intensiv 2001; 9(6): 251-254
DOI: 10.1055/s-2001-18164
Ethik
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Konstitutive Grenzüberschreitung im Pflegealltag[*]*

Eine Reflexion über den Zusammenhang zwischen unvermeidbarer Grenzüberschreitung einerseits und Autonomieverletzung bis zur Gewalt andererseitsIrmgard Hofmann
  • 1München
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Publication Date:
05 November 2001 (online)

Zusammenfassung

Grenzüberschreitungen in der Pflegearbeit sind konstitutiv, d. h. unvermeidlich. Gleichzeitig lösen Grenzüberschreitungen insbesondere im physischen und/oder psychischen Intimbereich in der Regel Schamgefühle aus. Davor versuchen sich die Menschen zu schützen. Die Gefühle werden entweder verdrängt oder aggressiv abreagiert. Besonders große Abwehr zeigt sich dort, wo das Tabu „Sexualität” in der Pflege in irgendeiner Form gebrochen wird.

Pflegende reagieren meist sehr heftig, wenn sie das Gefühl haben, dass ihnen ein Patient „zu nahe” kommt. Umgekehrt zeigen sie überraschend häufig Verständnislosigkeit, wenn Patienten oder Bewohner im Altenheim sich gegen pflegerische Maßnahmen im Intimbereich wehren. Nicht ganz selten werden viel Kraft und Gewalt angewandt, um diese Abwehrreaktionen zu überwinden; dagegen zählt eine behutsame und verstehende Haltung nicht zur Regel. Und doch wäre dies das Zeichen für professionelles Handeln.

In dieser Arbeit wird die Frage gestellt, ob die oft unreflektierte Erfahrung der eigenen notwendigen Grenzüberschreitung der Pflegenden in meist sehr jugendlichem Alter dazu führen kann, dass sie weitere - und durchaus erforderliche Grenzen - nicht mehr sehen bzw. anerkennen können.

1 Die Arbeit entstand nach einem Vortrag im März 2000 auf dem Pflegetag in Bottrop.

Literatur

  • 1 Der Brockhaus multimedial 2000 premium. 
  • 2 Olbrich C. Pflegekompetenz. Bern u. a.; Huber-Verlag 1999 77f
  • 3 Elsbernd A, Glane A. Ich bin doch nicht aus Holz. Wie Patienten schädigende Pflege erleben. Berlin, Wiesbaden; Ullstein Mosby 1996 82
  • 4 Gröning K. Entweihung und Scham. Grenzsituationen in der Pflege alter Menschen. Frankfurt/Main; Mabuse 2000: 47-49
  • 5 Schützendorf E. Soll man Tabus in der Pflege brechen?. Die Schwester/Der Pfleger 1997 36: 551-552

1 Die Arbeit entstand nach einem Vortrag im März 2000 auf dem Pflegetag in Bottrop.

Irmgard Hofmann M. A.

Terofalstraße 5

80689 München

Email: irmgard.hofmann@t-online.de

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