVC % Soll
Rehagruppe
86,8
93,4
1,2
1,3
Vergleichsgruppe
84,9
89,0
3,0
2,5
PEF % Soll
Rehagruppe
82,7
92,3
1,6
1,5
Vergleichsgruppe
85,3
89,3
4,1
3,2
T0: Studienbeginn; T4: nach 12 Monaten
Abb. 1 MEF 50 in % vom Soll der Reha und Vergleichsgruppe zu T0 und T4 (T0 : RG = 70 %, VG = 70,1 %; T4 : RG = 77,6 %, VG = 65,4 %) * p < 0,001.
Entwicklung der Schulfehltage
Kinder und Jugendliche der Rehagruppe gaben bei Einschluss in die Studie für den Zeitraum
12 Monate vor Studienbeginn im Durchschnitt wesentlich mehr asthmabedingte Schulfehltage
(M = 11,9, Range 0 - 70) an, als Patienten der ambulant behandelten Vergleichsgruppe
(M = 4,0, Range 0 - 50). Über die Messzeitpunkte gemittelt ergab sich ein signifikanter
Gruppenunterschied (F = 9,6; p < 0,01; η2 = 0,051). Für den Zeitraum 12 Monate nach Studieneinschluss konnten die stationär behandelten
Kinder und Jugendlichen die asthmabedingten Schulfehltage reduzieren und dem Niveau
der Vergleichsgruppe annähern. Diese Abnahme der Schulfehltage in der Rehagruppe war
signifikant (F = 7,79; p < 0,01; η2 = 0,042) (Abb. [2 ]).
Abb. 2 Schulfehltage der Reha- und Vergleichsgruppe zu T0 und T4 . * p< 0,01.
Entwicklung der Teilnahme am Schulsport
Bei der Auswertung der Teilnahme am Schulsport gaben die Patienten der Rehagruppe
vor Studienbeginn durchschnittlich 3,5 Stunden pro Woche an; die Vergleichsgruppe
3,8 Stunden. Nach 12 Monaten gaben sowohl Rehagruppe als auch Vergleichsgruppe durchschnittlich
3,5 Wochenstunden Teilnahme am Schulsport an. Somit nahmen die Patienten bereits zu
Beginn der Studie in beiden Gruppen in hohem Maße am Schulsport teil und dies war
durch die Rehabilitation nicht mehr zu steigern.
Krankheitsmanagement
In Bezug auf das Krankheitsmanagement (Wissen, Verhalten, Selbstwirksamkeit) zeigten
die Patienten der Rehagruppe und Vergleichsgruppe in den Bereichen Wissen (Auslöser,
Medikation, Ausübung von Sport etc.) und Verhalten (Lippenbremse, atemerleichternde
Stellungen, Lungendetektiv und Medikamentenapplikation) bei Einschluss in die Studie
nur geringe Kenntnisse. So erreichte die Rehagruppe bei T0 für den Bereich Wissen
einen Mittelwert von 12,6 (SEM = 0,3) von 26 Punkten. Die Vergleichsgruppe hatte bei
T0 einen Mittelwert von 12,2 (SEM = 0,5).
In dem 12-monatigen Beobachtungszeitraum verbesserte sich die Rehagruppe signifikant
(p < 0,01) auf einen Mittelwert von M = 16,0 (SEM = 0,3). Die Ergebnisse des Wissenstests
der Vergleichsgruppe dagegen zeigten nur eine geringfügige, nicht signifikante Änderung
(M = 12,9, SEM = 0,6). Der Unterschied zwischen beiden Gruppen nach 12 Monaten war
signifikant (p < 0,01, s. Abb. [3 ]).
Für den Bereich Verhalten zeigte sich ein ähnlicher Verlauf. Bei Studienbeginn lag
der Verhaltenswert für die Rehagruppe bei M = 0,4 (SEM = 0,02), für die Vergleichsgruppe
bei M = 0,5 (SEM = 0,03). 12 Monate nach Studieneinschluss stieg in der Rehagruppe
der Mittelwert für asthmaspezifisches Verhalten auf M = 0,8 (SEM = 0,01) an. In der
Vergleichsgruppe lag der Wert 12 Monate nach Rehabeginn bei M = 0,6 (SEM = 0,03).
