Beim Morbus Takayasu handelt es sich um eine chronisch entzündliche Gefäßerkrankung
unklarer Ätiologie. In erster Linie sind dabei Arterien vom elastischen Typ wie die
Aorta und ihre Äste sowie die Pulmonalarterien betroffen (Ferretti et al., Eur Radiol
1996; 6: 429 - 432). Histopathologisch zeigt sich eine granulomatöse Entzündung, die
von der Intima zur Adventitia fortschreitet und zu einer Fibrosklerose führt. Im Spätstadium
kann es sowohl zu segmentalen Stenosen und Verschlüssen als auch zu Dilatationen und
Aneurysmen kommen (Matsunaga et al., Radiographics 1997; 17: 579 - 594). Kontrastmittel-verstärkte
Computer-Tomographie (CT) und Magnetresonanz-Tomographie (MRT) zeigen im Frühstadium
der Erkrankung in der Regel eine deutliche Kontrastmittel (KM)-Aufnahme der verdickten
Gefäßwand. Am besten kommen die Veränderungen im Spätstadium zur Darstellung. Wir
berichten über eine Patientin, bei der nach auffälliger Lungenperfusionsszintigraphie
die anschließend durchgeführte CT, MRT und Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
zur Diagnose einer Takayasu-Aortitis mit Befall der linken Pulmonalarterie führten.
Fallbeschreibung
Eine 57-jährige bisher gesunde Patientin wurde wegen Dyspnoe und auskultierbaren Strömungsgeräuschen
über der oberen Thoraxapertur mit der Verdachtsdiagnose einer Lungenembolie zur Perfusions-
und Ventilationsszintigraphie überwiesen. Die körperliche Untersuchung ergab neben
einer asymptomatischen Pulslosigkeit des rechten Armes keine weiteren klinisch relevanten
Befunde. Die Sauerstoffsättigung und der Sauerstoff-Partialdruck (pO2) im Blut waren normal. Die Laborwerte zeigten außer mäßig erhöhten Werten für BSG
und CRP keine spezifischen Veränderungen. Die Röntgen-Thorax-Aufnahme im p. a. und
seitlichen Strahlengang war mit Ausnahme einer diskreten globalen Kardiomegalie unauffällig.
Die Szintigraphie ergab bei regelrechter Belüftung (127Xe) eine homogene Minderperfusion (99mTc-MAA) der linken Lunge ohne segmentale Ausfälle (R/L-Ratio 3,65), vereinbar mit
einer Einengung der linken Pulmonalarterie (Abb. [1]). Die anschließend durchgeführte CT des Thorax (Somatom Plus 4, Siemens, Erlangen;
Kollimation 3 mm; Pitch 0,5; 240 mA; 120 kV) mit jodhaltigem KM (Iopromid (Ultravist®
Schering, Berlin), 120 ml @ 3,0 ml/s) konnte eine zentrale Lungenembolie ausschließen,
zeigte jedoch eine KM-Aufnahme der Gefäßwand der Aorta ascendens sowie des Truncus
pulmonalis und der proximalen Pulmonalarterien (Abb. [2]). Das Lumen der linken Pulmonalarterie war leichtgradig eingeengt. Einzelne reaktiv
vergrößerte mediastinale Lymphknoten waren abgrenzbar. Die daraufhin durchgeführte
KM-verstärkte MRT/MRA (1,5 T, Signa Echo Speed, GE, Milwaukee, USA; 3D-GRE: TR/TE
4,0/1,9 ms; FoV 32 · 32; Matrix 192 · 256; Gd-DTPA (Magnevist® Schering, Berlin),
0,2 mmol/kg KG @ 2,0 ml/s) konnte diese Befunde bestätigen, wobei die Kontrastmittelanreicherung
der Gefäßwände deutlich zur Darstellung kam. Zusätzlich zeigte die MRA Verengungen
im Abgangsbereich der proximalen supraaortalen Gefäße, insbesondere eine hochgradige
Stenose des Truncus brachiozephalicus, die ursächlich für die klinische Pulslosigkeit
war (Abb. [3]). Die anschließend durchgeführte PET (Abb. [4]) mit [18F]-FDG konnte eine umschriebene Anreicherung in Aorta und Truncus pulmonalis nachweisen.
