Aktuelle Dermatologie 2001; 27(11): 364-367
DOI: 10.1055/s-2001-19125
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Tyrosinase-mRNA in verschiedenen Kompartimenten als Tumormarker des malignen Melanoms

Tyrosinase mRNA in Different Compartments and its Role as Tumor Marker in MelanomaV.  Waldmann1
  • 1Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (Direktor: Prof. Dr. M. von Rad), Hautklinik der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. D. Petzoldt)
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Dr. med. V. Waldmann

Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Medizinische Psychologie · Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München

Langerstraße 3 · 81664 München

eMail: v.waldmann@lrz.tu-muenchen.de

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. Dezember 2001 (online)

Inhaltsübersicht #

Zusammenfassung

Der valide, prospektive Nachweis einer Tumorzellaussaat zum Zeitpunkt der Primärexzision ist bisher bei Patienten mit malignem Melanom nicht möglich. Tyrosinase ist ein Enzym der Melanogenese, dessen Expression durch RT-PCR bestimmt werden kann. Untersuchungen im Blut erbrachten jedoch selbst bei Patienten mit manifesten Fernmetastasen in neueren Publikationen nur bei einem Teil der Patienten positive Werte. Es stellte sich die Frage, ob durch Bestimmung in anderen Kompartimenten zum Zeitpunkt des Eintritts ins klinische Stadium der Fernmetastasierung vor Beginn einer systemischen Therapie die Prävalenz positiver Werte gesteigert werden kann. Durch die zusätzliche Bestimmung von Tyrosinase-mRNA im Knochenmark ließ sich die, durch Bestimmung im Blut erzielte Prävalenz jedoch nur unwesentlich steigern. Auch im Hinblick auf die mittlere Überlebenszeit unterschieden sich die positiven Patienten mit metastasiertem Melanom nicht von den Patienten mit metastasiertem Melanom, bei denen kein Nachweis in Blut oder Knochenmark möglich war. In dieser Konstellation kommt der Detektion von Tyrosinase-mRNA durch RT-PCR keine Rolle als Tumormarker zu.

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Abstract

Up to now it is not possible to detect prospectively tumor cell dissemination at the time point of primary excision of malignant melanoma. Tyrosinase is an enzyme of melanogenesis, whose expression can be analyzed by RT-PCR. Its application to the analysis of blood samples of patients with advanced metastasized melanoma resulted in recent publications in only a subgroup of positively examined patients. The hypothesis was advanced that the detection of tyrosinase mRNA may be more sensitive when carried out in other compartments at the time point of first diagnosis of distant metastases. However, the additional analysis of tyrosinase mRNA in bone marrow did not significantly exceed the prevalence of tyrosinase mRNA in blood alone. A positive RT-PCR result did not have an impact on the prognostic outcome in form of the survival time after clinical diagnosis of distant metastases. This leads to the conclusion that for patients with advanced melanoma, detection of tyrosinase mRNA in blood or bone marrow can not be seen as tumor marker with prognostic significance.

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Einleitung

Die Prognose von Patienten, die an fernmetastasiertem malignen Melanom erkrankt sind, ist nach wie vor schlecht: Trotz verbesserter diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten ist die mittlere Überlebenszeit von 5 bis 7 Monaten nach Diagnosestellung in den letzten 20 Jahren praktisch unverändert geblieben [1]. Bei Melanomen mit hohem Metastasierungsrisiko wird daher intensiv in einer Reihe von verschiedenen Therapiestudien der Nutzen adjuvanter Maßnahmen geprüft [2]. Andererseits sind diese Therapien nebenwirkungsreich, teuer und zum Teil belastend für betroffene Patienten. In dieser Situation kommt der Früherkennung der Erkrankungsprogression, erstrebenswerterweise bereits im Stadium der Mikrometastasierung, entscheidende Bedeutung zu. Während bei verschiedenen Tumorentitäten die klinische Relevanz von Tumormarkerkontrollen gezeigt wurde, waren die bisher vorliegenden Ergebnisse beim malignen Melanom nicht ermutigend [3]. Die Detektion von Tyrosinase-mRNA und damit von disseminierten melanozytären Zellen im Blut von Patienten nach Exzision des Primärmelanoms wurde 1991 als möglicher Indikator für eine stattgehabte, klinisch noch inapparente Mikrometastasierung vorgeschlagen [4]. Tyrosinase ist ein essenzielles Enzym in der Melaninbiosynthese und ist spezifisch für Zellen melanozytärer Differenzierung, welche normalerweise nicht im Blut oder Knochenmark vorkommen [5]. Der Nachweis von Tyrosinase-mRNA im Blut von Melanompatienten mittels reverser Transkription und anschließender PCR wurde in der Folge in mehreren Studien untersucht [6]. Die hierbei publizierten Prävalenzen positiver Tyrosinasewerte waren heterogen [6] [7] [8]. Andererseits wäre zu erwarten, dass bei Patienten mit Fernmetastasen eine hämatogene Aussaat notwendigerweise stattgefunden hat und infolgedessen auch ein Nachweis von disseminierten Tumorzellen zumindest zeitweise möglich sein sollte.

