Was ist das Schwerste von allem?
Was dir das Leichteste dünket:
Mit den Augen zu sehen,
Was vor den Augen dir liegt.
GOETHE
Diese Verse stellte Walter Sandritter seinem Lehrbuch und Atlas der Histopathologie
voran. Viele Generationen von Medizinstudenten werden sich noch an Sandritters Histopathologie
und Makropathologie erinnern, die das Bild, den optischen Eindruck, in den Vordergrund
der „Belehrung” rückten. Der Verfasser dieses Editorials hatte persönlich das Glück,
als Medizinstudent in Kursen und Vorlesungen und später als wissenschaftlicher Assistent
im Sektionssaal des Pathologischen Instituts „Ludwig Aschoff-Haus” der Universität
Freiburg das didaktische Geschick Sandritters erleben zu dürfen.
Bewusstes Sehen, die richtige Interpretation des Geschehenen und schließlich die Zusammenfassung
der optischen Eindrücke zu einer „Synopsis” sind wichtige Voraussetzungen für erfolgreiches
ärztliches Diagnostizieren. Um klinische Blickdiagnosen stellen zu können, muss man
vorher wissen, wonach man Ausschau halten soll. Mit den Augen erkennen wir besondere
klinische Merkmale des Patienten, betrachten Röntgen- und CT-Bilder, schauen durchs
Bronchoskop und auf den Operationssitus, blicken ins Mikroskop, auf Hauttestergebnisse,
Schlaflaborkurven und Resistanceschleifen - pneumologische Blickdiagnosen sind also
in vielen Bereichen möglich.
In der neuen Rubrik ,,Pneumologische Blickdiagnose" (siehe Seite 369) steht das Bild
im Mittelpunkt. Der Begleittext soll in knapper Form Anamnese, Befunde und Verlauf
schildern, Kernaussagen zum dargestellten Krankheitsbild treffen und daraus resultierende
Schlussfolgerungen erläutern. Der Umfang sollte eine Druckseite nicht überschreiten
(2 - 3 Abbildungen und maximal 1 Manuskriptseite Text). Ich möchte an dieser Stelle
dazu einladen, derartige Beiträge als „Blickdiagnosen” einzureichen. Lehren wir uns
gegenseitig das Schwerste von allem: „Mit den Augen zu sehen, was vor den Augen uns
liegt.”
Ulrich Costabel, Essen