Die Verbesserung im Bereich Verhalten war in der Rehagruppe signifikant (p < 0,01)
und der Unterschied zwischen der Rehagruppe und der Vergleichsgruppe nach 12 Monaten
war ebenfalls signifikant (p < 0,01, s. Abb. [4 ]).
Bei der Erfassung der Selbstwirksamkeit schätzten die Kinder ihre Möglichkeiten, das
Asthma kontrollieren zu können, bereits zu Studienbeginn hoch ein (Rehagruppe M =
3,0, SEM = 0,5; Vergleichsgruppe M = 3,7, SEM = 0,1).
12 Monate nach Beginn der Studie zeigte die Rehagruppe einen Mittelwert von M = 4,0,
SEM = 0,05, die ambulante Vergleichsgruppe dagegen einen Mittelwert von M = 3,8, SEM
= 0,09.
Obwohl die Kinder ihre Möglichkeiten bereits selbst als gut eingeschätzt hatten, konnte
die Rehagruppe im Vergleich zu den ambulant behandelten Patienten ihre Selbstwirksamkeit
noch signifikant steigern (p < 0,01).
Abb. 3 Asthmaspezifisches Wissen der Reha- und Vergleichsgruppe zu T0 und T4 . * p < 0,01.
Abb. 4 Asthmaspezifische Verhaltensfertigkeiten der Reha- und Vergleichsgruppe zu T0 und T4 . * p < 0,01.
Lebensqualität
Schon zu Beginn der Untersuchung berichteten die Patienten beider Untersuchungsgruppen
sowohl im Gesamtwert (Rehagruppe: M = 3,6, SEM = 0,07; Vergleichsgruppe: M = 4,0,
SEM = 0,1) als auch in den einzelnen Bereichen über eine relativ hohe Lebensqualität.
Dennoch nahm bei den ambulant und den stationär behandelten Patienten die gesundheitsbezogene
Lebensqualität über den Zeitraum eines Jahres noch zu (Rehagruppe: M = 4,4, SEM =
0,05; Vergleichsgruppe: M = 4,3, SEM = 0,1). Der größere Zuwachs in der Rehabilitationsgruppe
schlägt sich in der signifikanten Interaktion nieder (F = 16,2; p < 0,01; η2 = 0,104). Lag das Niveau der Rehabilitationsgruppe zum ersten Messzeitpunkt noch unter
dem der Vergleichsgruppe, haben die stationär behandelten Patienten in der Einjahreskatamnese
die Vergleichsgruppe erreicht. Betrachtet man die einzelnen Bereiche der krankheitsspezifischen
Lebensqualität, so findet der größte Zuwachs über die Zeit in den Tätigkeiten statt,
in denen die Patienten zu Beginn die größten Einschränkungen erlebten.
Diskussion
Diskussion
Die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen hat sich in den letzten 15 Jahren
deutlich geändert. Stand der Klimaeffekt vor Jahren bei solchen Maßnahmen noch im
Vordergrund, sind heute neben der Optimierung der medikamentösen Therapie der Sport,
die Physiotherapie, die Patientenschulung und Hilfen zur Krankheitsbewältigung wesentliche
Inhalte solcher Maßnahmen [20 ]. Unterstützend kann sich dabei sicher ein günstiges, z. B. allergenarmes, Klima
auswirken. Der Therapieansatz der stationären Rehabilitation ist interdisziplinär,
ambulant werden heute auch Teile der stationären Reha meist in Form von Schulungsprogrammen
und speziellen Sportmöglichkeiten („Asthmasport”) angeboten. Die Effektivität solcher
ambulanter Maßnahmen wurde bereits mehrfach untersucht und Zielparameter solcher Studien
waren in der Regel Schulversäumnis und Verbesserung des sog. Asthmawissens. Diese
Studien konnten mehrheitlich eine Reduktion der Schulversäumnisse und eine Vermehrung
des „Asthmawissens” nachweisen [6 ]
[7 ]
[14 ]
[15 ]
[24 ].
