Gesundheitswesen 2001; 63(1): 9-14
DOI: 10.1055/s-2001-10454
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lebenserwartung und Pflegebedürftigkeit in Deutschland

H. Bickel
  • Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

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Zusammenfassung

Es besteht Unklarheit über die Auswirkungen einer weiterhin steigenden Lebenserwartung auf die Gesundheit und Autonomie der Altenbevölkerung. Gesundheitsindikatoren, die sowohl die Mortalität als auch die Morbidität berücksichtigen, können grundsätzlich einen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten, ob die gewonnenen Jahre in Gesundheit oder Krankheit verbracht werden. Mit Einführung der Pflegeversicherung sind bundesweite Daten zur Prävalenz der Pflegebedürftigkeit verfügbar, die zur Berechnung der pflegebedürftigkeitsfreien Lebenserwartung und der Lebenserwartung mit Pflegebedürftigkeit verwendet wurden. Gestützt auf die 71,5 Mio. Versicherten der sozialen Pflegeversicherung zur Mitte des Jahres 1999 und auf die Periodensterbetafel für die Jahre 1995/97 ergibt sich nach der Methode von Sullivan, dass Männer im Alter von 65 Jahren im Mittel 15,4 Monate ihrer verbleibenden Lebenserwartung pflegebedürftig sind und 91,4 % ihrer Altersjahre frei von Pflegebedürftigkeit verbringen. Frauen hingegen haben im Alter von 65 Jahren durchschnittlich eine Pflegedauer von 29,4 Monaten vor sich - davon 10,4 Monate in vollstationärer Versorgung - und verbringen nur 86,9 % ihrer verbleibenden Lebenserwartung pflegebedürftigkeitsfrei. Die Verteilung der Pflegedauer nach Pflegestufen ist für beide Geschlechter nahezu identisch, bei den Frauen entfallen jedoch 35,4 % der Pflegebedürftigkeitsphase auf die vollstationäre Pflege, während dieser Anteil bei den Männern lediglich 22,1 % beträgt. Die Daten der Pflegeversicherung erscheinen geeignet, Trends im Gesundheitszustand der Altenbevölkerung abzubilden und zur besseren Vorhersage von Veränderungen des Versorgungsbedarfs im Zuge der bevorstehenden demographischen Entwicklungen beizutragen.

Dependency-free Life Expectancy among the Elderly in Germany

Effects of further gains in life expectancy on the health and autonomy of the elderly population are a matter of controversy. Health indicators, which integrate information on both mortality and morbidity could help to clarify whether the additional years are spent in health or disease. Since the introduction of a statutory long-term care insurance in Germany, national data on the prevalence of dependency are available. These data were used for the calculation of dependency-free life expectancy and life expectancy in a state of dependency according to SullivanŽs method. The calculations are based on 71.5 million insured at mid-year 1999 and on the period life-table for the years 1995/97. At the age of 65 the average duration of dependency is 15.4 months for men and 29.4 months for women. Men can expect to spend 91.4 % of their remaining lifetime dependency-free, whereas the dependency-free proportion among women is only 86.9 %. The distribution of severity grades of dependency is similar for both sexes. Women, however, spend 35.4 % of the total duration of dependency in institutional care (10.4 months), men only 22.1 % (3.5 months). Information from long-term care insurance appears suitable for the monitoring of time trends in the health of the elderly population and for projections of future needs for health and social services.

Literatur

Dr. Horst Bickel

AG Psychiatrische Epidemiologie
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
der Technischen Universität München
Klinikum rechts der Isar

Ismaninger Straße 22

81675 München

Email: h.bickel@lrz.tum.de