Einleitung
Der Morbus Mondor, benannt nach dem französischen Chirurgen Henri Mondor, ist eine
strangförmige oberflächliche Phlebitis, die am häufigsten dem anatomischen Verlauf
der V. thoraco-epigastrica, der V. thoracica lateralis oder der V. epigastrica superior
folgend im Bereich der medialen oder lateralen Thoraxwand sowie abdominal bis zur
Regio umbilicalis zu finden ist [1]. Der typische klinische Befund des Morbus Mondor ist eine stricknadelförmige oder
kabelartige, derbe, gut abgrenzbare und verschiebliche Resistenz, die üblicherweise
ohne sichtbare kutane Zeichen nur durch Palpation erfassbar ist [2]. Da die klassischen Entzündungszeichen einer Phlebitis fehlen oder nur gering ausgebildet
sind, ist der Morbus Mondor häufig ein Zufallsbefund, der bei tiefer Inspiration oder
bei Elevation der Arme bemerkt wird. Die Ätiologie und die Pathogenese der Erkrankung
sind bis heute nicht geklärt. Diskutiert werden operative und nichtoperative Traumen,
Infektionen, Hormontherapien und muskuläre Überanstrengungen meist infolge sportlicher
oder beruflicher Aktivitäten [2]. Unterschiedliche therapeutische Maßnahmen, z. B. die Verordnung von Antiphlogistika,
Antibiotika und Antikoagulanzien, haben keinen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung
gezeigt [3]
[4]. In der Regel kommt es spontan innerhalb einiger Wochen zur kompletten Rückbildung
des klinischen Befundes.
Kasuistik
Pat.: K. K., 37 Jahre, Hausfrau
Anamnese
1998 wurde bei der Patientin die Diagnose eines tubulären Mammakarzinoms links gestellt.
Nach brusterhaltender Operation und gleichzeitiger Entfernung axillärer Lymphknotenmetastasen
waren eine adjuvante Chemotherapie sowie eine prophylaktische Radiatio durchgeführt
worden. Die anschließende Überwachung der Patientin ergab in den folgenden Jahren
keinen Hinweis für ein Rezidiv des Mammakarzinoms. Ohne ersichtlichen Grund und ohne
vorausgehende Symptomatik bemerkte die Patientin im April 2001 eine strangförmige
Verhärtung unterhalb der linken Brust. Die Vorstellung in der Klinik erfolgte unter
der Verdachtsdiagnose einer nun möglicherweise doch aufgetretenen lymphogenen Metastasierung.
Dermatologischer Befund
Bei unauffälligem Inspektionsbefund der Haut fand sich submammär links eine in der
Tiefe tastbare, stricknadelartige, insgesamt etwa 20 cm lange, gut abgrenzbare und
verschiebliche, derbe Resistenz. Die Endpunkte konnten palpatorisch nicht abgegrenzt
werden. Vielmehr ergab sich hier der Eindruck einer unscharfen Auflösung der Resistenz
im umgebenden Gewebe. Durch Anspannung der Haut bipolar über dem Befund konnte die
strangförmige Resistenz sichtbar gemacht werden (Abb. [1]).
Abb. 1 Morbus Mondor submammär li.
Befunde diagnostischer Untersuchungen
Histopathologischer Befund: Bei unauffälligem Befund der Epidermis und unauffälliger
Kutis fand sich im Bereich des subkutanen Fettgewebes eine ausgeprägte manschettenförmige
perivenöse Fibrose ohne floride Entzündungsinfiltrate sowie eine partiell vorhandene,
bindegewebig organisierte Obliteration des Gefäßlumens.
Diagnose: Narbiges Residualstadium einer abgelaufenen Thrombophlebitis.
Ergänzende Untersuchungen
Bei der gynäkologischen Konsiliaruntersuchung ergaben sich klinisch keine pathologischen
Befunde. In der Sonographie der Mamma und der Achselregion fanden sich ebenfalls keine
suspekten Befunde. Auch die Mammographie und die Knochenszintigraphie waren unauffällig.
