Aktuelle Dermatologie 2001; 27(12): 417-419
DOI: 10.1055/s-2001-19628
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Morbus Mondor

Mondor's DiseaseG.  Wagner1
  • 1Hautklinik Zentralkrankenhaus Bremerhaven (Chefarzt: Dr. G. Wagner)
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Dr. G. Wagner

Hautklinik · Zentralkrankenhaus Reinkenheide

Postbrookstraße 103 · 27574 Bremerhaven

Publication History

Publication Date:
18 January 2002 (online)

Table of Contents

Zusammenfassung

Bei einer 37-jährigen Patientin kam es drei Jahre nach der Therapie eines lymphogen metastasierten Mammakarzinoms zur Entwicklung einer strangförmigen Resistenz am ventralen Thorax, die klinisch und histopathologisch als Morbus Mondor eingeordnet werden konnte. Die Ätiologie dieser oberflächlichen Thrombophlebitis bleibt in der Regel ungeklärt. Hinweise für ein Rezidiv des Mammakarzinoms fanden sich bei der hier vorgestellten Patientin nicht.

Abstract

Three years after therapy of a lymphogenically metastasizing breast carcinoma a 37-year-old female patient developed a streak-like cutaneous induration on the ventral thorax. This lesion was clinically diagnosed as Mondor's disease and the diagnosis subsequently confirmed by histopathology. The etiology of this superficially located thrombophlebitis remains unresolved in most instances. There was no evidence of a recurrence of the breast carcinoma in this patient.

Einleitung

Der Morbus Mondor, benannt nach dem französischen Chirurgen Henri Mondor, ist eine strangförmige oberflächliche Phlebitis, die am häufigsten dem anatomischen Verlauf der V. thoraco-epigastrica, der V. thoracica lateralis oder der V. epigastrica superior folgend im Bereich der medialen oder lateralen Thoraxwand sowie abdominal bis zur Regio umbilicalis zu finden ist [1]. Der typische klinische Befund des Morbus Mondor ist eine stricknadelförmige oder kabelartige, derbe, gut abgrenzbare und verschiebliche Resistenz, die üblicherweise ohne sichtbare kutane Zeichen nur durch Palpation erfassbar ist [2]. Da die klassischen Entzündungszeichen einer Phlebitis fehlen oder nur gering ausgebildet sind, ist der Morbus Mondor häufig ein Zufallsbefund, der bei tiefer Inspiration oder bei Elevation der Arme bemerkt wird. Die Ätiologie und die Pathogenese der Erkrankung sind bis heute nicht geklärt. Diskutiert werden operative und nichtoperative Traumen, Infektionen, Hormontherapien und muskuläre Überanstrengungen meist infolge sportlicher oder beruflicher Aktivitäten [2]. Unterschiedliche therapeutische Maßnahmen, z. B. die Verordnung von Antiphlogistika, Antibiotika und Antikoagulanzien, haben keinen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung gezeigt [3] [4]. In der Regel kommt es spontan innerhalb einiger Wochen zur kompletten Rückbildung des klinischen Befundes.

Kasuistik

Pat.: K. K., 37 Jahre, Hausfrau

Anamnese

1998 wurde bei der Patientin die Diagnose eines tubulären Mammakarzinoms links gestellt. Nach brusterhaltender Operation und gleichzeitiger Entfernung axillärer Lymphknotenmetastasen waren eine adjuvante Chemotherapie sowie eine prophylaktische Radiatio durchgeführt worden. Die anschließende Überwachung der Patientin ergab in den folgenden Jahren keinen Hinweis für ein Rezidiv des Mammakarzinoms. Ohne ersichtlichen Grund und ohne vorausgehende Symptomatik bemerkte die Patientin im April 2001 eine strangförmige Verhärtung unterhalb der linken Brust. Die Vorstellung in der Klinik erfolgte unter der Verdachtsdiagnose einer nun möglicherweise doch aufgetretenen lymphogenen Metastasierung.

Dermatologischer Befund

Bei unauffälligem Inspektionsbefund der Haut fand sich submammär links eine in der Tiefe tastbare, stricknadelartige, insgesamt etwa 20 cm lange, gut abgrenzbare und verschiebliche, derbe Resistenz. Die Endpunkte konnten palpatorisch nicht abgegrenzt werden. Vielmehr ergab sich hier der Eindruck einer unscharfen Auflösung der Resistenz im umgebenden Gewebe. Durch Anspannung der Haut bipolar über dem Befund konnte die strangförmige Resistenz sichtbar gemacht werden (Abb. [1]).

Zoom

Abb. 1 Morbus Mondor submammär li.

Befunde diagnostischer Untersuchungen

Histopathologischer Befund: Bei unauffälligem Befund der Epidermis und unauffälliger Kutis fand sich im Bereich des subkutanen Fettgewebes eine ausgeprägte manschettenförmige perivenöse Fibrose ohne floride Entzündungsinfiltrate sowie eine partiell vorhandene, bindegewebig organisierte Obliteration des Gefäßlumens.

Diagnose: Narbiges Residualstadium einer abgelaufenen Thrombophlebitis.

Ergänzende Untersuchungen

Bei der gynäkologischen Konsiliaruntersuchung ergaben sich klinisch keine pathologischen Befunde. In der Sonographie der Mamma und der Achselregion fanden sich ebenfalls keine suspekten Befunde. Auch die Mammographie und die Knochenszintigraphie waren unauffällig.