Bei verschiedenen epithelialen menschlichen Tumoren konnte gezeigt werden, dass das Knochenmark ein wesentliches Reservoir für disseminierte Tumorzellen darstellt [9]. Es stellte sich die Frage, ob dies auch für das maligne Melanom zutrifft und ob sich durch Untersuchung des Knochenmarks der Anteil tyrosinasepositiver Patienten im Stadium der Fernmetastasierung steigern lässt.

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Patienten und Methodik

Für die hier zusammenfassend dargestellten Untersuchungen [10] [11] [12] wurden 20 Patienten mit metastasiertem Melanom ausgewählt. Es handelte sich um 14 aufeinander folgende Patienten der Universitätshautklinik Heidelberg, bei denen erstmalig eine Fernmetastasierung in viszerale Organe im Rahmen der Nachsorge diagnostiziert wurde. Eine weitere Patientin hatte ausgedehnte lokoregionäre und Hautmetastasen. Zusätzlich wurden 5 Patienten, die sich bereits in Behandlung wegen viszeraler Melanommetastasen befanden, in die Studien eingeschlossen. Alle Blut- und Knochenmarkproben wurden im gleichen Zeitintervall, etwa zwischen 9.00 und 10.00 Uhr vormittags entnommen; die Knochenmarkproben wurden mikroskopisch untersucht. Die mononukleäre Zellfraktion wurde mittels Dichte-Gradienten isoliert, die anschließend isolierte Gesamt-RNA durch reverse Transkription in cDNA transkribiert und durch direkt folgende PCR unter Verwendung spezifischer, in der Literatur beschriebener Oligonukleotide amplifiziert [13]. Die spezifischen Amplifikationsprodukte wurden auf Agarosegelen visualisiert. Die Integrität der verwendeten RNA wurde durch parallele reverse Transkription und PCR des humanen beta-Aktin-Gens überprüft. Für die Extrapolation der Sensitivität der beschriebenen Methodik wurde als Positivkontrolle eine Melanomzelllinie verwendet, deren Zellen Tyrosinase exprimieren. Durch Verdünnung unterschiedlicher, definierter Mengen dieser Melanomzellen in gesunden Blutproben und anschließende RNA-Extraktion und RT-PCR wurde eine Nachweisgrenze von 10 oder mehr Melanomzellen je 10 ml Blut ermittelt. Als Negativkontrollen beinhalteten die Amplifikationen und Gelelektrophoresen komplette RT-PCR-Ansätze ohne Nukleinsäuren [10].

Für alle 20 untersuchten Patienten wurde die Lokalisation von Metastasen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose einer metastasierten Melanomerkrankung bestimmt. Ebenso wurde die Überlebenszeit ab dem Eintritt ins klinische Stadium der Fernmetastasierung ermittelt. Die Ergebnisse wurden für die Gruppen der tyrosinasepositiven mit den tyrosinasenegativen Patienten verglichen [11].

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Ergebnisse

Von den 20 untersuchten Melanompatienten mit ausgeprägter klinischer Metastasierung konnte bei 12 Patienten durch reverse Transkription von RNA und darauffolgende Amplifikation der Tyrosinase-cDNA weder im Blut noch im Knochenmark Tyrosinase-mRNA nachgewiesen werden. Von den 15 Patienten, die bis zum Zeitpunkt der Untersuchung keine systemische Chemo- oder Immuntherapie erhalten hatten, war bei 9 Patienten Tyrosinase-mRNA in Blut und Knochenmark nicht nachweisbar. Bei dieser Patientengruppe kann eine Knochenmarksdepletion ausgeschlossen werden; die mikroskopische Untersuchung von H- und E-gefärbten Knochenmarksausstrichen zeigte das Vorliegen von zellreichem Knochenmark. Wir untersuchten auch 5 bereits chemo- bzw. chemo-/immuntherapierte Patienten im Stadium der Fernmetastasierung. Bei diesen Patienten schien der Anteil der tyrosinasepositiven Patienten (2 von 5) im Vergleich zur Gruppe der noch unbehandelten Patienten (6 von 15) nicht verändert zu sein. Von den 8 Patienten, bei denen Tyrosinase-mRNA nachweisbar war, stimmten die Ergebnisse in Blut und Knochenmark in 6 Patienten überein, jeweils einmal war Tyrosinase-mRNA nur in Blut bzw. nur in Knochenmark nachweisbar [10].