Solche ambulanten Schulungsangebote decken aber nur Teilbereiche der stationären Rehabilitation
ab und können deshalb für schwerer Betroffene den Inhalt und das Ziel der stationären
Rehabilitation nicht ersetzen.
Trotz verschiedenster ambulanter Angebote wird nicht nur in Deutschland, sondern auch
international z. B. in USA, Frankreich, Belgien, Schweiz, Norwegen, Polen, u. a. eine
stationäre Rehabilitation durchgeführt. Die medizinische Effektivität und auch der
langfristige ökonomische Nutzen für das Gesundheitssystem konnte von Weinstein und
Mitarbeitern aufgezeigt werden [25 ]. Hier kam es durch eine stationäre Rehabilitation bei Kindern mit schwerem Asthma
in einer Beobachtung über 4 Jahre zu einer signifikanten Reduktion der Behandlungskosten
der Patienten in diesem Zeitraum. Eine Übersicht über den positiven Effekt der stationären
Rehabilitation bei chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen im Erwachsenenalter gibt
die Meta-Analyse von Lacasse [11 ]. Ebenfalls für das Erwachsenenalter zeigt Petro [17 ] die Effekte der pneumologischen Rehabilitation auf.
Da für die in Deutschland durchgeführten stationären Rehamaßnahmen im Kindes- und
Jugendalter bisher keine mittel- und langfristigen Ergebnisdaten vorlagen, war es
das Ziel dieser Studie zu prüfen, ob durch eine Rehamaßnahme bei Asthma bronchiale
die Lungenfunktion, das Asthma-Management und psychosoziale Faktoren langfristig gebessert
werden können. Um diese Frage zu beantworten, sollten neben dem Prä-Postvergleich
der Rehagruppe die Ergebnisse auch mit Verlaufsdaten ambulant betreuter Patienten
gleichen Krankheitsschweregrades verglichen werden.
Die Bildung einer „klassischen” randomisierten Kontrollgruppe war aus versicherungsrechtlichen
Gründen - wie vorher dargestellt - nicht möglich. Der zahlenmäßige Unterschied zwischen
Reha- und Vergleichsgruppe ergab sich aus dem Verlauf der Studie. In 116 angesprochenen
Praxen in Nord- und Süddeutschland konnten in dem vorgegebenen Rekrutierungszeitrahmen
nur 46 Patienten mit Asthmaschweregrad 3 und 4 in die Vergleichsgruppe eingeschlossen
werden, die aus Sicht des Hausarztes eine Rehabilitation benötigten, diese jedoch
nicht in Anspruch nahmen.
Ein besonderer Aspekt dieser Studie ist es, dass erstmalig im Bereich der Kinderrehabilitation
die Daten außerhalb der Klinik vor und 12 Monate nach der Reha durch Hausbesuche erhoben
wurden. Durch die Hausbesuche konnte sichergestellt werden, dass die Lungenfunktionsuntersuchung
vor und nach der Reha standardisiert erfolgte und die Fragebogen zur Erfassung der
psychosozialen Parameter von den Patienten selbst, unabhängig von den Eltern, ausgefüllt
wurden. Bei der Auswertung der Lungenfunktionsparameter zeigte sich, dass sich die
Gruppen im FEV1 -Wert, Peakflow und FVC-Wert nicht unterscheiden und in beiden Gruppen im Normbereich
lagen. Hier ist zu berücksichtigen, dass die überwiegende Mehrzahl der Patienten in
beiden Gruppen bereits vor der Reha eine Dauermedikation des Asthma bronchiale erhielt,
die allerdings am Untersuchungstag abgesetzt war.
Bei der Messung des MEF50 lagen beide Gruppen zu Beginn der Studie im Grenzbereich
zu den pathologischen Werten [16 ]. Auffällig ist, dass die MEF50-Werte der Rehagruppe sich über 12 Monate in den Normbereich
hinein stabilisierten. Die Werte der Vergleichsgruppe dagegen verschlechterten sich
noch leicht und lagen nach 12 Monaten im beginnnenden pathologischen Bereich. Dieser
Unterschied zwischen beiden Gruppen im Verlauf war statistisch signifikant.