Die Kombination von klinischer Symptomatik, körperlichen Untersuchungsbefunden und
Laborwerten mit den Ergebnissen der Bildgebung führte zur Diagnose eines M. Takayasu.
Die daraufhin begonnene Therapie mit Steroiden und Methotrexat führte langfristig
bei der Patientin zu einer klinischen Besserung: Die zuletzt durchgeführte Perfusionsszintigraphie
der Lunge ergab eine Befundbesserung (R/L-Ratio 2,03), die in der MRA dokumentierten
Stenosen stellten sich unverändert dar.
Diskussion
Die größte Prävalenz der Takayasu-Aortitis wird für heranwachsende Mädchen und junge
Frauen angegeben. Obwohl eine Häufung im asiatischen Erdteil beobachtet wird, scheint
die Takayasu-Aortitis weder geographisch noch ethnisch begrenzt zu sein (Rizzi et
al., Int J Clin Lab Res 1999; 29: 8 - 13). Die Takayasu-Aortitis ist eine Systemerkrankung
mit Allgemein- und Lokalsymptomen. Zu den Allgemeinsymptomen, welche in der Regel
im Frühstadium vorkommen, zählen Unwohlsein, Fieber, Nachtschweiß, Arthralgien, Anorexie
und Gewichtsverlust. Diese Symptome können Monate vor dem histopathologisch nachweisbaren
Gefäßbefall auftreten. Im weiteren Verlauf führt die Gefäßentzündung zu Stenosen oder
Aneurysmen der betroffenen Arterien mit Schmerzen im Versorgungsgebiet. Im Spätstadium
kommt es zu arteriellen Verschlüssen mit manifesten Ischämien der betroffenen Regionen.
Häufig tritt bei Befall der Arteria subclavia eine Pulslosigkeit des Armes der jeweiligen
Seite auf. Der klinische Verlauf ist unterschiedlich und reicht von fulminant bis
zu langsam progredient oder stationär; auch spontane Remissionen sind möglich. Die
Komplikationen stehen in Zusammenhang mit der Lokalisation der betroffenen Gefäße.
Die Therapie mit Immunsuppressiva kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen
und gelegentlich zur Remission führen (Churg, Clin Exp Immunol 1993, Suppl 1; 11 -
12).
Lupi beschreibt beim M. Takayasu 4 Typen in Abhängigkeit von der Verteilung des Gefäßbefalls,
Typ 1: Aortenbogen mit brachiozephalen Gefäßen (Aortenbogensyndrom); Typ II: Befall
der Aorta abdominalis mit den abdominalen Aortenästen und Beckenstammgefäßen; Typ
III: kombinierter Befall von thorakaler und abdominaler Aorta und ihrer Aufteilungen;
Typ IV: zusätzlicher Befall der Pulmonalarterien (Lupi et al., Chest 1975; 67: 69
- 74). Obwohl die Pulmonalarterien relativ häufig betroffen sind (50 - 86 %), wie
größere, angiographisch untersuchte Patientenkollektive mit bekannter Takayasu-Aortitis
gezeigt haben, ist ein Befall der Pulmonalarterien im Frühstadium selten (Hayashi
et al., Radiology 1986; 159: 401 - 403). Eine frühzeitige Diagnose ist jedoch wichtig,
da der rechtzeitige Beginn einer immunsupprimierenden Therapie das Fortschreiten der
Erkrankung im Gefäßbett der Lunge mit drohender pulmonaler Hypertonie aufhalten kann.
Die klinischen Symptome eines Befalls der Aorta verdecken oftmals die Beteiligung
der Pulmonalarterien. Zusätzlich sind die klinischen Zeichen und Charakteristika einer
pulmonalen Arteriitis unspezifisch, die Mehrzahl der Patienten ist initial oft asymptomatisch.