Beim Vergleich der Metastasenlokalisation der 12 tyrosinasenegativen Patienten mit der Gruppe der 8 tyrosinasepositiven Patienten zeigen sich keine größeren Unterschiede. Allerdings sind hier die Fallzahlen zu gering für statistisch signifikante Aussagen [11].

In der Gruppe aller 20 Patienten, in der Gruppe der 19 Patienten im Stadium der viszeralen Fernmetastasierung (Stadium IV) und in der Gruppe der 15 Patienten im Stadium IV unter Ausschluss der Schleim- und Aderhautmelanome ergibt sich für die tyrosinasenegativen Patienten eine mittlere Überlebenszeit zwischen 9,9 und 11,5 Monaten (Mediane 9,0) nach Eintritt ins Stadium IV. Das mittlere Überleben für die tyrosinasepositiven Patienten liegt zwischen 11,0 und 11,4 Monaten (Mediane 9,0 bis 10,0) [11]. Hieraus kann geschlossen werden, dass 8 Patienten mit metastasiertem Melanom und nachweisbarer Tyrosinase-mRNA in Blut oder Knochenmark keine kürzere Überlebenszeit und damit keine schlechtere Prognose aufwiesen als 12 Patienten ohne detektierbare Mikrometastasierung.

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Diskussion

12 der 20 untersuchten Patienten mit ausgedehnter Metastasierung waren in Blut und Knochenmark tyrosinasenegativ. 2 Patienten mit metastasiertem Aderhautmelanom waren in Blut und Knochenmark negativ für Tyrosinase-mRNA. Aufgrund der niedrigen Patientenanzahl erscheint eine statistische Auswertung nicht sinnvoll; trotzdem kann aus den vorliegenden Daten erstmalig gefolgert werden, dass die Prävalenz von Tyrosinase-mRNA im Knochenmark jene im Blut von Patienten mit metastasiertem Melanom nicht übersteigt. Hieraus ergibt sich, dass die zusätzliche Bestimmung von Tyrosinase-mRNA im Knochenmark keinen Vorteil bietet im Vergleich zur Bestimmung allein im Blut und dass sich mit dieser zusätzlichen Bestimmung im Knochenmark keine erhöhte Sensitivität des Tyrosinase-mRNA-Nachweises erzielen lässt. Da die untersuchten Patienten sämtlich eine ausgesprochen hohe Tumorlast aufwiesen (15 Patienten befanden sich in der Progression zum erstmals klinisch apparenten Stadium der Fernmetastasierung), wir andererseits aber nur in 40 % der Patienten Tyrosinase-mRNA in Blut oder Knochenmark nachweisen konnten, spricht dies für eine lediglich begrenzte Aussagekraft der Tyrosinase-mRNA-Bestimmung als Marker für eine (Mikro-)Metastasierung beim Melanom. Ob eine durchgeführte Chemotherapie und die dadurch induzierte Knochenmarkssuppression einen Einfluss auf die Prävalenz von Tyrosinase-mRNA zeigt, kann aus den Daten unserer untersuchten Patienten nicht gefolgert werden, allerdings unterschieden sich 5 Patienten mit durchgemachter Chemotherapie hinsichtlich der Prävalenz von Tyrosinase-mRNA in Blut und Knochenmark nicht von den restlichen 15 Patienten vor Therapie der neu aufgetretenen Fernmetastasen.