Therapie und Verlauf

Auf eine Behandlung wurde verzichtet. Bei einer Wiedervorstellung der Patientin nach 3 Monaten war der ursprüngliche Palpationsbefund nicht mehr nachweisbar.

Diskussion

Innerhalb der Gruppe der oberflächlichen strangförmigen Phlebitiden ist der Morbus Mondor definitionsgemäß am lateralen oder ventralen Thorax sowie im Bereich des vorderen Abdomens lokalisiert. Bei den anatomisch zuzuordnenden Gefäßen handelt es sich am häufigsten um die V. thoraco-epigastrica, die V. thoracica lateralis und die V. epigastrica superior bzw. deren Äste [2] [4] [5]. Die histopathologischen Veränderungen des Morbus Mondor entsprechen einer Endophlebitis mit unterschiedlich ausgeprägter Obliteration des Gefäßlumens in Verbindung mit einer perivaskulären Bindegewebsproliferation. Lymphozytäre Infiltrate sowie Erythrozyten- und Pigmentablagerungen zählen hingegen nicht zu den typischen Zeichen des Morbus Mondor [4]. Im Allgemeinen erkranken Erwachsene zwischen dem 3. und 6. Lebensjahrzehnt, wobei Frauen mit etwa 75 % deutlich häufiger betroffen sind als Männer [2] [3]. Der Morbus Mondor wird mehrheitlich als seltene Erkrankung angesehen. Allerdings fanden Bartolo et al. bis 1993 über 500 publizierte Fälle, wobei die Autoren selbst zusätzlich 22 Patienten beobachten konnten [5]. Da bei Kenntnis des Krankheitsbildes die Diagnose in der Regel häufiger gestellt wird, ist der Morbus Mondor möglicherweise nicht so selten wie vermutet [2] [6]. Klinisch manifestiert sich der Morbus Mondor in Form einer derben, maximal 30-40 cm langen, in der Subkutis lokalisierten, stricknadelförmigen Resistenz. Seltener werden mehrere parallel angeordnete, topographisch bilateral getrennte oder auch verzweigt auftretende Strangbildungen beobachtet [1] [2] [7] [8]. Morphologische Veränderungen der Hautoberfläche, wie man sie z. B. bei Thrombophlebitiden der unteren Extremitäten erwartet, gehören nicht zum typischen klinischen Bild des Morbus Mondor. Nur gelegentlich sind diskrete Erytheme, postinflammatorische Hyperpigmentierungen oder rinnenförmige Einsenkungen beschrieben worden [1] [2]. Auch die subjektive Symptomatik einer Thrombophlebitis ist gering ausgeprägt oder fehlt vollständig, wobei Spannungsgefühle oder leichte Schmerzen bei Inspiration oder Bewegung der Arme von den betroffenen Patienten noch am häufigsten angegeben werden [2] [5]. Komplikationen wie z. B. nekrotisierende Verläufe oder Embolien sind beim Morbus Mondor nicht bekannt geworden. Die Ätiologie des Morbus Mondor konnte bis heute nicht geklärt werden. In einzelnen Fällen wurden akzidentelle Traumen, operative Eingriffe, Infektionen, hormonelle Behandlungen oder muskuläre Überanstrengungen als auslösende Ursachen angeschuldigt [2] [5]. Wenige Tage oder Wochen zurückliegende operative Eingriffe an der Mamma sind dabei von einigen Autoren noch am häufigsten als Ursache angesehen worden [6] [8]. In vielen Fällen ließen sich hingegen keine auslösenden Faktoren erkennen, so dass offensichtlich auch von einer spontanen Entstehung des Morbus Mondor ausgegangen werden muss [1] [9]. Aufgrund der engen topographischen Beziehung des Morbus Mondor zur Mamma wird bei dessen Auftreten nicht selten ein malignes Geschehen vermutet, wie dies auch bei unserer Patientin der Fall gewesen ist. In der Literatur finden sich jedoch nur selten Kasuistiken über die Entstehung eines Morbus Mondor postoperativ nach bereits erfolgter chirurgischer Sanierung eines Mammakarzinoms [10]. Eine weitere Rarität ist ein Bericht von Vieta und Heymann. Die Autoren beobachteten eine Patientin, bei der ein Morbus Mondor präoperativ im Zusammenhang mit einem weit fortgeschrittenen Mammakarzinom aufgetreten war, so dass der nachfolgende operative Eingriff hier nicht als Ursache des Morbus Mondor angesehen werden konnte [11]. Bei einem anamnestisch bekannten Mammakarzinom sollte bei einem neu aufgetretenen Morbus Mondor allerdings in jedem Fall eine lokale Metastasierung ausgeschlossen werden. Die verschiedenen Behandlungsversuche des Morbus Mondor haben zu keinem überzeugenden Ergebnis geführt. Dies gilt insbesondere für die Verordnung von Antiphlogistika, Antibiotika und Antikoagulanzien [3] [4]. Im Allgemeinen wird deshalb heute auf eine Behandlung verzichtet, zumal erfahrungsgemäß auch mit einer spontanen Rückbildung des Morbus Mondor innerhalb weniger Wochen oder Monate gerechnet werden kann [2].

Literatur

Dr. G. Wagner

Hautklinik · Zentralkrankenhaus Reinkenheide

Postbrookstraße 103 · 27574 Bremerhaven

Literatur

Dr. G. Wagner

Hautklinik · Zentralkrankenhaus Reinkenheide

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Abb. 1 Morbus Mondor submammär li.