Da Lungenfunktionsergebnisse zirkadianen Schwankungen unterworfen sind [26 ], wurde darauf geachtet, dass die Messungen zur gleichen Tageszeit durchgeführt wurden.
Da ein Abstand von 12 Monaten zwischen beiden Messungen lag, war auch gewährleistet,
dass die Untersuchung zur gleichen Jahreszeit war und die Messung selbst wurde jeweils
in der Wohnung des Patienten durchgeführt.
Durch diese Daten wird aufgezeigt, dass der FEV1 -Wert zur Einschätzung des Langzeitverlaufes eines Asthma bronchiale alleine nicht
ausreichend ist. Als Messverfahren zur Überwachung eines Asthmatikers sollte deshalb
mindestens immer eine Flussvolumenuntersuchung erfolgen.
Zu diskutieren ist, ob die Verbesserung der MEF50-Werte der Rehagruppe auf eine Verbesserung
der Compliance und Inhalationstechnik, eine konsequentere und intensivere antientzündliche
Therapie und Reduzierung der Allergen- und Schadstoffexposition (z. B. Nikotin) im
häuslichen Milieu zurückzuführen ist.
Alle diese Punkte wurden therapeutisch durch das Rehaverfahren angegangen. Dass dabei
das Asthma-Management der Rehagruppe im Vergleich zur Vergleichsgruppe über den Zeitraum
von 12 Monaten besonders verbessert wurde, zeigen die Ergebnisse des Asthmaverhaltens.
Bei Asthmawissen kam es auch zu einer signifikanten Verbesserung der Rehagruppe. Eine
weitere Verbesserung der 12-Monatsergebnisse erscheint hier jedoch erforderlich und
es ist eine gezielte ambulante Nachschulung in diesem Bereich zu diskutieren.
Überraschend war, dass im Bereich der Teilnahme am Schulsport in beiden Gruppen keine
wesentliche Einschränkung nachweisbar war. So sind heute z. B. in Bayern 4 Stunden
Schulsport die Regel, die von der Mehrzahl der Studienteilnehmer bereits vor Beginn
der Studie fast erreicht wurde. Gegenüber früheren Untersuchungen [12 ]
[13 ] ist hier eine Verbesserung zu verzeichnen, die möglicherweise auf eine insgesamt
verbesserte Asthmabetreuung und eine intensive Öffentlichkeitsarbeit auf diesem Gebiet
in den letzten Jahren zurückzuführen ist.
Deutliche asthmabedingte Fehlzeiten beim Schulbesuch hatten dagegen die Patienten
der Rehagruppe im Vergleich zur ambulanten Gruppe. Die Rehagruppe erreichte hier über
12 Monate eine signifikante Reduzierung der Schulfehltage und Angleichung an die Vergleichsgruppe.
Ebenfalls kam es zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität. Die vor der
Rehabilitation bestehenden Unterschiede zwischen Reha- und Vergleichsgruppe waren
nach 12 Monaten nicht mehr nachweisbar.
Nach diesen Ergebnissen ist davon auszugehen, dass die Patienten, die eine Rehabilitation
in Anspruch nehmen, innerhalb der Asthmatiker vergleichbaren Schweregrades eine besondere
Gruppe mit Einschränkungen im psychosozialen Bereich darstellen. Ihre Prognose ohne
Rehabilitation ist deutlich ungünstiger zu stellen. Umso mehr ist zu betonen, dass
bei ungünstigeren Ausgangsbedingungen (Schulfehltage, Lebensqualität) sich 12 Monate
nach der Rehabilitation die Unterschiede ausgleichen und die Prognose aufgrund der
Lungenfunktion für die Rehagruppe sogar günstiger ausfällt. Danach lässt sich hoffen,
dass Patienten mit Asthma bronchiale und einer primär ungünstigeren medizinischen
Prognose durch die Rehabilitation der Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter problemloser
gelingt.