In der Gruppe aller 20 Patienten, in der Gruppe der 19 Patienten im Stadium der viszeralen Fernmetastasierung (Stadium IV) und in der Gruppe der 15 Patienten im Stadium IV unter Ausschluss der Schleim- und Aderhautmelanome ergibt sich für die tyrosinasenegativen Patienten eine mittlere Überlebenszeit zwischen 9,9 und 11,5 Monaten nach Eintritt ins Stadium IV. Das mittlere Überleben für die tyrosinasepositiven Patienten liegt zwischen 11,0 und 11,4 Monaten. 8 Patienten mit metastasiertem Melanom und nachweisbarer Tyrosinase-mRNA in Blut oder Knochenmark haben demnach keine kürzere Überlebenszeit und damit keine schlechtere Prognose als 12 Patienten ohne, mittels RT-PCR für Tyrosinase-mRNA detektierte Mikrometastasierung. Da der Nachweis von Tyrosinase-mRNA also kein Prädiktor für eine kürzere Überlebenszeit im Stadium der Fernmetastasierung ist, und auch die Metastasenlokalisation keinen Einfluss auf die Prävalenz der Tyrosinase-mRNA-Positivität zu haben scheint, spricht dies gegen eine nennenswerte Aussagekraft der Tyrosinase-mRNA-Bestimmung als Prognosemarker beim metastasierten Melanom.

Zusammenfassend zeigen unsere Untersuchungen, dass die Sensitivität des Nachweises von Tyrosinase-mRNA bei Patienten mit metastasiertem Melanom durch zusätzliche Bestimmung im Knochenmark nicht gesteigert werden kann. Da Tyrosinase-mRNA auch nicht als Prognosemarker angesehen werden kann, stellt der Nachweis in der untersuchten Situation auch keinen geeigneten Marker für eine Mikrometastasierung dar.

In jüngeren Publikationen über die Prävalenz von Tyrosinase-mRNA im Blut von Patienten mit malignem Melanom zeigt sich, dass der Anteil tyrosinasepositiver Patienten mit metastasiertem Melanom ziemlich konstant bei Werten um 50 % liegt [14] [15] und damit mit unseren Ergebnissen übereinstimmt. Lediglich initiale Publikationen wiesen hiervon z. T. wesentlich nach oben ab [7]. Da bei Patienten mit Fernmetastasen eine hämatogene Aussaat notwendigerweise stattgefunden hat, sollte auch ein Nachweis von disseminierten Tumorzellen zumindest zeitweise möglich sein. Mehrfachbestimmungen in Blutproben brachten hierbei aber keine nennenswerte Steigerung der Prävalenz, auch die Intervallbestimmung in 2-stündigem Abstand nicht [14].

Wesentlich weniger Daten liegen vor zur Prävalenz von Tyrosinase-mRNA im Knochenmark von Patienten mit malignem Melanom. Ghossein et al. [16] untersuchten Knochenmarksproben von Melanompatienten im Stadium II - IV. Sie fanden bei 12 % der Patienten Tyrosinase-mRNA im Blut, nur bei unwesentlich mehr (16 %) Patienten auch im Knochenmark. Sie konnten keine Korrelation zwischen Tyrosinase-Positivität und klinischem Stadium nachweisen und fanden ebenfalls keine Korrelation zwischen Tyrosinase-Positivität und Überlebenszeit für Patienten im Stadium der Fernmetastasierung.

Fraglich ist, ob in früheren Stadien dem Nachweis von Tyrosinase-mRNA eine prognostische Bedeutung zukommt. So konnten in der zuletzt zitierten Arbeit zum Teil statistisch signifikante Korrelationen zwischen den Ergebnissen der RT-PCR auf Tyrosinase-mRNA und der Überlebenszeit für Patienten in den Stadien II und III errechnet werden. Allerdings ist hierbei unklar, inwieweit Mehrfachbestimmungen einzelner Patienten Einschluss fanden. Die Frage, inwieweit dem Nachweis von Tyrosinase in früheren Tumorstadien prognostische Bedeutung zukommt, und ob dieser Nachweis eventuell zum Therapiemonitoring während einer Chemotherapie im Stadium der Fernmetastasierung verwendet werden kann, sind weitere Studien erforderlich.

Dieses gilt auch für Patienten mit Metastasierung bei unbekanntem primärem Melanom. Von 4 Patienten, die wir mit dieser Diagnose in unsere Untersuchung mit aufgenommen hatten, waren 3 tyrosinasepositiv. Diese Patienten überlebten die Diagnosestellung des Stadiums IV mit Fernmetastasierung nur um wenige Monate (3, 3,5 Monate). 1 tyrosinasenegativer Patient hatte demgegenüber eine Überlebenszeit von mehr als 31 Monaten nach Erstdiagnose von Fernmetastasen. Für diese seltene Untergruppe von Patienten mit metastasiertem Melanom erscheint eine, gleichwohl schwierig durchzuführende, größere Studie bezüglich der prognostischen Bedeutung des Nachweises von Tyrosinase-mRNA sinnvoll und notwendig.

