Einführung
Die frühe Diagnosestellung ist für die Prognose beim malignen Melanom (MM) von herausragender Bedeutung. Wichtigster Prognose-Parameter ist die Tumordicke nach Breslow. Patienten mit einer lokoregionalen oder Fernmetastasierung weisen eine Prognoseverschlechterung auf [9]. Neben bildgebenden Verfahren, deren Empfindlichkeit und Aussagekraft in den letzten Jahren deutlich gewonnen hat [12], wurde seit langem versucht, serologische Tumormarker zu nutzen.
Laborbestimmungen von Serum-Lactatdehydrogenase (LDH), 5-S-Cysteinyl-DOPA und neuronenspezifischer Enolase sind in der Vergangenheit mit wechselndem Erfolg verwendet worden. Nach anfänglicher Euphorie wurden die Verfahren in praxi wieder verlassen bzw. konnten sich erst gar nicht allgemein durchsetzen.
In jüngster Zeit wurden neue Marker herangezogen, von denen im Folgenden die Superoxiddismutasen (SOD), das Interzelluläre Adhäsionsmolekül-1 (ICAM-1) und S-100β besprochen werden sollen.
Superoxiddismutasen
Die SOD’s sind Metalloproteine, die die Umwandlung/Dismutation von O2- zu O2 und H2O2 katalysieren. Sie schützen die sauerstoff-metabolisierenden Zellen vor direkten und indirekten Schädigungen durch Radikale. Die Mn-abhängige SOD ist in der mitochondrialen Matrix lokalisiert. Bei murinen B16-Melanomen sind die aggressiveren Varianten mit hoher Metastasierungspotenz durch einen Mn-SOD-Mangel gekennzeichnet [10]. Für den Menschen liegen bisher keine publizierten Daten vor.
Die CuZnSOD findet sich vorwiegend im Zytoplasma. Es kann durch Zytokine wie TNFα oder Interleukin-1 induziert werden. Wir untersuchten dieses Enzym mittels ELISA (Bender MedSystems, Wien) bei über 200 MM-Patienten und fanden weder eine Verminderung bei MM-Patienten noch eine stadienabhängige Beziehung der CuZnSOD-Konzentration [17].
Lösliches ICAM-1
ICAM-1 ist ein immunglobulin-artiges Molekül, das auch von Melanomzellen exprimiert werden kann. Es wird durch Zytokine wie TNFα, Interleukin-1 und Interferonγ induziert. ICAM-1 spielt eine Rolle bei T-zellulär vermittelten Abwehrmechanismen, im Rahmen der Entzündung und der Tumorimmunität [2]. Behandlung von Melanomen mit Antisense-Oligonukleotiden von ICAM-1 erhöht die Metastasierungspotenz TNFα-vorbehandelter Melanome [11]. Die Transfektion von Melanomzellen mit dem Tumorsuppressor-Gen nm23 vermindert das Ablösen von ICAM-1 (shedding) von Melanomzellen und verringert so den Spiegel an löslichem (s)ICAM-1. Im Tiermodell werden auf diese Weise zytotoxische Tumorabwehrmechanismen gefördert [13]. In eigenen Untersuchungen an 265 MM-Patienten und 930 Serumproben mittels sensitivem ELISA (R & D Deutschland, Wiesbaden) wurden signifikant höhere sICAM-1 Konzentrationen in allen Tumorstadien im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe gemessen (p < 0,0005) [17]. Außerdem wurde eine stadienabhängige Zunahme der Werte festgestellt (vgl. [8]
[14]). Unabhängig vom Tumorstadium zeigten MM-Patienten mit normalem sICAM-1 eine signifikant bessere Überlebensrate über 32 Monate (100 %) als solche mit erhöhten Spiegeln (88 %) [17].
Nachteilig ist die geringe Spezifität dieses Markers für das Melanom. Erhöhte Werte sind u. a. bei Lymphomen und zahlreichen entzündlichen Erkrankungen (Rheumatoidarthritis, Nephropathien, multiple Sklerose u. a. m.) zu finden.
Serum S-100β
Das S-100-Protein ist ein dimeres kalziumbindendes Eiweiß von 21Kda, das aus α- und β-Untereinheiten besteht. Es existieren 3 Isoformen: S-100αβ, S-100αα und S-100ββ. Das Protein kommt in hohen Konzentrationen im ZNS und in Pigmentzellen einschließlich der MM vor. Die Immunohistochemie mit polyklonalen Antikörpern gegen S-100 ist mittlerweile Routine für die Melanomdiagnostik [5]
[16].
Wir untersuchten Serum-S-100β bei 315 MM-Patienten mit einem sensitiven immunluminometrischen Assay (LIA-mat Sangtec100, Byk-Sangtec Diagnostica, Dietzenbach). Die tumorfreien Patienten (n = 310) der Stadien Ia bis IV (DDG) zeigten einen S-100β-Mittelwert von 0,064 µg/L, was sich nicht signifikant von den Kontrollen unterschied. Bei Patienten mit fortgeschrittenem MM und Tumorlast (n = 61; Tumorstadien IIIa bis IV) war der Wert auf 0,605 µg/L im Mittel erhöht. Für die Stadien IIIb und IV erreichten die Mittelwertunterschiede zu den Kontrollen Signifikanz (p < 0,0001; Abb. [1]). Erhöhte S-100β-Werte > 0,120 µg/L erreichten eine Sensitivität von 70,8 % bei einer Spezifität von 89,9 % für den Tumornachweis (Tumorlast) [19]. Eine Beziehung von Tumorstadium bzw. Prognose und erhöhtem S-100β im Serum wurde auch von anderen Autoren nachgewiesen [1]
[3]
[4]
[6]
[7]
[12]
[15].
Abb. 1S-100β im Serum bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom und Tumorlast vs. Kontrollen.
Hingegen kamen Buer et al. (1997) bei einer multivariaten Cox Proportional-Hazard-Analyse bei 99 Patienten mit metastasierendem MM zur Schlussfolgerung, dass S-100β keine Zusatzinformation zu bekannten Prognoseparametern lieferte [4]. Einschränkend ist jedoch anzumerken, dass die Autoren einen extrem hohen Cutt-off-Level von 3,0 µg/L verwendeten, der das 15fache des Üblichen beträgt.
Erhöhte S-100β-Werte stellten wir bei 36 von 62 Proben von MM-Patienten im Stadium IV fest (58,1 %). Der Prozentsatz war bei Patienten mit Tumorlast oder in Progression mit 94,4 % erheblich größer als bei solchen in klinischer Remission (7,7 %).
Ausblick
Die Situation der Tumormarker-Bestimmung ist für das MM noch immer unbefriedigend. Trotz punktueller Fortschritte fehlen bislang noch preisgünstige, schnelle und verlässliche Testverfahren für melanom-spezifische Moleküle, die die Sensitivität in Diagnostik und Nachsorge signifikant erhöhen. Wir erachten die Bestimmung von S-100β im Serum bei Patienten mit fortgeschrittenen Melanomen zur Rezidiverkennung als überprüfenswert. Im Rahmen von kontrollierten Therapiestudien ist die Verwendung zum Monitoring aussichtsreich. Es bedarf jedoch weiterer Anstrengungen, den „idealen” Tumormarker für das MM zu definieren.