NOTARZT 2001; 17: 35-36
DOI: 10.1055/s-2001-16126
SICHERUNG DER STRUKTURQUALITÄT
Sicherung der Strukturqualität
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Was ist zu dokumentieren und mit welcher Zielsetzung auszuwerten?

M. Messelken
  • Klinik für Anästhesiologie, Klinik am Eichert, Göppingen
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Die Mindestinhalte einer Dokumentation in der präklinischen Notfallrettung werden in der gültigen Fassung des von der DIVI autorisierten minimalen Notarztdatensatz (MIND) definiert. Die Daten entsprechen einer Befund- und Verlaufsdokumentation. Auf dieser Basis können die Dokumentationsinstrumente primär papier- oder EDV-basiert sein oder als Hybridsysteme fungieren. Eine zeitnahe, besser prozessintegrierte vollständige Dateneingabe und damit Verfügbarkeit des MIND ist absolut erstrebenswert. Stringente Plausibilitätskontrollen sichern einen validen Datensatz.

Aus der originären Aufgabenstellung der Notfallmedizin, bei Notfallpatienten gestörte Vitalfunktionen zu erkennen und zeitgerecht nach anerkannten Algorithmen zu behandeln, ergeben sich als wichtigste Fragestellungen für Auswertungen im Sinne interner und externer Qualitätssicherung:

Wird die Hilfsfrist eingehalten (Median und 95er-Perzentile)? Befindet und hält sich die Spezifität der Notarzteinsätze auf einem vertretbaren Niveau (Anteil der Einsätze NACA 4 - 7 > 60 %)? Werden notfallmedizinisch wichtige Befunderhebungen vollständig dokumentiert (Indikator Dokumentationscompliance: Anteil fehlender Delta-MEES-Werte < 10 %)? Primäre Ergebnisqualität am intermediären Endpunkt Patientenübergabe in der Klinik (Delta-MEES)? Wie hoch sind Reanimationsquote und primärer Reanimationserfolg? Werden Patienten mit Tracerdiagnosen wie akutem Koronarsyndrom, zerebrovaskulärem Insult oder Polytrauma (hoher Anteil am Gesamtspektrum der Einsätze) adäquat und zeitgerecht notfallmedizinisch versorgt (Diagnostik- und Therapiesummen)?

Eine regelmäßige Auswertung der Daten (Tab. [1]), verbunden mit konkreter Ergebnisrückmeldung und Präsentation im Rahmen von Notarzt-Round-Table-Konferenzen hat sich aus unserer Sicht sehr bewährt, um kontinuierlich Systemfehler oder Probleme zu evaluieren. Unabhängig davon werden mit realen Einzelfallbesprechungen Aus- und Weiterbildungsaspekte verfolgt und damit konkrete Beiträge zum Qualitätsmanagement geleistet.

Tab. 1Einsatzauswertung über zwei Monate. Einsatzauswertung für Einsatzarzt: NotarzteinsatzKennung Rettungsmittel: NAW Göppingen Zeitraum: 1. 8. - 30. 9. 20002-Monats-Auswertung 1. Gesamtzahl der Einsätze 404 (7/Tag) Gesamtzahl der behandelten Patienten 397 Anzahl Sekundärtransporte 1 Einsatz 2. Notarzt: 6 Einsatz LNA: 0 2. Einsatzklassifizierung (NACA) Fehleinsätze 7 geringfügige Störung NACA 1 3/0,8 % ambulante Abklärung NACA 2 37/9,3 % stationäre Abklärung NACA 3 134/33,8 % drohende Lebensgefahr NACA 4 141/35,5 % akute Lebensgefahr NACA 5 50/12,6 % Reanimation NACA 6 6/1,5 % Tod NACA 7 26/6,5 % 3. Zeiten Eintreffen: bei 50 % der Patienten innerhalb 8 Minuten bei 95 % der Patienten innerhalb 14 Minuten Intervention: bei 50 % aller Patienten 35 Minuten bei 95 % aller Patienten 55 Minuten bei 50 % der Infarktpatienten 38 Minuten bei 95 % der Infarktpatienten 55 Minuten bei 50 % der Traumapatienten 37 Minuten bei 95 % der Traumapatienten 70 Minuten 4. objektive Zustandsänderung (Delta-MEES) ermittelt bei 331 (NACA 3 - 6) von 397 Patienten nicht klassifiziert 43/12,99 % Patientenzustand gleich 55/19,10 % Patientenzustand verbessert 221/76,74 % Patientenzustand verschlechtert 12/4,17 % 5. Reanimation Anzahl Reanimationen: 12/2,97 der Einsätze Asystolie 8 Kammerflimmern 4 primär erfolgreich 5/41,67 % der Reanimationen primär erfolglos 7/58,33 % der Reanimationen biologischer Tod, keine Reanimation 19/4,79 % der Einsätze

Der Aufbau einer zentralen Einrichtung zur Auswertung von Notarzteinsätzen (Abb. [1]) auf der Basis des MIND schließt auch das Ziel mit ein, Referenzwerte zu ermitteln und darzustellen. Das leicht nachvollziehbare und überall rasch umsetzbare Konzept ist im Internet unter www.nadok.de abrufbar.

Abb. 1Konzept für interne und externe Qualitätssicherung (Baden-Württemberg).

Offene Forderungen

Der MIND muss in regelmäßigen Zeitabständen an den notfallmedizinischen Fortschritt angepasst werden, das Internet ist als Medium für eine zeitnahe Publikation am besten geeignet (Downloadoption bei DIVI oder BAND). Dokumentation und Datenerfassung müssen dort, wo noch nicht geschehen, in die Länder-Rettungsdienstgesetze oder deren Ausführungsbestimmungen mit fester Zuständigkeit und Verpflichtung verankert werden. Unter Federführung eines Qualitätssicherungsbeauftragten aus den jeweiligen Notarztarbeitsgemeinschaften der Länder können die Aktivitäten funktionierender lokaler Projekte zusammengeführt werden, um daraus ein synergistisches Konzept auf Länderebene zu entwickeln.

Dr. med. M. Messelken

Klinik für Anästhesiologie
Klinik am Eichert

Eichertstraße 3

73035 Göppingen

Email: martin.messelken@kae.de

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