NOTARZT 2001; 17: 68-70
DOI: 10.1055/s-2001-16139
ERGEBNISQUALITÄT
Ergebnisqualität
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das DIVI - Notarztprotokoll als Basis für ein Qualitätsmanagement im Rettungsdienst

Erste Ergebnisse einer landesweiten AuswertungP. Sefrin, M. Brandt
  • Institut für Anaesthesiologie, Universität Würzburg
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

1995 wurde das Notarzteinsatzprotokoll der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Version 2.5 in Bayern verpflichtend eingeführt. Damit war für dieses Bundesland die im Rettungsdienstgesetz geforderte Qualitätssicherung und Effizienzkontrolle möglich geworden. Erst im Jahre 2000 wurde allerdings im Rahmen eines Forschungsvorhabens die Möglichkeit einer landesweiten Auswertung genutzt, um eine überregionale Übersicht zu bekommen.

Bei der Auswertung des DIVI-Protokolls war es möglich, unter der Voraussetzung einer umfassenden, flächendeckenden Nutzung der Dokumentation nicht nur einfache Strukturdaten zu erheben, sondern konkrete einzelne Fragestellungen bezüglich einzelner Krankheitsbilder und ihrer Versorgung im Sinne der Prozessqualität zu eruieren. Was fehlte und für die Ergebnisqualität unabdingbar ist, war die Information über das Outcome der Patienten, so dass ein Nachweis der Effektivität nicht mit Sicherheit möglich ist.

Aus der Fülle des Datenmaterials sollen exemplarisch einige Aussagen herausgegriffen werden.

Rettungstechnische Daten
Eintreffzeit des Notarztes: in 92,4 % der Einsätze traf der Notarzt bis spätestens 15 Minuten am Notfallort ein. Die durchschnittliche Eintreffzeit lag bei 9,3 Minuten.

Altersstruktur der Patienten: Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer steigenden Zahl von Notarzteinsätzen. Ein Drittel aller Patienten ist älter als 70 Jahre (Abb. [1]).

Notfallmedizinische Befunde
Vitalfunktion Bewusstsein: 25 % der Patienten hatten Veränderungen ihrer Bewusstseinslage (Abb. [2]).

Schwere der Schädigung (NACA): Nur knapp 30 % der Patienten befinden sich in einer lebensbedrohlichen Situation (= NACA > 4). Jeder 5. Einsatz wurde vom Notarzt als geringfügig eingeschätzt oder war ambulant abklärbar (Abb. [3]).

Als Beispiel für eine konkrete Fragestellung soll eine Analyse des kindlichen Schädel-Hirn-Traumas (SHT) bei Verkehrsunfällen auszugsweise vorgestellt werden (Abb. [4]).

Bei 10 % aller Notarzteinsätze lag bei Verkehrsunfällen ein SHT vor, der Anteil von kindlichem SHT bei Verkehrsunfällen betrug zwar nur 0,4 % der Einsätze, was allerdings im Auswertezeitraum einer Gesamtzahl von 721 Kindern entspricht (= 3,5 % aller SHT).

80 % aller Kinder hatten ein leichtes SHT, bei jedem 10. Kind handelte es sich um ein schweres SHT mit einem GCS zwischen 3 - 8. Die Qualität notärztlichen Handelns wurde anhand der Intubation in Abhängigkeit vom GCS-Wert überprüft mit dem Ergebnis, dass nur zwei Drittel aller Kinder mit einem GCS-Wert kleiner als 9 auch intubiert wurden (Abb. [5]). Als weiteres Ergebnis war festzustellen, dass je jünger die Kinder waren, umso seltener wurden sie medikamentös behandelt.

Häufig wird die Effektivität des Rettungsdienstes an den Quoten der Wiederherstellung bei Ausfall der Vitalfunktionen gemessen. In 3,7 % der Einsätze (= 7383 Patienten) war eine Reanimation notwendig, von denen bayernweit 53,7 % primär erfolglos abgebrochen wurden. 25 % waren primär erfolgreich (Abb. [6]). In 56,6 % lag primär eine Asystolie und nur in 25,3 % ein Kammerflimmern vor, was eventuell eine Erklärung für die Ergebnisse sein könnte (Abb. [7]). An diesem Beispiel wird deutlich, dass durch das Fehlen von Daten bezüglich des Outcomes nur begrenzte Aussagen zur Effektivität gemacht werden können.

Abb. 1Alter der Patienten.

Abb. 2Bewusstseinslage

Abb. 3Schädigungsintensität (nach NACA).

Abb. 4Anzahl der Patienten mit Schädel-Hirn-Traumata.

Abb. 5Häufigkeit der Intubation in Abhängigkeit von dem GCS.

Abb. 6Reanimation im Rettungsdienst.

Abb. 7EKG bei Kreislaufstillstand.

Aufgrund der Erfahrung mit der Auswertung von über 200 000 Notarzteinsätzen in Bayern darf konstatiert werden:

Das DIVI-Notarzteinsatzprotokoll ist nicht nur als Übergabeprotokoll geeignet, sondern stellt eine Basis zur Erhebung von Strukturdaten der notärztlichen Versorgung von Notfallpatienten dar.

Mit dem DIVI-Protokoll ist es möglich, eher als über klinische Daten, epidemiologische Fakten aus der ambulanten Versorgung darzustellen.

Die dokumentierten Befunde und Verläufe lassen Aussagen über bestimmte körperliche Schädigungen und deren Versorgung zu.

Das derzeitige Dokumentationssystem ist nicht nur aufwändig in der Erstellung, sondern auch in der Auswertung, was mit erheblichen Kosten verbunden ist.

Um die Effektivität des Systems unter Beweis zu stellen, muss die präklinische Dokumentation mit klinischen Daten verknüpft werden. Es bedarf einer ebenso verpflichtenden Zusammenführung mit Outcomebefunden. Dafür müssen datenschutzrechtliche Bestimmungen adaptiert werden.

Die Einführung des MEES in der Version 4.0 des DIVI-Protokolls ist ein Fortschritt im Dokumentationsumfang, er kann aber nur begrenzt die Befundänderung während des Einsatzes beschreiben.

Es bedarf der Einführung moderner Dokumentations- und Kommunikationstechniken, um den Anforderungen eines umfassenden Qualitätsmanagements im Rahmen der präklinischen, notärztlichen Versorgung gerecht zu werden.

Prof. Dr. med. P. Sefrin

Klinik für Anaesthesiologie
Universität Würzburg

Josef-Schneider-Straße 2

97080 Würzburg

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