Therapie und Verlauf
Auf eine Behandlung wurde verzichtet. Bei einer Wiedervorstellung der Patientin nach
3 Monaten war der ursprüngliche Palpationsbefund nicht mehr nachweisbar.
Diskussion
Innerhalb der Gruppe der oberflächlichen strangförmigen Phlebitiden ist der Morbus
Mondor definitionsgemäß am lateralen oder ventralen Thorax sowie im Bereich des vorderen
Abdomens lokalisiert. Bei den anatomisch zuzuordnenden Gefäßen handelt es sich am
häufigsten um die V. thoraco-epigastrica, die V. thoracica lateralis und die V. epigastrica
superior bzw. deren Äste [2]
[4]
[5]. Die histopathologischen Veränderungen des Morbus Mondor entsprechen einer Endophlebitis
mit unterschiedlich ausgeprägter Obliteration des Gefäßlumens in Verbindung mit einer
perivaskulären Bindegewebsproliferation. Lymphozytäre Infiltrate sowie Erythrozyten-
und Pigmentablagerungen zählen hingegen nicht zu den typischen Zeichen des Morbus
Mondor [4]. Im Allgemeinen erkranken Erwachsene zwischen dem 3. und 6. Lebensjahrzehnt, wobei
Frauen mit etwa 75 % deutlich häufiger betroffen sind als Männer [2]
[3]. Der Morbus Mondor wird mehrheitlich als seltene Erkrankung angesehen. Allerdings
fanden Bartolo et al. bis 1993 über 500 publizierte Fälle, wobei die Autoren selbst
zusätzlich 22 Patienten beobachten konnten [5]. Da bei Kenntnis des Krankheitsbildes die Diagnose in der Regel häufiger gestellt
wird, ist der Morbus Mondor möglicherweise nicht so selten wie vermutet [2]
[6]. Klinisch manifestiert sich der Morbus Mondor in Form einer derben, maximal 30-40
cm langen, in der Subkutis lokalisierten, stricknadelförmigen Resistenz. Seltener
werden mehrere parallel angeordnete, topographisch bilateral getrennte oder auch verzweigt
auftretende Strangbildungen beobachtet [1]
[2]
[7]
[8]. Morphologische Veränderungen der Hautoberfläche, wie man sie z. B. bei Thrombophlebitiden
der unteren Extremitäten erwartet, gehören nicht zum typischen klinischen Bild des
Morbus Mondor. Nur gelegentlich sind diskrete Erytheme, postinflammatorische Hyperpigmentierungen
oder rinnenförmige Einsenkungen beschrieben worden [1]
[2]. Auch die subjektive Symptomatik einer Thrombophlebitis ist gering ausgeprägt oder
fehlt vollständig, wobei Spannungsgefühle oder leichte Schmerzen bei Inspiration oder
Bewegung der Arme von den betroffenen Patienten noch am häufigsten angegeben werden
[2]
[5]. Komplikationen wie z. B. nekrotisierende Verläufe oder Embolien sind beim Morbus
Mondor nicht bekannt geworden. Die Ätiologie des Morbus Mondor konnte bis heute nicht
geklärt werden. In einzelnen Fällen wurden akzidentelle Traumen, operative Eingriffe,
Infektionen, hormonelle Behandlungen oder muskuläre Überanstrengungen als auslösende
Ursachen angeschuldigt [2]
[5]. Wenige Tage oder Wochen zurückliegende operative Eingriffe an der Mamma sind dabei
von einigen Autoren noch am häufigsten als Ursache angesehen worden [6]
[8]. In vielen Fällen ließen sich hingegen keine auslösenden Faktoren erkennen, so dass
offensichtlich auch von einer spontanen Entstehung des Morbus Mondor ausgegangen werden
muss [1]
[9]. Aufgrund der engen topographischen Beziehung des Morbus Mondor zur Mamma wird bei
dessen Auftreten nicht selten ein malignes Geschehen vermutet, wie dies auch bei unserer
Patientin der Fall gewesen ist. In der Literatur finden sich jedoch nur selten Kasuistiken
über die Entstehung eines Morbus Mondor postoperativ nach bereits erfolgter chirurgischer
Sanierung eines Mammakarzinoms [10]. Eine weitere Rarität ist ein Bericht von Vieta und Heymann. Die Autoren beobachteten
eine Patientin, bei der ein Morbus Mondor präoperativ im Zusammenhang mit einem weit
fortgeschrittenen Mammakarzinom aufgetreten war, so dass der nachfolgende operative
Eingriff hier nicht als Ursache des Morbus Mondor angesehen werden konnte [11]. Bei einem anamnestisch bekannten Mammakarzinom sollte bei einem neu aufgetretenen
Morbus Mondor allerdings in jedem Fall eine lokale Metastasierung ausgeschlossen werden.
Die verschiedenen Behandlungsversuche des Morbus Mondor haben zu keinem überzeugenden
Ergebnis geführt. Dies gilt insbesondere für die Verordnung von Antiphlogistika, Antibiotika
und Antikoagulanzien [3]
[4]. Im Allgemeinen wird deshalb heute auf eine Behandlung verzichtet, zumal erfahrungsgemäß
auch mit einer spontanen Rückbildung des Morbus Mondor innerhalb weniger Wochen oder
Monate gerechnet werden kann [2].