Im Verlauf entwickeln sich thorakales Engegefühl, chronische Dyspnoe sowie gelegentlich
Pleuraergüsse und Hämoptysen (Koyabu et al., Chest 1993; 104: 1905 - 1906), so dass
eine Lungenembolie differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden muss. Mittels
CT und MRT/MRA ist es möglich, frühzeitig den pulmonalen Befall bei M.Takayasu von
einer Lungenembolie zu differenzieren. Dabei sind das charakteristische Wandenhancement
und die damit verbundene Verengung des Lumens sowie entzündliche Veränderungen des
mediastinalen Fettgewebes die wegweisenden Befunde in der CT und MRT bei der Abgrenzung
zur Lungenembolie (Matsunaga et al., J Magn Reson Imaging 1998; 8: 406 - 414). Hierbei
ist besonders die Wertigkeit der MRT hervorzuheben, die gerade bei jungen Patienten
ohne die Anwendung von ionisierender Strahlung valide Ergebnisse liefert. Zusätzlich
können mit der 3D-MRA entzündliche Gefäßveränderungen in multiplen virtuellen Ebenen
beurteilt werden.
Die in dem hier vorgestellten Fall primär durchgeführte Lungenperfusionsszintigraphie
zeigte eine Minderperfusion der linken Lunge als Folge der Wandveränderungen der linken
A. pulmonalis. Die Verdachtsdiagnose Lungenembolie war mittels Szintigraphie nicht
auszuschließen. In der anschließend durchgeführten Kontrastmittel-unterstützen CT
konnten jedoch die charakteristischen Befunde eines M. Takayasu mit Wandenhancement
der Aorta ascendens sowie des Truncus pulmonalis und der linken Pulmonalarterie nachgewiesen
werden. Die KM-verstärkte Akquisition einer 3D-MRA erfasste neben der Verengung der
linken A. pulmonalis zusätzlich fokale Stenosen der supraaortalen Äste, unter anderem
am Truncus brachiocephalicus als Korrelat zur Pulslosigkeit des rechten Armes. Die
entzündliche Infiltration der großen Gefäße konnte darüber hinaus mittels [18F] FDG-PET bestätigt werden. Zusammenfassend sollte unter den o. g. Umständen bei
Verdacht auf zentrale Lungenembolie mit szintigrapischem Nachweis einer deutlich reduzierten
Perfusion eine Takayasu-Aortitis Typ IV differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen
werden, die mittels KM-verstärkter CT und/oder MRT sicher evaluiert werden kann.
Springende Punkte:
-
M. Takayasu kann die Pulmonalarterien befallen (Typ IV nach Lupi)
-
Lungenperfusionsszintigraphie kann bei M. Takayasu einen Perfusionsausfall zeigen
-
CT und/oder MRT ermöglichen die Differenzierung zwischen M. Takayasu Typ IV und Lungenembolie.
Abb. 1 Die Lungenperfusionsszintigraphie mit 99mTc (dorsale Ansicht) offenbart eine deutlich reduzierte Perfusion der linken Lunge
ohne segmentale oder subsegmentale Ausfälle.
Abb. 2 Die kontrastmittelunterstützte CT weist eine entzündlich verdickte Wand der Aorta
(weißer Pfeil) sowie eine umschriebene Stenose der linken A. pulmonalis (schwarzer
Pfeil) mit geringer poststenotischer Dilatation auf.
Abb. 3 Die kontrastmittelverstärkte MRA zeigt multiple Verengungen der supraaortalen Gefäße
mit hochgradiger Stenose des Truncus brachiocephalicus. Das pulmonale Gefäßbett auf
der linken Seite ist weniger kontrastiert.
Abb. 4 Die PET mit [18F]-FDG weist eine Mehraufnahme der großen Gefäße als Korrelat der entzündlichen Beteiligung
von Aorta und Truncus pulmonalis auf.
S. Kneifel, T. A. G. M. Huismann, Zürich