Zum heutigen Zeitpunkt am viel versprechendsten ist der Nachweis von Tyrosinase-mRNA in Lymphknoten. So konnte gezeigt werden, dass ein positives Ergebnis der RT-PCR für Tyrosinase im Schildwächterlymphknoten (sentinel node) ein höheres Risiko des Fortschreitens vom kutanen Melanom zur Manifestation eines späteren, klinischen Lymphknotenbefalls impliziert [17]. Hierbei besteht auch eine signifikante Korrelation zur ursprünglichen Tumordicke nach Breslow [18]. Zusammen mit der histologischen und immunhistologischen Diagnostik des Schildwächter-Lymphknotens könnte die molekulare Diagnostik in Form des Nachweises von Tyrosinase und anderen möglichen Markern mittels RT-PCR sogar zu einer Revision derzeitiger Staging-Klassifikationen führen [19] [20].

Mehrere mögliche Erklärungen für die begrenzte Anwendbarkeit des Nachweises von Tyrosinase-mRNA in Blut und Knochenmark von Patienten mit malignem Melanom sind denkbar. Es ist unbekannt, welche Melanomzellen zu einer Absiedelung und damit zu einer später klinisch manifest werdenden Metastasierung führen können, wann diese stattfindet, ob und welche Kofaktoren hierfür von Bedeutung sind. Es ist denkbar, dass keine kontinuierliche Aussaat von Melanomzellen besteht und dass infolge dessen eine einmalige Bestimmung zu einer geringeren Sensitivität führt.

Weiter scheint die Expression von Tyrosinase für die Progression transformierter Melanozyten nicht essenziell zu sein [21]. Auch klinisch kann es häufig zu amelanotischen und auch zu teils melanotischen, teils amelanotischen Metastasen bei ein und demselben Patienten kommen, ohne dass ein unterschiedliches Wachstumsverhalten in vivo erkennbar wäre. Da Melanome ein heterogenes Muster von andererseits sehr gut definierten melanomassoziierten Antigenen exprimieren, wurden so genannte Multimarker-PCR-Ansätze entwickelt, die verschiedene mRNAs für den Nachweis von disseminierten Tumorzellen verwenden [22] [23] [24]. Die Anwendung dieser Verfahren an Blut von Patienten mit malignen Melanomen erbrachte in diesen Studien höhere Prävalenzen als der einzelne Tyrosinase-Nachweis; die Überprüfung an größeren Patientenzahlen und in weiteren Studien steht noch aus, ebenso deren Anwendung für das Knochenmark. In einer kürzlich publizierten Arbeit wurde über die Verwendung von GAGE als molekularer Marker für eine mögliche Progression von Patienten mit Melanom im Stadium II - IV berichtet [25]. Hierbei zeigte sich eine prognostische Relevanz von RT-PCR-Positivität für GAGE-mRNA bei Stadium-III-Patienten zwar bei Nachweis im Blut, nicht aber bei Nachweis im Knochenmark. Dies könnte zusammen mit unseren eigenen Ergebnissen ein Indiz dafür sein, dass beim metastasierten Melanom das Knochenmark im Gegensatz zu soliden Tumoren wie Kolon- oder Mammakarzinomen nicht ein Reservoir für Mikrometastasen bildet [26]. Bei diesen epithelialen Tumoren können in fortgeschrittenen Tumorstadien im Knochenmark Mikrometastasen nachgewiesen werden [27]. Diese epithelialen, soliden Tumoren scheinen jedoch eine völlig unterschiedliche Tumorbiologie zu haben: So sind zum Beispiel die molekularen Veränderungen in Onko- und Tumorsuppressorgenen der Kolonkarzinogenese relativ gut bekannt, scheinen aber in der Initiation und Progression von Melanomen nur von untergeordneter Bedeutung zu sein [28] [29]. In Melanomen wurden bisher Mutationen von p16, p53, NF-1, bcl-2, RB und ras-Gene beschrieben, allerdings in niedriger Prävalenz. Weitere genetische Alterationen bei Melanomen harren der Entdeckung.

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Dr. med. V. Waldmann

Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Medizinische Psychologie · Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München

Langerstraße 3 · 81664 München

eMail: v.waldmann@lrz.tu-muenchen.de

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Dr. med. V. Waldmann

Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Medizinische Psychologie · Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München

Langerstraße 3 · 81664 München

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